E-Book, Deutsch, 176 Seiten
Hauptmann / Brinkhaus Eine Politik für morgen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-451-81870-7
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die junge Generation fordert ihr politisches Recht
E-Book, Deutsch, 176 Seiten
ISBN: 978-3-451-81870-7
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Autoren/Hrsg.
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Cybersicherheit aus der Parlamentsperspektive
Christoph Bernstiel
Auf den nachfolgenden Seiten möchte ich schlaglichtartig eine Vorstellung davon geben, wie vielschichtig der Begriff Cybersicherheit ist, vor welchen Herausforderungen wir stehen, was wir für einen besseren Schutz tun können und welche Chancen sich für unser Land bieten. Denn immerhin ist die Cybersicherheit eines der wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts. 1. Cybersicherheit als Schlüsselaufgabe der Zukunft
Der Begriff Cybersicherheit geistert immer mal wieder durch unsere Medien. Die meisten Menschen dürften daher schon einmal etwas von dem Thema gehört haben. Aber nur die Wenigsten können sich etwas darunter vorstellen, geschweige denn beschreiben, was es mit dem Begriff genau auf sich hat. Selbst Experten streiten noch darüber, was genau unter dem Begriff Cybersicherheit zu verstehen ist. Für die einen ist es die Absicherung von elektronischen Daten, für die anderen geht es darum, Computernetzwerke vor Fremdzugriff zum Beispiel durch Hacker zu schützen. Auf den ersten Blick klingt das nach einem Thema, das primär Unternehmen beschäftigen sollte, doch in unserer digitalisierten Welt ist es ein Thema, das uns alle betrifft. 2. Wir leben in einer durch und durch digitalisierten Welt
Heutzutage gibt es in unserem Alltag fast keinen Bereich mehr, der nicht in irgendeiner Art und Weise mit elektronischen Daten arbeitet oder mit dem Internet verbunden ist. Statistisch gesehen befindet sich heutzutage in 75 Prozent aller Haushalte ein PC mit Internetzugang. Bei Menschen unter 35 Jahren sind es sogar über 80 Prozent, und wenn wir noch Smartphones dazuzählen, dann erreichen wir sogar eine Quote von fast 99 Prozent. Kaum noch vorstellbar ist ein Tag, an dem wir komplett auf den Austausch von elektronischen Daten über das Smartphone oder die Nutzung von nützlichen Helferlein wie das Navigationssystem, den Wecker, die Waschmaschine oder die Smart Watch verzichten. Der neueste Trend sind sogenannte Smart Home Devices, die auch »intelligente Haushaltshilfen« genannt werden. Dazu gehören neben schlauen Sprachassistenten, die auch dann zuhören und analysieren, wenn sie im sogenannten »Standby Modus« sind, Staubsaugerroboter, die intelligente Alarmanlage, das smarte Heizungsventil, die Lichtsteuerung oder das wetterdatengestützte Rasenbewässerungssystem. Sie alle sammeln und verarbeiten Daten. Spielen Sie eigentlich gern Computerspiele? Falls ja, finden Sie es nicht toll, wie sich die Games in den letzten Jahren weiterentwickelt haben, wie das Spielerlebnis immer realistischer geworden ist, wie Künstliche Intelligenz (KI) das Spielerlebnis durch intelligentere Gegner realistischer und raffinierter werden lässt? Sie ahnen es bereits: Ohne das Verarbeiten von Nutzerdaten wäre das nicht möglich. Doch nicht nur Ihre eigenen Geräte erfassen Ihre Gewohnheiten. Werfen Sie doch mal einen Blick in Ihr Portemonnaie. Dort finden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit zahlreiche Chipkarten. Weit verbreitet sind Bonuskarten. Es gibt sie im Supermarkt, an Tankstellen oder bei der Reinigung. Hinzu kommen die elektronische Gesundheitskarte, welche seit 2015 jeder Deutsche mit sich führen sollte, und natürlich Ihre EC- oder Kreditkarten. Kurzum: Wir leben in einer durch und durch digitalisierten Welt. Das ist grundsätzlich nichts, was einem Sorgen machen sollte. Denn durch die Digitalisierung wurde unser Alltag an vielen Stellen erheblich erleichtert. Wir schaffen heute mehr in weniger Zeit. Das wiederum verschafft uns kostbare Freizeit, die wir unseren Hobbys oder unseren Kindern widmen können. 3. Das Bewusstsein der Datensicherheit
Man kann durchaus sagen, dass wir Deutschen etwas technikverliebt sind und gern auf intelligente Alltagshelfer oder fetzige Gadgets zurückgreifen. Leider machen wir uns nur in den seltensten Fällen Gedanken darüber, wie sicher diese Geräte eigentlich sind. Genau an dieser Stelle kommt die Politik ins Spiel. Für mich als Innenpolitiker und Berichterstatter für das Thema Cybersicherheit steht die Frage nach der Sicherheit solcher Systeme im Vordergrund. Insbesondere dann, wenn wir über kritische Infrastrukturen sprechen. Es liegt auf der Hand, warum wir unsere Kraftwerke, Krankenhäuser, Gerichte, Regierungen, Polizeistationen, Kläranlagen und sonstige Einrichtungen, welche das öffentliche Leben aufrechterhalten, vor Hackerangriffen schützen müssen. Die gute Nachricht ist, dass die meisten öffentlichen Netze und Einrichtungen sehr gut geschützt sind und es nur äußerst selten gelingt, in