Buch, Deutsch, 144 Seiten, GB, Format (B × H): 142 mm x 269 mm, Gewicht: 389 g
Gott auf der Spur
Buch, Deutsch, 144 Seiten, GB, Format (B × H): 142 mm x 269 mm, Gewicht: 389 g
ISBN: 978-3-86827-615-2
Verlag: Francke Buchhandlung GmbH
So manchem ist Gott fremd geworden. Andere interessieren sich zum ersten Mal für ihn. Wieder andere sind auf der Suche nach Sinn in ihrem Leben.
An 49 Stationen erfahren Sie, was Sie schon immer über Gott, den christlichen Glauben und den Sinn des Lebens wissen wollten.
Mit künstlerischen Beiträgen von Henning Diers.
Auch für das Lesen in der Gruppe geeignet.
Zielgruppe
Für Hauskreise und andere Gemeindegruppen
Weitere Infos & Material
Kapitel 1:
Irgendetwas glaubt jeder ...
Und ich?
Impulse zum Glaubensbekenntnis
1.1 Den Schöpfer wahrnehmen:
„Ich glaube an Gott.“
Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist,
der Erdkreis und die darauf wohnen.
Denn er hat ihn über den Meeren gegründet
und über den Wassern bereitet.
(Psalm 24,1f.)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat.
In Gesprächen über den Glauben stößt dieser Satz leicht auf Widerspruch. Verschiedene Einwände kann man da hören: „Sieben Tage soll die Schöpfung gedauert haben? – eher doch wohl sieben Milliarden Jahre ...“, oder: „Wenn überhaupt, stammt der Mensch vom Affen ab, aber nicht von Adam ...“, oder: „Das Universum begann mit einem großen Knall und nicht mit ein paar großen Worten ...“
Solche und andere kritische Anfragen sind es, die sich gegen das vermeintlich biblische Bild von der Schöpfung der Welt richten. Nur laufen sie ins Leere, wo sie Aussagen der Bibel mit einem naturwissenschaftlichen Maßstab messen. Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Lehrbuch!
Sie beschreibt vielmehr, dass Gott eine Beziehung zwischen sich und seiner Schöpfung, zwischen sich und seinen Geschöpfen stiftet. Nicht wie Gott, sondern was Gott mit seiner Schöpfung ins Leben gerufen hat, ist also entscheidend. Über allem steht sein Urteil: „Siehe, es war sehr gut!“
Was trägt solch eine aus der persönlichen Betroffenheit und nicht aus der naturwissenschaftlichen Sichtweise erwachsende Sicht für die eigene Einstellung zum Leben aus?
Das zeigt sich am Beispiel des Schöpfungswunders schlechthin: an einem neugeborenen Kind. Je intensiver Eltern sein Werden und Wachsen begleiten, desto größer ist am Tag der Geburt ihr Staunen, ihre Ehrfurcht vor dem neuen Leben, das sie nun in den Händen halten, das sie sehen und fühlen können. Ein Kind wie viele andere – und doch ein einzigartiges Wunder, ihr Kind! Ein Wunder, über das Gott selbst sein „Sehr gut“ gesprochen hat.
Mit dieser Erfahrung wächst bei den Eltern ihre Verantwortung für dieses Geschöpf. Sie nennen es „unser“ Kind und ahnen, dass es ihnen nur auf Zeit anvertraut ist. Nach bestem Wissen und Gewissen stellen sie sich der großen Aufgabe, ihm seinen Weg ins Leben zu ebnen.
Weil sie dabei an Grenzen ihrer Möglichkeiten und Gaben stoßen, beziehen sich viele intuitiv auf Gott, den Schöpfer und Erhalter des Lebens. Nicht zuletzt deshalb ist es vielen Eltern nach wie vor wichtig, dass ihr Kind getauft wird. Mit der Taufe vertrauen sie es dem Schutz und der Güte Gottes an. In der Taufe wird deutlich: Wie der Ursprung, so liegen auch Zukunft und Ziel des Kindes in der Hand seines guten Schöpfers.
