Godazgar | Killer am Rande des Nervenzusammenbruchs | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 444, 240 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

Godazgar Killer am Rande des Nervenzusammenbruchs

Storys
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-95441-526-7
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Storys

E-Book, Deutsch, Band 444, 240 Seiten

Reihe: KBV-Krimi

ISBN: 978-3-95441-526-7
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Wahnsinn geht weiter – hat aber immer noch keine Methode.

In den Geschichten des deutschen Comedy-Crime-Meisters geben sich vollpfostige Gauner, Möchtegern-Killer und treudoofe Ex-Knackis die Klinke in die Hand. Ein tierisch schräges Personal ist das – mitunter sogar im wahrsten Wortsinn.

Sie wollten immer schon wissen, wie es mit der Erfolgsband "Bremer Stadtmusikanten" weiterging oder was die Teletubbies so treiben, wenn die Fernsehkameras ausgeschaltet sind? Dann sind Sie hier richtig. Schwarzer Humor vom Feinsten, schräge Wendungen … ein Kompendium der Kategorie "Dumm gelaufen".

Peter Godazgars Figuren sind die lebenden Beweise für Murphys Gesetz: Was schiefgehen kann, geht schief. Sicher? Todsicher!

Godazgar Killer am Rande des Nervenzusammenbruchs jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


