Flebbe | Jenseits von Wut | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 309 Seiten

Reihe: Eddie Beelitz

Flebbe Jenseits von Wut


1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-89425-746-0
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 1, 309 Seiten

Reihe: Eddie Beelitz

ISBN: 978-3-89425-746-0
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ihr verhasster Job wird ihre neue Chance …

Knall auf Fall steht Edith ›Eddie‹ Beelitz mit ihrer kleinen Tochter Lotti auf der Straße: Ehemann Philipp war eindeutig die falsche Wahl. Weil bei der Bochumer Polizei Personalnotstand herrscht, kann Eddie kurzfristig in ihren ungeliebten Beruf zurückkehren, und das sogar in Teilzeit bei den Mordermittlern. Die haben gut zu tun: Vor dem Jobcenter liegt die Leiche der arbeitssuchenden Ronja Bleier - sie wurde brutal erschlagen. Eddie, die gehofft hatte, nur Schreibarbeiten übernehmen zu müssen, ist überfordert. Wie soll ausgerechnet sie dabei helfen, einen Mord aufzuklären?

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EDDIE
Zurückstellung Ihres Antrags auf Verlängerung des Sonderurlaubs Sehr geehrte PK Kramaczik-Beelitz, Ihr Antrag auf Verlängerung Ihres Sonderurlaubs um ein weiteres Jahr zum Zweck der Kindererziehung ist eingegangen. Aufgrund des aktuellen personellen Engpasses geben wir Ihnen die Gelegenheit, Ihren Wunsch noch einmal zu überdenken. Wie Sie wissen, haben Sie ein Anrecht auf Arbeitszeitreduzierung. Gern wird Ihre zuständige Dienststelle Ihren Wiedereinstieg in die Berufstätigkeit mithilfe einer Teilzeitregelung und internen Schulungen unterstützen. Auch Ihre Wünsche bezüglich Einsatzort und – bereich werden, soweit organisatorisch möglich, berücksichtigt. Verbindlich zur Rückkehr in den Dienst oder Verlängerung Ihres Sonderurlaubs äußern müssen Sie sich spätestens drei Monate vor Dienstbeginn. In Ihrem Fall bedeutet das, dass Sie sich bis zum 31. Juli festlegen müssen. Mit der Bitte um Überprüfung stellen wir Ihren Antrag um die verbleibenden vier Wochen zurück. Als Anlage erhalten Sie die Broschüre »Unter Umständen – Informationen zu Schwangerschaft und Elternschaft« der Gewerkschaft der Polizei NRW. Mit freundlichen Grüßen, Die Polizeipräsidentin »Eddie? Wenn du dich schon wieder aufs Klo verdrückt hast, flippe ich aus, das schwöre ich dir!« Mist! Philipp hatte gemerkt, dass ich weg war. Hastig faltete ich das alte Schreiben zusammen. An den Stellen, an denen die Knicke ihre Linien hinterlassen hatten, war das Papier vom ständigen Auseinander- und wieder Zusammenfalten dünn und teilweise eingerissen. Die Zeilen konnte ich auswendig, weil ich sie immer las, wenn ich mich im Badezimmer aufhielt. Und ich hielt mich nicht gerade selten im Badezimmer auf. Die Frist, in der ich mich für die Rückkehr in den Dienst hätte entscheiden können, war lange abgelaufen. Mittlerweile war es schon Ende Oktober. Den Brief hatte auch nicht wirklich die Polizeipräsidentin unterschrieben, sondern ein gewisser I. Lambrecht, in Vertretung. Weder Lambrecht noch die Polizeipräsidentin kannten mich persönlich. Genau wie fünfundneunzig Prozent der übrigen etwa tausendneunhundert Polizeibeamten, die derzeit in Bochum Dienst schoben. Die allermeisten ahnten rein gar nichts von meiner Existenz. Ich war lediglich eine Karteileiche im Aktenschrank der Personalabteilung. So ein Brief ging vermutlich standardmäßig raus. Immer wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich aus welchem Grund auch immer im Sonderurlaub befanden, diesen verlängern wollten. Eine Maßnahme, um dem aktuellen Personalengpass entgegenzuwirken. Genau wie die Plakate mit