E-Book, Deutsch, 132 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm
Göpfert / Lukas / Helm Streitlösung in der arbeitsrechtlichen Praxis
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8005-9306-4
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 132 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm
Reihe: Betriebs-Berater Schriftenreihe/Arbeitsrecht
ISBN: 978-3-8005-9306-4
Verlag: Fachmedien Recht und Wirtschaft in Deutscher Fachverlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dieses Handbuch von Praktikern für Praktiker stellt eine Zusammenstellung der unterschiedlichen – klassischen und moderneren – Methoden und Möglichkeiten der außergerichtlichen und gerichtlich unterstützten Streitbeilegung dar.
Es behandelt sowohl die Lösung individualvertraglicher aus auch betriebsverfassungsrechtlicher Konflikte. Behandelt werden u.a. das richterliche Güteverfahren, der Gütetermin, die Einigungsstelle, die Tarifschlichtung, Mediation und Moderation. Den Schwerpunkt setzt das Buch auf Praxisberichte, die mit der langjährigen Erfahrung der Autoren zahlreiche wertvolle Ratschläge für die Vorbereitung und das Durchführen der Konfliktlösung geben. Die rechtlichen Grundlagen werden dargestellt, jedoch ohne dies mit theoretischen Ausführungen zu verbinden. „Garniert“ werden die Ausführungen mit einem Beitrag eines Psychologen, der die emotionale Seite des Konflikt beleuchtet.
Zielgruppe
Personalleiter, Personaler, Geschäftsführer, Syndikusanwälte, Interimsmanager, Beisitzer von Einigungsstellen, Rechtsjournalisten
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
I. Die Parteien Arbeitgeber – Arbeitnehmer
1. Der klassische Weg – ein Gerichtsverfahren
3 Sei es bei Streitigkeiten während des laufenden Arbeitsverhältnisses, sei es bei Beendigungsstreitigkeiten, der vorgeschriebene Weg führt hier zu den Arbeitsgerichten.2 § 5 ArbGG bestimmt eine ausschließliche Zuständigkeit. Das bedeutet, bei Erhebung einer Klage im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis vor einem anderen Gericht, beispielsweise einem Amtsgericht, muss dieses an das örtlich zuständige Arbeitsgericht verweisen. Anders als im „normalen“ zivilgerichtlichen Verfahren findet nahezu stets ein gesonderter Gütetermin statt. Neben dem besonderen Beschleunigungsgrundsatz in Bestandsstreitigkeiten und der Kostenneutralität in erster Instanz ist das sicher die herauszuhebende Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Es kann auch ein zweiter Gütetermin anberaumt werden, was in der Praxis nicht allzu selten auch vorkommt, wenn der Richter das Gefühl hat, eine gütliche Einigung könnte zustande kommen. Er wird dann womöglich auch etwas großzügiger terminieren. 4 Vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens muss – nicht nur im Arbeitsrecht – der streitbefangene Anspruch außergerichtlich geltend gemacht werden. Bei Parteien eines Arbeitsvertrages häufig bereits deshalb, um die Anforderungen einer individualrechtlichen oder kollektivrechtlich wirkenden Ausschlussklausel zu erfüllen. Bereits hier, quasi mit Offenbarung der Meinungsverschiedenheit, kann die andere Partei schlichtend tätig werden, muss es aber nicht. a) Die erste „offizielle“ Chance zur Einigung: Der Gütetermin 5 Mag es an den Parteien liegen oder am Richter oder an beiden – diese Chance zur Einigung verstreicht mangels Vorbereitung seitens der Parteien (und Anwälte) und mangels Einplanen von ausreichend Zeit durch den Richter („10-Minuten-Durchlauftermin“) oft ungenutzt. Da es hier ein gesondertes Kapitel im zweiten Teil gibt, soll der Verweis hierauf an dieser Stelle nicht fehlen.3 Aus