Buch, Deutsch, Band 56, 449 Seiten, Format (B × H): 143 mm x 212 mm, Gewicht: 558 g
Reihe: Studien der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
Das Beispiel Bosnien und Herzegowina
Buch, Deutsch, Band 56, 449 Seiten, Format (B × H): 143 mm x 212 mm, Gewicht: 558 g
Reihe: Studien der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung
ISBN: 978-3-593-38556-3
Verlag: Campus
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Europäische Geschichte
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Globalisierung
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Demokratie
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Geschichte einzelner Länder Europäische Länder
Weitere Infos & Material
Danksagung
Einleitung
1. Entfaltung der zu untersuchenden Frage
2. Die Frage im Kontext von Theorien ethnischer Konflikte und der Demokratisierung
3. Ziel und Vorgehen
Theorieteil
Die Demokratisierung und das Ziel eines sich selbst tragenden Friedens
1. Definition von Friedenskonsolidierung, Demokratie und Demokratisierung
2. Die Rolle der Demokratisierung innerhalb der Friedenskonsolidierung
3. Friedenserhaltung als Erfolgsgrundlage der Demokratisierung
4. Der Kontext der Friedenskonsolidierung
5. Zur Evaluation der Friedenskonsolidierung
Demokratie als Ursache innerstaatlichen Friedens
1. Der Platz der Demokratie in Friedenstheorien
2. Die Leistungen der Demokratie für den innerstaatlichen Frieden
Gefahren und Gefährdungen der Demokratisierung nach Bürgerkriegen
1. Gefahren durch demokratische Freiheiten
2. Gefahren des demokratischen Wettbewerbs
3. Gefahren der Exklusion durch demokratische Verfahren
4. Schwache Institutionen der Konfliktregulierung in Nachbürgerkriegsgesellschaften
5. Fazit: Das Wunder der Demokratie nach einem Bürgerkrieg
Optionen für ethnisch gespaltene Nachbürgerkriegsgesellschaften
1. Optionen jenseits einer gemeinsamen Demokratie
2. Optionen im Rahmen einer gemeinsamen Demokratie
3. Fazit: Geschützter Aufbau einer Demokratie mit Machtteilung
Empirischer Teil: Die Demokratisierung von Bosnien und Herzegowina nach dem Friedensschluss von Dayton
Ziel und Vorgehen der Fallstudie
Der Krieg in der Republik Bosnien und Herzegowina und das Friedensabkommen von Dayton
1. Die Konfliktparteien und ihre Ziele
2. Das Friedensabkommen von Washington
3. Das Zustandekommen des Friedensschlusses in Dayton
4. Das Abkommen von Dayton
5. Das neue politische System von Bosnien und Herzegowina
Die Ausgangslage der Demokratisierung
1. Die Erfolgschancen der Friedenskonsolidierung
2. Der Stand der Demokratie nach dem Kriegsende
1995 bis 1997: Von der Instant Democracy zum Semi-Protektorat
1. Die Anfänge der Demokratisierungspolitik
2. Die ersten Nachkriegswahlen im September 1996
3. Die Arbeit der gemeinsamen Institutionen
4. Die Politik der externen Akteure im Wandel
5. Die Wahlen 1997
6. Bonn Powers - ein Semi-Protektorat entsteht
1998 bis Anfang 2001: Demokratisierung zwischen zwei Wahlen
1. Experimente mit den neuen Kompetenzen des Hohen Repräsentanten
2. Von der Medienhilfe zur Medienreform
3. Die Wahlen im September 1998
4. Regierungsbildungen im Schatten einer dreifachen Krise
5. Die Arbeit der demokratischen Institutionen bis zum Herbst 2000
6. Die Wahlen 2000
7. Die Regierungsbildungen
2001 bis Anfang 2003: Enttäuschte Hoffnung auf Wandel
1. Die Kroatische Selbstverwaltung
2. Politik und Wirtschaft
3. Die Polizeireform
4. Die Justizreform
5. Die Arbeit der gemeinsamen Institutionen
6. Verfassungsänderungen in den Entitäten
7. Die Wahlen im Oktober 2002
2003 bis 2005: Von Dayton nach Brüssel
1. Der Schutz der Demokratisierung vor Kriegsverbrechern
2. Kriegsverbrechen zwischen Leugnen und Eingeständnis
3. Dayton im Rücken, Brüssel im Blick
4. Die weitere Stärkung der staatlichen Institutionen
5. Die Kommunalwahlen im Oktober 2004
6. Die Arbeit der Regierungen und Parlamente
7. Die Friedensmission vor dem Ende der Bonn Powers?
Bilanz: Bosnien und Herzegowina zehn Jahre nach dem Kriegsende
1. Der Stand der Demokratie
2. Ein stabiler Frieden?
Anhang: Die Wahlen im Oktober 2006
Schluss
Folgerungen für die Demokratisierung von ethnisch gespaltenen Nachbürgerkriegsgesellschaften
