Gonon / Maurer | Herausforderungen für die Berufsbildung in der Schweiz (E-Book) | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Wissenschaft konkret

Gonon / Maurer Herausforderungen für die Berufsbildung in der Schweiz (E-Book)

Bestandesaufnahme und Perspektiven
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-03905-994-2
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Bestandesaufnahme und Perspektiven

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Wissenschaft konkret

ISBN: 978-3-03905-994-2
Verlag: hep verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Die Berufsbildung in der Schweiz gilt als Erfolgsmodell. Dennoch ist sie zurzeit mehrfach herausgefordert, etwa durch Veränderungen am Arbeitsmarkt, durch demografische Trends, aber auch durch den gewachsenen Einfluss globaler und europäischer bildungspolitischer Entwicklungen. Ohnehin wird von der Berufsbildung – von den Brückenangeboten über die berufliche Grundbildung bis hin zur höheren Berufsbildung – erwartet, dass sie sich ständig wandelt. Dieses Buch geht zehn Herausforderungen nach, die anzupacken sind, damit die Berufsbildung weiterhin den von ihr erwarteten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beitrag leisten kann. Die Autorinnen und Autoren der hier vereinten Beiträge sind alle verbunden mit dem Lehrstuhl für Berufsbildung an der Universität Zürich. Markus Maurer war dort von 2009 bis 2012 als Oberassistent tätig und arbeitet heute als Dozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Philipp Gonon ist seit 2004 Inhaber des Lehrstuhls für Berufsbildung an der Universität Zürich.
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Markus Maurer Berufsbildung und Arbeitsmarkt zwischen Tertiarisierung und Fachkräftemangel Herausforderungen für das duale Modell Die Berufsbildung ist stärker auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet als andere Bereiche des Bildungswesens. Während etwa auf der Sekundarstufe I der Übergang in die berufliche Grundbildung oder in eine andere weiterführende Ausbildung und am Gymnasium der Wechsel an eine Hochschule im Zentrum stehen, sind die Angebote der Berufsbildung so gestaltet, dass ihre Abgängerinnen und Abgänger nach einem Abschluss direkt in den Arbeitsmarkt eintreten können. Im Allgemeinen herrscht nun in der schweizerischen Öffentlichkeit die Überzeugung, dass das Berufsbildungssystem des Landes gut auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts ausgerichtet sei. Häufig wird dabei die im internationalen Vergleich tiefe Jugendarbeitslosigkeit als wichtiger Indikator betrachtet (Donzé & Nowotny, 2012; EVD, 2011, S. 24; Strahm, 2008b). Diese als geglückt wahrgenommene Ausrichtung der schweizerischen Berufsbildung wiederum wird in der Regel mit dem dualen Modell bzw. mit der Betriebslehre erklärt, die eine deutliche Mehrheit der Eintritte in die Berufsbildung – seit 1980 im Durchschnitt zwischen 81 und 85 Prozent pro Jahr (Müller & Schweri, 2012, S. 4) – ausmacht. Gerade weil die Betriebe vergleichsweise stark in die Ausbildung involviert sind, sei die Ausbildung der Lernenden an den spezifischen Bedürfnissen dieser Betriebe und somit auch des Arbeitsmarktes ausgerichtet. Darüber hinaus wird oft hervorgehoben, dass der starke Einbezug der Betriebe in die Berufsbildung auch deshalb deren Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt unterstützt, weil sich das Angebot an Ausbildungsplätzen spezifischer an der Nachfrage nach Berufspersonen mit einer bestimmten Qualifikation orientiert, als dies bei stärker schulisch orientierten Formen der Berufsbildung der Fall ist (vgl. z. B. Hoeckel, Field & Grubb, 2009, S. 16). Dennoch wird immer wieder die Ansicht geäussert, das schweizerische Bildungs- und Berufsbildungssystem werde den Erfordernissen des sich wandelnden schweizerischen Arbeitsmarkts zu wenig gerecht. So sei die schweizerische Berufsbildung zum Beispiel ungenügend auf den wachsenden Dienstleistungssektor ausgerichtet. Aktuell erhält insbesondere die Diskussion um den Fachkräftemangel im MINT-Bereich (MINT = Mathematik/Informatik/Naturwissenschaften/ Technik) besondere Aufmerksamkeit. Auf der Grundlage solcher Zweifel an der Schweizer Bildungs- und Berufsbildungspolitik wird sodann das grosse Gewicht, das der Berufsbildung in der schweizerischen Bildungslandschaft beigemessen wird, infrage gestellt, ebenso die Zukunftsfähigkeit des dualen Modells – oder dessen Reformierbarkeit. Die Ausrichtung beruflicher Bildung auf den Arbeitsmarkt erscheint aus dieser Perspektive als zentrale Herausforderung der Berufsbildungspolitik. Den von diesen kritischen Stimmen vorgetragenen Bedenken soll hier nachgegangen werden, vor allem im Hinblick auf die oft bemängelte fehlende Ausrichtung der Berufsbildung auf den Dienstleistungssektor und den Fachkräftemangel. Gleichzeitig stellt der Beitrag dar, mit welchen Massnahmen auf diese Herausforderungen reagiert wird. Besondere Beachtung erhalten die Anstrengungen in zwei spezifischen Dienstleistungsbranchen: Informatik und Gesundheit, die beide im Fokus der Diskussion um Fachkräftemangel stehen. Der Text schliesst mit einem Ausblick auf mögliche Entwicklungen in der schweizerischen Berufsbildung, die ganz zentral ihre Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt betreffen könnten. Zunächst werfen wir jedoch einen Blick zurück auf die Entwicklung der Berufsbildungsgesetzgebung und auf die Bedeutung der Arbeitsmarktorientierung. Arbeitsmarktorientierung in der Berufsbildungsgesetzgebung der Schweiz – Eine Rückschau Eine effektive Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt war immer ein Kernanliegen der schweizerischen Berufsbildungspolitik. Allerdings veränderten sich dabei die Motive, was jeweils von den massgebenden