Grimmelshausen | Der abenteuerliche Simplicissimus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 23, 540 Seiten

Reihe: Taschenbuch-Literatur-Klassiker

Grimmelshausen Der abenteuerliche Simplicissimus

Band 23
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7481-7976-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Band 23

E-Book, Deutsch, Band 23, 540 Seiten

Reihe: Taschenbuch-Literatur-Klassiker

ISBN: 978-3-7481-7976-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens Simplicissimus avancierte 1668 zum ersten deutschen 'Volksbuch' und gilt bis heute als einer der wichtigsten deutschsprachigen Beiträge zur Weltliteratur.

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen war ein deutscher Schriftsteller. Er wurde geboren um 1622 in Gelnhausen und verstarb am 17. August 1676 in Renchen.

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Zweites Buch
Das erste Kapitel. Simplex pflegt Händel im Stall zu erfahren, Als sich ein Gänser und Gänsin will paaren. In meinem Gänsstall konzipierte und überlegte ich, was beides vom Tanzen und Saufen ich im ersten Teil meines »Schwarz und Weiß« hiebevor geschrieben, ist derowegen unnötig, diesorts etwas Ferners davon zu melden. Doch kann ich nicht verschweigen, daß ich damals noch zweifelte, ob die Tänzer den Boden einzutretten so gewütet oder ob ich nur so überredet worden. Jetzt will ich ferner erzählen, wie ich wieder aus dem Gänskerker kam. Drei ganzer Stunden, nämlich bis sich das Praeludium Veneris (der ehrliche Tanz sollte ich gesagt haben) geendet hatte, mußte ich in meinem eigenen Unlust sitzen bleiben, eh einer herzuschlich und an dem Riegel anfieng zu rappeln. Ich lausterte wie eine Sau, die ins Wasser harnt; der Kerl aber, so an der Tür war, machte solche nicht allein auf, sondern wischte auch ebenso geschwind hinein, als gern ich heraußen gewesen wäre, und schleppte noch darzu ein Weibsbild an der Hand mit sich daher, gleichwie ich beim Tanz hatte tun sehen. Ich konnte nicht wissen, was es abgeben sollte; weil ich aber vieler seltsamen Abenteuren, die meinem närrischen Sinn denselben Tag begegnet, schier gewohnt war und ich mich drein ergeben hatte, fürterhin alles mit Gedult und Stillschweigen zu ertragen, was mir mein Verhängnüs zuschicken würde; als schmiegte ich mich zu der Tür mit Forcht und Zittern, das Ende erwartende. Gleich darauf erhub sich zwischen diesen beiden ein Gelispel, daraus ich zwar nichts anders verstund, als daß sich das eine Teil über den bösen Geruch desselben Orts (er war aber aus meinen Hosen) beklagte und hingegen der ander Teil das erste hinwiederum tröstete. »Gewißlich, schönste Dame,« sagte er, »mir ist versichert von Herzen leid, daß uns, die Früchte der Liebe zu genießen, vom mißgünstigen Glück kein ehrlicher Ort gegönnet wird. Aber ich kann darneben beteuren, daß mir Ihre holdselige Gegenwart diesen verächtlichen Winkel anmutiger machet als das lieblichste Paradeis selbsten.« Hierauf hörete ich küssen, und vermerkte seltsame Posturen; ich wußte aber nicht, was es war oder bedeuten sollte, schwieg derowegen noch fürters so still als eine Maus. Wie sich aber auch sonst ein possierlich Geräusch erhub und der Gänsstall, so nur von Brettern unter die Stege getäfelt war, ziemlich und kontinuierlich zu krachen anfieng, zumaln das Weibsbild sich anstellete, als ob ihr gar weh bei der Sache geschähe, da gedachte ich: »Das seind zwei von denen wütenden Leuten, die den Boden helfen eintretten und sich jetzt hieher begeben haben, da gleicherweis zu hausen und dich ums Leben zu bringen.« Sobald diese Gedanken mich einnahmen, so bald nahm ich hingegen die Tür ein, dem Tod zu entfliehen, dadurch ich mit einem solchen Mordiogeschrei hinauswischte, das natürlich lautete wie dasjenige, das mich an denselben Ort gebracht hatte; doch war ich so gescheid, daß ich die Tür hinter mir wieder zuriegelte und hingegen die offene Haustür suchte. Dieses nun war die erste Hochzeit, bei deren ich mich mein Lebtag befunden, unangesehen ich nicht darzu geladen worden; hingegen dorfte ich aber auch nichts schenken, wiewohl mir hernach der Hochzeiter die Zeche desto teurer rechnete, die ich auch redlich bezahlte. Günstiger Leser! ich erzähle diese Geschicht nicht darum, damit er viel darüber lachen solle, sondern damit meine Histori ganz sei und der Leser zu Gemüt führe, was vor ehrbare Früchte von dem Tanzen zu gewarten sein. Dies halte ich einmal vor gewiß, daß bei den Tänzen mancher schlimmer und leichtfertiger Kauf gemacht wird, dessen sich hernach eine ganze Freundschaft zu schämen hat. Das zweite Kapitel. Simplex anzeiget, wann gut sei zu baden, Daß es dem Menschen werd nimmermehr schaden. Obzwar ich nun dergestalt aus dem Gänsstall glücklich entkommen, so ward ich jedoch erst meines Unglücks recht gewahr: dann meine Hosen waren voll, und ich wußte nicht, wohin mit der Latwergen. In meines Herrn Quartier war alles