Flebbe | 77 Tage | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 256 Seiten

Reihe: Lila Ziegler

Flebbe 77 Tage

Lila Zieglers vierter Fall
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-89425-873-3
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Lila Zieglers vierter Fall

E-Book, Deutsch, Band 4, 256 Seiten

Reihe: Lila Ziegler

ISBN: 978-3-89425-873-3
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein neuer Fall für die junge Detektivin Lila Zieger - einfach nur gut! Die junge Detektivin Lila und ihr Partner Ben Danner sollen herausfinden, ob hinter den ungewöhnlich hohen Todesfallzahlen eines Pflegedienstes mehr steckt als ein Zufall. Sie mischen sich unter das Betreuerteam. Über ein Blog lernt Lila sehr überraschende Seiten ihrer neuen Kolleginnen kennen. Doch dass eine Mörderin unter ihnen ist, schließt sie aus. Nicht nur, dass es mit dem Fall nicht richtig vorangeht, erhält Lila Besuch von ihrem Bruder. Und er kommt nicht in friedlicher Absicht ...

Lucie Flebbe (vormals Klassen) kam 1977 in Hameln zur Welt. Sie ist Physiotherapeutin und lebt mit Mann und Kindern in Bad Pyrmont. Mit ihrem Krimidebüt 'Der 13. Brief' mischte sie 2008 die deutsche Krimiszene auf. Folgerichtig wurde sie mit dem 'Friedrich-Glauser-Preis' als beste Newcomerin in der Sparte 'Romandebüt' ausgezeichnet.