Beziehung zum Schöpfer des Lebens – Vertrauen auf seine Güte – Hoffnung für die Zukunft der Schöpfung: Um diese Glaubenssätze geht es der Bibel. Wer sie im Vertrauen nachvollziehen kann, dem füllt sich das Herz:
Mit Staunen über das Wunder des Lebens.
Mit Dank für den, der es geschaffen hat und erhält.
Mit Zuversicht im Blick auf das, was kommen mag.
Welche Erfahrungen in der Schöpfung rühren mich an?
Gott liebt diese Welt, und wir sind sein eigen.
Wohin er uns stellt, sollen wir es zeigen:
Gott liebt diese Welt!
Gott liebt diese Welt. Er rief sie ins Leben.
Gott ist’s, der erhält, was er selbst gegeben.
Gott gehört die Welt!
(EG 409, 1.2)
1.2 Der Mensch im Sohn:
„Ich glaube an Jesus Christus ...“
„Jesus Christus, der in göttlicher Gestalt war,
hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an,
ward den Menschen gleich und der Erscheinung
nach als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode,
ja zum Tode am Kreuz.
(Philipper 2,6-8)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Mensch gelebt hat.
Viel gelehrte Mühe ist aufgewandt worden, um diesen Glaubenssatz zu untermauern. Mit mäßigem Erfolg. Wohl finden sich vereinzelte historische Hinweise auf das Leben Jesu, doch wirklich belastbar ist das Material nicht. Jesus als historische Persönlichkeit bleibt erstaunlich blass. Umso deutlicher tritt er hervor, wenn man sein Leben als das eines Menschen mitten unter den Menschen seiner Zeit wahrnimmt. So schildern es die Evangelien.
Mühsam, entbehrungsreich waren die Umstände seiner Geburt. In Nazareth wächst er auf. Unerkannt und wenig beachtet: im Haus eines Handwerkers, eingebettet in eine große Familie, erzogen im jüdischen Glauben wie seine Altersgenossen. So ist er einer von ihnen.
Menschliche Züge gehören ebenso zum erwachsenen Jesus. Bewusst lässt er sich von Johannes taufen: Seinen Weg als Prediger beginnt er mit der Umkehr, die Johannes seinen Hörern zumutet. Von seinen starken Gefühlen weiß die Bibel zu erzählen. Kaum einer Erfahrung ist er ausgewichen: Freude, Glück und Begeisterung säumen seinen Weg genauso wie Trauer, Ärger, Zorn oder Zweifel. Und im Sterben durchfährt ihn das Entsetzen, von Gott verlassen zu sein. So ist er ganz Mensch!
Davon zeugt auch sein Umgang und sein Respekt allen gegenüber, die ihm begegnen: Er wendet sich Kranken zu. Er lässt sich von geistig Verwirrten nicht verschrecken. Er tröstet Mutlose. Er weicht Trauernden nicht aus. Aber auch Feste und Freude gehören dazu!
Vielfach sind die Spuren zu finden, an denen Jesus seine Wertschätzung, seine Liebe zu den Menschen zeigt. Deswegen bekennen ihn Christen als den menschgewordenen Sohn Gottes. Und deswegen gilt auch bis heute: Mein ganzes Leben mit seinen schönen und hässlichen, seinen glücklichen und seinen enttäuschenden Anteilen ist ihm kostbar. Seine liebende Zuwendung will meinen Blick auf mich selbst, mein eigenes Leben und das meiner Mitmenschen lenken.
Wenn Jesus, der Sohn Gottes, das Leben so wertschätzen kann: Ob auch ich mich darin üben lerne, mein Leben anzunehmen, wie es nun einmal ist? In seinen Höhen und Tiefen; in seinen Leidenschaften und seiner Eintönigkeit; in seinem Lichtvollen und Schattenhaften?
Solch liebendes Annehmen nennt die Bibel Glauben: Mein Leben, jedes Leben ist so kostbar, dass Jesus Mensch geworden ist, um es mit mir zu teilen. Das macht es wertvoll. Für Jesus und unbedingt auch für mich.
