E-Book, Deutsch, 232 Seiten
Hartmann Mister Cool X und die Zeitverdreher
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7448-6063-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein fantastisches Abenteuer
E-Book, Deutsch, 232 Seiten
ISBN: 978-3-7448-6063-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
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Besuch bei Mister Cool X
Genau um 17 Uhr drückte Jennifer auf den markierten Klingelknopf. Der Türöffner summte. Aus der Gegensprechanlage hörten wir die schnarrende Stimme von Svendor Kalel, der ohne Überleitung sagte: „Nehmt den Aufzug, 5. Stock, zweite Tür links.“ Eine ziemlich nüchterne Begrüßung, dachte ich. Trotzdem rutschte mir das Herz fast in die Hose. Ich sah den Freunden an, dass es ihnen nicht anders ging. Sogar die sonst so coole Maren hatte am Hals vor Aufregung gerötete Haut. Im Hochhaus gingen wir durch die kühlen Gänge, an deren Wände bunte und teils witzige Graffitis aufgemalt waren, bis zum Aufzug. Dort drückte Robert den Knopf für den 5. Stock. Ratternd setzte sich der Lift in Bewegung. Mir kam es vor, als würden wir wie Astronauten bei der NASA an einer Rakete entlang hochfahren, um die Kapsel zu besteigen, mit der man uns dann in den Weltraum schießen wollte. Wie sich aber bald herausstellte, war das Geheimnis um Mister Cool X noch viel aufregender, als wir uns das in unseren kühnsten Fantasien ausmalen konnten. Die Tür zur Wohnung von Mister Cool X stand schon offen. Wir schauten uns gegenseitig an, wie um uns aufzufordern, wer sich als erster hinein traute. Schließlich gingen Jennifer und Maren durch die Tür. Wir Jungen folgten. Ich selbst fühlte mich, als marschierte ich durch das Tor zu einer anderen Welt. Und irgendwie war es auch so. In der Wohnung war es düster, kein Licht brannte. Von außen drang nur wenig Helligkeit durch die Fenster. Über den Flur ging es am Badezimmer vorbei zum großen Hauptraum, seitlich darin sah ich eine Tür, die vermutlich zum Schlafzimmer führte. Größer war das Apartment wohl auch nicht. Es gab keinerlei Möbel, keine Schränke oder Regale, weder Sessel noch Tische. An der Wand hingen keine Bilder. Es war sehr kahl in Svendor Kalels Reich. Nur in der Mitte des Raumes standen mehrere seltsam geformte Stühle. Sie alle waren in dieses hässliche Türkis gefärbt, das ich schon an Svendor Kalels dreieckiger Tasche so abscheulich fand. Mit ihren sehr schmalen Sitzflächen und abartig hohen Rückenlehnen wirkten die Stühle, als hätte sie ein völlig ausgeflippter Möbelgestalter entworfen. Jedenfalls verlieh ihnen das etwas Überirdisches, als kämen sie wie ihr Besitzer nicht von dieser Welt. Svendor Kalel stand am Fenster mit dem Rücken zu uns und schaute regungslos hinaus. Doch als die ersten von uns die Stühle erreichten, drehte er sich zu uns um. Er hatte diesmal eine Art Overall an, einen einteiligen Anzug in grell-grüner Farbe und bedeckt mit seltsamen Schriftzeichen. Zusammen mit den türkisenen Stühlen und der kühlen Umgebung des ansonsten leeren Raumes fühlte ich mich wie in einem Alien-Raumschiff, das keinerlei Rücksicht auf menschliche Gewohnheiten nahm. Mister Cool X lächelte auf seine unbestimmbare, fremdartige Weise. Mit einer Handbewegung forderte er uns zum Setzen auf. Wir nahmen auf den Stühlen Platz und bildeten dabei einen Halbkreis. Er selbst setzte sich auf den verbleibenden Stuhl nahe dem Fenster. Es war kein Sitzplatz zu viel – er wusste offenbar schon vorher genau, wie viele von uns kommen würden. Aber woher? Zunächst schwiegen wir alle. Der Moment war zu spannend, zu unwirklich, um irgendetwas zu sagen, das nicht völlig daneben geklungen hätte. Nun waren wir am Ziel und konnten ihn alles fragen. Aber keiner traute sich ein Wort hervorzubringen. Dafür sah uns Svendor Kalel der Reihe nach an und begann eine kleine Rede: „Ich weiß, dass ihr viele Fragen an mich habt. Wer ich bin, woher ich komme, warum so merkwürdige Dinge passieren, wenn ich in der Nähe bin. Ich will es euch so kurz und einfach wie möglich erklären. Denn es wird euch schwerfallen, mir überhaupt zu glauben. Aber eure Neugier war so groß, dass ihr alles getan habt, um es zu erfahren. Bitte schön, hier ist meine Geschichte.“ Unruhig schauten wir uns an. Gerrit saß direkt neben mir, Jennifer auf dem Stuhl neben Svendor Kalel. Als ich zu ihr hinübersah, hatte ich plötzlich den klaren Eindruck, dass der Raum zu flimmern anfing. Die Umrisse der Wände und des Fensters hinter Svendor Kalel lösten sich für den Bruchteil einer Sekunde auf. Ich glaubte zuerst, das hätte ich mir nur eingebildet. Aber an den verdutzten bis ängstlichen Gesichtsausdrücken der anderen konnte ich ablesen, dass sie es auch bemerkt hatten. Nur Mister Cool X schien völlig ungerührt. Im nächsten Moment war wieder alles normal. Er fuhr fort: „Manche denken, ich sei ein Außerirdischer. Ich käme von einem fremden Planeten. Tatsächlich hat es noch keinen direkten Kontakt mit fernen Welten gegeben, auch nicht in meiner Zeit.