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1.
Mein Herz rast. Es ist eng in den Häuserschluchten der Bochumer Innenstadt. Und dunkel. Keine Straßenlaterne, kein beleuchtetes Fenster in Sicht. Einzig ein weit entfernter Mond taucht zwischen den Dächern der Hochhäuser auf, wirft sein fahles Licht auf das farblose Pflaster der Fußgängerzone und verschwindet schon wieder hinter Wolkenfetzen. Die Stadt wirkt wie ausgestorben. Außer mir ist um diese Zeit niemand unterwegs. Die Stille ist ungewohnt und mein Herzklopfen unnatürlich laut zu hören. Genau wie das Echo meiner Schritte, das die düsteren Fassaden auf mich zurückschleudern. Es gaukelt mir fremde Schritte vor. Kann nicht sein. Ich bin allein. Zur Sicherheit umfasse ich den stabilen Plastikschaft des Federhalters in meiner Jackentasche fester. Ich nehme meinen Mut zusammen, bleibe stehen und sehe mich hastig um. Die Gassen enden im Schatten. Da! Wieder höre ich die Schritte. Kein Echo, kein Zweifel, jemand folgt mir. Eindeutig. Und rasch. Ich habe es geahnt. Ich renne los. Mein Verfolger beginnt ebenfalls zu laufen, bemüht sich nicht mehr, seine Geräusche zu dämpfen. Das Echo schwillt an, seine Schritte und meine, seine immer lauter. Der ferne Mond leuchtet über mir. Jetzt sehe ich den Mann, er ist groß und kräftig. Verdammt! Ich renne, so schnell ich kann, zwischen den eng stehenden Häusern hindurch, deren bröckelnde Mauern immer dichter zusammenzurücken scheinen. Doch mein Verfolger kommt mir immer näher. Schon kann ich seinen schnaufenden Atem hören, spüren, in meinem Nacken. »Nein!«, schreie ich laut, wirbele herum und reiße in der gleichen Bewegung den Federhalter in die Höhe, wie einen Dolch. Der Mann steht direkt vor mir. Mondlicht streift sein Gesicht und ich glaube, es zu erkennen. Mit aller Kraft ramme ich die scharfkantige Feder in seinen Körper, direkt vor der Nackenmuskulatur, an der Stelle, an der der Hals in die Schulter übergeht. Ich weiß, ich habe getroffen. Ich habe die lebenswichtigen Gefäße durchtrennt, die an dieser Stelle beinahe ungeschützt unter der Haut liegen. Trotzdem presse ich die Waffe mit beiden Händen tiefer in die Wunde. Warmes Blut strömt über meine Finger, meine Unterarme hinunter, lässt den Federhalter glitschig werden. Auch als der schwere Körper kippt wie ein gefällter Baum, lasse ich nicht los … Schweißgebadet fuhr ich hoch, sog keuchend Luft ein. Suchte das Blut an meinen Händen. Ich brauchte einen Moment, um mich zu orientieren, um zu begreifen, dass ich aufrecht im Bett saß. Im Schlafzimmer unserer Dachwohnung. Neben Danner. Mal wieder hatte mich meine Vergangenheit heimgesucht, ein bisschen in meinem Schlaf herumgespukt, wie ein gelangweiltes Gespenst. Mein Name ist Lila Ziegler, ich bin zwanzig Jahre alt und ich weiß, wie man einen Menschen tötet. Ich presste die Knöchel meiner geballten Fäuste gegen meine Stirn. Die eiskalte Zimmerluft half mir, wach zu werden, während Danner murrend nach der dicken Daunendecke angelte, die ich in meiner Panik zur Seite geschleudert hatte. In einer Ecke der Fensternische pendelte eine dünne Spinne vor der beschlagenen Scheibe und mein hastiger Atem kondensierte milchigweiß in der eisigen Luft. »Wird sowieso Zeit, dass wir aufstehen«, brummte Danner nach einem Blick auf den Wecker. Wenig später hockte ich beim Zähneputzen auf der Kante der Wanne in unserem renovierungsbedürftigen Badezimmer und ließ meine nackten Waden von einem brummenden Heizlüfter wärmen. Die Wände waren altmodisch beige gefliest, mehrere Kacheln hatten Risse oder Löcher von Haken und Schränken, die längst nicht mehr hingen. Die Keramik von Waschbecken, Wanne und Klo hatte man im Kontrast zur Wandfarbe eine Nuance dunkler gewählt – kotbraun. Wie jeden Morgen störte mich meine Frisur. Von der Wannenkante aus konnte ich meinen Kopf im Spiegel über dem Waschbecken betrachten. Für die Ermittlungen zu unserem letzten Fall hatte ich meine langen Haare kurzerhand abrasiert. Statt bis über meine Schultern zu zotteln, strubbelte mein Blondschopf neuerdings streichholzkurz in alle Richtungen. Gewöhnungsbedürftig. Ohne die langen Haare konnte man mehr von mir sehen. Ich war mir allerdings nicht sicher, ob das ein Vorteil war. Mein Kinn und meine Nase sahen noch spitzer aus und ich konnte mich nicht mehr hinter meiner Frisur verstecken, wenn es nötig war. Meine Haare fehlten mir mehr, als ich erwartet hatte. Während das kleine Heizgerät weiter meine Füße wärmte, krabbelte eine Gänsehaut meine Oberschenkel hinauf bis unter meinen langen, lila Wollpulli. In unserer Wohnung herrschten so ziemlich die gleichen Temperaturen wie draußen. Um Strom zu sparen, hatte Molle, unser Vermieter, die Heizung ausgeschaltet. Anfang März ein wenig verfrüht, fand ich. Letzte Woche hatte es noch geschneit. Andererseits würde Molles Geiz womöglich spontan nachlassen, wenn Danner und ich mal wieder Miete zahlen würden. Doch unsere letzten