diese Systeme einzubrechen. Gleiches gilt für Banken, die Börse, Versicherungsunternehmen und große Konzerne. Wesentlich schlechter sieht es hingegen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen und im privaten Zuhause aus. Nur die wenigsten Menschen machen sich darüber Gedanken, ob ihr Auto gut vor Hackerangriffen geschützt ist (Stichwort »Keyless Go«) und wie sicher die Geräte sind, die sie im Alltag benutzen. Ungefähr zwei Drittel der Deutschen geben an, dass sie ein und dasselbe Passwort mehrfach für verschiedene Anwendungen verwenden. Die beliebtesten Passwörter in Deutschland sind nach wie vor das Wort »Passwort«, die Zahlenkombination »123456«, das eigene Geburtsdatum oder der Name des Kindes. Dieser digitale Leichtsinn wird sogar noch getoppt, wenn es darum geht, Geräte zu nutzen, die nahezu überhaupt keine Sicherheit bieten. Die Rede ist hier von günstigen Sprachassistenten oder günstigen Staubsaugerrobotern, welche die ganze Wohnung – bei vielen Modellen sogar mit integrierter Kamera – abfahren und speichern, wann jemand zu Hause ist und wann nicht. Diese Daten werden häufig auf Servern im Ausland gespeichert. Als Nutzer solcher Geräte können wir so gut wie nie nachvollziehen, ob und wie gut diese Daten geschützt sind. Dennoch gehen wir dieses Risiko bereitwillig ein. Paradox daran ist, dass es in der Bevölkerung eine hohe Sensibilität dafür gibt, über welche Daten der deutsche Staat verfügen darf und über welche nicht. Genau diese Sensibilität fehlt jedoch nahezu vollständig, wenn es um die Frage geht, welche Daten privatwirtschaftliche Unternehmen erheben und auswerten. 4. Die Kriegsführung der Zukunft
Die Dimension des Begriffs Cybersicherheit erstreckt sich über alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und reicht bis ins Militärische hinein. Die Kriege der Zukunft werden nicht mehr vordergründig mit Bomben oder Panzern entschieden, sondern mit gezielten maßgeschneiderten Attacken im Cyberraum. Man spricht von »hybrider Kriegsführung« und es gibt bereits Belege dafür, dass Cyberattacken gezielt eingesetzt wurden, um originär militärische Aktionen vorzubereiten. Prominentestes Beispiel ist sicherlich die Annexion der Krim im Jahr 2016. Unsere Sicherheitsbehörden und insbesondere die Bundeswehr müssen sich demzufolge auf solche Szenarien vorbereiten. Selbstverständlich kann man die Position vertreten, dass Deutschland keine Cyberwaffen oder aktiven Cyberkapazitäten entwickeln beziehungsweise aufbauen sollte. Allerdings muss man sich dann auch im Klaren darüber sein, dass unser Land im Falle eines Angriffs völlig schutzlos dastehen würde. Israel hat das Bedrohungspotenzial im Cyberraum bereits erkannt und setzt seit Jahren sehr erfolgreich eine Strategie um, die sowohl den militärischen als auch den privatwirtschaftlichen Sektor berücksichtigt. In Beer Sheva ist ein Technologie-Campus entstanden, der zu den modernsten und fortschrittlichsten auf der Welt gehört. Produkte der Cybersicherheit »made in Israel« sind mittlerweile ein echter Exportschlager und die IT-Experten des Landes sind überall auf der Welt gefragt. Am Beispiel Beer Sheva zeigt sich sehr gut, wie Deutschland im Cybersicherheitsbereich in wenigen Jahren zur Weltspitze aufschließen könnte. 5. Ohne Daten keine KI
Nur wer über eine große Menge an qualifizierten Daten verfügt und in der Lage ist, diese Daten zu analysieren und zu verknüpfen, der wird auch imstande sein, eine leistungsfähige KI zu entwickeln. Die beiden Supermächte USA und China nehmen hier bereits eine Führungsrolle ein. Das liegt zum einen an der hohen Bevölkerungszahl und zum anderen auch an einem völlig anderen Ansatz im Umgang mit Datenschutz und Datensicherheit. In Deutschland ist es nach wie vor so, dass Daten selbst innerhalb eines Bundeslandes nicht harmonisiert beziehungsweise abrufbar sind. Darüber hinaus sind Daten aus den einzelnen Bundesländern nur selten mit bundesweiten Datenbanken kompatibel. Dies versucht man durch die »FITKO« (Föderale IT-Kooperation) zu ändern. Wenn wir allerdings im KI-Bereich tatsächlich zur Weltspitze aufschließen wollen, dann führt kein Weg daran vorbei, die verfügbaren Daten in Deutschland schnellstmöglich zu harmonisieren. Im nächsten Schritt müsste dies auf europäischer Ebene erfolgen. Denn nur ein gemeinsam agierendes Europa kann ein KI-Gegengewicht zu den beiden Supermächten USA und China bilden. Die Alternative ist wenig verheißungsvoll, denn sie führt zu einer vollständigen technologischen Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten oder China. Das kann nicht unser Ziel sein, und genau aus diesem Grund investiert die Bundesregierung auf Beschluss des Bundestages massiv in die Erforschung und Anwendung von KI-Systemen. 6. Wahlkampfbeeinflussung durch gezielte Fake News
Die Anwendungsfälle für IT-Produkte sind nahezu grenzenlos. Leider kann die Technologie sowohl für gute als auch für schlechte beziehungsweise kriminelle Zwecke verwendet werden. Besonders kritisch wird es,...