Eyssen | Tödlicher Lavendel | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 464 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Eyssen Tödlicher Lavendel

Der erste Fall für Leon Ritter
Version 1.V03
ISBN: 978-3-8437-1094-7
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der erste Fall für Leon Ritter

E-Book, Deutsch, 464 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-1094-7
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eigentlich hatte sich Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter auf einen entspannten Job in der Sonne gefreut. Doch kaum im Örtchen Lavandou angekommen, liegt schon sein erster Fall auf dem Tisch. Ein Mädchenmörder geht in der Provence um und alle Spuren laufen scheinbar ins Leere. Leon Ritter, ein Mann mit großem Sinn für Ordnung und Details, versucht die Ermittelungen voranzutreiben. Doch die südfranzösischen Kollegen ermitteln anders. Als die Tochter seiner Kollegin Isabelle Morell entführt wird, wird es heiß in Lavandou, sehr heiß sogar. Und Ritter merkt zu spät, dass auch sein eigenes Urteilsvermögen getrübt ist.
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1. KAPITEL Der Airbus der Lufthansa legte sich 400 Meter über dem Mittelmeer in eine Rechtskurve. Jetzt konnte man sogar schon mit bloßem Auge die Menschen erkennen, die auf ­ihren weißen Motoryachten durch das tiefblaue Wasser pflügten und eine Ansicht wie auf einer Postkarte boten. Einige Passagiere zückten ihre Handys und fotografierten. Dr. Leon Ritter hatte nicht das geringste Interesse am postkartenschönen Ausblick auf die Côte d’Azur. Er krallte sich mit beiden Händen in die Sitzlehnen und sehnte den Moment herbei, wenn die Maschine endlich landen würde. Sein Körper stand unter Hochspannung. Er spürte, wie ihm trotz Klimaanlage der Schweiß unterm Hemd ausbrach. Ritter fixierte mit starrem Blick den Griff für den Notausstieg gleich neben seinem Sitz. Er versuchte flach zu atmen, um die aufkommende Übelkeit zu bekämpfen. Es gab Zeiten, da hatte ihm das Fliegen kaum etwas ausgemacht, aber in den letzten Jahren waren seine Ängste schlimmer geworden. Bis schließlich das geschah, was sein ganzes Leben ändern sollte. Dr. Ritter versuchte die Gedanken zu verdrängen, seinem Gehirn zu verbieten, die schrecklichen Bilder aufzurufen. Aber sie kamen, stürzten auf ihn ein, und er konnte nichts dagegen tun. Ritter atmete schneller, gegen die aufkommende Panik, bis er endlich den erlösenden Stoß spürte, der signalisierte, dass die Räder auf der Rollbahn aufgesetzt hatten. »Herzlich willkommen in Nizza«, säuselte die Stewardess über Lautsprecher, »die Temperatur beträgt 36 Grad. Und es soll die ganze kommende Woche heiß und sonnig bleiben. Kapitän Bauer und die Besatzung wünschen Ihnen einen wunderschönen Aufenthalt an der Côte d’Azur.« Als Leon Ritter mit den anderen Passagieren die Maschine über die Treppe verließ, traf ihn die Hitze wie ein Schlag. Es waren keine fünfzig Meter bis zum Flughafengebäude, aber der aufgeheizte Boden schien sich durch die Sohlen seiner Schuhe zu brennen. Im Ankunftsterminal waren die automatischen Schiebetüren ausgefallen. Die Reisenden drängten sich vor dem Eingang. Die Sonne glühte vom Himmel, und es gab nirgendwo Schatten. Geschäftsleute begannen sich lautstark zu beschweren und mit ihren Handys gegen die Scheiben zu trommeln. Ein Touristenpaar in bunten Bermudas stöhnte und hielt sich die Bild-Zeitung schützend über den Kopf. Nur Leon war glücklich – endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Er stand einfach da, schlank und entspannt in seinen Jeans, Poloshirt und einem hellen Leinen­sakko, zwischen all den aufgebrachten Passagieren, und blinzelte in die Sonne. Je hektischer die Lage wurde, um so ruhiger schien Leon zu werden. Eine besondere