E-Book, Deutsch, 127 Seiten
Reihe: Beck kompakt
Fiedler / Plank Stressmanagement
2. Auflage 2016
ISBN: 978-3-406-69174-4
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
So beugen Sie dem Burnout vor!
E-Book, Deutsch, 127 Seiten
Reihe: Beck kompakt
ISBN: 978-3-406-69174-4
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Stress ist gut, aber zuviel Stress macht krank!
In einer schnelllebigen Welt steigen die Anforderungen im Berufsalltag, der Leistungsdruck wird immer größer, genau wie die Angst zu versagen. Oft fehlt die Zeit zur Erholung. Immer mehr Menschen erkranken an den Folgen dieses ständigen Spannungszustands. Körperliche Leiden, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen, treten auf und so mancher landet schließlich als Burnout-Patient beim Arzt.
Damit es nicht soweit kommt, erfahren Sie in diesem Ratgeber
• was es mit dem Phänomen „Stress“ auf sich hat,
• wie Sie am besten damit umgehen,
• wie Sie Stressfolgen vorbeugen können und
• wo Sie bei Bedarf Hilfe bekommen.
Mit Hilfe zahlreicher Tests können Sie feststellen, ob Sie Burnout-gefährdet sind und an der Schwelle zur Depression stehen.
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11Stress – das Lebenselixier
Stress als Körperreaktion existiert nicht erst seit Kurzem, auch wenn der Begriff selbst erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts dafür verwendet wurde, in Mode kam und inzwischen fast schon inflationär benutzt wird. Stress als Motor des Lebens
Ursprünglich stammt der englische Begriff „Stress“ aus dem Gebiet der Materialprüfung und bezeichnete die Anspannung, Verzerrung und Verbiegung etwa von Metallen oder Glas. In die Biologie wurde er ca. 1950 von dem ungarisch-kanadischen Mediziner Hans Selye eingebracht. Dort bezeichnete der Begriff etwas ganz Ähnliches: die Belastungen und Anstrengungen, denen Lebewesen tagtäglich durch unterschiedlichste Einflüsse ausgesetzt sind. Allmählich kam dann auch die Erkenntnis dazu, dass wir aufgrund unserer erworbenen Einstellungen und Werte mit zur Entstehung von Stress beitragen. Stress wurde also als negativer Begriff eingeführt und benutzt und wird in der Regel auch immer noch so gesehen. Weniger bekannt ist seine hilfreiche, schützende Seite, die uns überhaupt erst in die Lage versetzt, mobil zu werden, unser Leben aktiv und produktiv zu bewältigen – ein Motor des Lebens. 12Stress ist ein seit Urzeiten bei Lebewesen aller Art eingebauter Mechanismus zum Schutz vor Gefahren. Stress mobilisierte unsere Vorfahren in Gefahrensituationen, damit sie in Bruchteilen von Sekunden entweder vor wilden Tieren fliehen oder Feinde in die Flucht schlagen konnten. Angriff oder Flucht waren überlebensnotwendig. Anruf mitten in der Nacht Stellen Sie sich vor, Ihr Telefon klingelt plötzlich mitten in der Nacht. Vielleicht vergeht einige Zeit, bis Sie wahrgenommen haben, woher der Klingelton kommt. Aber dann sind Sie vermutlich hellwach und eilen darüber mutmaßend, was wohl passiert sein könnte, zum Apparat. Sie könnten bei Bedarf sofort wichtige Entscheidungen treffen und mühelos loslaufen. Anziehen, Treppensteigen, Autofahren würden Sie kaum als anstrengend empfinden, Ihre Rückenschmerzen vom Vorabend wären kein Thema. Ihre Müdigkeit bemerken Sie erst wieder, wenn sich alles beruhigt hat. Anders sieht Ihre Reaktion bei einem erwarteten Anruf aus. Sie würden Zeit brauchen, um aufzustehen, damit Ihre Rückenschmerzen nicht noch schlimmer werden, schläfrig zum Telefon taumeln und nur allmählich etwas wacher werden. Vieles würde Ihnen auch dann noch alle Konzentration abverlangen: Anziehen, Treppensteigen, Autofahren … 13Eustress vs. Distress
