Hartwieg / Meder | Sachverhaltsarbeit als Steuerungsinstrument im Zivilprozeß | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band Band 002, 272 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Beiträge zu Grundfragen des Rechts

Hartwieg / Meder Sachverhaltsarbeit als Steuerungsinstrument im Zivilprozeß

Ein entscheidungstheoretischer Versuch
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-86234-090-3
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein entscheidungstheoretischer Versuch

E-Book, Deutsch, Band Band 002, 272 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm

Reihe: Beiträge zu Grundfragen des Rechts

ISBN: 978-3-86234-090-3
Verlag: V&R unipress
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Das Verhältnis zwischen Fall und Norm ist eine Grundfrage der modernen Rechtswissenschaft. Oskar Hartwieg begreift Fall und Norm als veränderliche Größen, die nicht einfach zu trennen sind und bei der juristischen Entscheidungsfindung aneinander angeglichen werden müssen. Ihn interessiert vor allem, wie die Arbeit des Richters am Sachverhalt theoretisch zu erfassen ist. Dabei kritisiert er die vorherrschende 'normative Sicht', die den Willen des Gesetzgebers zum allgemeinen Maßstab erklärt. Hartwieg möchte gar nicht anzweifeln, daß sich die Tätigkeit des Juristen vornehmlich auf Rechtstexte bezieht, sei es auf das mehr oder weniger abstrakt formulierte einzelne Gesetz oder auf dessen Wechselwirkungen mit anderen Normen. Doch ist die Jurisprudenz mehr als eine lediglich textgebundene Wissenschaft. Dies zeigt schon das Wort 'Sachverhalt', welches der 'Sache ihr eigenes Verhalten' zubilligt (Gadamer) und dadurch eine eigentümliche Distanz zwischen der Sprache und den Dingen zum Ausdruck bringt. Es ist eben jene Distanz, der Hartwiegs Forschungsinteresse gilt und die in aktuellen rechtstheoretischen Diskussionen wieder eine wichtige Rolle spielt.
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Weitere Infos & Material


1;Inhalt;7
2;Einleitung des Herausgebers. Fall und Norm im Kontext von Entscheidungstheorie und Hermeneutik. Zu Oskar Hartwiegs Versuch über » Sachverhaltsarbeit als Steuerungselement im Zivilprozeß«;11
2.1;I. Vorbemerkung;11
2.2;II. Das Ungenügen der »normativen Sicht« als Ausgangspunkt;13
2.3;III. »Deskriptive Entscheidungstheorie«;18
2.4;IV. Ansätze zu einer Theorie der Sachverhaltsarbeit;20
2.5;V. Schlußbemerkung;23
3;Einleitung;25
4;1. Teil: Die Sachverhaltsarbeit des Zivilrichters aus juristischer Sicht;31
4.1;I. Ausgangspositionen;33
4.1.1;1. Ergebnisgestaltung durch Arbeit am Recht;33
4.1.2;2. Ergebnisgestaltung durch Arbeit am Sachverhalt;34
4.1.3;3. Der Begründungszwang des Urteils;35
4.2;II. Zivilprozessualer Ansatz;40
4.2.1;1. Der Zweck des Zivilprozesses;40
4.2.2;2. Verfahrensprinzipien;43
4.2.3;3. Sachverhalt und Tatbestand;52
4.2.4;4. Zusammenfassung;65
4.3;III. Relationstechnik;67
4.3.1;1. Selbstverständnis der Relationstechnik;68
4.3.2;2. Richterliche Prozeßstrategie;71
4.3.3;3. Der Tatbestand als Ergebnis von Reduktionen;77
4.3.4;4. Zusammenfassung;85
4.4;IV. Methodologischer Ansatz;87
4.4.1;1. Die Lehre von der Rechtsanwendung aufgrund feststehenden Sachverhalts;90
4.4.2;2. Die Lehre vom hin- und herpendelnden Blick;93
4.4.3;3. Integrierte Norm- und Faktenermittlung;106
4.4.4;4. Zusammenfassung: der Dogmatik-Streit;112
5;2. Teil: Entscheidungstheoretische Erweiterung des Problems;115
5.1;I. Wissenschaftstheoretische Orientierung;117
5.1.1;1. Vorbemerkung;117
5.1.2;2. Zur Ebene der Wissenschaftstheorie;119
5.1.3;3. Systemtheorie, Wissenssoziologie und Entscheidungstheorie als Ansätze für eine Theorie der Sachverhaltsarbeit;125
5.2;II. Deskriptive Entscheidungstheorie;135
5.2.1;1. Grundmodelle und ihre Elemente;135
5.2.2;2. Offenes Entscheidungsverhalten;139
5.2.3;3. Informationsverarbeitung;154
6;3. Teil: Deskriptive Entscheidungstheorie richterlicher Sachverhaltsarbeit;175
6.1;I. Aufgabe und Personenbezogenheit;179
6.2;II. Phasen zivilrichterlicher Entscheidungstätigkeit;186
6.3;III. Denkrichtungen richterlicher Informationsverarbeitung;197
6.3.1;1. Prozeßrecht als Orientierungsgröße in Routine-Situationen und bei algorithmischem Verhalten;198
6.3.2;2. Relationstechnik als juristischer Algorithmus;206
6.3.3;3. Die Denkrichtung als Aspekt juristischer Methodenlehre;213
6.3.4;4. Zusammenfassung;224
6.4;IV. Konstruktion;229
6.4.1;1. Routineverhalten als Rahmen für algorithmische Konstruktion;231
6.4.2;2. Inhaltliche Bestimmung algorithmischen Verhaltens;233
6.4.3;3. Verfahrenssteuerungen der Konstruktion;253
6.4.4;4. Zusammenfassung: Darstellung der Ergebnisse als Routinelösungen;259
7;Literaturverzeichnis;265