“ „In deiner Zeit, was meinst du damit?“, platzte Gerrit aufgeregt dazwischen. „Um es kurz zu machen: Ich komme wie ihr von der Erde. Aber nicht aus eurer Zeit. Sondern ich lebe etwa eintausend Jahre später als ihr genau auf diesem Planeten. Und hier, wo wir gerade sitzen, wird dann eine Forschungsstation sein. Dort bin ich zur Ausbildung. Denn ich will Wissenschaftler werden. Zugelassener Zeitforscher, um genau zu sein.“ Maren, die neben Robert rechts von mir saß, kicherte albern. Jennifer verdrehte die Augen. Die anderen starrten Svendor Kalel ungläubig an. Mir selbst jagte es einen unheimlichen Schauer über den Rücken, weil ich einfach spürte, dass Mister Cool X die Wahrheit sagte. Auch, wenn ich es andererseits nicht ganz glauben konnte, weil es eigentlich zu unwahrscheinlich, ja unmöglich klang. „Mir ist klar, dass das für euch noch unglaublicher klingt, als wenn ich gesagt hätte, ich stamme von einem anderen Planeten“, setzte er seine Rede fort. „Aber ich komme wirklich von der Erde, nur eben von euch aus gesehen aus der fernen Zukunft. Dieser Raum ist im Moment ein Zeitportal, ein Tor zwischen Gegenwart und Zukunft. Damit kann man durch die Zeit reisen. Das habe ich mit unserer Technologie so eingerichtet. Ich könnte damit auch weiter in die Vergangenheit gehen. Aber meine Aufgabe ist es, aus einem bestimmten Grund gerade diese Zeit, in der ihr lebt, genauer zu erforschen.“ Wieder dieses Flimmern im Raum, als ob sich die Wände auflösen wollten. Auch der Boden unter mir und die Decke oben schienen durchsichtig zu werden. Aber wie vorher war dieser Eindruck sogleich wieder vorbei. Allerdings unterstrich diese Wahrnehmung die merkwürdigen Dinge, die Svendor Kalel uns gerade erzählte. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Jenny und Maren sich dem entziehen wollten. Einige von uns rutschten unruhig auf ihren Stühlen und wollten am liebsten gleich tausend Fragen stellen, genauso wie ich. Aber Mister Cool X machte eine Handbewegung, die bedeutete: Moment noch, habt Geduld. Ich sah ihn mir im Gegenlicht an, das durch das Fenster hinter ihm einfiel und ihn in einem fast überirdischen Glanz erscheinen ließ. Auf seiner Glatze funkelte es leicht. Fast, als hätte er einen Heiligenschein. Aber er wollte ja kein Engel sein, sondern ein Zeitreisender aus der Zukunft. Obwohl ich spürte, dass er bisher nicht gelogen hatte, wehrte sich alles in mir, das zu glauben. Es klang, als ob eins meiner vielen Bücher über Science-Fiction und Fantasy Wirklichkeit geworden wäre. Und das konnte ja wohl nicht sein. Oder doch? Mit fast überirdisch wirkender Ruhe fuhr Svendor Kalel in seinen Erklärungen fort: „Ich bin schon seit etwa zwei Monaten hier. Vorher war ich in anderen Gegenden, vor allem in großen Städten eurer Zeit, um mir das Leben dort anzusehen. Ich habe mit meiner Zeitkamera viele Fotos gemacht. Diese schickt meine Aufnahmen direkt auf einen vierdimensionalen Fotospeicher in der Zukunft. Man erhält damit Aufnahmen, die man begehen kann wie einen künstlichen Raum. Nach meiner Rückkehr kann ich sie dann gleich auswerten. Die Kamera ist übrigens auch in diesem Metallstift enthalten, den Jan schon so oft bewundert hat.“ Dabei sah er mich vielsagend an, als ob ich ihm diese Beobachtung ausdrücklich bestätigen sollte. Ich nickte kurz und wollte etwas dazu sagen, aber da sprach er schon weiter: „Dies ist meine letzte Woche in eurer Zeit. Und da steht mir die größte Aufgabe bevor. Ich bin nicht ohne Grund genau jetzt und an diesen Ort gekommen. Sondern ich muss ein Unheil abwenden, das sich in den nächsten Tagen ereignen wird. Das wissen wir von unseren Aufzeichnungen aus der Vergangenheit. Und das ist auch der Grund, warum ich euch einweihe. Ich brauche nämlich eure Hilfe.“ Diese Überraschung war nun wirklich gelungen - ein Junge aus der Zukunft, der über so riesige Möglichkeiten und unfassbare Macht verfügte, bat ausgerechnet uns um Hilfe?! Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich würde gleich ohnmächtig, so sehr war ich von den Worten von Mister Cool X überwältigt. Wie es den anderen wohl ging? Die meisten starrten ungläubig und fragend vor sich hin. Bei Jennifer sah ich, dass sie ihre Mundwinkel spöttisch verzogen hatte. Ganz klar, nach erstem Schock und Zweifeln nahm sie Svendor Kalel...