In vielen Büchern und Artikeln wird vom guten und schlechten Stress berichtet. Der gute wird dabei als „Eustress“, der negative als „Distress“ bezeichnet. Inzwischen sprechen Experten nur noch vom „Stress“ und meinen damit das oben angesprochene Lebenselixier, das sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf uns haben kann. Und dieses wird noch um einen weiteren Faktor erweitert: den unserer eigenen Einstellungen und Werte zu dem, was wir tun. Unter Stress gerät man, wenn die Bewältigungsstrategien, die man sich erworben hat, nicht zu den gestellten Anforderungen passen. Einzelkämpfer oder Teamplayer Herr Huber, der als alleinerziehender Vater nach seiner Scheidung dachte, alles selbst in die Hand nehmen zu müssen, wird privat zunehmend gereizter und mürrisch. Er trinkt mehr als früher und zieht sich mit der Zeit immer weiter zurück. Am Arbeitsplatz bemerkt man nur, dass er stiller geworden ist. Frau Maier, verheiratet, zwei Kinder im Alter von 12 und 15 Jahren, ist halbtags in einer Buchhandlung tätig. Ihr Mann ist als Unternehmensberater ständig auf Reisen. Frau Maier ist mit Arbeit, Haushalt und Kindern voll ausgelastet. Wenn dann noch etwas dazukommt, wird es eigentlich zu viel. Da sie nach mehreren Krisen im Leben jedoch gelernt hat, auch mal „nein“ zu sagen, die Kinder schon immer dazu angehalten wurden, im Haushalt mitzuhelfen, und sie für ein gutes 14Netzwerk von Freunden, Bekannten und anderen Helfern gesorgt hat, gelingt es ihr immer wieder, Belastungsspitzen ganz gut abzufangen. Die beiden Beispiele zeigen: Es ist möglich und nötig, Belastungen aktiv und selbstbewusst anzugehen – man ist ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Man kann ihnen begegnen, wenn man gut vorbereitet ist, sich selbst auch mal hinterfragt und, wenn nötig, auch mal nach neuen ungewohnten Lösungen sucht. Das Yerkes-Dodson-Gesetz
Robert Yerkes und John Dodson untersuchten 1908, wie sich in einem System die Leistung in Abhängigkeit vom Grad der Aktivierung verändert. Sie fanden dabei heraus, dass die Kurve umgekehrt u-förmig verläuft und nicht, wie oft fälschlich vermutet, immer weiter steigt. 15Das heißt: Immer mehr Aktivierung bringt nicht immer noch mehr Leistung! Etwas weniger kompliziert ausgedrückt: Oft kennen wir nur den ersten Teil der Kurve, bei dem Menschen z. B. bei bestimmten Herausforderungen schneller und besser werden. Ihre „Performance“ steigt, sie können sich besser auf das Wesentliche konzentrieren und so schneller lernen, Terminsachen erledigen und sportliche Höchstleistungen erzielen. Wenn der Chef Druck macht, wird man tatsächlich besser und effektiver und erwacht aus der Lethargie. Aber: Dies geht nicht ewig so weiter. Irgendwann befinden wir uns an unserem Leistungshöhepunkt. Und der ist individuell sehr unterschiedlich. Ab da geht’s dann wieder bergab. Wenn wir uns weiter antreiben, lässt unsere Effektivität nach. Wir merken das, weil „es nicht mehr so läuft, wie gewohnt“, und denken uns, dass „das doch zu schaffen sein müsste“. Und dann geben wir immer noch mehr Power, manchmal bis zum Zusammenbruch. Wir sind also nicht beliebig weit aktivierbar – eigentlich eine recht lapidare Erkenntnis. Aber wenn man sich die enorm ansteigende Zahl an Erkrankungen ansieht, die mit ständigen, lang andauernden Überlastungs- und Überforderungssituationen zu tun haben, könnte man schon ins Grübeln kommen, warum Menschen sich das antun. 16Die Stress-Leistungs-Kurve