Fähigkeit, die ihm schon oft geholfen hatte, in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Er schätzte die Ruhe in den kühlen Kellern der Pathologie, weit weg von der Hektik des Klinikalltags. Hier konnte er sich ganz »seinen Patienten« widmen, wie er die Toten nannte. Zuhören, was die Opfer ihm zu »erzählen« hatten. Das war einer der Gründe, war­um Dr. Ritter seinen Beruf als Gerichtsmediziner so liebte. Nach endlosen Minuten erschien auf der anderen Seite der Glastür ein Techniker. Er stocherte mit einem Schraubenzieher im Schließmechanismus herum. Augenblicke später glitten die Scheiben auseinander und gaben den Eingang zum Empfangsgebäude frei. Die Klimaanlage hatte die Ankunftshalle in eine Kühlkammer verwandelt, und Leon drängte es Richtung Ausgang, zurück in die Hitze des Sommertages. Doch das Gepäckband rührte sich nicht. Auch nach zehn Minuten war noch kein Koffer aufgetaucht. Das Paar in den Bermudas, das neben Leon Ritter stand, wandte sich an den Mann vom Bodenpersonal. »Pardon … luggage. Frankfurt … wo, where is our luggage?«, sagte der Deutsche und sah verärgert zu seiner Frau, »… jetzt sag du doch auch mal was.« »Je ne parle que Français«, antwortete der Mitarbeiter vom Bodenpersonal, ohne die beiden Touristen in ihren Bermudas auch nur eines Blickes zu würdigen. Hals und Wangen des Deutschen verfärbten sich in zorniges Rot. Bevor er etwas erwidern konnte, sprach Leon den Mann vom Flughafenpersonal an. »Les bagages de l’avion de Francfort?«, fragte Leon. Der Angestellte musterte Dr. Ritter kurz und deutete dann mit dem Daumen hinter sich in die Halle, le quatre, die Nummer vier. »Die anderen Bänder funktionieren nicht mehr. Liegt an der Hitze, was für ein Drama.« Der Deutsche sah dankbar zu Leon. »Der Bursche hat mich genau verstanden, da könnt ich wetten. Sagen Sie, Sie waren doch auch mit uns im Flieger?« Leon hatte kaum hingehört. Er sah gebannt einer rothaarigen Frau im blauen Sommerkleid hinterher, die mit einer Gruppe von Passagieren zum Ausgang ging. Ihr Gang, die Art wie sie sich die Haare aus dem Gesicht strich, das war wie … »Die Maschine aus Frankfurt«, insistierte der Mann. »Sie saßen genau vor uns am Gang. War doch so, Marlis«, seine Frau nickte. Leon sah das Ehepaar an. Der Mann war eindeutig hypertonisch. Der Gesichtsfarbe nach zu urteilen lag sein Blutdruck bei 160 oder drüber. Er hatte sich eine gefähr­liche Jahreszeit für seinen Urlaub ausgesucht. »Ja, ja in der Zehn-Uhr-Maschine«, Ritter sah noch mal zum Ausgang, aber die rothaarige Frau war verschwunden. »Wir müssen da lang«, Leon deutete in die Halle, »ganz nach hinten. Das Gepäck wird heute nur auf dem einen Band ausgegeben.« »Nur ein Band für alle Flieger? – Schöne Scheiße«, meinte der Mann, und seine Frau sah ihn kurz an. »Ist doch wahr. Ist ne arrogante Bande, diese Franzosen.« »Walter …«, mahnte seine Frau. Ihr Mann hob in einer übertriebenen Geste die Hände und wandte sich an Ritter. »Das nächste Mal fliegen wir wieder nach Mallorca, da verstehen sie wenigstens Deutsch. Oder nach Marokko. Waren Sie mal in Marokko? Marrakesch ist der Hammer, oder, Marlis?« Neben dem Gepäckband stapelten sich bereits die Koffer. Es dauerte aber nur ein paar Minuten, bis Ritter seinen blauen Samsonite unter all den übrigen Gepäckstücken entdeckte. Am Griff hatte er ein Leichenerkennungsband aus der Pathologie befestigt, das schloss jede Verwechslung aus. Wenige Augenblicke später sah sich Leon suchend in der Ankunftshalle um. Wo war der Fahrer, der ein Schild mit seinem Namen hochhalten sollte? Die Klinik hatte versprochen, einen Wagen zu schicken. Er hatte in drei Stunden einen Termin in Hyères. Was sollte das? Als Leon mit seinem Handy im Verwaltungsbüro des Krankenhauses anrief, meldete sich nur der Anrufbeantworter. Bis 14:30 Uhr war das Sekretariat nicht besetzt – na bravo, willkommen in Südfrankreich. Wenn es etwas gab, das Leon nicht akzeptierte, dann war es Unpünktlichkeit. Er dachte gar nicht daran, zwei Stunden auf dem Flughafen von Nizza zu warten. Er würde sich einen Mietwagen nehmen, sollte doch die Klinik die Rechnung zahlen. Der Fiat 500, den ihm der Mitarbeiter von Europcar aushändigte, war nicht mal gewaschen. »Was erwarten Sie?