Akteuren abhing. Im Allgemeinen, so wird der Rückblick zeigen, lassen sich wachstums- und beschäftigungspolitische Motive unterscheiden. Im Zuge der Integration der Berufsbildung in das Bildungssystem des Landes sind jedoch immer mehr auch explizit bildungspolitische Motive hinzugekommen. Die ersten Aktivitäten des Bundes im Bereich der Berufsbildung waren Teil wirtschaftspolitischer Massnahmen, die auf die Unterstützung des Gewerbes und der Industrie abzielten. Diese Massnahmen wurden vom Bundesrat in den 1880er-Jahren beschlossen, unter dem Eindruck einer wirtschaftlichen Rezession und zunehmenden wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den Industriestaaten Westeuropas. Dazu gehörte auch der Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung aus dem Jahr 1884. Auf der Grundlage dieses Erlasses erhielten die Behörden die Möglichkeit, in den Kantonen verschiedene berufliche Ausbildungsstätten – so etwa Handwerkerschulen, gewerbliche Fortbildungs- und Zeichnungsschulen und weitere – sowie die Durchführung von Lehrabschlussprüfungen finanziell zu unterstützen. Industrie und Gewerbe sollten also durch die Qualifizierung von Arbeitskräften gefördert werden (Berner, Gonon & Ritter, 2011). Einen ähnlichen Ansatz verfolgte man auch bei der Ausarbeitung des ersten Bundesgesetzes für die Berufsbildung. Nachdem nämlich 1908 der Bund durch eine Verfassungsänderung dazu befugt worden war, «über das Gewerbewesen einheitliche Vorschriften zu erstellen», wurden in Zusammenarbeit mit den interessierten Wirtschaftsverbänden drei Gesetzesprojekte lanciert, wovon eines auf eine einheitlichere Regelung der beruflichen Ausbildung abzielte (Wettstein, 1987, S. 46). Doch die Vertreter der Industrie, das heisst der Schweizerische Handels- und Industrieverein sowie der Zentralverband der Arbeitgeber, sprachen sich gegen Bestimmungen zu handwerklichen und technischen Berufen aus, die nicht nur für das Gewerbe, sondern auch für die Industrie gelten sollten. Die Position der Industrie konnte sich jedoch weder im vorparlamentarischen Prozess, in dem die Vertreter des Gewerbes von Arbeitnehmerverbänden unterstützt wurden, noch im Parlament durchsetzen, sodass mit dem Bundesgesetz über die berufliche Ausbildung von 1930 erstmals für die ganze Schweiz geltende Bestimmungen für die beruflichen Ausbildungen in Handel und Verkehr, Handwerk und Industrie festgelegt wurden. Diese Bestimmungen betrafen besonders die Dauer der Lehre, den zeitlichen Anteil des schulischen Unterrichts an der Ausbildung, die Durchführung von Prüfungen und die Überwachung der Ausbildung durch kantonale Inspektoren. Die Ausrichtung der Berufsbildung auf die Qualifizierung von Arbeitskräften der vier Branchen und die Institutionalisierung der – erst viel später als solche bezeichneten – dual organisierten Betriebslehre wurde zunächst also gegen zentrale Vertreter der Industrie beschlossen. Doch die Industrie freundete sich mit der Berufsbildung und ihrer dual strukturierten Organisationsform an. Tatsächlich trug der industrielle Sektor in den Jahren raschen wirtschaftlichen Wachstums nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlich zur Expansion der Berufsbildung bei, da immer mehr Industriebetriebe den Anteil ungelernter Arbeitskräfte an ihrer Belegschaft reduzierten. Gleichzeitig verstärkte sich in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass es der Schweiz an qualifizierten Arbeitskräften, welche die Wettbewerbsfähigkeit des Landes langfristig sicherstellen könnten (Wettstein, 1987, S. 66), mangle. Aus diesen Gründen verstärkte der Bund sein finanzielles Engagement für die Berufsbildung. Doch vor dem Hintergrund der grossen wirtschaftlichen Veränderungen waren Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung der Ansicht, dass auch die rechtlichen Grundlagen des Systems angepasst werden sollten; so verabschiedete das Parlament 1963 ein neues Berufsbildungsgesetz, in dem die Kompetenzen des Bundes in der Berufsbildung noch umfassender ausgestaltet wurden. Ganz im Sinne der Vertreter der Industrie, die auf eine grössere Zahl von Ingenieuren und Technikern angewiesen war, war insbesondere die Verabschiedung umfassender Bestimmungen für die Technika, die in «höhere technische Lehranstalten» umbenannt wurden und deren Absolventen sich nun «Ingenieur-Techniker HTL» nennen konnten (Bundesgesetz über die Berufsbildung, 1963; Kiener & Gonon, 1998, S. 165). Die Revision des Berufsbildungsgesetzes von 1978 kam den Interessen der Industrie noch einmal stärker entgegen. Ausschlaggebend waren jedoch zunächst bildungspolitische Überlegungen. So ging der Anstoss für die Überarbeitung des Gesetzes von Lehrpersonen an Berufsschulen aus, die kritisierten, die Zahl der Prüfungsversager bei den Lehrabschlussprüfungen steige. Sie forderten daher, dass über eine Differenzierung der Ausbildungen in unterschiedliche Anspruchsniveaus nachzudenken sei. Dieses Anliegen wurde auch von einzelnen Vertretern der Wirtschaft aufgegriffen, sodass die Bundesbehörden eine Reformkommission ins Leben riefen. Deren Arbeit mündete schliesslich im Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) von 1978, das gesetzliche Grundlagen für die Anlehre und die Berufsmittelschule enthielt. Diese hierarchische Ausdifferenzierung der Berufsbildung, von den Gewerkschaften stark bekämpft, war besonders im Interesse von Industriebetrieben, wo die Beschäftigungsstrukturen – im Vergleich zum Gewerbe – immer schon viel hierarchischer waren (Gonon & Maurer, 2012, S. 138f.; Rüegg, 1987, S. 5, 27). Die jüngste, im Jahr 2002 durch die Bundesversammlung verabschiedete Revision des BBG wiederum wäre ohne die tiefe Rezession der 1990er-Jahre und deren Folgen für den schweizerischen Arbeitsmarkt nicht oder...