Zunächst ein kleines Beispiel: Positiver Stress – Dauerleistung Frau Maier braucht am Morgen etwas Zeit, um ganz wach zu werden. Ihre Energie reicht zunächst aus, um sich arbeitsfertig zu machen: aufstehen, Toilette machen und Kinder versorgen – das geht fast automatisch. Nur beim Anziehen muss sie sich kurz zusammenreißen, damit Hosenanzug, Bluse und Halstuch auch zusammenpassen. Sie frühstückt immer erst auf dem Weg zur Arbeit, weil vorher noch nichts „reingeht“. Nach dem Umweg über ein Café – auch der Kreislauf hat sich inzwischen stabilisiert – fühlt sie sich nun auf „Betriebstemperatur“. Und das heißt, sie arbeitet im Bereich von 60–80 % ihrer Leistungsfähigkeit. „Wenn es ganz dick kommt, kann ich immer noch ’ne Schippe drauflegen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. 17 Die Stress-Leistungs-Kurve beschreibt den von Yerkes und Dodson gefundenen Zusammenhang noch genauer und ist auch mit Verhaltensweisen und Befindlichkeiten hinterlegt. Ab einem gewissen, individuell sehr unterschiedlichen Punkt von optimaler Leistung bewirkt die Zufuhr von mehr Energie eine rasche Abnahme des Outputs. Zunächst verringert sich die Aufmerksamkeit und man macht kleinere und größere Fehler. Unter Dauerbelastung kommen dann auch körperliche Beschwerden hinzu: Negativer Stress – Dauerbelastung, Überlastung Herr Huber ist eigentlich Frühaufsteher. Er bringt seinen Körper schnell auf die nötige „Betriebstemperatur“. Mit dem Klingeln des Weckers um 5 Uhr ist er schon hellwach, und wenn er um 7.30 Uhr zur Arbeit fährt, hat er bereits ein kurzes Frühstück hinuntergeschlungen und zwei Stunden intensiver Arbeit hinter sich. Er ist ein Anhänger der Theorie „Es gibt nicht zu viel Arbeit, sondern nur die falsche Einstellung dazu“. Als Perfektionist sind ihm Nachlässigkeiten verhasst, Fehler gänzlich unerlaubt. 18 So überquert er sehr schnell und von ihm unbemerkt seinen Punkt der optimalen Leistungsfähigkeit: Er stellt fest, dass das Aufstehen seit einiger Zeit nicht mehr so gut klappt. Er fühlt sich schlapp und vermutet eine Krankheit dahinter. Sein Arzt kann aber für das Schwindelgefühl und die Rückenschmerzen keine organischen Ursachen entdecken. Auf die Frage, was sonst noch so los sei, erzählt Herr Huber, dass ihm in letzter Zeit vollkommen unübliche und unerklärliche Fehler unterlaufen. Einmal habe er eine falsche Rechenformel angewandt, es aber zum Glück noch rechtzeitig bemerkt und korrigiert (siehe Abb. „Fehler I“). Ein anderes Mal hätte er einen simplen Additionsfehler nicht bemerkt, wenn ihn sein Mitarbeiter nicht darauf hingewiesen hätte (siehe Abb. „Fehler II“). Aber letztlich sei ihm etwas passiert, was ihn schon mitgenommen habe: von demselben Mitarbeiter auf einen ähnlichen Fehler angesprochen, habe er darauf bestanden, nichts falsch gemacht zu haben, und den Mitarbeiter angegangen, was diesem einfalle, seine Arbeit zu kontrollieren (siehe Abb. „Fehler III“). Erst als sein Chef ihn zum Gespräch bat, ob er sein Verhalten und seinen Fehler nicht noch einmal 19Revue passieren lassen wolle, sei er einsichtig gewesen. Gleichzeitig sei innerlich etwas in ihm zusammengebrochen. Und wenn er ehrlich sei, kämen ihm auch manchmal ohne großen Anlass einfach die...