Ermittlungen hatten uns zwar ein paar werbewirksame Schlagzeilen eingebracht, aber kaum die Kasse klingeln lassen. Durch die Wohnzimmertür beobachtete ich, wie sich Danner ein dunkles T-Shirt über die Glatze zog. Mein Blick wanderte über seinen trainierten Rücken und blieb an seinem Hintern hängen. Mittlerweile hielt unsere Beziehung bereits ein halbes Jahr. Mehr oder weniger, in letzter Zeit eher mehr. Seit Neuestem hatte ich sogar einen Arbeitsvertrag, ein Gehalt und einen festen Wohnsitz hier in Bochum. Ich vögelte meinen Boss, aber ansonsten verlief mein Leben in für meine Verhältnisse erstaunlich geregelten Bahnen. Vielleicht benötigte ich meine langen Haare ja gar nicht mehr so dringend … Pünktlich um halb zehn klingelte es an der Wohnungstür. So pünktlich, dass ich überlegte, ob die Person womöglich schon auf der Treppe gewartet hatte, bis der Zeiger ihrer Uhr umsprang. Danner seufzte. »Bock hab ich nicht auf den Job«, brummte er, während er sich auf den Weg zur Tür machte. Hm. Also bei mir hatte das arktische Klima in unserer Wohnung deutlich mehr Arbeitseifer aufkommen lassen. »Guten Morgen«, sagte die stämmige, kleine Frau, die vor unserer Wohnung im Treppenhaus stand. »Elsbeth van Pels mein Name. Wir haben telefoniert?!« »Ben Danner, kommen Sie herein.« Während ihres prüfenden Handschlags flitzten die wachen, grünlichen Augen der Frau hinter dem schmalen Silberrahmen ihrer Brille über Danners dunkle Kleidung, die kräftigen Unterarme, das unrasierte Gesicht und seine Glatze. Die hellgrauen Augenbrauen zuckten hinauf in ihre Stirn, doch ihre strenge Miene verriet nicht, ob der erste Eindruck des Privatdetektivs ihren Erwartungen entsprach. Oder vielleicht zu sehr? Jedenfalls konnte Danners Schmuddellook die Frau nicht abschrecken. Sowieso wirkte sie wie jemand, der sich nur schlecht erschrecken lässt. Mit zackigen Schritten marschierte Elsbeth van Pels in unser extra aufgeräumtes Wohnbüro. Sie hielt sich sehr aufrecht, den Rücken durchgedrückt, konnte damit aber nicht über ihre geringe Körpergröße hinwegtäuschen. Wollte sie anscheinend auch nicht, denn sie trug sehr flache, sehr schlichte Schuhe. »Und Sie sind …?«, erkundigte sie sich nach mir, während sie ihre Winterjacke mit Pelzbesatz über die Sessellehne hängte. Sie war sicher über fünfzig und klappte zum Sprechen nur den Unterkiefer hoch und runter, wodurch sie an einen altertümlichen Holznussknacker erinnerte, der den Mund öffnete, wenn man den Hebel an der Rückseite bewegte. »Meine Mitarbeiterin Lila Ziegler«, stellte Danner mich vor. Wieder hob die Klientin, die noch gar keine war, ihre Brauen über den Rand der Brille. Ihre ungeschminkten Lippen pressten sich aufeinander, als hätte sie gerade eine Nuss zerbissen. Ich entsprach definitiv nicht den Erwartungen, die sie an eine einigermaßen fähige Detektivin stellte. Trotzdem saß mir Elsbeth van Pels gleich darauf gegenüber in unserem alten, grauen Sessel. Wie ein Ringer in Kampfposition stellte sie die Füße breit und fest auf den Boden, die Ellenbogen stützte sie auf die Knie. Danner platzierte einen Kaffeebecher vor ihr auf der Marmorplatte des Couchtisches. Der heiße Dampf stieg in hellen Wolken in der kalten Luft unseres ungeheizten Wohnzimmers auf. Elsbeth van Pels zog ihre Jacke wieder an, während ihr forschender Blick erneut wanderte. Über unseren beinahe aufgeräumten Schreibtisch, das von Akten überquellende Regal, den fleckigen Teppich. An einer leeren Bierflasche auf einem Pizzakarton, den wir beim Aufräumen neben dem Computer übersehen hatten, blieb ihr Blick hängen. Danner hatte sich den Schreibtischstuhl herangerollt: »Was führt Sie zu uns?« Elsbeth van Pels brach ihre Zimmerinspektion ab. »Ich bin durch einen Zeitungsartikel auf Ihre Detektei aufmerksam geworden. Sie haben doch diesen Korruptionsfall im Otto-Ruer-Klinikum aufgeklärt, nicht wahr?« »Das war Frau Zieglers Fall, ja«, bestätigte Danner. Die stämmige, kleine Frau wandte sich mir zu. Einen Augenblick lang betrachtete sie meine geringelten Wollsocken. »Diskretion hätte in meinem Fall oberste Priorität«, erklärte sie dann meinen Füßen. »In jedem Fall«, berichtigte Danner. »Ich spreche von wirklicher Geheimhaltung.« Ihre Stimme wurde eine Spur schärfer. »Top secret sagt man wohl in Ihrer Branche.« Danners Miene blieb unbewegt. »Gut«, sagte Elsbeth van Pels, als er schwieg. »Ich bin mir nicht sicher, ob es sich überhaupt um einen Fall handelt. Besser, wenn nicht.« Die Schärfe ihrer Stimme wich einer überraschenden Unsicherheit. Statt mit...


Lucie Flebbe (vormals Klassen) kam 1977 in Hameln zur Welt. Sie ist Physiotherapeutin und lebt mit Mann und Kindern in Bad Pyrmont.
Mit ihrem Krimidebüt 'Der 13. Brief' mischte sie 2008 die deutsche Krimiszene auf. Folgerichtig wurde sie mit dem 'Friedrich-Glauser-Preis' als beste Newcomerin in der Sparte 'Romandebüt' ausgezeichnet.



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