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Gentleman. Schon das Wort. Wer benutzt das denn noch? Oder? Gentleman? Wann haben Sie dieses Wort zuletzt gehört? Das ist aber mal ein echter Gentleman. Nee, benutzt keiner mehr. Und ich sag Ihnen auch, warum: weil es ihn nicht mehr gibt, den Gentleman. Halt, einen gibt es noch. Mich. Ja, ich bin vermutlich der letzte Gentleman. Einer muss den Job halt machen, sag ich immer scherzhaft. Ja, so gesehen ist das eine echte Marktlücke. Nur: Man braucht halt auch ein bisschen Klasse. Und Klasse, sorry, die hat nun mal nicht jeder. Aber ich bin eben noch einer von der alten Schule. Soll ich Ihnen was sagen? Ich beherrsche zwanzig Varianten, eine Krawatte zu binden. Ja, ich kann noch den halben Windsor vom doppelten Windsor unterscheiden, ich beherrsche den Cavendish und den Grantchester. Können Sie ja mal rumfragen im Bekanntenkreis. Grantchester. Da tippen die meisten vermutlich auf einen englischen Käse. Und dann bitte noch 100 Gramm von dem Grantchester. Oder nehmen Sie das Thema Getränke. Da macht mir keiner was vor. Jawohl, ich kann einen »Manhattan« von einem »Mai Tai« und einen »Cosmopolitan« von einem »Sex on the Beach« unterscheiden. Ja, und ich weiß vor allem, was in einen Kir Royal gehört! Kir Royal? Na, sehe ich da ein Nicken? Champagner, genau! Nicht Sekt, sondern Champagner! Champagner mit Crème de Cassis. Schluss! Mehr nicht! Im Verhältnis neun zu eins. Und bitte nicht den billigsten Cassis nehmen. Ich sage nur: Merlet. Die machen ein paar ganz feine Tröpfchen. Kennen Sie übrigens den Unterschied zum Kir? Nein? Muss Ihnen nicht peinlich sein. Kir besteht aus Weißwein, klassischerweise ein Bourgogne Aligoté von der Côte-d’Or. Und natürlich wieder Crème de Cassis. Tja, das wusste dieser Möchtegern-Experte auch nicht. Dieser Penner! … Kir Royal! Ich könnte kotzen! Ehrlich! Ich werde ganz … ganz kirre, wenn ich nur dran denke! Kirre Royal! Die gleichnamige Serie mochte ich ja immer. Klatschreporter Schimmerlos, Sie erinnern sich? Auch ein Gentleman. Na ja, in gewisser Weise jedenfalls. Vor allem die erste Folge hab ich geliebt, die mit Mario Adorf als Heinrich Haffenloher. »Ich mach dich nieder, Schimmerlos. Wenn du mich hier jetzt stehen lässt, wie ’nen Deppen, dann mach ich dich nieder! Ich ruinier dich. Ich mach dich fertig. Ich kleb dich zu von oben bis unten.« Ach, herrlich! Die DVD-Box, diese Jubiläums-Edition, die hab ich nach der Sache übrigens weggeschmissen. Dabei fing es so gut an. Wo? Na, in diesem Hotel. Schweiz. Sehr, sehr schickes Haus, mit Stil, das hab ich gleich gesehen. Klar, sonst hätte ich mir den Laden ja nicht ausgesucht. Ich sag mal so: Fünf Sterne in der Schweiz sind was anderes als fünf Sterne in Deutschland. In solchen Kästen werde ich immer fündig. Eine einsame Dame, besser noch zwei einsame Damen. Na? Klingelt da was? Einsame Damen? Und ein Gentleman? Ja, ich gebe es am besten gleich zu. Wenn ich die Damen verlasse, sind sie etwas ärmer. Die Damen. Aber nur ein bisschen. Und man muss natürlich sagen: Sie haben etwas bekommen für ihr Geld. Wie ich heiße? Och, sagen wir einfach mal: Schmidt. Das muss reichen. Ich betrete also am ersten Abend das Hotel-Restaurant – und meine Laune ist gleich im Keller. Also ganz tief unten. Quasi nicht Keller, sondern Tiefgarage, drittes Untergeschoss. Denn wer sitzt da in der Ecke am Fenster? Herbert Höschen! Herbert Höschen, den werden Sie jetzt nicht kennen. Seien Sie froh. Herbert Höschen ist der dümmste Aufschneider, der rumläuft. Ist mit der gleichen Masche unterwegs wie ich – nur ohne Stil. Dabei hält sich Herbert Höschen selbstredend auch für einen Gentleman, aber ich sag Ihnen was: Wenn Sie Herbert Höschen als Gentleman bezeichnen, dann können Sie ebenso gut einen Kuhfladen als Pizza bezeichnen! Entschuldigen Sie, ich rege mich schon wieder auf. Aber ich hab auch allen Grund dazu. Ich meine, ich kenne Höschen jetzt seit vierzig Jahren. Ich sage natürlich nicht Höschen zu ihm, mit »sch«, sondern »Hös-chen«, wie die Unterwäsche. Da wird er wahnsinnig. Ich komme also in das Restaurant und sehe Höschen in der Ecke sitzen. Ich denke mir noch: Das ist ja wie in einer schlechten Gaunerkomödie: zwei Heiratsschwindler im selben Hotel. Und Höschen hat seine Angel schon ausgeworfen, klar, vermutlich ist er schon seit ein