Welche Erfahrungen im Leben Jesu sind mir wichtig?
Dem alle Engel dienen, wird nun ein Kind und Knecht.
Gott selber ist erschienen zur Sühne für sein Recht.
Wer schuldig ist auf Erden, verhüll nicht mehr sein Haupt.
Er soll gerettet werden, wenn er dem Kinde glaubt.
(EG 16, 2)
1.3 In Höhen und Tiefen nicht allein:
„ ... hinabgestiegen in das Reich des Todes ...“
Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir.
Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch,
ich kann sie nicht begreifen.
Wohin soll ich gehen vor deinem Geist,
und wohin soll ich fliehen vor deinem Angesicht?
Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da.
(Psalm 139,5-8)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an Jesus Christus, dem selbst das Reich des Todes offensteht.
Im Glaubensbekenntnis heißt es, Jesus sei „hinabgestiegen in das Reich des Todes“. Diesem Satz liegt ein uraltes Weltbild zugrunde. Demnach kommen die Verstorbenen in das Totenreich, wo sie den Anbruch des ewigen Lebens erwarten.
Der Glaube, Jesus sei nach seinem Tod in dieses Reich des Todes hinabgestiegen, um es nach drei Tagen wieder zu verlassen und ein neues Leben anzutreten, hat viele Hoffnungen geweckt: Hoffnung für ungläubig Verstorbene, denen Jesus eine erneute Chance auf Glauben und Rettung gibt. Hoffnung für die vielen aus anderen Religionen, die dort ihm und seiner Liebe begegnen. Hoffnung, dass das Totenreich eines Tages seine Gefangenen freigeben muss und dass die Macht des Todes durch Jesus endgültig gebrochen wird.
Ein moderner Ausdruck für diese Hoffnungen findet sich in dem Wort: „Du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand.“ So können Menschen in Furcht vor dem eigenen Tod oder dem eines geliebten Menschen Trost finden. Obwohl die bittere Erfahrung bleibt: Der Tod ist ein Ende, ein Loslassen, ein Loslassen-Müssen, manchmal auch ein Losgerissen-Werden.
Doch ganz gleich, wie schmerzhaft, wie unvermittelt mich diese Erfahrung treffen mag, mit dem Tod falle ich nicht ins Dunkle, ins Bodenlose, sondern in seine Hand! Eben dazu hat Jesus das Reich des Todes durchschritten, damit er mich auffangen kann. Am tiefsten Punkt meiner Existenz!
Gilt das Bekenntnis „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ nicht auch schon viel früher? Machen nicht viele Menschen bereits in diesem Leben Erfahrungen mit der Macht des Todes, der sie selbst wenig entgegenzusetzen haben?
Hinter mancher Depression steckt diese Macht, die alles zunichte werden lässt. Menschen fühlen sich von Glück und Freude des Lebens ausgeschlossen, sie erleben sich als Lebendige schon wie tot. Was hier trösten kann, ist die Gewissheit, selbst in dieser Einsamkeit, in dieser Dunkelheit von Gott nicht verlassen zu sein.
Schatten des Todes fallen dort in das Leben, wo ein dementer Mensch begleitet sein will. Unaufhaltsam und schleichend zerrinnen ihm Erinnerungen, Fertigkeiten und Kenntnisse und mit ihnen Beziehungen und Lebensinhalte. Stück für Stück stirbt ihm mit dem Geist das Leben. Wie gut, wenn wir vertrauen können, dass Jesus ihn auf diesem einsamen Weg nicht verlässt.
Wer also diesen tiefgründigen Satz aus dem Glaubensbekenntnis bewegt, weiß seinen Trost zu schätzen: Er vermag die besonders zu trösten, die mit dem Tod ringen; die in seinen Machtbereich geraten sind. Sie sind selbst im dunkelsten Ringen nicht allein. Jesus hat das Reich des Todes durchschritten und bleibt jedem an der Seite. Und wenn ich eines Tages der Macht des Todes anheimfalle, dann ist da seine Hand, die mich auffängt.
