E-Book, Deutsch, 281 Seiten
Groß / Sand Draußen erleben!
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7398-0573-3
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Abenteuer - Outdoor - Tourismus
E-Book, Deutsch, 281 Seiten
ISBN: 978-3-7398-0573-3
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aktive Abenteuer in der Natur liegen im Trend! Aus dem Alltag ausbrechen und Ungewöhnliches in der Natur erleben - das wollen immer mehr Menschen. Die Tourismuswirtschaft hat diesen Trend erkannt und bietet vermehrt Abenteuerreisen und Outdooraktivitäten an. Sven Groß und Manuel Sand beleuchten die Phänomene erstmals wissenschaftlich und grenzen sie von anderen Begriffen ab. Zu Beginn erklären sie, was sich genau hinter Abenteuertourismus verbirgt und wie dieser historisch entstanden ist. Zudem stellen sie Anbieter, Beherbergungsbetriebe, Destinationen und Reiseveranstalter vor. Auch auf die Nachfrageseite, Persönlichkeitsmerkmale und Motive gehen sie ein. Themen wie z. B. Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder Microadventures berücksichtigen sie ebenfalls. Ergebnisse aus einer Online-Befragung zu deutschen Abenteuerreisenden fließen zudem in das Buch ein.
Prof. Dr. Sven Groß lehrt Management von Verkehrsträgern an der Hochschule Harz in Wernigerode. Seit 2007 ist er Mitglied im New Zealand Tourism Research Institute (NZTRI) mit Sitz in Auckland, Neuseeland. Prof. Dr. Manuel Sand leitet das Studienprogramm Outdoorsport und Adventuremanagement an der Hochschule für angewandtes Management am Adventure Campus in Treuchtlingen. Seit 2015 ist er Mitglied der Steuerungsgruppe der Adventure Tourism Research Association.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1.4 Definition und Einordnung des Abenteuertourismus
Abenteuer gilt als Steigerung von Erlebnis („besonders akzentuiertes Erlebnis“). Dieses weist, bezogen auf Verlauf des alltäglichen Lebens, einen Ausnahmecharakter auf. Zudem ist es deutlicher als andere Lebensinhalte durch Anfang und Ende gekennzeichnet (vgl. Trümper, 1995, S. 204f.). Aus dem Jahr 1807 stammt bereits die folgende Definition: „Ursprünglich Gefahr und Wagnis auf ungewissen Ausgang. Jetzt versteht man darunter in scherzhaftem oder verächtlichem Sinne einen seltsam, wunderbaren wohl auch gefährlichen Zufall, der aber doch nicht schlimm endet: Ein Abenteuer bestehen. Ein Abenteuer wagen. Auf Abenteuer ausgehen.“ (Campe, 1969, zitiert nach Opaschowski, 2000, S. 48) Darauf aufbauend wird der „inflationäre Gebrauch“ des Wortes Abenteuer bemängelt, auch im touristischen Kontext und der Begriff des Risikotourismus geprägt (vgl. Opaschowski, 2000, S. 49), der sich seitdem jedoch nicht etabliert hat. Risikotourismus beinhaltet außergewöhnliche Erlebnisse und wird als die Fortsetzung des Erlebnistourismus aus dem 20. Jahrhundert gesehen. Risikotourismus ist einerseits eine Chance für kleine touristische Anbieter, aber es ist fraglich, ob es möglich ist, dem Touristen immer neue Nervenkitzel zu verkaufen (vgl. Opaschowski, 2000). Während sich der Begriff „Abenteuertourismus“ in der deutschsprachigen Wissenschaft und Praxis (bisher) nicht durchgesetzt hat, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten der Begriff „Adventure Tourism“ im englischsprachigen Raum etabliert. Er wird umfassend für touristische Angebote mit Abenteuerelementen verwendet und umfasst auch viele Outdoorsportangebote. Adventure Tourism besteht demnach aus Reisen, Sport und Outdooraktivitäten (vgl. Beedie & Hudson, 2003, S. 626). Dabei muss das Abenteuer aber nicht immer ein extremes