Flebbe | Jenseits von tot | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 288 Seiten

Reihe: Eddie Beelitz

Flebbe Jenseits von tot


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-89425-750-7
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 3, 288 Seiten

Reihe: Eddie Beelitz

ISBN: 978-3-89425-750-7
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das furiose Finale der Trilogie der Friedrich-Glauser-Preisträgerin

Privat läuft es für Kriminalkommissarin Eddie Beelitz. Dem beruflichen Vorankommen allerdings steht ihre Teilzeitregelung im Weg. Das ändert sich schlagartig, als auf einem alten Zechengelände eine Leiche gefunden wird und die Staatsanwältin Eddie ausdrücklich ins Ermittlerteam beruft. Nachforschungen ergeben, dass die Tote, die in der Immobilienbranche arbeitete, etliche Feinde hatte. Zudem stößt Eddie auf eine Intensivpflege-Wohngemeinschaft, in der die Mutter der Ermordeten untergebracht werden sollte. Da die Polizei dort alles andere als willkommen ist, bittet Eddie ihren Freund Jo Rheinhart alias "Zombie" um Hilfe, der den Leiter der Einrichtung kennt. Als Zombie während der Ermittlungen auf einen alten Feind trifft, holt ihn sein dunkelstes Geheimnis ein. Wird ihm seine Vergangenheit zum Verhängnis?