1. Überblick über den Theorieteil
2. Überblick über die Fallstudie
3. Folgerungen aus Bosnien und Herzegowina zu den Leistungen der Demokratisierung
4. Folgerungen aus Bosnien und Herzegowina zu den Gefahren der Demokratisierung
5. Folgerungen zu Optionen für Nachbürgerkriegsgesellschaften
6. Ausblick: Wann fördert die Demokratisierung das Wachsen eines stabilen Friedens?
Literatur
Interviews
Abkürzungsverzeichnis
Sach- und Personenregister
Ethnisch gespaltene Nachbürgerkriegsgesellschaften stellen Strategien zur Regelung ethnischer Konflikte auf eine besondere Probe. Die skizzierten Varianten der Machtteilung wurden in erster Linie für Gesellschaften entworfen, in denen es zu keinem Krieg gekommen war. Auch macht es einen Unterschied, ob eine tiefgreifende Ethnisierung des politischen Systems in einer bestehenden Demokratie geschieht oder in einem Land, das erst noch einen großen Teil des Weges zur Demokratie bewältigen muss. Gesellschaften nach einem Bürgerkrieg bieten deshalb die Chance, die Funktionsbedingungen verschiedener Demokratievarianten zu erhellen.
Als "Dilemma der Gleichzeitigkeit" beschrieb Claus Offe die schwierige Transformation der osteuropäischen Staaten nach 1989. Bei der Demokratisierung von Nachbürgerkriegsgesellschaften kann sich das Dilemma der Gleichzeitigkeit in besonderer Schärfe stellen. Hier gilt es erstens, den Übergang von der Autokratie zur Demokratie zu bewältigen, was in einigen Fällen den Wiederaufbau staatlicher Strukturen umfassen muss. Zweitens geben viele Friedensabkommen den Aufbau einer Marktwirtschaft vor. Drittens soll eine Transformation hin zu einem stabilen Frieden erfolgen. Während viele Gesellschaften zumindest die ersten beiden Aufgaben nacheinander und zum Teil über viele Jahrzehnte oder Jahrhunderte bewältigten, verlangen Friedensabkommen von Nachbürgerkriegsgesellschaften diese Prozesse um des lieben Friedens willen zugleich und im Zeitraffer zu durchlaufen.
"Civil war and political fractionalization make a transition to democracy particularly difficult", meinte Juan Linz. Folgt man maßgeblichen Arbeiten der Demokratisierungsforschung, erscheint das Vorhaben, ethnisch gespaltene Nachbürgerkriegsgesellschaften zu demokratisieren, nicht nur als schwierig, sondern zum Scheitern verurteilt. Dankwart Rustow hielt die nationale Einheit für die einzige Hintergrundbedingung der Demokratie. Die große Mehrheit der Bevölkerung dürfe keine Zweifel oder Vorbehalte gegen die politische Gemeinschaft besitzen, zur der sie gehören solle. Auch Dirk Berg-Schlosser skizzierte einen bestehenden Staat und eine fortgeschrittene Nationsbildung der Demokratisierung als vorausgesetzt. In vielen ethnischen Kriegen geht es gerade um die Frage eines gemeinsamen Staates. Die Akzeptanz eines die früheren Kriegsparteien umfassenden Gemeinwesens bleibt in solchen Nachkriegsgesellschaften bestenfalls prekär, wenn sie nicht völlig fehlt. Laurence Whitehead meint allerdings, die Konfliktparteien würden vielleicht erst bei einer vorgesehenen Demokratisierung den gemeinsamen Staat und dessen Zwangsapparate hinnehmen, was die Probleme der Staatsbildung löse. Er begreift die Gleichzeitigkeit weniger als Dilemma denn als Lösung. "Kein Staat, keine Demokratie", behaupten große Teile der Demokratieforschung. Für ethnisch gespaltene Nachbürgerkriegsgesellschaften lautet die Formel möglicherweise: keine Demokratie, kein Staat.
Angesichts der als schlecht eingestuften Ausgangslage der Demokratisierung in ethnisch gespaltenen Nachbürgerkriegsgesellschaften kommt der Frage nach dem Potenzial der Demokratisierungshilfe durch externe Akteure ein besonderes Gewicht zu. Die Demokratisierung im Rahmen von Friedensmissionen stellt eine Unterkategorie der Demokratieförderung und Demokratisierungshilfe dar. Doch selbst über die Demokratisierungshilfe in einfacheren Kontexten folgerte Thomas Carothers: "The effects of democracy programs are usually modestly positive, sometimes negligible, and occasionally negative." Die Demokratisierungshilfe besitze einen bestenfalls zweitrangigen Einfluss, aber keinen entscheidenden Effekt auf die maßgeblichen Erfolgschancen der Demokratisierung, die Größen umfassten wie den Charakter der politischen Kräfte, die Präsenz mächtiger antidemokratischer Akteure, die Konzentration wirtschaftlicher Macht oder das Bildungs- und Wohlstandsniveau. In ethnisch gespaltenen Nachbürgerkriegsgesellschaften erscheinen die Ausgangsbedingungen für den Aufbau einer Demokratie insgesamt ungünstig und die Erfolgschancen der Demokratisierungshilfe schlecht. Hier käme ein gelingender Aufbau der Demokratie einem Wunder der Demokratisierung gleich, um ein Bild von Adam Przeworski zu variieren.