George Denn dein ist die Sünde
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-641-04531-9
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kriminalgeschichten
E-Book, Deutsch, 544 Seiten
ISBN: 978-3-641-04531-9
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hochmut, Gier, Wollust, Neid, Zorn, Trägheit, Völlerei - seit jeher waren es die sieben Todsünden, die die Menschen zu den abscheulichsten Taten verleiteten. Bestsellerautorin Elizabeth George widmet sich den beiden tödlichsten - Wollust und Gier. Neben einer eigenen, bisher unveröffentlichten Geschichte hat sie Beiträge der talentiertesten amerikanischen Krimiautorinnen wie Laura Lippman, Nancy Pickard und anderer im vorliegenden Band versammelt. Diese Geschichten dringen tief in die dunkelsten Abgründe der menschlichen Seele vor, sie schockieren, fesseln, faszinieren und nehmen oft unerwartete Wendungen. Kurzum: Gänsehaut garantiert.
Akribische Recherche, präziser Spannungsaufbau und höchste psychologische Raffinesse zeichnen die Bücher der Amerikanerin Elizabeth George aus. Ihre Fälle sind stets detailgenaue Porträts unserer Zeit und Gesellschaft. Elizabeth George, die lange an der Universität »Creative Writing« lehrte, lebt heute in Seattle im Bundesstaat Washington, USA. Ihre Bücher sind allesamt internationale Bestseller, die sofort nach Erscheinen nicht nur die Spitzenplätze der deutschen Verkaufscharts erklimmen. Ihre Lynley-Havers-Romane wurden von der BBC verfilmt und auch im deutschen Fernsehen mit großem Erfolg ausgestrahlt.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
"LAURA LIPPMAN (S. 194-195)
Pumaweibchen
»Sorry«, sagte der junge Mann, der sie gerempelt hatte, allerdings machte er nicht den Eindruck, dass es ihm wirklich leidtat. Eher war das Gegenteil der Fall, er schien ein spöttisches Lachen zu unterdrücken. Wenigstens war es nur Wasser, und sie konnte sich ihre andere Bluse anziehen, die sie auf dem Weg zur Arbeit angehabt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass Mr. Lee keinen Anstoß daran nahm. Mr. Lee würde doch bestimmt nicht von ihr erwarten, dass sie bis zum Ende ihrer Schicht in einer klatschnassen Bluse weiterarbeitete, die jetzt fast durchsichtig war. »Sean!«, wurde der Flegel von seiner Freundin nicht besonders ernsthaft gescholten. »Hey«, sagte der, der Sean sein musste.
»Es war keine Absicht. Ich hab sie nicht mal gesehen.« Na klar, dachte Lenore, während sie nach hinten ging, um sich umzuziehen. Eine eins siebzig große Blondine in einer Sushi-Bar war wirklich leicht zu übersehen. Und doch wusste sie, dass er nicht log. Er hatte sie tatsächlich nicht gesehen. Niemand nahm sie je wahr. Sie arbeitete jeden Freitag- und Samstagabend hier – führte die Leute an ihre Tische und brachte ihnen ihre Getränke, wenn die Kellner überlastet waren.
Aber selbst die Stammkunden, die Woche für Woche kamen, erkannten sie nicht wieder. Für die jungen Leute, die hier ihr Sushi hinunterschlangen, war das Essen nur Vorspiel, nur die Einstimmung auf eine lange Nacht, in der sie von einer Bar zur nächsten zogen. Sie war zwar noch nicht so alt wie deren Mütter, aber auch nicht mehr weit davon entfernt. Zweiundvierzig. Sie hatte sogar selbst einen einundzwanzigjährigen Sohn zu Hause.
Er wohnte mit seiner neunzehnjährigen Freundin im Souterrain, und für die beiden war sie ebenfalls unsichtbar. Immerhin, wenigstens ein junger Mann schien sie zu bemerken, als sie nach hinten ging, um die Bluse zu wechseln. Na ja, er bemerkte ihre Titten, jetzt, wo ihre nasse Bluse daranklebte. »Appetitlich«, bemerkte er zu seinem Freund und gab sich nicht einmal die Mühe, die Stimme zu senken. »Sieh dir mal das Pumaweibchen an.«
Sie war also nicht nur unsichtbar, sondern wurde auch noch für taub gehalten. Entweder für taub oder für ein Exemplar einer seltsamen Spezies, der es gleichgültig war, was man über sie sagte. Lag das an ihrem Job? An ihrem Alter? Aber zu Hause war es genauso. Eigentlich noch schlimmer. »Gestern Abend hat ein junger Kerl im Restaurant mich Pumaweibchen genannt«, sagte sie am nächsten Morgen beim Sonntagsfrühstück.
Es war nicht ihres. Lenore hatte schon um zehn Uhr gefrühstückt, eine anständige Zeit für eine Frau, deren Schicht um Mitternacht endete. Jetzt war es fast eins, aber ihr Sohn und dessen Freundin waren erst vor ein paar Minuten aufgestanden und saßen verschlafen am Tisch, die Köpfe so tief über ihre Schüsseln mit Cornflakes gebeugt, dass sie fast mit dem Kinn in der Milch hingen. »War der kurzsichtig? Ich kann mir nicht vorstellen, dass dich irgendjemand geil findet.«"