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EDDIE »WIR WOLLEN DAS HIER NICHT HABEN!« –
ANWOHNER PROTESTIEREN GEGEN PFLEGE-WG IN WOHNGEBIET Den Artikel, von dem Zeppel gesprochen hatte, hatte ich im Onlinearchiv der Tageszeitung gefunden. Das Foto zum Text zeigte eine Birke vor einer weinrot gestrichenen Fassade. Ich überflog den Bericht: Offenbar gibt es im Bereich der Intensivpflege immer wieder skrupellose Geschäftemacher, die im großen Stil bei Krankenkassen abkassieren: für die hoch entlohnte Betreuung von bettlägerigen Intensivpatienten. Im Falle solcher Abzockmaschen werden die Pflegebedürftigen nicht von Fachpersonal, sondern von unausgebildeten Betreuern versorgt, um den Gewinn zu maximieren. Dass so etwas in ihrem unmittelbaren Umfeld praktiziert wird, befürchten Anwohner in einem Wohngebiet in Langendreer. »Wir wollen das hier nicht haben«, stellt Mieter Gernot Zeppel klar. Er wandte sich mit seinen Bedenken an die Stadtverwaltung. »Wir haben keine rechtliche Möglichkeit, eine solche Wohngemeinschaft zu verhindern«, erklärt Baudezernatsleiter Mark Oltmann. »Der Bebauungsplan lässt diese Nutzung zu.« Zombie öffnete die Autotür und ließ sich neben mich auf den Fahrersitz gleiten. Ich ließ das Smartphone sinken, doch er startete, ohne ein Wort zu sagen, den Motor. Eine kleine, steile Falte bohrte sich zwischen seinen Augenbrauen in seine Stirn. Und seine linke Faust ballte sich so fest um das Lenkrad, dass die Knöchel hervortraten, während er den Hummer auf die Straße kurbelte. Ich wartete darauf, dass er mir erzählte, was er über die dubiose Wohngemeinschaft herausgefunden hatte, doch er schwieg. Was war passiert? »Weißt du eigentlich, was Wachkoma bedeutet?«, fragte er mich schließlich. Seine Stimme hatte einen lauernden Unterton. Ich dachte an Sigrid Funkes Mutter in dem gigantisch großen Pflegebett. Das Wachkoma war neben dem Tod vermutlich die schlimmstmögliche Folge eines Schlaganfalls. Selbst für Adrian war der Anblick zu viel gewesen. »Ja«, beantwortete ich seine Frage zögernd. Ich wusste nicht, worauf er hinauswollte, aber der Unterton in seiner Stimme hatte mich wachsam werden lassen. »Ich habe die Mutter des Mordopfers gesehen, die nach einem Schlaganfall pflegebedürftig ist.« »Und?«, bohrte Zombie nach. »Was ist los mit ihr?« Ich schluckte. »Sie hat einen … Hirnschaden.« Konnte ich das so ausdrücken? Zombie wartete schweigend darauf, dass ich weiterredete. »Ziemlich schlimm«, sagte ich. »Sie kann nicht sprechen, sich nicht bewegen.« »Und sonst?« Da vibrierte etwas in Zombies Stimme. Es ärgerte mich, dass ich nicht begriff, was es war. »Sie kann gar nichts mehr. Sie wird künstlich ernährt«, fuhr ich fort. »Und sie hat so einen Blasenkatheter. Niemand weiß, ob sie ihre Umwelt überhaupt wahrnimmt. Und sie hat eine spastische Lähmung, die ihren ganzen Körper total verkrampft. Ich glaube, dass sie Schmerzen hat.« Ich zögerte. Dann sprach ich doch aus, was mir durch den Kopf ging. Wenn ich meinem Freund nicht sagen konnte, was ich dachte, wem dann? »Ich glaube, es wäre besser für sie gewesen, wenn sie gestorben wäre.« Zombie trat auf die Bremse. Der Hummer kam abrupt hinter mehreren vor einer Ampel wartenden Autos zum Stehen. Zombie starrte mich an. »Sie hätte sterben sollen«, nickte er. Die Bewegung kam mir unnatürlich verlangsamt vor. »Aber es hat nicht funktioniert. Weil Ärzte es verhindert haben, schätze ich.« Plötzlich erinnerte ich mich, wann ich diese untypisch verlangsamten Bewegungen schon einmal bei ihm gesehen hatte: auf der Ruhrtalbrücke, mitten in der Nacht. Damals hatte er unter Schock gestanden. Ich richtete mich auf. Zombie verkraftete nicht, was er in der WG gesehen hatte. Weil er seine Türsteherkumpel mit Gettofaust begrüßte, konnte man leicht vergessen, dass er den harten Kerl nur spielte. »Wenn mir das passiert, lass mich sterben«, sagte er. Mein Gehirn schaltete auf Pause. »Ruf einfach keinen Krankenwagen, wenn ich umkippe, okay? Ich will nicht jenseits von tot wieder aufwachen.« Mein Gehirn streikte. Ich weigerte mich zu glauben, dass er das gerade gesagt hatte. Wie ein Opossum fiel ich in eine Art Schreckstarre. Ich blickte unverwandt weiter auf den Kofferraum des vor uns haltenden Wagens, als wäre es möglich, so zu tun, als hätte ich nichts gehört. »Das ist mein Ernst, Eddie«, ließ Zombie die Schreckstarre nicht gelten. Endlich verlinkte mein Gehirn die relevanten Informationen. Die CT-Aufnahme seines Schädels. Das Gespräch, das ich vor Monaten mit seiner Schwester Dana geführt hatte. »Was ist ein Aneurysma?« »Eine Aussackung an einem Blutgefäß, in seinem Fall im Gehirn. Es ist an dieser Stelle erweitert, ausgeleiert, sozusagen. Ob das wirklich vom Boxen kommt, ist nicht sicher. Es kann auch angeboren sein. Es besteht die Gefahr, dass die Ader an dieser Stelle platzt, besonders, wenn er weitere Schläge gegen den Kopf bekommt. Das können Sie sich wie einen Schlaganfall vorstellen. Im schlimmsten Fall stirbt er oder ist schwerbehindert.