Flebbe | Totalausfall | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 9, 270 Seiten

Reihe: Lila Ziegler

Flebbe Totalausfall

Lila Zieglers neunter Fall
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-89425-729-3
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Lila Zieglers neunter Fall

E-Book, Deutsch, Band 9, 270 Seiten

Reihe: Lila Ziegler

ISBN: 978-3-89425-729-3
Verlag: GRAFIT
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ihre Freunde haben sich von ihr losgesagt und die Anzeige, die sie gegen ihren Vater wegen häuslicher Gewalt gestellt hat, droht im Sande zu verlaufen – nach einem missglückten Selbstmordversuch steht die junge Privatdetektivin Lila Ziegler vor dem Nichts. Sie landet in einer psychosomatischen Klinik. Allerdings fragt sie sich schnell, wer eine Therapie nötiger hat: Der gremlinartige Klinikleiter und der leicht zu verunsichernde Stationsarzt wirken nicht weniger gestört als Patienten wie der aggressive Exrocker Rolf oder der traumatisierte Flüchtling Laurent. Während Lila weiter darüber nachdenkt, wie sie sich final verabschieden kann, wird eine Psychologin tot aufgefunden. Lilas Neugier erwacht …

Von Anfang an auf dieses Ende hin konzipiert, ist dies nun der definitiv letzte Fall für die junge Privatdetektivin. Eine Geschichte, die unter die Haut geht. Einfach nur grandios!