Wann gelingt es mir, mich ganz fallen zu lassen?
Du kannst nicht tiefer fallen als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.
Es münden alle Pfade durch Schicksal, Schuld und Tod
doch ein in Gottes Gnade trotz aller unsrer Not.
Wir sind von Gott umgeben auch hier in Raum und Zeit
und werden in ihm leben und sein in Ewigkeit.
(EG 533, 1-3)
1.4 Niemand ist Gott gleichgültig:
Er wird „kommen zu richten“
Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern hat Lust am Gesetz des HERRN und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!
Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht. Und was er macht, das gerät wohl.
Aber so sind die Gottlosen nicht, sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten. Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.
(Psalm 1)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an Jesus Christus, Gottes Sohn, dem ihr Leben nicht gleichgültig ist.
Aus diesem Grund heißt es im Glaubensbekenntnis, Jesus werde kommen, „zu richten die Lebenden und die Toten.“ Seinen Ursprung hat dieses Bekenntnis in einem Gleichnis, das Jesus als Richter der Welt schildert. Er beurteilt die Menschen nach ihren Taten und Versäumnissen. Danach bestimmt er sie für das Reich Gottes oder die ewige Strafe (Matthäus 25).
Das ist eine harte Vorstellung, die sich schwer mit zeitgenössischen Bildern vom „lieben Gott“ in Einklang bringen lässt. Vieles in uns empört sich dagegen. Wenn Gott die Liebe in Person ist, kann er da Menschen auf ewig bestrafen? Welcher Mensch, fehlbar wie wir nun einmal sind, hat überhaupt eine Chance auf ein ewiges Leben bei Gott? Mit welchem Recht will Gott über Menschen urteilen, die nie von ihm gehört haben, also keine Chance hatten, sich ihm zuzuwenden?
Aber auch genau gegenteilige Gedanken könnten uns beschäftigen: Wäre nicht die Vorstellung beklemmend, der Verlauf, der Ertrag unseres, meines Lebens könnte Gott völlig gleich-gültig sein? Wie bedeutungslos wären meine persönlichen Mühen um ein gutes, Gott gefälliges Leben, wenn Gott sie in keiner Weise würdigt? Schreit nicht das Elend, das viele Menschen in dieser Welt unverschuldet erleiden, nach einer letzten, ausgleichenden Gerechtigkeit? Wird nicht die Botschaft Jesu auf unzulässige Weise verkürzt, wo der Gedanke an ein letztes Gericht daraus gestrichen wird?
Mit dem Gleichnis vom Weltgericht verdeutlicht Jesus: Kein Leben ist ihm gleichgültig, auch nicht meines. Das Gleichnis stellt mir den Ernst vor Augen, mit dem Jesus auf jeden Menschen sieht. Weil er mich liebt, kann und will er über meine Fehler und Schwächen nicht hinwegsehen. Gerade darum deckt er sie auf, richtet mich neu aus und will mein Leben zum Besseren wenden. Weil er meine Gaben und Talente kennt, fordert er Rechenschaft darüber, wie ich mit dem mir Anvertrauten umgehe. So nahe Jesus seinen himmlischen Vater den Menschen bringen möchte, so unbeirrt behält er Gottes Größe und Majestät im Blick.
Je länger ich diese Gedanken bewege, desto klarer kann mir werden, wie viel Liebe, Zuwendung, Interesse Jesus für mich und mein Leben hat. Wie immer sein Urteil über mein Leben ausfallen wird, vor dem Hintergrund dieser Liebe vertraue ich auf seine Güte.
Entscheidend bleibt das Vertrauen auf diese Liebe, die in mir die Achtung vor mir selbst wie vor Gott wachsen lässt. In ihr kann ich mich zu meinen Begrenztheiten bekennen und dennoch auf ein freundliches, liebevolles Urteil über mein Leben hoffen. Denn ungeachtet aller meiner Schwächen und Fehler glaube ich, dass ich als Person für Jesus vor allem eines nicht bin: gleichgültig.