«, sagte der Mann. »Es ist Hauptsaison. Sie können froh sein, dass überhaupt ein Auto frei war.« Auf der Autobahn stellte Leon fest, dass die Tankanzeige nur auf drei Viertel stand. Idiot von einem Autovermieter! Leon würde zurückfahren und sich diesen blasierten Wichtigtuer mit seiner fetten Armbanduhr und dem falschen Grinsen vorknöpfen. Den Geschäftsführer würde er sich kommen lassen und mit Klage drohen. Einen riesen Zirkus veranstalten. Zuletzt würden sie ihm eines der hübschen Cabrios als Wiedergutmachung anbieten. In diesem Moment fuhr Leon an der letzten Ausfahrt nach Nizza vorbei. Jetzt war es zu spät, umzukehren. Leon blieb ein Gefangener des kleinen roten Fiats, der nach Schweiß, Sonnenöl und feuchter Wäsche roch. Leon ließ sein Fester herunter. Der Fahrtwind blies ihm ins Gesicht, heiß wie ein Föhn. Aber das war immer noch besser, als den ranzigen Gestank dieser Kiste atmen zu müssen. In der Seitentasche der Fahrertür entdeckte Leon ein angebissenes Croissant, und auf dem Rücksitz lag ein verschwitztes T-Shirt. Auf dem Hemd war der pralle Hintern einer nackten Frau abgebildet, darunter der Text: »Côte d’Azur – Leben wie Gott in Frankreich«. Leon legte das Hemd auf den Beifahrersitz und faltete es mit spitzen Fingern ordentlich zusammen. Hinter Nizza führte die Autoroute A 8 in einem weiten Bogen weg von der Küste durchs dünnbesiedelte Hinterland, mitten hinein in die Provence. Kaum hatte der Fiat die Ausfahrten nach Cannes, Fréjus und St. Tropez hinter sich gelassen, wurde es ruhiger auf der Autobahn. Die Touristen quälten sich lieber die vielbefahrene Küstenstraße mit ihren fotogenen Aussichtsplätzen entlang. Leon fühlte sich in seinem muffigen Mietwagen plötzlich verloren wie ein Astronaut im Weltall. Vielleicht war diese ganze Frankreich-Idee Schwachsinn. Er hätte auf seine innere Stimme hören sollen. Klar, das Angebot hörte sich verlockend an: Médecin legiste, Gerichtsmediziner, an der Klinik von Hyères. Das klang nach Palmen, Meer und kühlem Rosé am Strand bei Sonnenuntergang. Du bist ein verdammter Träumer, dachte Leon, sei doch einmal Realist. Was ist denn so großartig hier unten? Es ist heiß, die Leute sind unzuverlässig, man bescheißt dich mit dem Mietwagen, und zum Frühstück gibt es nicht mal richtige Brötchen. Er würde bestimmt noch den Tag verfluchen, an dem er ja zu dem Job gesagt hatte. Alles hatte damit angefangen, dass Dr. Ritter auf dem Gerichtsmedizinerkongress in Toulouse einen Vortrag über »Blutspurenmuster-Verteilungsanalyse« hielt. Sein Vortrag...


Eyssen, Remy
Remy Eyssen, geboren 1955 in Frankfurt am Main, arbeitete als Redakteur u.a. bei der Münchner Abendzeitung. Anfang der Neunzigerjahre entstanden seine ersten Drehbücher. Bis heute folgten zahlreiche TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Mit seiner Krimireihe um den Gerichtsmediziner Leon Ritter begeistert er seine Leserinnen und Leser immer wieder aufs Neue und landet regelmäßig auf der Bestsellerliste.

Remy Eyssen (Jahrgang 1955), geboren in Frankfurt am Main, arbeitete zunächst als Redakteur bei der Münchner Abendzeitung, später als freier Autor für Tageszeitungen und Magazine. Anfang der 90er Jahre entstanden die ersten Drehbücher. Bis heute folgten TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Tödlicher Lavendel ist sein erster Roman.


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