Heidenreich | Zwei Reden in Weimar | Buch | 978-3-901862-05-2 | sack.de

Buch, Deutsch, 96 Seiten, GB, Format (B × H): 130 mm x 170 mm

Reihe: edition münchen

Heidenreich

Zwei Reden in Weimar


1. Auflage 1999
ISBN: 978-3-901862-05-2
Verlag: Bibliothek der Provinz

Buch, Deutsch, 96 Seiten, GB, Format (B × H): 130 mm x 170 mm

Reihe: edition münchen

ISBN: 978-3-901862-05-2
Verlag: Bibliothek der Provinz


Enthält:

Heimat als Fremde. Re­de am 21. März 1999 im Deut­schen Na­tio­nal­thea­ter Wei­mar in der Rei­he

Re­den über Deutsch­land und Eu­ro­pa

Lear und Faust – Zwei Narren? Eine Rede im Krieg, gehalten am 22. April 1999 zur Eröffnung der Shakespeare-Tage in Weimar

Leichter fiele mir die Rede über das Land, in dem ich wohne, wenn ich unbefangen an diesem für die Deutschen mythischen Ort darlegen könnte, daß ich hier längst schon Heimat vermutet hätte, bevor die Mauer niederging und den Blick freigab auf das Ende von Ideologie, Intoleranz und Idylle. Nicht geistige Heimat bloß – das fällt leicht, denn die beiden Heroen des Ortes ergänzen einander ja so vorteilhaft, daß man sich auch in beliebigen und grundlosen Zeiten wie der unseren gern von ihnen beschienen sein ließe. Nein, örtliche, konkrete Heimat, den Klang der Straßen, die Farbe der Luft meine ich – warteten wir nicht darauf, hier wieder

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zu sein?

Wahr ist, daß ich daran so wenig geglaubt habe wie die meisten Bürger der Bundesrepublik; daß ich mich, gleichfalls wie die meisten, nicht nach einer Vereinigung sehnte. Ich wollte nur, wenn ich zu Besuch kam, nicht immer mit den Grenzern und ihrer spießigen Arroganz konfrontiert werden, jenen Allmachtsgescalten mit Schäferhunden in verschlossener Landschaft, die nach Polizeistaat roch. Wahr ist, daß ich mit meinem Geburtsort Eberswalde keinerlei Empfindung verband. Aber wahr ist auch, daß der Westen, in dem ich aufwuchs, mir ebenso wenig zur Heimat geworden ist. Deutsch sein war für mich die meiste Zeit meines Lebens ein unheimatlicher Zustand. Ich habe nun Anlaß, den Gründen dafür nachzuspüren.

Doch wovon ist, wenn

heute

die gemeinte Geborgenheit in Land und Kultur beschworen wird, noch die Rede? Ist nicht der Begriff der Heimat durch unser demagogisches Jahrhundert derart pervertiert und für das Kommende durch Wekvernetzung so entleere worden, daß ihm ohnehin keine Bedeutung mehr zukommt? Merkwürdig nur, daß wir dennoch fast alle eine Erinnerung an Gegenden in uns tragen, in denen wir uns glücklich aufgehalten haben, uns zumindest wohl, wenn nicht angenommen und aufgehoben fühlten, mit denen wir vertraut waren oder sind, wie sie mit uns vertraut zu sein schienen – eine Gewißheit, eigentümlich amalgamiert aus Landschaft, Sprache, Gerüchen und Licht – jene Legierung der Kindheit eben, die wir Heimat nennen. Und wo wir solcher Erinnerung entbehren, wüßten wir doch zumindest unsere Sehnsucht danach zu beschreiben.

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Weitere Infos & Material


Heidenreich, Gert
Gert Heidenreich, geboren am 30. März 1944 in Eberswalde, seit 1946 aufgewachsen in Groß-Zimmern und Darmstadt, dort Abitur am humanistischen Ludwig-Georgs-Gymnasium.
1962–69 Studium überwiegend in München: Alte und neue deutsche Literatur, Theaterwissenschaft, Soziologie, Philosophie.
Mitbegründer des Theaters in der Kreide TiK München 1969;
1967–83 neben der Arbeit als Theater-Autor publizistische und journalistische Tätigkeit, überwiegend für Rundfunkanstalten, für die Wochenzeitung „Die Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung“ und für Zeitschriften: „Merian“, „Geo“, „art“.
Seit 1970 mehrere längere Afrika-Reisen und -Berichte, meist über Sahara-Durchquerungen. Reportagen über Nord-, West- und Zentralafrika.
Seit 1972 auch als Sprecher für Rundfunkanstalten, Fernsehen und Hörverlage tätig.
1998 Writer in Residence im „Ledig House“ New York.
Lesereisen für das Goetheinstitut nach Ägypten, Island, Polen, Frankreich, Spanien, Russland, Japan, Rumänien, Israel, USA.
2000 u. 2001 Writer in Residence an den Goetheinstituten in Bombay und Pune (Indien, Maharashtra);
2002, 2003, 2004 und 2005 in Almaty (Alma Ata), Kasachstan. Reisen für das Goetheinstitut Almaty nach Kirgistan und Usbekistan.
2005 und 2006 für das Goetheinstitut in Namibia. Lesungen in Windhoek u. Swakopmund.
2006 Gast der 7. Rencontres européennes du Livre, Sarajewo
Lebt als freier Schriftsteller in Oberbayern. Seit 1979 verheiratet mit der Familientherapeutin und Autorin Gisela Heidenreich. Söhne Julian (geb. 1980), Johannes (geb. 1984, gest. 2001).
Mitglied des Deutschen P.E.N.-Zentrums; dessen Präsident von 1991–1995.
Seit 2004 Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste;
von 2011 bis 2015 dort Direktor der Abteilung für Literatur.

Welker, Andrea
Die in Augsburg geborene Autorin und Dokumentaristin Andrea Welker studierte nach einer Ausbildung im Schreinerhandwerk Innenarchitektur und Angewandte Kunst in München. Am Theater als Regieassistentin und Bühnenbildassistentin von 1968 bis 1972. Gastspiel an der Hochschule für Fernsehen und Film in München für Dokumentarfilm. Porträts, Interviews und Features zur Kunst, Musik, Literatur bei TV, Radio und Verlagen. Zusammen mit dem Verleger der Bibliothek der Provinz, Weitra, Richard Pils gründete sie als Herausgeberin die edition münchen, für kulturpolitische Essays und Texte zur Kunst.
1979 brachte sie ihr erste Buch über George Taboris Arbeit im Carl Hanser-Verlag München heraus.
Seit 1990 führt sie in München den Salon Palaver für kulturpolitische Diskurse.



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