Wie geht es mir mit dem Richten Gottes über mein Leben?
Er kommt zum Weltgerichte: zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte dem, der ihn liebt und sucht.
Ach komm, ach komm, o Sonne, und hol uns allzumal
zum ewgen Licht und Wonne in deinen Freudensaal.
(EG 11, 10)
1.5 Leben im Glauben:
„Ich glaube an den Heiligen Geist“
Die Paläste werden verlassen sein, und die Stadt, die voll Getümmel war, wird einsam sein, dass Burg und Turm für immer zu Höhlen werden, dem Wild zur Freude, den Herden zur Weide, so lange, bis über uns ausgegossen wird der Geist aus der Höhe.
Dann wird die Wüste zum fruchtbaren Lande und das fruchtbare Land wie Wald geachtet werden. Und das Recht wird in der Wüste wohnen und Gerechtigkeit im fruchtbaren Lande.
(Jesaja 32,14-16)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an den Heiligen Geist, der ihren Glauben erfrischt und belebt.
Alljährlich spielen sich in südlichen Klimazonen dramatische Entwicklungen ab. Wo über Wochen und Monate reges Leben herrschte, Pflanzen, Tiere und Menschen wachsen und gedeihen konnten, setzt die Trockenzeit ein. Mit zunehmender Dürre verliert die Natur einen unverzichtbaren Teil ihrer Lebensgrundlage: das Wasser.
Pflanzen und Gräser verdorren. Büsche und Bäume können ihr Wasser noch aus immer größeren Tiefen ziehen, bis auch sie der Hitze Tribut zollen müssen und ihre Blätter verlieren. Menschen und Tiere fliehen vor Hitze und Trockenheit in weniger ausgedörrte Gegenden.
Wenn der dringend benötigte Regen so lange ausbleibt, wächst die Not für Mensch und Natur. Bis er eines Tages doch wieder einsetzt. Dann führen die Flüsse frisches Wasser, der Boden wird neu durchfeuchtet und die Wasserspeicher füllen sich. Die Natur sprießt und blüht wieder auf.
Der Regen dient schon im Alten Testament zum Vergleich für das Wirken von Gottes Geist im Herzen der Menschen. Denn auch der Glaube entwickelt seine Kraft nicht aus sich selbst. Der Heilige Geist erst entfaltet eine ungemeine Lebendigkeit in ihm.
So wie Pflanzen, Tiere und Menschen nicht aus sich selbst heraus leben, sondern das Wasser brauchen, so braucht der Glaube Gottes belebenden Geist. Dieser Geist weckt und stärkt mein Vertrauen in Gottes Liebe und Nähe zu mir. Er öffnet meine Augen für Aufgaben und Menschen, die ich ohne ihn nicht gesehen hätte. Er stärkt und stützt mich, wo ich alleine den Halt verlieren müsste.
Wie ein erfrischender Regenguss in der Hitze des Sommers meine Lebenskräfte weckt und neu anregt, so bringt Gottes Geist Schwung in mein Leben. Umgekehrt hat manche Kraft- und Leblosigkeit in meinem Glauben ihre Ursache darin, dass Gottes Geist mich nicht erreicht.
Was für mein persönliches Leben gilt, hat auch im Gemeinde-
leben seine Gültigkeit. Ohne Gottes Geist dörren Glaube und Gemeinschaft aus. Trocken und wüst wird das Leben dort! Doch Gott will seine Saat im Glauben zur Blüte und Frucht bringen. Durch seinen Geist.
Was erfrischt meine Beziehung zu Gott?
Zieh ein zu deinen Toren, sei meines Herzens Gast,
der du, da ich geboren, mich neu geboren hast,
o hochgeliebter Geist des Vaters und des Sohnes,
mit beiden gleichen Thrones, mit beiden gleich gepreist.
Zieh ein, lass mich empfinden und schmecken deine Kraft,
die Kraft, die uns von Sünden Hilf und Errettung schafft.
Entsünd’ge meinen Sinn, dass ich mit reinem Geiste
dir Ehr’ und Dienste leiste, die ich dir schuldig bin.