Risiko(-potenzial) aufweisen, wie im deutschsprachigen Raum oftmals angenommen. Vielmehr geht es um eine Herausforderung, die es in der Natur (teilweise auch in der Auseinandersetzung mit der Natur) zu meistern gilt (vgl. Gross & Sand, 2019). Während es mittlerweile vielzählige englischsprachige Definitionen gibt, lag lange Zeit keine deutschsprachige Definition vor. Eine erste deutschsprachige Definition lautet wie folgt: „Abenteuertourismus bezeichnet eine Reise, die mindestens 24 Stunden, maximal jedoch 12 Monate außerhalb des gewohnten Umfelds stattfindet und bei der Outdoor- und Abenteueraktivitäten in der Natur eine unverzichtbare Rolle darstellen und/oder deren Charakter ungewisse Elemente aufweist, die unabhängig und im engen Austausch mit Natur und Kultur des Landes bestritten werden.“ (Sand & Groß, 2016, S. 3) Ebenso bedeutsam für die Destinationen und Anbieter sind hiernach auch Tagesausflüge zu Abenteueraktivitäten, wie z. B. Kletterparks/Hochseilgärten, Downhill-?Mountainbiking oder Ziplines. Diese Angebote erhöhen die Attraktivität der Destination, sind aber als Freizeitaktivitäten zu klassifizieren, sofern sie durch Einheimische und Tagesausflügler wahrgenommen werden. Somit sind diese Ausflüge nicht dem Tourismus zuzuordnen (? Kapitel 1.2). Bei dieser Definition kommt die persönliche Herausforderung zu kurz, die es durch sportliches Geschick, Willensstärke, Überwindung der eigenen Ängste und Erprobung der eigenen Fähigkeiten zu meistern gilt. Die diesem Werk zugrunde liegende Definition des Abenteuertourismus findet sich am Ende dieses Kapitels. Ob sich der Begriff „Abenteuertourismus“ im deutschen Sprachgebrauch etabliert, bleibt abzuwarten. Wie bereits im vorhergehenden Kapitel dargestellt, werden derzeit verschiedene andere Begriffe benutzt, um das zu beschreiben, was international als „Adventure Tourism“ bezeichnet wird. Wichtig ist, die begriffliche Klärung und Abgrenzung, um (in Forschung und Praxis) auf das international existierende Wissen aufbauen zu können. Wissen | Verwendung der Begriffe „Abenteuer“ und „Outdoor“ im Marketing der deutschen Tourismuswirtschaft Ab dem 01.09.2021 wurden alle deutschen Landesmarketinggesellschaften bzw. die für das Landesmarketing zuständigen Tourismusverbände/-vereine per E-?Mail kontaktiert und gefragt, ob die Begriffe „Outdoor“ und „Abenteuer“ im Marketing genutzt werden und wenn ja, in welchem Kontext und an welche Zielgruppe gerichtet. Trotz mehrmaliger Nachfrage gibt es keine Antworten aus Hamburg und Sachsen-?Anhalt. Die Rückmeldungen der anderen Institutionen lassen sich wie folgt umschreiben (vgl. ausführliche Antworten im ? Anhang 2): Die „Wordings“ bzw. Schlagworte finden keine Verwendung in der Zielgruppenansprache („keine Schlagworte, die bewusst einen Anker haben“) bzw. nur punktuelle Verwendung in Kampagnen (Sachsen) oder sie spielen keine große Rolle im Marketing – es werden zwar einige „Outdooraktivitäten“ angeboten, aber mit den Begriffen „Natur erleben“ oder „Draußen im Grünen“, in den englischsprachigen Märkten fällt der Begriff „Outdoor“ vereinzelt; im Bereich Abenteuer gibt es kaum Angebote (Bremen). Einer der beiden Begriffe wird genutzt (genereller Verzicht auf englische Begriffe, wie „Outdoor“, anstelle dessen Umschreibung mit „Rauszeit“ oder „in der Natur unterwegs“, aber häufige Verwendung des Begriffes „Abenteuer“ in der Kommunikation mit Familien (z. B. „Urlaubsabenteuer für Groß und Klein“; bei Aktivitäten, wie Fahrradfahren, Paddeln, Wandern jedoch geringere Verwendung des Begriffs) (Mecklenburg-?Vorpommern). Anstelle des Begriffs „Outdoor“ wird von „Naturerlebnis“ gesprochen und der Begriff „Abenteuer“ wird nicht genutzt, da die Wortbedeutung („mit einem außergewöhnlichen, erregenden Geschehen verbundene gefahrvolle Situation, die jemand zu bestehen hat“) nicht im engeren Sinne zur Zielgruppe passt (Hessen). Beide Begriffe finden bspw. auf der Website, in Social-?Media-?Kanälen, in Printmedien (wie Magazinen), in Videoclips und/oder Kampagnen Anwendung (z. B. Baden-?Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-?Westfalen, Rheinland-?Pfalz, Saarland, Schleswig-?Holstein und Thüringen). Hierbei finden sich verschiedene Ausprägungen (z. B. sparsamer Einsatz der Begriffe, „Outdoor“ wird häufiger als „Abenteuer“ verwendet bzw. auch andersherum, beide Begriffe werden ähnlich häufig verwendet) und Verwendungen. Die Begriffe werden zum Teil im Naturkontext/bei Naturerlebnissen und im Bereich „Aktiv in der Natur/Naturaktivitäten“ genutzt – das Saarland und NRW sprechen sogar von Mikroabenteuer und in Baden-?Württemberg wurde in den Jahren 2019 und 2020 ein „Outdoor-?Award“ verliehen. Teilweise werden sie aber auch in Verbindung mit Angeboten in Freizeitparks, in der Stadt, in Beherbergungsbetrieben, bei digitalen Spielen/Erlebnissen und/oder für Familien eingesetzt. Es wird deutlich, dass beide Begriffe im deutschen Landesmarketing eingesetzt werden, wenn auch teilweise nur gelegentlich und teilweise anders als in der wissenschaftlichen Diskussion. Darüber hinaus fällt auf, dass mehrmals die Antwort gegeben wird, dass der englische Begriff „Outdoor“ wenig oder bewusst gar nicht genutzt wird. Eine Analyse der englischsprachigen Fachliteratur zeigt, dass der Begriff „Abenteuertourismus“ als Dachbegriff („umbrella term“) verwendet wird, sowohl in der Tourismuswirtschaft als auch in der -wissenschaft (vgl. Rantala et al., 2018, S. 547). So werden unterschiedliche Bedeutungen erfasst: „von einem Spaziergang in der Natur bis zu einem Flug im Weltraum.“ (Swarbrooke et al., 2003, S. 4) In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich bis zu 22 Kriterien und Dimensionen finden, mit denen Abenteuertourismus beschrieben wird. So verwenden z. B. Ewert (1989) und die ATTA (2015) drei, Schleske (1977) vier, Sung et al. (1996) sechs und Triantafillidou und Petala (2016) sieben Elemente für die Definition von Abenteuertourismus. Aufbauend auf einem Literaturreview von 41 referierten Journalbeiträgen wird aufgezeigt, dass aus einer theoretischen Perspektive 22 Dimensionen Elemente des Abenteuertourismus sein können (vgl. Janowski et al., 2021). Die Adventure Travel Trade Association (vgl. ATTA, 2015), die Dachorganisation des weltweiten Abenteuertourismus, nennt drei bedeutende Elemente des Abenteuertourismus: Körperliche Aktivität, kultureller Austausch und Interaktion mit der Natur. Beinhaltet eine Reise zwei der Aspekte spricht die ATTA von Abenteuertourismus und wenn alle drei Aspekte Bestandteil einer Reise sind von reinem Abenteuertourismus. Von einer touristischen Reise wird – in Anlehnung an die UNTWO-?Tourismusdefinition (? Kapitel 1.2) gesprochen, wenn die Aktivität außerhalb des gewohnten Umfelds stattfindet und mindestens 24 Stunden, jedoch maximal ein Jahr dauert. Als Schnittmenge der drei Säulen entsteht die Erfahrung der Reise. Seitens der Tourismusanbieter sollten die Inhalte der Reise, die Dauer und entsprechende Phase zur Reflexion an die Bedürfnisse der Reisenden angepasst werden, um einen möglichst großen Erlebnis-?Effekt zu haben (vgl. ATTA, 2020). Seitens der Konsumenten existieren Bedürfnisse und...