Frank | ... damit zusammenwächst, was zusammengehört. | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Frank ... damit zusammenwächst, was zusammengehört.

Teil 1
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-347-49273-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Teil 1

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-347-49273-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Obwohl sich Ostdeutschland nach der Vereinigung wirtschaftlich rasant entwickelt hat und in vielen gesellschaftlichen Bereichen eine Angleichung an die Lebensverhältnisse im Westen Deutschlands erzielt werden konnten, sind viele Menschen in den östlichen Bundesländern unzufrieden mit dem Verlauf des Vereinigungsprozesses. Die zahlreichen Biografiebrüche, die häufig erlebte - in der DDR unbekannte - Arbeitslosigkeit, die im Vergleich zu Westdeutschland niedrigeren Löhne und Renten und die Schließung vieler Betriebe haben zu Frustration und Benachteiligungsgefühlen geführt, die sich in Skepsis gegenüber der Demokratie und Marktwirtschaft der Bundesrepublik äußern. Im Buch wird dargestellt, dass die Auswirkungen der 40-jährigen Teilung Deutschlands von vielen Menschen unterschätzt wurden und die Angleichung der Denk- und Verhaltensweisen der Menschen, die in verschiedenen Gesellschaften aufgewachsen sind, länger dauert und größere Anstrengungen erfordert, als die wirtschaftliche Entwicklung.

Ich wurde 1959 in Frankenberg/Sa. geboren. Nach Schule und Berufsausbildung mit Abitur studierte ich Maschinenbau im heutigen Chemnitz. Das angestrebte Pädagogikstudium wurde mir aus politischen Gründen verwehrt. Nach der Vereinigung Deutschlands zog ich nach Oberbayern, wo ich überwiegend im Sport- und Fitnessbereich gearbeitet habe. 1997 begann ich ein Studium Soziale Arbeit an der Fachhochschule Erfurt und schloss es 2002 mit der Diplomarbeit zu den Ursachen des Rechtsextremismus in Ostdeutschland ab. In den folgenden Jahren arbeitete ich u.a. mit Opfern rechtsextremer Gewalt und als freiberuflicher Referent in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Auch als Lehrbeauftragter an der FH Erfurt vermittelte ich meine Erkenntnisse an Studierende. 2007 zog ich ins Weserbergland, wo ich zunächst ein Freiwilligenzentrum leitete. Seit 2011 arbeite ich im Jugendamt des Landkreises Holzminden. Außerdem bin ich seit 2008 als Lehrbeauftragtragter an der dortigen Fachhochschule tätig.