paar Tagen hier. Am Platz gegenüber von ihm sitzt eine äußerst attraktive Dame, vielleicht Mitte vierzig. Und ich denke, ich hör nicht richtig. Höschen spricht mit so einem affigen französischen Akzent. Ich sehe, dass Höschen mich aus den Augenwinkeln wahrnimmt, aber da ist er ganz Profi. Ein winziges Zucken mit der rechten Augenbraue, mehr nicht, dann wendet er sich wieder seinem Opfer zu. Höschen bleibt sogar noch cool, als ich mich am Tisch direkt neben den beiden niederlasse. Und dann höre ich ihn salbadern, mit diesem affigen Akzent. Ich weiß sofort, wo der Hase lang läuft. Höschen entblödet sich nicht, den reichen Weingutbesitzer zu spielen. Ich kann kaum glauben, dass die Frau ihm das abkauft. »Wissen Sie, der Wein ist mein Läbään, es gibt fur misch nix Schöneres, als frühmorgens durch der Weinberge zu streifen und mit die Finger der Tau an die Blätter zu spüren …« Blablabla, die Frau klebt an seinen Lippen. Beim Hauptgang ist Höschen bei seiner angeblich kürzlich verstorbenen Frau angelangt – sie sei bei einem Urlaub in den Pyrenäen von »eine Abischt« attackiert worden und daraufhin unglücklich gestürzt. Es dauerte eine Weile, bis ich kapierte. »Eine Abischt«, also wirklich! Und dann ist er auch schon bei seinem Grund für den Besuch in der Schweiz. Jaja, Abstand gewinnen, über den Verlust hinwegkommen, es ist einfach ekelhaft. Aber es funktioniert. Beim Dessert hat Höschens Gegenüber schon Tränen in den Augen. Diese Gutgläubigkeit der Menschen! Ist es denn zu fassen? Höschen blinzelt zwischendurch immer zu mir rüber. Und ich weiß, was sein Blinzeln sagen soll: Tja, Alter, zu spät gekommen. Na warte!, denke ich. Ich ärgere mich, dass ich nicht unter einem exotischeren Namen reise, mit meinem dunklen Teint würde ich auch als spanischer Adliger durchgehen oder als brasilianischer Großgrundbesitzer. Aber ich bin nun mal hier als Ludwig Lenk von Wolfsberg. Altes österreichisches Adelsgeschlecht. Dann sind die beiden fertig, und ich höre, wie Höschen säuselt, ob er die Dame noch auf einen Cocktail an der Bar einladen dürfe. Einladen?, denke ich. Wovon denn, Höschen? Du bist doch notorisch pleite. Sie verlassen das Restaurant, und Höschen zwinkert mir frech zu und wünscht einen schönen Abend. Der Mistkerl. Ich schlinge mein Dessert hinunter, aber als ich in die Bar komme, sitzen die beiden schon auf Hockern an der Theke und starren in die Getränkekarte. »Ouas ist denn in eine Gin Fizz drin?«, höre ich Höschen gerade. Ja, ist es denn die Möglichkeit! Höschen trägt seine Dummheit wirklich wie eine Monstranz vor sich her! Das ist meine Gelegenheit. Ich lasse mich zwei Plätze weiter auf einem der Barhocker nieder und sage mit österreichischem Akzent: »Ein Gin Fizz ist ein Longdrink auf, wie der Name schon andeutet, Ginbasis, außerdem Zitronensaft, Zuckersirup und Soda. Natürlich ist die Qualität des Gins entscheidend. Ich bevorzuge Monkey 47.« Dann lächele ich der Dame charmant zu. »Oh, merci«, säftelt Höschen und bedenkt mich mit einem säuerlichen Blick. Er wendet sich wieder der Dame zu. »Ouas meinen Sie?« Sie schüttelt den Kopf. »Ich würde lieber einen Kir Royal nehmen. Mein Lieblingsgetränk.« Dann wendet sie sich mir zu. »Sie sind Österreicher?« Ich nicke. »Von Hodenhagen-Sülzfeld«, sagt die Dame. »Angenehm.« »Kira – das ist vielleicht einfacher.« »Kira! Na, darauf einen Kir Royal!« »Wollen Sie sich nicht zu uns gesellen?«, fragt Kira von Hodenhagen-Sülzfeld. Ich sehe, wie Höschen mir einen giftigen Blick zuwirft, und sage: »Gerne.« Ich rücke einen Barhocker weiter und starre meinem Feind direkt ins Gesicht. »Und Sie sind …?« Höschen räuspert sich: »Depardieu. Didier Depardieu.« Ich schlage mir...


Peter Godazgar, geb. 1967, studierte Germanistik und Geschichte und besuchte u. a. die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Er arbeitet in der Pressestelle der Stadt Halle (Saale) und lebt seine kriminellen Phantasien in den Abenteuern des tollpatschigen Privatermittlers Markus Waldo aus.
Bei KBV hat er die Anthologien "Ruhe sanft in Sachsen-Anhalt" und "Killing You Softly" herausgegeben, und mit "Der tut nix, der will nur morden" veröffentlichte er seine schwarzhumorigen Kurzkrimis, mit denen er auch betont heitere Leseabende im gesamten deutschsprachigen Raum bestreitet.



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