fröhlichen, jungen Menschen in Uniform, die zurzeit in sämtlichen öffentlichen Gebäuden für eine Ausbildung bei der Polizei warben. Ich wusste selbst nicht, warum ich das Schreiben seit Wochen unter der Pyramide aus Klopapierrollen auf der Fensterbank versteckte, anstatt es endlich wegzuwerfen. Ich wollte nicht ernsthaft zurück in den aktiven Dienst. Es war auch gar nicht möglich, Lotti ging noch nicht einmal in die Schule. Außerdem hasste ich den Job. Trotzdem achtete ich sorgfältig darauf, die Toilettenpapierpyramide nicht so weit zusammenschrumpfen zu lassen, dass der Zettel darunter sichtbar wurde. »Eddie?« Ich stopfte das Schreiben zurück unter den Klopapierturm, sprang von der Toilette und versuchte, meinen Hintern zurück in die knatschenge Kunstlederhose zu quetschen. Philipp rüttelte an der Türklinke. »Es ist keine Viertelstunde her, seit du zum letzten Mal auf dem Klo verschwunden bist«, zischte er. »Was ist mit diesen Einlagen? Benutzt du die überhaupt?« »Ich komme schon«, überging ich die Frage. »Und ich fliege zum Mond. Auf einem Einhorn mit Flügeln«, ätzte Philipp. »Ich warte auf dich.« Ich warf einen Blick in den Spiegel. Meine Nase war rot und schien größer zu werden und meine Augen glänzten verräterisch. Hastig griff ich nach dem Make-up. »Hörst du schwer?«, wurde mein Mann lauter, weil ich immer noch nicht reagierte. Mit den Fingerspitzen tupfte ich die Schminke um meine Nase, doch eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und hinterließ einen schwarzen Bach aus Wimperntusche auf meiner blassen, rechten Wange. Ehe ich mich versah, hatte sich die Wimperntusche mit dem Make-up vermischt und meine knubbelige Nase grau gefärbt. Verdammt! Wieso brach ich andauernd in Tränen aus, obwohl es überhaupt keinen Grund dafür gab? Genervt griff ich das Handtuch und rubbelte das Make-up wieder weg. Jetzt stach mein rot geheultes Riechorgan aus meinem Gesicht hervor wie eine Clownsnase aus Plastik. Außerdem waren die dicken, hellbraunen Sommersprossen auf meinem rechten Jochbein zum Vorschein gekommen. »Unten stehen zwanzig potenzielle Geschäftspartner, die unter anderem deinen nächsten Fünfhundert-Euro-Friseurbesuch bezahlen sollen. Aber du hast eine nervöse Blase und ich kann alles allein machen«, knurrte Philipp gereizt. »Du bist doch total gestört!« Ich ließ das Handtuch sinken, mein Blick wanderte auf den glänzenden, dunklen Zopf, der über meine rechte Schulter bis an meine Hüfte baumelte. Ich hatte die unechte Mähne nicht gewollt. Philipp stand auf lange Haare – aber was die Mega-Extensions kosteten, hatte ihn doch überrascht. »Die ersten Gäste flüchten gleich, weil sie glauben, sie fangen sich bei uns den Norovirus ein«, tobte Philipp vor der Tür weiter. »Ich schnalle nicht, wie man hoffnungslos überfordert sein kann, wenn man lediglich höflich lächeln soll. Wenn du in fünf Minuten nicht drüben im Trainingszentrum aufgetaucht bist, gibt es heute Abend noch richtig Stress.« Endlich entfernten sich seine Schritte. Mein Herz raste. Meine Fünfhundert-Euro-Extensions waren vom Hinterkopf aus zu einem dicken, dunklen Zopf geflochten. Eine einzelne, mit Glätteisen und Haarfestiger bearbeitete Strähne hing mir lose ins Gesicht. Zusammen mit der dunklen Kunstlederhose, dem figurbetonten, schwarzen Pulli und den Stiefeln mit den Killerabsätzen sah ich aus wie eine Faschingsversion von Lara Croft. Eine Möchtegern-Tomb-Raiderin mit einem dicken Hintern, einem Push-up-BH anstelle eines Busens und einer knallroten Hexennase. Ich kannte die Frau im Spiegel nicht. Dann erinnerte ich mich dumpf an Philipps Warnung. Ich restaurierte mein Make-up, straffte die