E-Book, Deutsch, 176 Seiten
Fließbach / Wolf Demenz. Nicht Jetzt! - Ratgeber zu Diagnose und Behandlung für Angehörige und Betroffene
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7471-0866-6
Verlag: Stiftung Warentest
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Therapien und Strategien für ein langes, selbstbestimmtes Leben
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
ISBN: 978-3-7471-0866-6
Verlag: Stiftung Warentest
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Demenz vorbeugen – wer früh handelt, kann viel bewirken!
Demenz ist vor allem im Frühstadium schwer zu diagnostizieren, weil die Symptome häufig denen anderer Krankheiten ähneln. Bei der häufigsten Demenzform der Alzheimerkrankheit ist fast immer die Gedächtnisleistung beeinträchtigt. Ein Heilmittel für die neurodegenerative Erkrankung gibt es bisher nicht, Verbesserungen des Ist-Zustandes sind aber in jedem, insbesondere im frühen Stadium möglich.
Der renommierte Demenzexperte Professor Dr. med. Klaus Fließbach bietet in diesem Handbuch eine klare Hilfe für den Umgang mit der Diagnose. So erhalten Sie im Leitfaden konkrete Beispiele für Gedächtnistrainings, neue Therapieansätze sowie kreative Aktivitäten, mit denen die kognitive Leistungsfähigkeit lange erhalten bleibt und der Alltag selbstständig gemeistert werden kann. Außerdem erfahren Sie, wie Antidementiva, Ginkgo biloba oder die neuen Antikörper der Gesundheit beitragen, aber auch wie nicht medikamentöse Therapien und gesunde Ernährung helfen können.
Nicht zuletzt lernen Sie in diesem Demenzratgeber, wie es gelingt, das Leben zwischen Verantwortung, Zuneigung, Trauer und Überforderung neu auszurichten und professionelle Unterstützung anzunehmen.
Die Demenzdiagnose wirkt zunächst oft lähmend, vor allem innerhalb der Familie. Dieses Buch soll helfen, Gedanken zu sortieren, Blockaden zu lösen und vor allem Mut zu machen, denn mit dem richtigen Wissen und Handeln können Sie viel bewirken.
- Demenzerkrankung, was ist das? – Frühzeichen, Anzeichen erkennen, ärztliche Diagnose, Tests & Behandlung
- Medikamente – Antidementiva, Antidepressiva, Ginkgopräparate, die neuen Antikörper
- Kognitive Reserven – Training für Geist & Körper, gesunde Ernährung, Selbsthilfe
- Struktur und Hilfe im Alltag – Orientierung schaffen, Validation, helfendes Netzwerk, Wohnformen & Pflege
- Pflegegrad, Vorsorge & Co. – Pflegegrad frühzeitig beantragen, Vorsorge und Betreuung planen
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Ein zweiter Blick auf die Diagnose
Einige Ursachen für demenzielle Symptome können rückgängig gemacht werden. Daher muss man genau hinschauen, was sich hinter ihnen verbirgt. Die Symptome einer Demenz gleichen in vielen Fällen denen anderer Krankheiten oder können andere Ursachen abseits einer schweren Erkrankung haben. Daher lohnt es sich immer, genau hinzuschauen und solche Ursachen auszuschließen. So haben nicht alle Probleme mit dem Denken und dem Erinnern mit einer beginnenden Demenz zu tun. Ursächlich können hier beispielsweise genauso ein Vitaminmangel, eine Schilddrüsenfehlfunktion oder die Nebenwirkungen von Medikamenten sein (siehe Seite 27). Das heißt dann auch, diese Probleme anzugehen: Ein Schilddrüsenproblem etwa kann man medikamentös behandeln, sodass die Symptome meist wieder vollständig verschwinden. Der Diagnose nochmals auf den Grund zu gehen, heißt also auch, eine Fehldiagnose zu vermeiden. Und erst wenn die Diagnose abgesichert ist, können Maßnahmen zur Verlangsamung des Verlaufs eingeleitet werden. Somit ist ein zweiter Blick auf die Diagnose von Demenz entscheidend, um eine angemessene Versorgung und Unterstützung zu gewährleisten und die Lebensqualität zu verbessern. Woran erkennt man Demenz? Ursachen