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23. »Mann, ich dachte schon, die hätten dich verhaftet!« Bibi fuhr hoch, als ich um kurz nach neun in unser Zimmer geschlurft kam. Ich winkte ab und ließ mich aufs Bett fallen. Nachdem am späten Nachmittag alle Patienten wieder in ihre Zimmer zurückkehren durften, hatte mich KK Katrin kurz vor dem Abendessen noch einmal antanzen lassen. Um nicht jeden einzelnen Patienten zur Befragung ins Präsidium bestellen zu müssen, hatte sie kurzerhand das zentral im Flur hinter der Rezeption gelegene Büro des Chefarztes zur Einsatzzentrale umfunktioniert. Der Raum befand sich direkt unter der psychologischen Abteilung. Der Chefarzt Prof. Dr. Alexander Bartholomeitschak war ein Gnom in einem zu großen Kittel, der sich zähnefletschend darüber beschwerte, dass die Mordermittler ihn vor die Tür gesetzt hatten. Wegen der antiken Möbel aus dunklem Holz, dem alten Parkettboden und den Lamellenvorhängen vor dem Fenster wirkte das Chefarztzimmer düster. Außerdem roch es modrig. Als ich eingetreten war, hatte KK Katrin hinter dem wuchtigen Eichenholzschreibtisch des Klinikchefs gesessen. Unter einem Anatomieposter, das das zentrale Nervensystem zeigte. Mit einem Handzeichen gab sie mir zu verstehen, dass ich auf dem altmodischen Sessel vor dem Schreibtisch Platz nehmen sollte. Ich bekam mit, dass mittlerweile nach Matundu gefahndet wurde. Die Qualität des ausgedruckten Fotos in Kovacevics Unterlagen war mies gewesen, doch im Computersystem der Klinik war die Kommissarin schnell auf die qualitativ deutlich bessere Originalaufnahme gestoßen. Mittlerweile kannte jeder Polizist im Ruhrgebiet Matundus Gesicht. Trotzdem durfte ich den Ablauf meines eigenen Vormittags noch drei Mal minutengenau zu Protokoll geben – was rein gar nichts an der zweistündigen Lücke in meinem Alibi zum Tatzeitpunkt änderte. Irgendwann war ich in der Lage, nach dem Ich-packe-meinen Koffer-Prinzip all die Kleinigkeiten aufzuzählen, aus denen sich das kreative Chaos auf dem Chefarztschreibtisch zusammensetzte: das Einmachglas neben dem Monitor des PCs, in dem etwas schwamm, das wie ein Gehirn aussah. Die sechs Stifthalter aus schwerem Stein, in denen zwischen Kugelschreibern, Textmarkern und Schere mehrere Reflexhämmerchen und ein mit spitzen Nadeln gespicktes Rad steckten. Ein Stethoskop und ein Maßband, das sich wie eine gelb-schwarze Schlange um ein silbern gerahmtes Foto wand. Außerdem schien der Chefarzt nicht der Reinlichste zu sein. Staubgewischt worden war seit Längerem nicht. Vor dem Foto, das zwei halbwüchsige Jungen zeigte, lag ein kleiner Haufen … Ich beugte mich vor, weil ich mich vergewissern wollte, dass ich richtig hingeguckt hatte. Abgeschnittene Fingernägel. Zu einem Haufen zusammengeschoben. Bäh! KK Katrin knallte wütend eine gelbe Pappmappe vor mir auf den Schreibtisch: »Zum Tatzeitpunkt zwei Stunden allein auf einem Dach zu sitzen, ist so ziemlich das Dämlichste, was ich je gehört habe!« Der Luftzug pustete einen Teil der Fingernägel auf den Fußboden. Ich brauchte nicht hinzuschauen, um zu wissen, was auf der Mappe stand. Das waren Kovacevics Notizen zu unseren zwei Einzelgesprächen. Mit einer ungeduldigen Handbewegung forderte die Wegner mich auf, hineinzusehen. Die Kopie des Fotos, das die Schwester am Aufnahmetag beim Wiegen von mir gemacht hatte, war gruselig. Meine verfilzten Haare hingen rechts und links neben meinem abgemagerten Gesicht mit den schwarzen Augenringen herunter. Von einer Psychopathin war das nicht weit entfernt. Als ich umblätterte, sah ich bereits das neongelbe Ausrufezeichen am Rand. Sei froh, dass du schon tot bist, du hinterhältiges Miststück! Pat. unterschwellig aggressiv!, stand da. Und drei Blätter weiter hinten: Sabotiert Therapie!!! Mit drei Ausrufezeichen. KK Katrin hatte mir die Mappe unter der Nase weggeschnappt und mir damit eine Kopfnuss gegeben. »Glauben die etwa, du warst es?«, holte Bibi mich aus dem düsteren Chefarztzimmer zurück in unser sonnengelbes Gemeinschaftsdomizil. »Ja«, antwortete ich knapp. Ich wollte höflich bleiben, um Bibi nicht wieder in Selbstzweifel zu stürzen und die nächste Fressattacke zu provozieren. Klappte aber nicht, die Dicke zog eine beleidigte Schnute: »Du verarschst mich doch wieder.