der anwaltlichen Sicht muss die strategische Frage, ob eine Einigung im Gütetermin angestrebt wird, vor diesem mit dem Mandanten besprochen werden. Oftmals kommt eine Einigung nicht in Frage, egal was im Gütetermin passieren mag – so zumindest die unumstößliche Meinung der Partei (und des Anwalts). Manchmal macht es Sinn und entspricht dem Willen des Mandanten, die Sache möglichst schnell zu erledigen. Und dann kommt es im Gütetermin doch anders als geplant. Dies mag an einem geschickten Richter liegen oder, im umgekehrten Fall, an dem unnötig aggressiven Verhalten der Gegenseite. Aus diesem Grund sollte ein Anwalt versuchen, einen Entscheider auf Mandantenseite zum Termin mitzubringen oder – was manchmal aus atmosphärischen Gründen die bessere Lösung ist – eine telefonische Verfügbarkeit dieses Entscheiders während des Termins sicherzustellen. Idealerweise stimmt der Anwalt bereits vorher mit seinem Mandanten alle potenziellen Möglichkeiten ab, damit er seiner Rolle als Prozessbevollmächtigter gerecht werden kann. 6 Der Gütetermin dient auch häufig als Wegbereiter für „Offline“-Gespräche zwischen den Anwälten oder den Parteien im Nachgang. Hilfreich kann hier ein kurzer, vorbereitender Schriftsatz als erste Einführung in die Sach- und Rechtslage sein. Vor allem auch in Kündigungsschutzstreitigkeiten wird dem Richter so eine Vorbereitung und eine erste Meinungsbildung in rechtlicher Hinsicht erleichtert und er kann im Gütetermin bereits der Risikoverteilung angemessenere Vergleichsvorschläge machen. Der (geringe) Aufwand lohnt sich tatsächlich häufig und in Massenverfahren ist ein vorbereitender Schriftsatz meines Erachtens ein Muss, selbst dann, wenn von vorneherein feststeht, dass eine Einigung im Gütetermin nicht in Frage kommt. Denn der Richter ist so von Anfang an „in der Spur“ und der gegnerische Anwalt kann gegebenenfalls bereits beginnen, seinen Mandanten auf Prozessrisiken aufmerksam zu machen und die Vergleichsbereitschaft so (mittelbar) zu erhöhen. 7 Bei gut beginnenden Vergleichsgesprächen im Gütetermin kann das Verfahren dann ruhend gestellt werden. Danach kann weiterverhandelt werden, ohne dass ein störender, weil angreifender Schriftsatz folgen muss. Meiner Erfahrung nach wird immerhin circa die Hälfte der Verfahren dann nicht wieder aufgerufen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 251 ZPO. 8 Natürlich kann auch eine Einigung direkt im Gütetermin erfolgen – was häufiger ist, als man glauben mag: So werden weit über 50 % aller anhängig gemachten Individualverfahren im ersten Termin verglichen, übrigens sehr oft auch dann, wenn eine oder beide Seiten (noch) nicht anwaltlich vertreten sind. b) Das Güterichterverfahren als „Seitensprung“ 9 Das Güterichterverfahren kann nur im Rahmen eines förmlichen Arbeitsgerichtsprozesses eingeleitet werden, § 54 Abs. 6 ArbGG. Der Arbeitsrichter gibt das Verfahren an einen Güterichter ab und es kommt, wenn es dort nicht beendet werden kann, wieder zu ihm zurück. Dieses Verfahren hat immer noch eine Exotenstellung inne. Dies zum einen deshalb, weil es das Einverständnis beider Parteien in der Praxis voraussetzt und zum anderen sicher auch deshalb, weil viele Parteien (und deren Anwälte) es scheuen, sich mehrere Stunden oder gar einen Tag mit dem Gegner zusammenzusetzen. Die Rolle der Parteien ist im Güterichterverfahren eine deutlich stärkere. Der Anwalt tritt zurück und wird vom Prozessführenden und Vertreter zum Berater und Begleiter.4 Diese Rolle ist manchen Anwälten fremd – und bei einigen unbeliebt. Die rechtliche Grundlage und einige Praxisbeispiele folgen in Teil B, Kapitel III. An dieser