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Warum noch ein Buch zur deutschen Einheit? Ich bin Ostdeutscher - Sachse, um es genauer zu sagen. Aufgewachsen in einer Kleinstadt, keine 15 km entfernt von Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz. Meine Eltern, Vertriebene aus Schlesien, erzogen meine drei Geschwister und mich katholisch, einen Kindergarten haben wir nie besucht. In der Schule bekam ich von einigen Lehrer*innen1 und Mitschüler*innen schnell zu spüren, dass ich „anders“ bin, weil ich sonntags in die Kirche ging, bei „sozialistischen Feiertagen“ jedoch kein blaues Halstuch und auch kein FDJ-Hemd getragen habe. Trotz sehr guter schulischer Leistungen durfte ich die Erweiterte Oberschule (EOS), vergleichbar mit den heutigen Gymnasien, nicht besuchen. Ich habe mein Abitur über den Umweg einer Berufsausbildung erworben. Das angestrebte Pädagogikstudium wurde mir mehrfach verwehrt, u.a. weil man mir nicht zutraute, Kinder zu „sozialistischen Persönlichkeiten zu erziehen“, wie es der Direktor der Berufsschule ausdrückte. Nach Jahren im Schichtdienst in der Fahrzeugindustrie konnte ich doch noch ein Ingenieur-Abendstudium in Karl-Marx-Stadt aufnehmen und 1988 abschließen. Ein Jahr später fiel die Mauer! Nachdem ich über mehrere Wochen Montag für Montag nach Leipzig zu den Demonstrationen gefahren war, um für freie Wahlen, Reisefreiheit und für Reformen wie in der Sowjetunion unter Gorbatschow einzutreten, erfüllte sich am 9. November 1989 mein Lebenstraum - endlich war die Allmacht der SED besiegt! Endlich durfte ich hoffen, als freier Mensch in einem freien, demokratischen Land zu leben. Millionen Menschen in Deutschland und in der ganzen Welt werden die Bilder von den Autokorsos und den feiernden Menschen aus Ost und West ein Leben lang in guter Erinnerung behalten. Willy Brandt hätte die Hoffnung der meisten Deutschen nicht besser ausdrücken können: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“! Was würde Willy Brandt wohl heute über das Verhältnis der Ost- und Westdeutschen zueinander sagen? Zwei Monate nach der deutschen Vereinigung zog ich nach Oberbayern und kam 1997 nach Erfurt, weil ich die Möglichkeit bekommen hatte, an der dortigen Fachhochschule Soziale Arbeit zu studieren - mit 38 Jahren! Dieses Studium hat mich und mein Leben komplett verändert: Ich habe dort gelernt, persönliche Einstellungen, aber auch gesellschaftliche Zusammenhänge zu erkennen, zu hinterfragen und Schlussfolgerungen nicht nur aus einem Bauchgefühl heraus, sondern anhand von unterschiedlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen. Die Themen Demokratie, Recht, Ungleichheit in der Gesellschaft und in der Welt rückten immer mehr ins Zentrum meines Interesses. Folgerichtig schrieb ich meine Diplomarbeit über Rechtsextremismus in Ostdeutschland und referierte dazu auf Tagungen. Nach dem Studium arbeitete ich u.a. mit Opfern rechtsextremer Gewalt, aber auch in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung und als Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Erfurt. 2007 verließ ich Erfurt aus persönlichen Gründen und zog in eine niedersächsische Kleinstadt im Weserbergland, wo ich seitdem in einer Behörde des Landkreises arbeite. Beruflich habe ich nur noch wenige Berührungspunkte zum Thema Rechtsextremismus, aber privat hat mich das Thema nie losgelassen. Obwohl ich schon lange nicht mehr in Ostdeutschland lebe, interessiert und bewegt mich der Osten Deutschlands fast täglich – schließlich ist das meine Heimat. Was dort passiert, wer dort gewählt wird, was die Menschen denken, berührt mich zutiefst – im positiven wie im negativen Sinn. Denn insbesondere in Sachsen und in Thüringen wurden viele Weichen für mein Leben gestellt – auch das im Positiven wie im Negativen. Fast meine gesamte Familie und viele meiner Freunde und Freundinnen leben immer noch hier. Die Besuche und die damit immer wiederkehrenden Erinnerungen an meine Kindheit, meine Jugend und das Studium, lassen ein Ermüden der emotionalen Bindung an meine Heimat nicht zu. Genau dieser Blick nach Sachsen, wo trotz beträchtlicher wirtschaftlicher Erfolge, Woche für Woche Tausende „Wutbürger*innen“ in Dresden mit PEGIDA demonstrier(t)en und wo die AfD bei den Bundestagswahlen 2017 und 2021 die meisten Stimmen erhielt und nach Thüringen, wo die AfD (zumindest für ein paar Tage) bestimmt hat, wer zum Ministerpräsidenten des Landes gewählt wird, hat mich angetrieben, meine Erfahrungen und Erkenntnisse aus 30 Jahren DDR und 30 Jahren Bundesrepublik, in einem Buch zu verarbeiten. Warum