Grünmandl / Piok / Tanzer | Der Einmannstammtisch | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 456 Seiten

Grünmandl / Piok / Tanzer Der Einmannstammtisch

Stücke und Hörspiele. Werkausgabe Band 3
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7099-3986-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Stücke und Hörspiele. Werkausgabe Band 3

E-Book, Deutsch, 456 Seiten

ISBN: 978-3-7099-3986-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Komisch und kurios, zutiefst kritisch und poetisch: Otto Grünmandl entführt sein Publikum in die Welt des aberwitzigen Humors.

Tiefer Sinn im Unsinn

Otto Grünmandl avancierte nach seinem legendären Auftritt mit dem Einmannstammtisch in den 70ern zum ersten Solokabarettisten der österreichischen Kleinkunstszene. Seine Texte, zwischen Klamauk und Satire, Unterhaltungskunst und Literatur changierend, bestechen durch einen unverwechselbaren Ton und feinsinnig-tiefgründigen Humor. Das Forschungsinstitut Brenner-Archiv legt nun, im Rahmen der Werkausgabe, eine umfassende, aus den Nachlassmaterialien zusammengestellte Textauswahl vor: Neben Bühnenklassikern wie Ein Fußbad im Schwarzen Meer und Ich heiße nicht Oblomow versammelt der Band viele in Vergessenheit geratene Hörspiele, die darauf warten, neu entdeckt zu werden.

Progressive Anti-Haltung innerhalb höchst konservativer Strukturen

Dichter und Denker, Entertainer und satirischer Geist: Grünmandl zerschlägt mit seinen Texten lust- und humorvoll widersinnige Grenzpflöcke. Seine Hörspiele sind bisher ungedruckt geblieben und nur mehr in den Erinnerungen von Augen- und Ohrenzeugen als typische Stücke der unverwechselbaren "Marke Grünmandl" lebendig geblieben. Dieser Band holt sie nun zum ersten Mal aufs Papier und bezeugt ein weiteres Mal, die humoristische Kunst mit politischer Spitze, die das "Einmanngesamtkunstwerk" so treffend und nah am Puls der Zeit für sein Publikum bespielte.

"Grünmandl begegnet dem fatalen Zustand der Welt mit einer Komik, die bei ihm etwas grüblerisch Verbohrtes ebenso aufweist wie die Lust, die Sprache auf ihre Neigung, Abgründiges als Skurriles hervorzubringen, abzuklopfen."