und Symptome bei Demenzerkrankungen sind sehr unterschiedlich. Sie machen sich bei jedem auf andere Weise bemerkbar. Grundlagenwissen über die medizinischen Grundbegriffe im Bereich Demenz soll Ihnen helfen, Ihre eigene Situation und die Ihres Angehörigen zu verstehen sowie besser darauf reagieren und damit umgehen zu können. WAS BEDEUTET DEMENZ MEDIZINISCH? Der Begriff Demenz bedeutet ganz allgemein ein dauerhaftes Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit, das so ausgeprägt ist, dass es zu Einschränkungen im Alltagsleben kommt. Da in den allermeisten Fällen ein Hirnabbauprozess, also eine neurodegenerative Erkrankung, zugrunde liegt, ist der Verlauf in der Regel schleichend und weiter zunehmend. Je nach Ursache der Demenz können die Symptome (und die sich anschließenden Behandlungen) sehr unterschiedlich sein: Bei der häufigsten Demenzform, der Demenz bei Alzheimer-Krankheit, ist fast immer die Gedächtnisleistung beeinträchtigt. Bei anderen Demenzen stehen Störungen der Aufmerksamkeit, der Sprache, des Sozialverhaltens oder der Verhaltenssteuerung im Vordergrund. Die nachlassende Leistungsfähigkeit wird oft von anderen Störungen des Verhaltens und Erlebens begleitet. Das sind häufig Störungen wie Antriebsmangel (Apathie), Depression, Fehlwahrnehmungen (Halluzinationen), fehlerhafte Überzeugungen (Wahnvorstellungen) oder auch Erregtheit und Reizbarkeit. Diese Symptome werden als neuropsychiatrische Begleitsymptome der Demenz bezeichnet. Diese einzuordnen ist nicht immer ganz leicht, daher finden Sie im Folgenden eine Auflistung dieser Symptome mit kurzen Beschreibungen, woran sie zu erkennen sind. 1 STÖRUNG KOGNITIVER FUNKTIONEN: Laut DSM 5 gibt es sechs kognitive Bereiche, die man zur Beurteilung einer möglichen Demenz heranzieht. Die Bereiche sind: komplexe Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprache, visuell-räumliche Fähigkeiten, Exekutivfunktionen wie etwa Entscheidungen zu treffen und soziale Kognition, etwa die Beziehungsfähigkeit zu anderen Menschen. Das bedeutet letztlich: Das Denken, die Orientierung, das Verstehen, Rechnen, die Lernfähigkeit, Sprache und das Urteilsvermögen werden im Verlauf der Erkrankung immer mehr beeinträchtigt. Diese kognitive Funktionsstörung beschränkt sich dabei nicht nur auf das Gedächtnis. Es können auch andere Funktionen wie die Aufmerksamkeit, die Fähigkeit, Dinge zu planen und umzusetzen, die Sprache oder das räumliche Vorstellungsvermögen beeinträchtigt sein. Vielleicht ist Ihnen oder Ihrem Angehörigen aufgefallen, dass Sie immer häufiger Rechnungen unerledigt liegen lassen, weil das Überweisen von Zahlungen für Sie zu schwierig wird. Ein typisches Beispiel ist auch, dass Sie gestern etwas im Fernsehen gesehen haben und Sie sich, obwohl es Sie sehr interessiert hat, am nächsten Tag nicht mehr daran erinnern können. Sie schauen sich den gleichen Film vielleicht sogar noch mal an. Oder Sie wissen am Abend nicht mehr, was Sie mittags gegessen haben. Oder ob Sie überhaupt gegessen haben. 2 NEUROPSYCHIATRISCHE BEGLEITSYMPTOME: Eine der häufigsten Begleiterscheinungen einer Demenz ist der Verlust an Interessen und Antriebslosigkeit (Apathie). Manche der Betroffenen sind dabei trotzdem gut gelaunt, der Interessenrückgang ist nicht Ausdruck einer Depression. Bei anderen Patienten treten wiederum eindeutig depressive Symptome auf (gedrückte Stimmung, negatives Denken, Schlafstörungen). Manche Menschen mit einer Demenz entwickeln Wahnvorstellungen, sind etwa überzeugt, dass sie von anderen bestohlen werden (als Reaktion darauf, dass sie viele Sachen nicht mehr finden). Meist später im Verlauf, bei manchen Demenzformen wie der Lewy-Körperchen-Krankheit aber auch als charakteristisches Frühsymptom, treten visuelle Halluzinationen auf (der Betroffene sieht Tiere oder Menschen, die nicht da sind). Auch gesteigerte Ängstlichkeit und Nervosität, Reizbarkeit bis hin zu aggressivem Verhalten gehören zu den möglichen Begleiterscheinungen. 