ist nicht (wirklich) zusammengewachsen, was laut Willy Brandt zusammengehört? Warum gibt es auch 30 Jahre nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten Begriffe wie „Jammer-Ossi“ und „Besser-Wessi“? Und warum glaubt eine große Mehrheit der Ostdeutschen, dass Westdeutsche sie als „Menschen zweiter Klasse“ behandeln? Warum sind immer weniger Ost- und Westdeutsche mit der Demokratie in Deutschland zufrieden, obwohl fast die gesamte Welt respektvoll nach Deutschland schaut und alle Einwohner*innen Deutschlands froh sein könnten, dass sie in Frieden und - im Vergleich zu den meisten Menschen auf der Erde - in Wohlstand leben können? Es gibt auf diese und viele andere Fragen keine einfachen und keine eindeutigen Antworten. Aber zu viele Menschen glauben, dass sie diese und andere Fragen mit einfachen Lösungen - von denen sie wiederum glauben, dass es die einzig Richtigen sind - beantworten können. Diese Vorstellung führt jedoch zu Missverständnissen und Vorurteilen, die in der Gesellschaft weit verbreitet sind und die das Zusammenwachsen der Menschen in Ost und West be- oder gar verhindern. Obwohl kaum ein historisches Ereignis des letzten Jahrhunderts so gut dokumentiert ist, so intensiv erforscht und so oft beschrieben wurde wie der Zusammenbruch der DDR und die Vereinigung mit der Bundesrepublik, existieren über diese Ereignisse unendlich viele Mythen, Fehlinterpretationen und auch Falschdarstellungen. Ein Teil davon soll im vorliegenden Buch thematisiert werden. Im Prolog, der die einzige demokratische Volkskammerwahl in der DDR thematisiert, zeige ich eines der weit verbreiteten Missverständnisse auf, das zu zahlreichen Vorurteilen führt, nicht nur in Ostdeutschland, aber vor allem hier. In Kapitel 1 befasse ich mich mit drei wissenschaftlichen Theorien, welche die Entstehung und Manifestierung von Missverständnissen und Vorurteilen sowie gesellschaftliche Prozesse und Prägungen erklären. Immer wieder werde ich im Buch auf diese Theorien zurückgreifen und somit den Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen Theorien, gesellschaftlichen Verhältnissen und gefühlten Wahrnehmungen herstellen. Auch ich kann und will nicht alle Fragen beantworten. Deshalb werde ich im Buch häufig Fragen stellen, damit jeder Leser und jede Leserin zunächst eine eigene Antwort finden kann. Erst dann erläutere ich meine Sicht auf die Ereignisse – mit dem Ziel, meine Leser*innen zu irritieren und die eigenen „Wahrheiten“ zu hinterfragen. Ich will niemanden verletzen und weiß doch, dass sich viele Menschen - im Osten wahrscheinlich häufiger als im Westen - angegriffen und verletzt fühlen werden. Ich möchte jedoch erreichen, dass sich meine ostdeutschen Landsleute nicht als „Opfer“ und als „Verlierer“ der deutschen Einheit verstehen, sondern selbstbewusst zu den eigenen Entscheidungen stehen und das Geleistete wertschätzen. Ich wünsche mir, dass Westdeutsche versuchen, sich in die „Gefühlsachterbahn“ hineinzuversetzen, die ihre Mitmenschen im Osten Deutschlands seit 1989 durchlaufen haben und die ihnen selbst erspart blieb. Ich werde politische Entscheidungen und gesellschaftliche Ereignisse immer wieder auf die private Ebene „übersetzen“, wohl wissend, dass Vergleiche häufig „hinken“. Aber ich habe in Diskussionen und Lehrveranstaltungen mit Studierenden immer wieder festgestellt, dass dieses „Übersetzen“ auf alltägliche, familiäre oder betriebliche Prozesse zu einem deutlich besseren Verständnis der häufig komplizierten gesellschaftlichen Zusammenhänge führt. Das Buch ist keine wissenschaftliche Arbeit, trotzdem beziehe ich mich immer wieder auf wissenschaftliche Studien bzw. auf Fachliteratur. Damit meine Argumente leichter nachvollziehbar sind, habe ich überwiegend Internetquellen verwendet, so dass die Leser*innen jederzeit nachprüfen können, woher meine Informationen stammen. Häufig habe ich Presse- und Onlineartikel verwendet, in denen die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zusammengefasst und für ein breites Publikum kurz und verständlich dargestellt werden. Dabei bin ich mir bewusst, dass Medien häufig vereinfacht, verkürzt und zugespitzt informieren, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Damit decken sie jedoch auch die Vielfalt der Meinungen in der Gesellschaft ab. Außerdem kann ich mit dieser Herangehensweise dokumentieren, dass die von mir verwendeten Informationen allen Bürger*innen zugänglich sind. Die meisten Kapitel des Buches sind mit häufig geäußerten Phrasen...



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