« Was Zombie in der Wachkoma-WG gesehen hatte, war das Schicksal, das ihm selbst seit Jahren drohte. Und auch wenn er nie darüber sprach, verrieten kleine Verhaltensweisen und unbedeutende Nebensätze hin und wieder, dass die vernichtende Diagnose wie eine Guillotine über seinem gesamten Leben schwebte. Hinter uns hupte ein Auto. Zombie lenkte den Hummer an den Straßenrand und stoppte erneut. »Und wenn mir das doch passiert«, sagte er bedächtig, »dann will ich, dass du mich umbringst.« Ich atmete scharf ein. Geht es noch? Endlich löste sich meine Starre. »Das kannst du vergessen!«, fuhr ich ihn wütend an. »Du wirst schön am Leben bleiben, verstanden? Du wirst keine Prügeleien anzetteln und keine Mörder jagen, und wenn es windig ist, bleibst du im Haus, damit dir kein Dachziegel auf den Kopf fällt, kapiert?« Seine rechte Augenbraue zuckte hoch. Ich konnte spüren, wie seine düstere Stimmung verpuffte. Seinen Humor konnte er selbst in der schwarzen Phase einer Depression nicht ganz abstellen. Glücklicherweise. »Ich meine das ernst«, wiederholte er trotzdem, jetzt allerdings in weniger beängstigendem Ton. »Ich will keine Beatmung und keine künstliche Ernährung. Wenn mir doch was auf den Kopf fällt, lass mich verrecken. Okay?« Er hielt mir die Hand hin, als könnte man ein solch krankes Abkommen per Handschlag besiegeln. Ich schüttelte den Kopf. »Besprich das mit Dana«, knurrte ich. »Oder mit deiner Mutter.« »Für ’n Arsch«, winkte er ab. »Die fangen schon an zu heulen, wenn ich das Wort ›Patientenverfügung‹ in den Mund nehme.« »Ach? Und ich nicht?« Meine Fantasie lieferte prompt das passende Bild zu unserem morbiden Gespräch. Zwei Sanitäter, die Zombie bewusstlos auf einer Trage in die Notaufnahme schieben. Dana, die in ihrem weißen Arztkittel zusammenbricht. Nein! Nein, nein, nein! Ich versuchte, den Gedanken aus meinem Kopf zu drängen, doch die Vorstellung war so schrecklich, dass mir einfach keine harmlosen Ersatzgedanken einfallen wollten. »Bis jetzt sehe ich dich nicht flennen«, stellte Zombie nüchtern fest. »Ich konnte dich nicht mal erschießen, als du dich noch wie das Monster aus einem zweitklassigen Horrorfilm aufgeführt hast«, schnauzte ich ihn erschrocken an. »Also lass mich da raus.« Zombies schwarze Augen glitzerten belustigt. »Du bist eben mein persönlicher Schutzengel«, schnurrte er. »Und soll ich dir was verraten: Wenn es darauf ankommt, wirst du sowieso das Richtige tun. Du kannst gar nicht anders.« Ich riss die Augen auf. Das hatte er nicht gesagt, oder? Er startete den Motor wieder und lenkte den Wagen zurück auf die Straße. Nachdenklich kratzte er sich den Bart. »Dummerweise würden die Medizinmänner wahrscheinlich wirklich meine unzurechnungsfähige Mutter nach ihrer Meinung fragen«, überlegte er laut. »Für das Problem gibt es eigentlich nur eine Lösung.« Er warf mir einen herausfordernden Blick zu. Was kam jetzt noch? »Ist doch logisch: Du musst mich heiraten.« ZOMBIE Der Lichtkegel meiner Taschenlampe flitzte über das Schild an der Hauswand. Sieh mal an, der Klotz gehörte auch zur SWBG. Obwohl ich hier seit Tagen die Nachtschicht schob, fiel mir das Schild zum ersten Mal auf. Um mich herum standen gleich neun oder zehn Mehrparteienhäuser dieser Bauart, vermutlich verwalteten die den ganzen Block. Klar, wusste ich, dass die SWBG auch bei uns im Bochumer Norden Wohnungen anbot. Genau wie Vonovia, der Bauverein, dem viele der Wohnungen in den Blöcken gehörten, in denen wir selbst lebten, und ein halbes Dutzend anderer Firmen. Routinemäßig gab ich laufend bei jedem Immobilienunternehmen in Bochum Angebote zur Objektsicherung ab. Die SWBG, bei der Eddies Leiche gearbeitet hatte, hatte ihren Sitz in Ehrenfeld, soweit ich mich erinnerte. Das war dieser Prunkbau mit dem Glasaufzug mitten in der Eingangshalle. Erst seit Eddie das recherchiert hatte, war mir jedoch klar, dass die SWBG über vierzehntausend Wohnungen verwaltete. Und jetzt fielen mir bei meinen Touren immer mehr Gebäude auf, an denen die Schilder mit den drei himmelblauen Häusern hingen. Ich joggte zwischen den vierstöckigen, weißen Wohnklötzen hindurch. Die Runde von der Schule bis zum Aldi erledigte ich zu Fuß schneller als mit dem...


Lucie Flebbe, geboren 1977 in Hameln, ist Physiotherapeutin und lebt mit Mann und Kindern im Weserbergland. Mit ihrer neun Bände umfassenden Krimireihe um die junge Privatdetektivin Lila Ziegler eroberte sie sich eine große Fangemeinde. Mit der Jenseits-Trilogie um Heldin Edith "Eddie" Beelitz hat sich Lucie Flebbe neu erfunden und bleibt sich zugleich treu.



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