(EG 133, 1-2)
1.6 Gemeinsam unterwegs:
„ ... die heilige christliche Kirche ...“
Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben,
aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben,
so sind wir viele ein Leib in Christus,
aber untereinander ist einer des andern Glied,
und haben verschiedene Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist.
(Römer 12,4-6)
Irgendetwas glaubt jeder. Christen glauben an die Gemeinschaft, die durch ihre Beziehung zu Jesus Christus entsteht.
Das Neue Testament beschreibt diese Gemeinschaft mit starken Bildern. Das eindrücklichste findet sich beim Apostel Paulus, der die Gemeinschaft der Christen mit einem Körper vergleicht. Dabei hebt er besonders das Zusammenspiel der Körperglieder und ihre Verbindung zum gemeinsamen Haupt – Jesus Christus – hervor. Ein Bild, das bis heute einleuchtet.
Paulus beginnt mit der Wahrnehmung und Wertschätzung für jedes Körperteil: das Ohr, den Arm, das Bein, den kleinen Zeh. Jedes Glied am Körper ist vom anderen unterschieden. Jedes hat seinen festen Platz im Körper, jedes seine bestimmte Aufgabe und Bedeutung. Im Wechselspiel ihrer Möglichkeiten regen und bewegen sie sich als Teile des Körpers. Je besser dieses Wechselspiel gelingt, desto agiler lebt der ganze Organismus.
Vergleiche, die ein Blick in jede Gemeinde bestätigt. Wirklich stark und lebendig werden christliche Gemeinschaften dort, wo viele Menschen mit ihrer Begabung zum großen Ganzen beitragen. Eine bringt verlässlich ihre beliebte Capuccino-Torte mit zum Gemeindefest; ein anderer erledigt die Finanzen; ein nächster hilft, wenn ein anderer traurig ist. Nicht zu vergessen all diejenigen, die für die Gemeinde beten, in ihr lehren und leiten und damit gezielt den Blick auf Christus lenken, das gemeinsame Haupt der Gemeinde.
Keiner kann alles, doch miteinander können viele ungemein vieles. So lebt und wächst ihre Gemeinschaft. Umgekehrt leiden alle daran, wenn auch nur einer seine Gaben dem Organismus verweigert. Paulus erklärt: Wenn ein Glied leidet, so leiden alle mit!
Wie wesentlich wirkt es sich aus, die Bedeutung des anderen wertzuschätzen und die Begrenztheit des eigenen Tuns zu respektieren. Wie gut, wenn in der Gemeinde jemand weit sieht. Wie wichtig, wenn da andere sind, die aufmerksam hinhören: auf Gott, auf die Gemeinde, auf den Puls der Zeit. Und wie unverzichtbar, wenn sie nicht in Konkurrenz zueinander treten, sondern einander achten. Neidlos. Respektvoll.
Dieses Miteinander wird zusammengehalten, weil sie sich alle auf Jesus Christus, das Haupt der Gemeinde, beziehen. Seine Hingabe, seine Wertschätzung und seine Vergebung sind Vorbild für alle. Er verbindet sie zu einer Gemeinschaft. In ihm spielt alles zusammen. Von ihm wird alles angestoßen. Wie der Körper nicht ohne den Kopf sein kann, so kann die Gemeinde nicht ohne Christus sein.
Der Segen liegt auf der Hand, der von einem solchen Miteinander ausgeht. Und doch übersehen nicht wenige die Stärke derer, die so gemeinsam unterwegs sind. So manche meinen, „auch ohne Kirche an Gott glauben“ zu können. Ob sie sich täuschen und eines der wichtigsten Angebote versäumen, die Gott ihnen macht: die Verbundenheit in einer Gemeinde? In der ihre Schwächen aufgefangen, ihre Stärken gebraucht werden, ihr Glaube in der Gemeinschaft wächst.
Welche Erfahrungen habe ich mit anderen Christen gemacht?
Denn in der neuen Kreatur ist keiner klein noch größer;
wir haben einen Christus nur, den einigen Erlöser.