3 STÖRUNG DER ALLTAGSKOMPETENZEN: Mit Alltagskompetenzen sind zunächst komplexe Aufgaben gemeint, die jeder von uns tagtäglich bewältigt, um das Leben zu meistern. Wir müssen unsere Finanzen regeln, Rechnungen bezahlen, Geld abheben können. Wir müssen uns selbst mit Nahrungsmitteln und Anziehsachen versorgen, den Haushalt führen und kochen. Auch Hobbys und Freizeitaktivitäten gehören hierzu. Mobilität – sei es mit dem eigenen Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln – spielt eine wichtige Rolle. Also: Kann man sich Termine merken und selber den Tagesablauf sinnvoll strukturieren? Sucht man den richtigen Bus raus? DIE BESCHREIBUNG DER SYMPTOME: Das eben genannte DSM 5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) ist ein weltweit anerkanntes „Klassifikationssystem“ für psychische Erkrankungen. Darin wird versucht, psychische Krankheiten mit ihren Symptomen genau zu beschreiben und so Ärzten eine Hilfe für die Diagnostik an die Hand zu geben. Was im Gehirn genau passiert Kognition ist ein anderes Wort für die „geistigen“ Leistungen unseres Gehirns. Wir brauchen kognitive Prozesse, um den Anforderungen unserer Umwelt gerecht zu werden und in jeder Situation möglichst angemessen zu reagieren. Kognition umfasst viele Leistungen, die wir uns oft nicht bewusst machen, weil sie „von allein“ ablaufen. Ein Beispiel sind Aufmerksamkeitsprozesse. Unser Gehirn ist in der Lage, relativ automatisch Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und sich auf Relevantes zu konzentrieren. Auch Gedächtnisprozesse laufen mehr oder weniger automatisiert ab. Ständig speichert unser Gehirn Informationen über das, was uns passiert ist. Dies ist unbedingt erforderlich, damit wir uns in Zeit und Raum orientieren können und wissen, „was gerade ansteht“. Die Sprache ist eine der kognitiven Funktionen, die den Menschen besonders kennzeichnet. Sie hilft uns, uns mit anderen auszutauschen, und stellt somit ein immens wichtiges Werkzeug für unser Zurechtkommen in unserer Gesellschaft dar. Wir besitzen ein räumlich-visuelles Vorstellungsvermögen, mithilfe dessen wir in unserer Umgebung navigieren und uns zurechtfinden. Auch das gehört zur Kognition. Der Mensch ist darüber hinaus ein ausgesprochen soziales Wesen. Wir sind in der Lage, uns gefühlsmäßig in andere Menschen hineinzuversetzen („Empathie“) und die Perspektive anderer Menschen nachzuvollziehen. Diese kognitiven Funktionen sind miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Eine erfolgreiche Bewältigung des täglichen Lebens erfordert, dass all diese Fähigkeiten funktionieren. Bei einer Demenz treten Störungen in diesen Bereichen auf: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sich Dinge zu merken, logisch zu denken, zu sprechen und zu handeln. Dabei müssen nicht alle Bereiche gleich stark gestört sein. Manche können sogar noch sehr gut funktionieren, andere sind dagegen stark beeinträchtigt. Wie testet man auf Demenz? Jeder von uns kennt das: Auf einmal erinnern wir uns nicht mehr an einen bestimmten Namen, einen Termin oder eine Telefonnummer. Das hat natürlich nicht automatisch immer gleich mit einer Demenz zu tun. Entscheidend ist die Häufung. Bereits Jahre vor dem Auftreten von Demenzsymptomen und bevor die Diagnose überhaupt gestellt werden kann, zeigen sich leichte Veränderungen wie Gedächtnisprobleme, Schwierigkeiten bei der Konzentration, Verlangsamung des Denkens und Probleme beim Lösen von komplexen Aufgaben. Es kann auch zu Veränderungen im Verhalten und der Stimmung kommen. Die...