Schultern und entriegelte die Tür. Kurz darauf trat ich durch eine unauffällige Stahltür direkt in die Halle, die an die Rückseite unseres Wohnhauses grenzte. Von der verkehrsberuhigten Sackgasse aus betrachtet, sah unser Klinkerbau wie ein ganz normales Einfamilienhaus mit Garten aus. Trat man aber von der Parallelstraße auf das Grundstück, befand man sich auf dem Parkplatz vor einer flachen, grauen Halle. Physio-World Bochum war über dem Eingang zu lesen, neben dem runden Logo mit dem stilisierten Körper, den ursprünglich Leonardo da Vinci gezeichnet hatte. Im weitläufigen, klimatisierten Innenraum herrschte Urlaubsfeeling. Es gab sandfarbenen Boden, plätschernde Zimmerbrunnen und Fototapeten mit Palmen. Dazwischen standen moderne Krafttrainingsgeräte mit sonnengelben Polstern. Nach dem Training konnte man einen pinkfarbenen Eiweißshake in Longdrink-Optik nippen. Die Atmosphäre eines All-inclusive-Hotels auf Malle trug Philipps Meinung nach entscheidend zum Erholungsgefühl seiner Kundschaft bei. In meinem Fall trugen Entspannungsliegen mit Sonnenstuhlcharakter und übereinander ausbalancierte Steintürmchen zum unmittelbar bevorstehenden Nervenzusammenbruch bei. So unauffällig wie möglich näherte ich mich den Menschen, die einen deckenhohen, anthrazitfarbenen Trainingsturm umringten. Mein Mann hatte sich nach seinem Physiotherapiestudium zügig mit seinem Rehasportzentrum selbstständig gemacht. Jetzt zog er, umringt von Anzugträgern und mehreren Frauen in Businesskostümen, ein an einem Griff befestigtes Seil in die Länge. »Der Ergo-Train spricht sämtliche Muskelgruppen ergonomisch und effektiv an«, referierte er souverän. Das war kein auswendig gelernter Text. Philipp beherrschte die hundertdreißig Verstellmöglichkeiten des Fitnessturms einfach umfassend und sprach so begeistert darüber wie ein Trekkie über das originalgetreue Legomodell der Enterprise. »Mit dem Gerät können wir arbeitsplatzspezifisch trainieren und Ihre Mitarbeiter so langfristig fit halten.« Lotti kauerte hinter dem Empfangstresen und rollte mit den Füßen einen großen, roten Gymnastikball in monotonem Rhythmus gegen die Wand. Zu den fremden Leuten hielt unsere kleine Tochter Sicherheitsabstand. Sie entdeckte mich im gleichen Moment wie ich sie. Mit ausgestreckten Ärmchen flog sie mir entgegen und mir wurde warm. Ganz kurz wunderte ich mich wieder über Lottis rote Locken und vergaß Philipps unechte Trainingsoase. Jedes Mal, wenn ich Lotti ansah, blitzte der Moment im Kreißsaal in meiner Erinnerung auf, in dem sie zum allerersten Mal auf meiner Brust gelegen hatte. Ich hatte nicht damit gerechnet, eine Tochter mit roten Locken zu bekommen. Die Haare hatte sie von Philipp, die dicken Sommersprossen im ganzen Gesicht von uns beiden und die grünen Augen mit den dunklen Sprenkeln in der Iris hatte ich bereits von meiner Mutter und meine Mutter von meiner Großmutter geerbt. Lotti hüpfte an mir hoch, als würde die Schwerkraft für sie nicht gelten. Philipp meinte, ihre...


Lucie Flebbe, geb. 1977 in Hameln, ist Physiotherapeutin und lebt mit Mann und Kindern in Bad Pyrmont. Mit ihrer neun Bände umfassenden Krimireihe um die junge Privatdetektivin Lila Ziegler erobertete sie sich eine große Fangemeinde. Die unkonventionelle Ermittlerfigur, der außergewöhnliche Erzählstil und die Auswahl der Milieus, in denen die Fälle spielen, ergeben eine bis heute einzigartige Mischung – feine Unterhaltung mit Tiefgang im besten Sinn.
Mit der Jenseits-Trilogie und ihrer neuen Heldin Edith ›Eddie‹ Beelitz erfindet sich Lucie Flebbe neu und bleibt sich zugleich treu …



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