E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
Goethe Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand. Ein Schauspiel. Textausgabe mit Anmerkungen/Worterklärungen
2. Auflage 2012
ISBN: 978-3-15-960016-1
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Goethe, Johann Wolfgang - Deutsch-Lektüre - 71
E-Book, Deutsch, 128 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
ISBN: 978-3-15-960016-1
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Johann Wolfgang Goethes 1773 zuerst anonym veröffentlichtem und 1774 uraufgeführtem Schauspiel 'Götz von Berlichingen mit der eisernen Faust' ging der zwei Jahre zuvor entstandene 'Urgötz' voraus (veröffentlicht 1832). Die Hauptquelle für Goethe war die 1731 erschienene Autobiographie des Reichsritters Götz (Gottfried) von Berlichingen (1480-1562). Als Historiendrama spiegelt der 'Götz' die Zersplitterung des Deutschen Reiches zu Beginn der Neuzeit wider und verknüpft das private und das öffentliche Schicksal des Protagonisten. Die Wirkung von Goethes Schauspiel beruhte auf der erstmals im Sturm und Drang auftretenden radikalen Aufhebung der klassischen Einheit von Ort, Zeit und Handlung - ständig wechseln im 'Götz von Berlichingen' die Schauplätze der mehr als fünfzig Einzelszenen. Markant ist auch die Charakterisierung der Repräsentanten verschiedener Schichten und Institutionen durch einen jeweils unterschiedlichen sprachlichen Ausdruck. Text aus Reclams Universal-Bibliothek mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe.
Johann Wolfgang Goethe (seit 1782: von; 28. 8. 1749 Frankfurt a. M. - 22. 3. 1832 Weimar) hat als Lyriker, Prosa-Autor und Dramatiker Epoche machende Werke des Sturm und Drang und der Klassik mit europaweiter Wirkung verfasst. Von Herzog Karl August von Sachsen-Weimar für den Weimar Hof verpflichtet, wo er u. a. für das Theater zuständig war, prägte er in der Zusammenarbeit mit Schiller besonders die Epoche der Weimarer Klassik. Goethes Interessen erstreckten sich auch auf unterschiedlichste Wissenschaften, zu denen er umfangreiche Schriften beitrug.
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[5] Erster Akt
Schwarzenberg in Franken. Herberge.
Metzler, Sievers, Bauern am Tische. Zwei Reutersknechte beim Feuer. Wirt. SIEVERS. Hänsel, noch ein Glas Branntewein, und mess christlich. WIRT. Du bist der Nimmersatt. METZLER (leise). Erzähl das noch einmal, vom Berlichingen, die Bamberger dort ärgern sich sie möchten schwarz werden. SIEVERS. Bamberger? Was tun die hier? METZLER. Der Weislingen ist oben auf’m Schloss beim Herrn Grafen schon zwei Tage, dem haben sie das Gleit geben, ich weiß nicht wo er herkommt, sie warten auf ihn, er geht zurück nach Bamberg. SIEVERS. Wer ist der Weislingen? METZLER. Des Bischofs rechte Hand, ein gewaltiger Herr, der dem Götz auch auf’n Dienst lauert. SIEVERS. Er mag sich in Acht nehmen. METZLER. Ich bitt dich erzähl’s doch noch einmal! (Laut.) Seit wann hat denn der Götz wieder Händel mit dem Bischof von Bamberg? Es hieß ja, alles wäre vertragen und geschlichtet. SIEVERS. Ja, vertrag