Das Licht, das Heil, der Morgenstern,
Wort, Tauf und Nachtmahl unsres Herrn
ist allen gleich geschenket.
(EG 253, 2)
1.7 Hoffnung über den Tod hinaus:
„ ... Auferstehung und das ewige Leben“
Jesus spricht: „Fürchte dich nicht!
Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige.
Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit
und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“
(Offenbarung 1,17f)
Irgendwas glaubt jeder. Christen glauben an Jesus Christus, der die Schlüssel des Himmels, der Hölle und des Todes hat.
Schlüsselgewalt zu besitzen: ein Bild, das unmittelbar einleuchtet. Schlüsselgewalt ist bis heute Ausweis von Macht und Verantwortung. Sicher: Immer häufiger treten Chipkarten, Passwörter oder andere Techniken an die Stelle des herkömmlichen Schlüssels. Ihre Funktion ist dieselbe geblieben. Wer die Schlüsselgewalt hat, dem stehen die Tore von Fabriken ebenso offen wie die Konstruktionspläne geheimer Erfindungen oder Girokonten und IT-accounts. Und auch daran hat sich nichts geändert: Je weitreichender die Zugangsberechtigung ist, desto mächtiger und einflussreicher ihr Inhaber.
Wir verbinden solche Schlüsselgewalt vornehmlich mit materiellem Besitz, den es zu sichern oder zu schützen gilt. Jesus nimmt für sich eine Schlüsselgewalt in Anspruch, die bedeutend weiter reicht. Sie umfasst die Herrschaft über Schuld und Vergebung, Tod und ewiges Leben. Mit ihr hat Gott ihm den größten überhaupt denkbaren Machtbereich anvertraut.
Schuld und Sünde sind Mächte, die mich immer wieder gefangen nehmen können. Sie fesseln meine Aufmerksamkeit und lenken von Gott ab. Sie verschließen mein Herz für die Bedürfnisse und Nöte von Mitmenschen. Gefangen von Schuld und Sünde verfehle ich mich selbst und das Leben, das Gott mir zugedacht hat.
Auch der Tod hat Macht, mich gefangen zu nehmen. Und das nicht erst in meinen letzten Stunden. Schon lange vorher vermag er mir Zugänge zum Leben zu verschließen. Ich spüre die Grenzen, die meinem Leben gesetzt sind. Trauer und Abschiedsschmerz lähmen meinen Lebenswillen. Ich sterbe die sprichwörtlichen „tausend Tode“ in den Sorgen und Nöten des alltäglichen Lebens. Treffend hat Martin Luther dieses Gefühl in seinem Liedvers „Mitten im Leben wir vom Tode umfangen sind ...“ ausgedrückt.
Seit dem Ostermorgen ist dieses allerdings nur noch die eine Seite der Wirklichkeit. Indem Gott Jesus vom Tod auferweckt, schließt er die Türen zum Leben auf und zerstört die Fesseln des Todes. Von nun an macht er Jesus zu demjenigen, dem nicht nur die Mächte dieser Welt, sondern auch Tod und Sünde unterworfen sind. Gott übergibt ihm die Schlüsselgewalt, damit er die Seinen von den Sünden befreien und ihnen die Fesseln des Todes abnehmen kann.
Nicht zufällig endet das Glaubensbekenntnis mit den Worten „Ich glaube an ... die Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben“. Es erinnert an die entscheidende Hoffnung, auf die hin Christen leben und von der sie schon jetzt zehren: Ich habe einen Gott, der mich von all dem befreit, was mir mein Leben und den Glauben schwer macht. Seine Schlüssel befreien mich aus der Macht der Sünde. Er öffnet mir das Tor zum Himmel und zum Leben.
Was nimmt mich in meinem Alltag gefangen?
Heut schließt er wieder auf die Tür
zum schönen Paradeis;
der Cherub steht nicht mehr dafür.
Gott sei Lob, Ehr und Preis,
Gott sei Lob, Ehr und Preis!
(EG 27, 6)