"II. Phasen zivilrichterlicher Entscheidungstätigkeit (S. 176-177)

Lautmann unterscheidet fünf Phasen richterlicher Tätigkeit: Problemstellung, Sammlung von Alternativen und Fakten, Bewertung der Alternativen, Festlegung der Alternative, Ausführen und Darstellen der Entscheidung. Diese Auffächerung benutzt Lautmann für eine inhaltliche Beschreibung der Informationsverarbeitung von Fakten und Normen bei der richterlichen Tätigkeit. Die beiden folgenden Unterabschnitte (II., III.) verfolgen dagegen das Ziel, unter zeitlichen und kausalen Gesichtspunkten richterliche Tätigkeit zu gliedern; die inhaltliche Beschreibung wird sich später anschließen. Das Lautmann’sche Modell ist demnach an dieser Stelle nur bedingt als Vorbild geeignet.

Die zeitlichen Unterteilungen in den Untersuchungen von Baumgärtel und Blankenburg sind für diese Studie zu weit. Sie betreffen nämlich den gesamten zivilprozessualen Zeitablauf einschließlich aller Entscheidungsarten und führen damit zu Kategorien, die für die hier allein interessierende Erledigungsart eines Prozesses durch streitiges Urteil keine weiteren Aussagen mehr enthalten. Der Vorentwurf einer Untersuchung zur Analyse des Entscheidungsverhaltens von Juristen553 ist zu allgemein, um als aussagefähiges Phasenmodell für die Fälle zivilrichterlichen Handelns dienen zu können, die durch streitiges Urteil erledigt werden.

Es muß daher im folgenden der Versuch gemacht werden, aus den bisher dargestellten Ansätzen ein eigenes Modell zu entwerfen. Dieses Modell ist ausdrücklich nur für die Fälle richterlicher Prozeßerledigung durch streitiges Urteil angelegt. Seine Aussagefähigkeit für andere Erledigungen, wie z. B. Vergleich, Erledigung der Hauptsache, Anerkenntnis, Verzicht, z. T. auch Versäumnisurteil oder Ruhen des Verfahrens ist sicherlich beschränkt, andererseits aber nicht ganz unerheblich, denn selbst wenn nur gut ein Drittel aller normalen Zivilprozesse vor dem Landgericht mit einem streitigen Urteil zugeschnittene Verfahrens- und Verhaltensmodell die ultima ratio darstellt, vor der sich alle anderen Versuche abspielen, den Prozeß anders, z. B. für Richter weniger arbeitsaufwendig oder für die Parteien weniger kontrovers (etwa durch Vergleich) zu beenden.

Die drei bereits genannten Phasen von Entscheidungsverhalten (Suchverhalten vor der Entscheidung = Phase 1, Entschluß = Phase 2, Suchverhalten nach der Entscheidung = Phase 3) bilden einschließlich ihrer entscheidungstheoretisch herausgestellten Nichtfestlegbarkeit der Phasenfolge den Ausgangspunkt für die folgende Phaseneinteilung."


Meder, Stephan
Prof. Dr. Stephan Meder lehrt seit 1998 Zivilrecht und Rechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover.

Hartwieg, Oskar
Prof. Dr. Oskar Hartwieg (1936-2001) studierte Rechtswissenschaften in München und Hamburg, war Wissenschaftlicher Assistent bei Josef Esser in Tübingen und lehrte seit 1976 als Professor für Zivilprozessrecht und Internationales Wirtschaftsrecht an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover.

Meder, Stephan
Prof. Dr. Stephan Meder lehrt seit 1998 Zivilrecht und Rechtsgeschichte an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover.



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