du mit den Pfaffen. Wie der Bischof sah, er richt nichts aus, und zieht immer den Kürzern, kroch er zum Kreuz, und war geschäftig, dass der Vergleich zu Stand käm. Und der getreuherzige Berlichingen gab unerhört nach, wie er immer tut, wenn er im Vorteil ist. METZLER. Gott erhalt’ ihn! Ein rechtschaffner Herr! SIEVERS. Nun denk, ist das nicht schändlich? Da werfen sie ihm einen Buben nieder, da er sich nichts weniger versieht. Wird sie aber schon wieder dafür lausen. [6] METZLER. Es ist doch dumm, dass ihm der letzte Streich missglückt ist; er wird sich garstig erbost haben. SIEVERS. Ich glaub nicht, dass ihn lang was so verdrossen hat. Denk auch, alles war aufs Genauste verkundschaft, wann der Bischof aus dem Bad käm, mit wie viel Reutern, welchen Weg; und wenn’s nicht wär durch falsche Leut verraten worden, wollt’ er ihm das Bad gesegnet und ihn ausgerieben haben. ERSTER REUTER. Was räsoniert ihr von unserm Bischof? Ich glaub ihr sucht Händel. SIEVERS. Kümmert euch um eure Sachen. Ihr habt an unserm Tisch nichts zu suchen. ZWEITER REUTER. Wer heißt euch von unserm Bischof despektierlich reden? SIEVERS. Hab ich euch Red und Antwort zu geben? Seht doch den Fratzen! ERSTER REUTER (schlägt ihm hinter die Ohren). METZLER. Schlag den Hund tot. (Sie fallen übereinander her.) ZWEITER REUTER. Komm her, wenn du’s Herz hast. WIRT (reißt sie voneinander). Wollen ihr Ruh haben! Tausend Schwerenot: Schert euch ’naus, wenn ihr was auszumachen habt. In meiner Stub soll’s ehrlich und ordentlich zugehen. (Schiebt die Reuter zur Tür hinaus.) Und ihr Esel was fangen ihr an? METZLER. Nur nit viel geschimpft Hänsel, sonst kommen wir dir über die Glatze. Komm Kamerad wollen die draus plauen. Zwei Berlichingische Reuter kommen. ERSTER REUTER. Was gibt’s da? SIEVERS. Ei guten Tag Peter! Veit, guten Tag! Woher? ZWEITER REUTER. Dass du dich nit unterstehst zu verraten, wem wir dienen. SIEVERS (leise). Da ist euer Herr Götz wohl auch nit weit. ERSTER REUTER. Halt dein Maul! Habt ihr Händel? [7] SIEVERS. Ihr seid den Kerls begegnet draus, sind Bamberger. ERSTER REUTER. Was tun die hier? METZLER. Der Weislingen ist droben auf’m Schloss, beim gnädigen Herrn, den haben sie geleit. ERSTER REUTER. Der Weislingen. ZWEITER REUTER (leise). Peter! das ist ein gefunden Fressen. Wie lang ist er da? METZLER. Schon zwei Tage. Aber er will heut noch fort, hört ich einen von den Kerls sagen. ERSTER REUTER (leise). Sagt ich dir nicht er wär daher? Hätten wir dort drüben eine Weile passen können. Komm Veit. SIEVERS. Helft uns doch erst die Bamberger ausprügeln. ZWEITER REUTER. Ihr seid ja auch zu zwei. Wir müssen fort. Adies. (Ab.) SIEVERS. Scheißkerle die Reuter, wann man sie nit bezahlt, tun sie dir keinen Streich. METZLER. Ich wollt’ schwören sie haben einen Anschlag. Wem dienen sie? SIEVERS. Ich soll’s nit sagen. Sie dienen dem Götz. METZLER. So! Nun wollen wir über die draus. Komm, solang ich einen Bengel hab, fürcht ich ihre Bratspieße nicht. METZLER. Dürften wir nur so einmal an die Fürsten, die uns die Haut über die Ohren ziehen. Herberge im Wald.