Gonon, Philipp
Jahrgang 1955, Studium der Pädagogik, Ethnologie, Jus und Journalistik an den Universitäten Fribourg, Berlin und Zürich. 1982-86: Teilzeit- Unterricht Allgemeinbildung an einer Berufschule in Zürich. Doktorat zu Georg Kerschensteiners' Arbeitsschule (1992) und Habilitation zum Internationalen Argument von Bildungsreformen in England und in der Schweiz (1997) an der Universität Bern. 1998-2004: C-4-Professor für berufliche, betriebliche Weiterbildung an der Universität Trier. Seit 2004 ordentlicher Professor für Berufsbildung an der Universität Zürich. Forschungsinteressen: International vergleichende Bildungsforschung, Berufsbildung und Weiterbildung, Qualität und Evaluation in der Berufsbildung, Philosophy and History of Education.

Maurer, Markus
Markus Maurer ist Professor für Berufspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zürich und als Dozent in der Ausbildung von Berufsschullehrpersonen tätig. Im Rahmen seiner Forschungstätigkeit beschäftigt er sich insbesondere mit der Berufsbildung für Erwachsene, mit der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit sowie mit der Didaktik der beruflichen Bildung.

Jahrgang 1955, Studium der Pädagogik, Ethnologie, Jus und Journalistik an den Universitäten Fribourg, Berlin und Zürich. 1982-86: Teilzeit- Unterricht Allgemeinbildung an einer Berufschule in Zürich. Doktorat zu Georg Kerschensteiners' Arbeitsschule (1992) und Habilitation zum Internationalen Argument von Bildungsreformen in England und in der Schweiz (1997) an der Universität Bern. 1998-2004: C-4-Professor für berufliche, betriebliche Weiterbildung an der Universität Trier. Seit 2004 ordentlicher Professor für Berufsbildung an der Universität Zürich. Forschungsinteressen: International vergleichende Bildungsforschung, Berufsbildung und Weiterbildung, Qualität und Evaluation in der Berufsbildung, Philosophy and History of Education.
Markus Maurer ist Professor für Berufspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Zürich und als Dozent in der Ausbildung von Berufsschullehrpersonen tätig. Im Rahmen seiner Forschungstätigkeit beschäftigt er sich insbesondere mit der Berufsbildung für Erwachsene, mit der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit sowie mit der Didaktik der beruflichen Bildung.



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