still und schlafend; dahero dorfte ich mich zur Schildwacht, die vorm Haus stund, nicht nähern; in der Hauptwache, Corps de Garde, wollte man mich nicht leiden, weil ich viel zu übel stank; auf der Gasse zu bleiben, war mirs gar zu kalt und unmüglich, also daß ich nicht wußte, wo aus noch ein. Es war schon weit von Mitternacht, als mir einfiel, ich sollte meine Zuflucht zu dem vielgemeldten Pfarrer nehmen. Ich folgete meinem Gutbefinden, vor der Tür anzuklopfen; damit war ich so importun, daß mich endlich die Magd mit Unwillen einließ. Als sie aber roche, was ich mitbrachte (dann ihre lange Nase verriet gleich meine Heimlichkeit), ward sie noch schelliger. Derowegen fieng sie an, mit mir zu keifen, welches ihr Herr, so nunmehr fast ausgeschlafen hatte, bald höret. Er rufte uns beiden vor sich ans Bett, gleichsam als ob er auch teil am guten Geruch hätte haben wollen. Sobald er aber merkte, wo der Has im Pfeffer lag und die Nase ein wenig gerümpft hatte, sagte er, es sei niemals, unangesehen was die Kalender schreiben, besser baden, als in solchem Stand, darin ich mich anjetzo befände. Er befahl auch seiner Magd, und zwar gleichsam bittsweise, sie sollte, bis es vollends Tag würde, meine Kosen waschen und vor den Stubenofen hängen, mich selbst aber in ein Bette legen; dann er sahe wohl, daß ich vor Frost ganz erstarrt war. Ich war kaum erwarmt, da es anfieng zu tagen, so stund der Pfarrer schon vorm Bette, zu vernehmen, wie mirs gangen, und wie meine Händel beschaffen wären, weil ich meines nassen Hemdes und der Hosen halber noch nicht aufstehen konnte, zu ihm zu gehen. Ich erzählte ihm alles und machte den Anfang an der Kunst, die mich mein Kamerad gelernet, und wie übel sie geraten. Folgends meldete ich, daß die Gäste, nachdem er, der Pfarrer, hinweg gewesen, ganz unsinnig wären worden, und (maßen mich mein Kamerad also berichtet) ihnen vorgenommen hätten, dem Haus den Boden einzutretten; item, in was vor eine schröckliche Angst ich darüber geraten, und auf was Weise ich mich vorm Untergang konservieren wollen, darüber aber in Gänsstall gesperret worden, auch was ich in demselben von den zweien, so mich wieder erlöset, vor Wort und Werke vernommen und welchergestalt ich sie beide an meine Statt eingesperret. »Simplici!« sagte der Pfarrer, »deine Sachen stehen lausig! du hattest einen guten Handel, aber ich sorge! ich sorge! es sei verscherzt. Packe dich nur geschwind aus dem Bette und trolle dich aus dem Haus, damit ich nicht samt dir in deines Herrn Ungnade komme, wann man dich bei mir findet.« Also mußte ich mit meinem feuchten Gewand hinziehen und zum erstenmal erfahren, wie wohl einer bei männiglich daran ist, wann er seines Herrn Gunst hat, und wie scheel einer hingegen angesehen wird, wann solche hinket oder dieselbe gar verscherzet ist. Ich gieng in meines Herrn Quartier, darin noch alles steinhart schlief, bis auf den Koch und ein paar Mägd. Diese butzten das Zimmer, darin man gestern gezecht, jener aber rüstete aus den Abschrötlin wieder ein Frühstück oder vielmehr ein Imbiß zu. Am ersten kam ich zu den Mägden; bei denen lag es hin und wieder voller zerbrochener so Trinkals Fenstergläser: an teils Orten war es [voll] von dem, so unten und oben weggangen, und an andern Orten waren große Lachen von verschüttetem Wein und Bier, also daß der Boden einer Landkarten gleichsahe, darin man unterschiedliche Meere, Insulen und truckene oder fußfeste Länder hätte abbilden und vor Augen stellen wollen. Es stank im ganzen Zimmer viel übler als in meinem Gänsstall; derowegen war auch meines Bleibens nicht lang daselbsten, sondern ich machte mich in die Küchen und ließ meine Kleider beim Feur am Leib vollends trücknen, mit Forcht und Zittern erwartend, was das Glück, wann mein Herr ausgeschlafen hätte, ferners in mir würken wollte. Darneben betrachtete ich der Welt Torheit und Unsinnigkeit und zog alles zu Gemüte, was mir verwichenen Tag und selbige Nacht begegnet war, auch was ich sonst gesehen, gehöret und erfahren hatte. Solche Gedanken verursachten, daß ich damals meines Einsiedlers geführtes dörftig und elend Leben vor glückselig schätzte und ihn und mich wieder in vorigen Stand wünschete. Das dritte Kapitel. Simplex des Page sein Lehrgeld erzählt, Er selbst wird zu einem Narren erwählt. Als mein Herr aufgestanden, schickte er seinen Leibschützen hin, mich aus dem Gänsstall zu holen; der brachte Zeitung, daß er die Tür offen und ein Loch hinter dem Riegel mit einem Messer geschnitten gefunden, vermittelst dessen der Gefangene sich selbst erledigt hätte. Eh aber solche Nachricht einkam, verstund mein Herr von andern, daß ich vorlängst in der Küche gewesen. Indessen mußten die Diener hin und wieder laufen, die gestrige Gäste zum Frühestück einzuholen, unter welchen der Pfarrer auch war, welcher zeitlicher als andere erscheinen mußte, weil mein...



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