« Ich ging nicht drauf ein, sondern warf mich auf mein Bett – mit den Füßen in Bibis Richtung. Darüber, dass die Wegner hinter mir her ermittelte, obwohl Laurent Matundu den besseren Verdächtigen gab, konnte ich mir später Sorgen machen. Im Moment wollte ich nur eins: herausfinden, was dran war am Flurfunk im Polizeipräsidium. Besoffen. Totalschaden. Mir wurde flau im Magen. Ich rollte mich auf den Bauch und zog mein Handy hervor. Wenn er tot wäre, hätte sie mir das gesagt, oder? Das Telefon zitterte in meinen Händen. In fünf Jahren frühestens – besser in zehn! Verdammt! Es wäre doch gelacht, wenn ich nicht rauskriegte, was los war! Hastig tippte ich eine SMS. Ich, 21:41 Uhr: Ist Ben in Ordnung? Die Antwort kam prompt. Das war der Vorteil an Freundinnen im Teenageralter: Sie schliefen mit dem Handy unterm Kopfkissen. Und das ist wörtlich zu verstehen. Lena, 21:43 Uhr: Weißt du, wie lange ich auf ein Lebenszeichen von dir warte? Ich dachte, jetzt hast du dich wirklich umgebracht, du blödes Miststück! Ich warf einen kurzen Blick auf meine Anrufliste. Vierunddreißig Mal hatte Lena inzwischen versucht, mich zu erreichen. Und siebenundzwanzig Kurznachrichten geschrieben, von denen ich keine einzige gelesen hatte. Ich, 21:45 Uhr: Sorry … Lena, 21:46 Uhr: Wo bist du? Verdammt. Lena, 21:49 Uhr: Glaubst du wirklich, dass ich losrenne und rumerzähle, wo du steckst? Lena, 21:53 Uhr: Papa erfährt kein Wort von mir, ich schwöre! Lena, 21:54 Uhr: Ben sowieso nicht. Das wertete ich als Hinweis darauf, dass er noch lebte, obwohl es nicht wirklich einer war. Ich atmete ein klein wenig auf. Ich, 21:58 Uhr: Molle? Lena, 22:00 Uhr: Nicht mal, wenn er flennt. Versprochen! Ehrenwort! Jetzt sag schon: Wo bist du? Ich kniff mir in die Nasenwurzel. Lena, 22:07 Uhr: Von wegen beste Freundin, Thelma und Louise, Pippi und Annika, du verlogene Kuh! Von mir erfährst du kein einziges Wort, bevor du mir nicht sagst, wo du untergetaucht bist! Lena, 22:12 Uhr: Nicht mal seine Todesanzeige werde ich dir schicken. Weil ich ja deine Adresse nicht weiß! Cool bleiben! Sie bluffte nur. Das war nur ein unfairer Versuch, aus mir rauszupressen, wo ich steckte. Ich, 22:15 Uhr: Klinikum Birkenhain. Am Stadtpark. Lena, 22:16 Uhr: Du bist hier? Lena, 22:18 Uhr: In Bochum?! Lena, 22:21 Uhr: Die ganze Zeit schon? Ich, 22:23 Uhr: Was ist jetzt mit Ben? Ich, 22:26 Uhr: Lena! Lena, 22:31 Uhr: Lebt. Den Rest erzähle ich dir morgen J. Gleich nach der Schule. Und wehe, du bist nicht da! Ich starrte auf das Smiley auf meinem Handydisplay. Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Das war schiefgelaufen. Ich hatte mich von Lena aushorchen lassen. Ha, erpressen lassen! Per SMS. KK Katrin hätte vielleicht dichtgehalten, solange Staschek nicht wieder im Dienst war – aber Lena? Jetzt hatte ich nicht mehr die Kontrolle. Was, wenn Lena ausplapperte, dass ich mich nach Danner erkundigt hatte? Wenn sie es ihrem Vater gegenüber durchblicken ließ, reichte das vollkommen. Dann hielten mich alle für noch verzweifelter, als sie es sowieso schon taten – wenn das überhaupt möglich war. Ich wühlte die Hand in die Ritze zwischen Matratze und Wand und zog die noch halb volle Wodkaflasche heraus. 24. Das Klingeln eines Telefons weckte mich. Die Sonne blendete, als ich verschlafen blinzelte. Eine halbe Sekunde später spürte ich die Kopfschmerzen. Mein Blick wanderte zum Nachttisch, die Wodkaflasche war leer. Neben der Pulle klingelte der möglicherweise antike Telefonapparat, den ich gar nicht angemeldet hatte. Bibi und Romy waren nicht zu sehen. Dank des Wodkas hatte ich verschlafen. Den ich getrunken hatte, nachdem Schnabelnase … hm … Katrin Wegner mich im Chefarztzimmer befragt hatte, weil sie es für nicht ganz ausgeschlossen hielt, dass ich meiner Expsychologin die Kehle durchgeschnitten hatte. Die langsam zurückkehrenden Erinnerungen ähnelten einem absurden Albtraum. Siedend heiß wurde mir bewusst, dass ich Lena verraten hatte, wo ich mich aufhielt. Meine Kopfschmerzen explodierten wie ein Orchester mit Wutanfall. Ich rollte mich stöhnend auf die Seite. Mittlerweile hatte sie es ihrem Vater erzählt und der wiederum seinem besten Kumpel. Danner war also darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich mich nach ihm erkundigt hatte. Meine Kopfschmerzen schwollen an und ließen mein Gehirn aufquellen, bis es gegen meine Schädelwände quetschte. Das Telefon klingelte immer noch. Der schrille Ton drohte meinen Kopf zum Platzen zu bringen. Ich griff nach dem Hörer, um das Geräusch abzustellen. »Ja?«, knurrte ich mit zusammengekniffenen Augen. »Frau Ziegler?« Frauenstimme. Geschäftsmäßiger Tonfall. »Tut...


Lucie Flebbe, geb. 1977 in Hameln, lebt mit Mann und Kindern in Bad Pyrmont. Mit ihrem Krimidebüt Der 13. Brief (noch unter dem Namen Lucie Klassen) mischte sie 2008 die deutsche Krimiszene auf. Folgerichtig wurde sie mit dem ›Friedrich-Glauser-Preis‹ als beste Newcomerin in der Sparte ›Romandebüt‹ ausgezeichnet. Mit jedem weiteren Roman sicherte sie sich eine Topplatzierung unter Deutschlands besten KrimiautorInnen.



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