E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
Goethe Faust. . Der Tragödie Zweiter Teil
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-15-960002-4
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Goethe, Johann Wolfgang - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur
E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
ISBN: 978-3-15-960002-4
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der zweite Teil des Faust-Dramas eröffnet dem Leser einen komplexen thematischen Kosmos: Goethe knüpft an Bilder der griechischen Mythologie an, stellt konkrete Zeitereignisse (Einführung des Papiergeldes) neben phantastische Visionen (Erschaffung des Homunculus). Text aus Reclams Universal-Bibliothek mit Verszählung der gedruckten Ausgabe.
Johann Wolfgang Goethe (seit 1782: von; 28. 8. 1749 Frankfurt a. M. - 22. 3. 1832 Weimar) hat als Lyriker, Prosa-Autor und Dramatiker Epoche machende Werke des Sturm und Drang und der Klassik mit europaweiter Wirkung verfasst. Von Herzog Karl August von Sachsen-Weimar für den Weimar Hof verpflichtet, wo er u. a. für das Theater zuständig war, prägte er in der Zusammenarbeit mit Schiller besonders die Epoche der Weimarer Klassik. Goethes Interessen erstreckten sich auch auf unterschiedlichste Wissenschaften, zu denen er umfangreiche Schriften beitrug.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Erster Akt
Anmutige Gegend
FAUST auf blumigen Rasen gebettet, ermüdet, unruhig, schlafsuchend. Dämmerung. GEISTERKREIS schwebend bewegt, anmutige kleine Gestalten. ARIEL (Gesang von Äolsharfen begleitet). Wenn der Blüten Frühlingsregen Über alle schwebend sinkt, 4615 Wenn der Felder grüner Segen Allen Erdgebornen blinkt, Kleiner Elfen Geistergröße Eilet wo sie helfen kann, Ob er heilig? ob er böse? 4620 Jammert sie der Unglücksmann. Die ihr dies Haupt umschwebt im luft’gen Kreise, Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise, Besänftiget des Herzens grimmen Strauß, Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile, 4625 Sein Innres reinigt von erlebtem Graus. Vier sind die Pausen nächtiger Weile, Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus. Erst senkt sein Haupt aufs kühle Polster nieder, Dann badet ihn im Tau aus Lethes Flut; Gelenk sind bald die krampferstarrten Glieder, Wenn er gestärkt dem Tag entgegen ruht; Vollbringt der Elfen schönste Pflicht, Gebt ihn zurück dem heiligen Licht. CHOR (einzeln, zu zweien und vielen, abwechselnd und gesammelt). Wenn sich lau die Lüfte füllen 4635 Um den grünumschränkten Plan, Süße Düfte, Nebelhüllen Senkt die Dämmerung heran. Lispelt leise süßen Frieden, Wiegt das Herz in Kindesruh; 4640 Und den Augen dieses Müden Schließt des Tages Pforte zu. Nacht ist schon hereingesunken Schließt sich heilig Stern an Stern, Große Lichter, kleine Funken, 4645 Glitzern nah und glänzen fern; Glitzern hier im See sich spiegelnd Glänzen droben klarer Nacht, Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd Herrscht des Mondes volle Pracht. 4650 Schon verloschen sind die Stunden, Hingeschwunden Schmerz und Glück; Fühl es vor! Du wirst gesunden; Traue neuem Tagesblick. Täler grünen, Hügel schwellen, 4655 Buschen sich zu Schatten-Ruh; Und in schwanken Silberwellen Wogt die Saat der Ernte zu. Wunsch um Wünsche zu erlangen Schaue nach dem Glanze dort! 4660 Leise bist du nur umfangen, Schlaf ist Schale, wirf sie fort! Säume nicht dich zu erdreisten Wenn die Menge zaudernd schweift; Alles kann der Edle leisten, 4665 Der versteht und rasch ergreift. (Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.) ARIEL. Horchet! horcht! dem Sturm der Horen, Tönend wird für Geistesohren Schon der neue Tag geboren. Felsentore knarren rasselnd 4670 Phöbus’ Räder rollen prasselnd, Welch Getöse bringt das Licht! Es trommetet, es posaunet, Auge blinzt und Ohr erstaunet, Unerhörtes hört sich nicht. 4675 Schlüpfet zu den Blumenkronen, Tiefer tiefer, still zu wohnen, In die Felsen unters Laub; Trifft es euch so seid ihr taub. FAUST. Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig, 4680 Ätherische Dämmerung milde zu begrüßen; Du Erde warst auch diese Nacht beständig Und atmest neu erquickt zu meinen Füßen, Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben, Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen, 4685 Zum höchsten Dasein immerfort zu streben. – In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen, Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben, Talaus, talein ist Nebelstreif ergossen, Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen, 4690 Und Zweig und Äste, frisch erquickt, entsprossen Dem duft’gen Abgrund wo versenkt sie schliefen; Auch Farb an Farbe klärt sich los vom Grunde, Wo Blum und Blatt von Zitterperle triefen, Ein Paradies wird um mich her die Runde. 4695 Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen Verkünden schon die feierlichste Stunde, Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen Das später sich zu uns hernieder wendet. Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen 4700 Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet, Und stufenweis herab ist es gelungen; – Sie tritt hervor! – und, leider schon geblendet, Kehr ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen. So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen 4705 Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen, Erfüllungspforten findet flügeloffen, Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen Ein Flammen-Übermaß, wir stehn betroffen; Des Lebens Fackel wollten wir entzünden, 4710 Ein Feuermeer umschlingt uns, welch ein Feuer! Ist’s Lieb? Ist’s Hass? die glühend uns umwinden, Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer, So dass wir wieder nach der Erde blicken, Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier. 4715 So bleibe denn die Sonne mir im Rücken! Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend, Ihn schau ich an mit wachsendem Entzücken. Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend Dann abertausend Strömen sich ergießend, 4720 Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend. Allein wie herrlich diesem Sturm ersprießend, Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer, Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend, Umher verbreitend duftig kühle Schauer. 4725 Der spiegelt ab das menschliche Bestreben. Ihm sinne nach und du begreifst genauer: Am farbigen Abglanz haben wir das Leben. Kaiserliche Pfalz
Saal des Thrones STAATSRAT in Erwartung des Kaisers. TROMPETEN.
HOFGESINDE aller Art prächtig gekleidet tritt vor. DER KAISER gelangt auf den Thron, zu seiner Rechten DER ASTROLOG. KAISER. Ich grüße die Getreuen, Lieben, Versammelt aus der Näh und Weite; – 4730 Den Weisen seh ich mir zur Seite, Allein wo ist der Narr geblieben? JUNKER. Gleich hinter deiner Mantelschleppe Stürzt’ er zusammen auf der Treppe, Man trug hinweg das Fettgewicht, 4735 Tot oder trunken? weiß man nicht. ZWEITER JUNKER. Sogleich mit wunderbarer Schnelle Drängt sich ein andrer an die Stelle. Gar köstlich ist er aufgeputzt, Doch fratzenhaft dass jeder stutzt; 4740 Die Wache hält ihm an der Schwelle Kreuzweis die Hellebarden vor – Da ist er doch der kühne Tor! MEPHISTOPHELES (am Throne knieend). Was ist...