Stelle sei erwähnt, dass für das Güterichterverfahren das Mediationsgesetz nicht gilt. Was auch ein wichtiger Unterschied zu einer Mediation ist: Die Parteien können sich die Person des Güterichters nicht aussuchen und, wenn keine Einigung erzielt wird, wird das Verfahren wieder in das reguläre Prozessverfahren übergeleitet. c) Streitbeilegung nach einem Urteil 10 Das ist selten der Fall und kann doch erfolgreich sein. Denn wenn die Frage, wer Recht hat, geklärt ist, ist so mancher Emotion der Boden entzogen und die obsiegende Partei kann sich ehrlich die Frage stellen, ob das Urteil dem entspricht, was sie wirklich wollte. Falls nicht, kann jetzt die Gelegenheit sein, doch noch einmal auf die andere Partei zuzugehen und möglicherweise eine kreative Lösung zu finden. Ein Urteil muss nicht immer vollstreckt werden. 2. Alternative Wege
a) Die außergerichtliche Mediation – es ist nie zu spät 11 Die Mediation wird oft als „letzter Versuch“ zur Kittung einer zerrütteten (Arbeits-)Beziehung ins Feld geführt, hat jedoch den Ruf einer „überpsychologisierten“ Art der Konfliktlösung. Nur: Konflikte sind immer auch menschliche und damit psychologische Konflikte. Der rechtliche Konflikt ist manchmal Ursache und manchmal Wirkung des psychologischen Konfliktes. Daher stimme ich dem Autor des IV. Kapitels in Teil B auch zu, wenn er alle Arten rechtlicher Konflikte als mediativ lösbar bezeichnet. Dennoch sehen viele Entscheidungsträger in Unternehmen und auch Arbeitnehmer eine solche Art der Konfliktlösung als „an der Sache vorbei“ an. Ist ein Konflikt bereits so weit eskaliert, dass die Parteien einen Anwalt zu Rate ziehen, wollen sie oft zunächst nur eins: streiten und dann Recht bekommen. Nun wäre es Aufgabe des Anwalts, den Mandanten weg von der reinen Rechtsfrage und hin zu den wahren Interessen zu bringen. Viele Anwälte tun das jedoch nicht, sondern stürzen sich sofort auf das, was sie am besten können und wofür sie zugegebenermaßen auch ausgebildet wurden: die rechtliche Risikobewertung und die Erfolgsaussichten bei einem Gerichtsverfahren. Andere Optionen werden oft nicht aufgezeigt. Dies mag nicht unbedingt dem Streben nach Umsatzmaximierung geschuldet sein, sondern den fehlenden Erfahrungen und Kenntnissen über alternative Konfliktlösung. 12 Dabei ist die Mediation vom Gesetzgeber hoch aufgehängt: Es gibt ein Mediationsgesetz,5 das auf einer europäischen Richtlinie basiert.6 Der Gedanke dahinter ist gut: Die außergerichtliche Konfliktlösung soll gefördert werden. Dies vor allem dadurch, dass das Gesetz regelt, welche Qualifikation ein zertifizierter Mediator haben muss und vor allem, welchen Pflichten er unterliegt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Denn gebracht hat das Mediationsgesetz (und auch der § 54a ArbGG) auf den Punkt gebracht: Nichts. 13 Seit Einführung des Mediationsgesetzes ist die Zahl der durchgeführten Mediationen nicht gestiegen. Sie stagniert auf sehr niedrigem Niveau (in manchen Rechtsgebieten sogar nur im Promillebereich, was den Anteil an Verfahren anbelangt, die in eine Mediation überführt werden) und ist sogar in den letzten Jahren etwas rückläufig.7 Warum das so ist, liegt meines Erachtens auf der Hand: Die Mediation hat zu wenig Fürsprecher, um sie „alltagstauglich“ zu machen.8 Hier können Anwälte und auch Richter die Schuld gerne bei sich selbst suchen. Die Mediation ist ein Weg, der immer noch neu ist und sich aus dem starren Korsett der prozessualen Streitentscheidung löst. Neue Wege zu beschreiten erfordert Mut. b) Außergerichtliche Streitschlichtung aufgrund von Kollektivvereinbarungen 14 Ab und an wird auch...