Salzburger Nachrichten, Anton Thuswaldner

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Weitere Infos & Material


ROCHADE
Spiel in einem Akt
      PERSONEN: Wachtmeister Pyjama Brille dessen Frau Passanten ORT: die Bühne ZEIT: Datum und Dauer der Aufführung 1. AUFTRITT
Ein grauer, verlassener Platz in einem Vorstadtviertel. Telefonzelle. Ein, zwei Passanten gehen vorüber. Aus einer gleichsam hinter der Bühne liegenden Nebenstraße hört man das Geräusch einer Straßenbahn. Stille. Der Platz ist leer. Aus einer Seitenstraße kommt mit eilenden Schritten der Wachtmeister hervor. Er ist erregt und blickt suchend umher. Wachtmeister (in verschiedene Richtungen): Pyjama! … Pyjama! … Verdammt nocheinmal … Pyjama!! Weg ist er. Das mir. Egal, ich muß es melden. (Er öffnet die Tür zur Telefonzelle. Pyjama läuft über die Bühne.) Pyjama! (Pyjama bleibt am anderen Ende der Bühne stehen. Der Wachtmeister schließt die Tür wieder und stellt sich vor der Telefonzelle auf.) Komm her! (Pyjama dreht sich langsam um und blickt zum Wachtmeister hin.) Na, komm schon. (Pyjama geht zum Wachtmeister hin und bleibt vor ihm stehen.) Was schnaufst du denn so? Pyjama: Vom Laufen. Wachtmeister: Vom Laufen … vom Davonlaufen! Pyjama (erregt): Ist nicht wahr, Herr Wachtmeister, ich wollte nur … Wachtmeister: Still! Jetzt rede ich. Pyjama: Jawohl, Herr Wachtmeister. Wachtmeister: Immer ruhig Blut, Pyjama. Pyjama: Zu Befehl, Herr Wachtmeister. Wachtmeister: Na siehst du, geht doch auch so. Pyjama: Jawohl, Herr Wachtmeister, geht auch so. Wachtmeister: Also, du wolltest nicht? Pyjama: Was? Wachtmeister: Echappieren? Pyjama: Verstehe ich nicht. Wachtmeister: Nun … türmen … verstehst du? Abhauen, verschwinden, verduften, dich ganz plötzlich dünne, dünne machen, husch, husch, hast du nicht gesehen? Pyjama ist nicht mehr da. Pyjama: Das meinen Sie, Herr Wachtmeister? Wachtmeister: Jawohl! Das meine ich! Pyjama: Daran habe ich wirklich nicht gedacht, Herr Wachtmeister. Wachtmeister (ironisch): Ach, daran hast du ja noch nie gedacht, was?! Pyjama: Hab tatsächlich noch nie daran gedacht, Herr Wachtmeister. Wachtmeister: Und warum fängst du dann auf einmal zu laufen an, he?! Pyjama: Kann sein, daß ich einfach laufen mußte. Wachtmeister: Mensch, erzähl mir keine Märchen. Hast du mich nicht schreien gehört?! Pyjama: Doch. Wachtmeister: Und warum bleibst du dann nicht stehen?! Pyjama: Bin ich ja, Herr Wachtmeister. Wachtmeister: Bist du ja, bist du ja, natürlich bist du stehengeblieben, hätte es dir auch nicht anders geraten. (Der Wachtmeister zeigt ihm seine Pistole.) Da! Schau dir das gut an. Das nächstemal knallt’s. Pyjama: Jawohl, Herr Wachtmeister. Der Wachtmeister steckt seine Pistole wieder ein. Er vergißt dabei, die Tasche zu schließen. Wachtmeister: Kann sein, daß ich einfach laufen mußte … Du bist vielleicht ein verrücktes Aas. Der Wachtmeister hat sich wieder beruhigt. Er nimmt sich eine Zigarre und bietet Pyjama auch eine an. Wachtmeister: Da! Pyjama: Bin so frei, Herr Wachtmeister. – Hoffe, Sie nehmen es nicht übel, wenn ich sie nicht gleich rauche. Früher habe ich eine Zeitlang immer abends eine Zigarre geraucht. Füße gebadet und dabei in aller Ruhe meine Zigarre … Wachtmeister: Schon gut. (Der Wachtmeister zündet sich seine Zigarre an.) Jetzt mal ganz offen. Von Mann zu Mann. Sag, stimmt das? Hast du wirklich noch nie daran gedacht? Pyjama: Woran, Herr Wachtmeister? Wachtmeister: Na, du weißt schon, was du vorher gesagt hast. Ans Abhauen. Pyjama: Sie glauben mir das nicht, sonst würden Sie mich nicht noch einmal fragen, so ein Pyjama lügt ja immer. Wachtmeister: Sei doch nicht gleich beleidigt oder … tust du nur so, damit du mir nicht zu antworten brauchst? Pyjama: Herr Wachtmeister, von Mann zu Mann, es ist wahr, ich habe