Götz vor der Türe unter der Linde. GÖTZ. Wo meine Knechte bleiben. Auf und ab muss ich gehen, sonst übermannt mich der Schlaf. Fünf Tag und Nächte schon auf der Lauer. Es wird einem sauer gemacht, das bisschen Leben und Freiheit. Dafür, wenn ich dich habe Weislingen, will ich mir’s wohl sein lassen. (Schenkt ein.) Wieder leer! Georg! Solang’s daran nicht mangelt, und an frischem Mut, lach ich der Fürsten Herrschsucht und Ränke. Georg! Schickt ihr nur euren gefälligen [8] Weislingen herum zu Vettern und Gevattern, lasst mich anschwärzen. Nur immerzu. Ich bin wach. Du warst mir entwischt Bischof! So mag denn dein lieber Weislingen die Zeche bezahlen. Georg! hört der Junge nicht! Georg! Georg! Der Bub im Panzer eines Erwachsenen. GEORG. Gestrenger Herr! GÖTZ. Wo stickst du! Hast du geschlafen? Was zum Henker treibst du für Mummerei? Komm her du siehst gut aus. Schäm dich nicht Junge. Du bist brav! ja, wenn du ihn ausfülltest. Es ist Hansens Kürass? GEORG. Er wollt ein wenig schlafen, und schnallt’ ihn aus. GÖTZ. Er ist bequemer als sein Herr. GEORG. Zürnt nicht. Ich nahm ihn leise weg, und legt ihn an, und holt meines Vaters altes Schwert von der Wand, lief auf die Wiese und zog’s aus. GÖTZ. Und hiebst um dich herum? Da wird’s den Hecken und Dornen gut gegangen sein. Schläft Hans? GEORG. Auf Euer Rufen sprang er auf und schrie mir, dass Ihr rieft. Ich wollt ihn ausschnallen, da hört ich euch zwei- dreimal. GÖTZ. Geh! bring ihm seinen Panzer wieder, und sag ihm, er soll bereit sein, soll nach den Pferden sehen. GEORG. Die hab ich recht ausgefüttert, und wieder aufgezäumt. Ihr könnt aufsitzen wann ihr wollt. GÖTZ. Bring mir einen Krug Wein, gib Hansen auch ein Glas, sag ihm, er soll munter sein, es gilt. Ich hoffe jeden Augenblick meine Kundschafter sollen zurückkommen. GEORG. Ach gestrenger Herr! GÖTZ. Was hast du? GEORG. Darf ich nicht mit? GÖTZ. Ein andermal Georg, wann wir Kaufleute fangen und Fuhren wegnehmen. GEORG. Ein andermal, das habt Ihr schon oft gesagt, o diesmal, diesmal. Ich will nur hintendrein laufen, nur auf der [9] Seite lauren. Ich will Euch die verschossene Bolzen wiederholen. GÖTZ. Das nächste Mal Georg. Du sollst erst einen Wams haben, eine Blechhaube, und einen Spieß. GEORG. Nehmet mich mit. Wär ich letzt dabei gewesen, Ihr hättet die Armbrust nicht verloren. GÖTZ. Weißt du das? GEORG. Ihr warft sie dem Feind an Kopf, und einer von den Fußknechten hub sie auf, weg war sie. Gelt ich weiß. GÖTZ. Erzählen dir das meine Knechte? GEORG. Wohl. Dafür pfeif ich ihnen auch, wenn wir die Pferde striegeln, allerlei Weisen, und lerne sie allerlei lustige Lieder. GÖTZ. Du bist ein braver Junge. GEORG. Nehmt mich mit, dass ich’s zeigen kann. GÖTZ. Das nächste Mal, auf mein Wort. Unbewaffnet wie du bist, sollst du nicht in Streit. Die künftigen Zeiten brauchen auch Männer. Ich sage dir Knabe, es wird eine teure Zeit werden, Fürsten werden ihre Schätze bieten um einen Mann den sie jetzt hassen. Geh Georg, gib Hansen seinen Kürass wieder, und bring mir Wein. (Georg ab.) Wo meine Knechte bleiben! Es ist unbegreiflich. Ein Mönch! Wo kommt der noch her? Bruder Martin kommt. GÖTZ. Ehrwürdiger Vater, guten Abend! woher so spät? Mann der heiligen Ruhe, Ihr beschämt viel Ritter. MARTIN. Dank Euch edler Herr! Und bin vorderhand nur demütiger Bruder, wenn’s ja Titul sein soll. Augustin mit meinem Klosternamen, doch hör ich am liebsten Martin meinen Taufnamen. GÖTZ. Ihr seid müd Bruder Martin, und ohne Zweifel durstig! (Der Bub kommt.) Da kommt der Wein eben...