wirklich noch nie daran gedacht, ich kann’s beschwören, noch nie! Der Wachtmeister sieht Pyjama lange an. Wachtmeister: Da sieht man wieder einmal, was für ein kurioser Kauz von einem Kriminellen du bist. Ist mir noch nicht untergekommen. Pyjama: Wie meinen Sie das, Herr Wachtmeister? Wachtmeister: Wie ich das meine? – Da sitzt der Mensch nun sage und schreibe schon über ein Jahr und denkt nicht an Flucht und fragt noch, wie ich das meine. – Über ein Jahr und denkt nicht an Flucht. – Schäm dich. Pyjama: Schäme ich mich eben. Wachtmeister: Schon wieder beleidigt? Pyjama: Ihnen kann man nichts recht machen, Herr Wachtmeister, das weiß ich schon. Wachtmeister: Jetzt mach aber einen Punkt. Pyjama: Ist doch wahr. Pyjama geht in der eingeschlagenen Richtung weiter. Wachtmeister: Halt! (Pyjama bleibt stehen.) Komm her! (Pyjama dreht sich langsam um.) Na, komm schon! (Pyjama geht wieder zum Wachtmeister zurück.) Was ist wahr? Pyjama: Weil es wahr ist. Wachtmeister: Was? Pyjama: Ihnen kann das doch nur recht sein, Herr Wachtmeister, wenn unsereins nicht an Flucht denkt. – Oder? – Ist ja viel einfacher für Sie. Wachtmeister: So – meinst du? Pyjama: Jawohl, das meine ich. Und ich sehe nicht ein, warum ich mich deshalb schämen sollte. Der Wachtmeister bietet Pyjama erneut eine Zigarre an. Wachtmeister: Hier, nimm dir noch eine, aber die rauchst du jetzt gleich. Pyjama: Danke. Pyjama nimmt die Zigarre und raucht sie an, wobei ihm der Wachtmeister Feuer gibt. Wachtmeister: Was glaubst du, wenn alle so dächten wie du, wozu ich dann überhaupt noch gut wäre? Pyjama: Ist doch viel bequemer für Sie, wenn ich nicht türme, es gar nicht erst versuche, ist auch für mich bequemer. Das sage nicht nur ich, das sagen alle. – Gar nicht erst daran denken, so ist es am bequemsten. Wachtmeister: Mensch, Pyjama, wenn ich dich so reden höre, das treibt mir den Angstschweiß aus allen Poren. Pyjama: Sie machen sich einen Spaß. Wachtmeister: Spaß?! Ja, Mensch!! Begreifst du das nicht?! – Mit der Einstellung bringst du mich um meine Existenz. Vergiß nicht, ich bin verheiratet, habe vier Kinder, fünftes unterwegs. – Was glaubst du, wenn ihr nicht einmal mehr daran denkt, was dann passieren wird? Pyjama: Keine Ahnung, Herr Wachtmeister. Wachtmeister: Kannst du dir das nicht vorstellen? Pyjama: Wozu? So ist es bequemer. Wachtmeister: Für dich und deinesgleichen vielleicht. Aber mehr wollt ihr ja nicht. Asoziales Element! Pyjama (mit steigender Erregung): Asoziales Element?! – Herr Wachtmeister, ich habe meine Frau umgebracht, stimmt, war aber Totschlag, nicht Mord, ich bin kein asoziales Element, ich nicht. – Asoziales Element – ! – Ach was! Ich brauche Ihre Zigarren nicht! – Da! Pyjama wirft die Zigarre auf den Boden und tritt sie erregt aus. Wachtmeister: Na, na, na, na, beruhige dich, Pyjama. (Er will Pyjama beruhigend auf die Schultern klopfen, der fährt heftig zurück.) Schau, das habe ich doch nicht so gemeint, so ein Wort kann einem doch einmal herausrutschen. Ich kenn dich ja. Ich weiß doch, daß du kein asoziales Element bist. Du nicht. – Komm! (Der Wachtmeister geht weiter. Pyjama bleibt stehen.) Na, komm schon! Pyjama schließt sich dem Wachtmeister zögernd an. Wachtmeister (im Gehen): Mir geht es um etwas anderes,...


Otto Grünmandl war Dichter und Denker, Entertainer und satirischer Geist. Als Autor und Volksschauspieler schrieb er mit seinen absurd-komischen Kabarett-Programmen Geschichte und wirkte an zahlreichen Fernseh- und Radioprogrammen mit. Für sein vielgestaltiges Schaffen wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Österreichischen Förderungspreis für Literatur (1969) und dem Deutschen Kleinkunstpreis (1978 und 1992). Otto Grünmandl verstarb 2020.



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