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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 219 Seiten

Reihe: Sauerlandkrimi und mehr

Heinrichs Bauernsalat

Vincent Jakobs' 3. Fall
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-934327-18-4
Verlag: BLATT-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Vincent Jakobs' 3. Fall

E-Book, Deutsch, Band 3, 219 Seiten

Reihe: Sauerlandkrimi und mehr

ISBN: 978-3-934327-18-4
Verlag: BLATT-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ex-Kölner Vincent Jakobs entdeckt das Landleben der besonderen Art: Bauer Schulte-Vielhaber wird von der Leiter gestürzt. Natürlich kann Vincent seine Nase nicht aus Schweinestall und Heuschober heraushalten und muß feststellen, daß die Lösung des Falls tief unter dem Misthaufen der Vergangenheit verborgen liegt ...
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5 Als ich gegen drei in der Tierarztpraxis Hasenkötter anrief, ließ mir die Sprechstundenhilfe ausrichten, das Wartezimmer sei rappelvoll und Alexa in einer Untersuchung. Sie könne jetzt nicht gestört werden. Ich gab mich geschlagen und beschloß, Alexa nach der Arbeit in der Praxis abzuholen. Bis dahin widmete ich mich der Vorbereitung für meinen Leistungskurs. Kurz nach fünf tauchte ich aus den Büchern wieder auf und fluchte. Womöglich war Alexa jetzt schon weg, andererseits – wenn das Wartezimmer rappelvoll war … Ich sprang ins Auto und eilte zur Praxis. Vor dem Haus gab es wie immer keinen Parkplatz. Ich blieb in der zweiten Reihe stehen und hastete hinein. Es war bereits totenstill im Inneren der Praxis. Selbst die Sprechstundenhilfe saß nicht mehr an ihrem Platz. Endlich kam sie aus einem der Behandlungsräume. „Ach, Vincent, tut mir leid, Alexa ist schon weg.“ Ich fluchte. Karin lächelte verständnisvoll. „Sie ist erst vor zehn Minuten gegangen, allerdings wollte sie nicht direkt nach Hause, sondern noch woanders hin.“ Ich fluchte noch mehr, diesmal still in mich hinein. Leo hatte recht. Ich war wirklich ein Idiot und hatte es nicht besser verdient, als daß Alexa nun an Elmars Brust klebte und ihm tröstende Worte zusprach. Ich rang mich noch zu einem „danke“ durch und trat auf die Straße. Vor meinem Auto stand eine dunkelblau gekleidete Frau und tippte etwas in einen Mini-Computer. Das fehlte jetzt noch. „Nein!“ schrie ich. „Ich bin hier!“ Ungnädig tippte die gelockte Frau weiter und sah erst hoch, als ich unmittelbar vor ihr stand. „Ich war nur ganz kurz weg – ein Notfall“, stammelte ich, „da, eine Tierarztpraxis.“ Ich zeigte auf das messingfarbene Schild der Praxis Hasenkötter, als stände dort der Ablaß über sämtliche Sünden, die ich in den letzten zehn Jahren begangen hatte. Leider fehlte mir das passende Tier im Arm, um die Geschichte mit dem Notfall überhaupt untermauern zu können. „Es ist Ihnen doch wohl klar, daß Sie nicht mitten auf der Straße parken dürfen“, sagte die Politesse freundlich, aber bestimmt. „Unter ’mitten auf der Straße‘ verstehe ich etwas anderes“, antwortete ich unfreundlich und unbestimmt. „Der pädagogische Effekt dieses Bußgeldes ist gleich null“, fügte ich hinzu. „In einem Notfall wie diesem würde ich es immer wieder tun, in der zweiten Reihe parken, meine ich. Glauben Sie mir, ich habe mich nur ein paar Minuten drinnen aufgehalten. Ich war sehr in Eile – das kennen Sie doch sicher.“ „Ich habe Ihre Daten bereits eingegeben. Ich kann sie nun eh nicht mehr rückgängig machen“, erklärte die Knöllchenfrau und wandte sich inzwischen weiterer Arbeit zu. Wie ich dieses Argument haßte! Alles zu spät! Schon eingegeben! Nichts mehr zu machen! Pech gehabt! Hätte sie irgend etwas anderes gesagt, über die miese Finanzlage der Stadt, über einen neueingeführten Fängerbonus für Politessen, ich wäre ihr dankbar gewesen. Aber nicht dieses verdammte Schon-zu-spät-Argument! Angespannt kniff ich meinen Mund zusammen. Jetzt nur nichts sagen. Die Frau machte schließlich ihre Arbeit, wie andere Leute auch. Wahrscheinlich kniffen sich bei mir ähnlich viele Menschen den Mund zu, wenn sie mich sahen. Vielleicht, weil ihr Sohn schon wieder eine Fünf in Deutsch mit nach Hause gebracht hatte, weil ich in Geschichte regelmäßig die Hausaufgaben kontrollierte, weil ich ihre Kinder nachmittags zum Schulhofsäubern bestellt hatte. Es gab ja tausend Gründe, mich zu hassen. „Darf ich Ihnen mal eine persönliche Frage stellen?“ Ungläubig fuhr ich herum. Die Politesse war ein paar Schritte zu mir zurückgekommen. Ich war verunsichert. Es war noch nie eine Politesse ein paar Schritte zu mir zurückgekommen, um mir eine persönliche Frage zu stellen. „Sind Sie zufällig Lehrer?“ In meinem Kopf fiel eine Klappe. „Nein, ich bin in der Stadtverwaltung tätig“, brummte ich. „Der neue Dezernent für innerstädtischen Verkehr. Und ab morgen wird der Laden aufgeräumt, das kann ich Ihnen aber sagen.“ Wütend schmiß ich das in Plastikfolie eingeschweißte Knöllchen ins Auto und machte mich davon. Hundert Meter weiter fand ich einen Parkplatz, einen ganz legalen diesmal. Ich erwog, erneut auf einen Parkschein zu verzichten. Schließlich war die Politesse in die andere Richtung abgezogen. Am Ende entschied ich mich dann doch dafür. Allein die Vorstellung, daß sie gegen meine Erwartungen zurückkommen und mir mit unverhohlener Schadenfreude ein zweites Ticket verpassen konnte, hielt mich ab. Gedankenverloren schlenderte ich auf die Fußgängerzone zu und überlegte, wie ich Alexa jetzt am besten erreichen konnte. Einen Moment lang hielt ich es für möglich, daß sie zu meiner Wohnung gefahren war und wir uns unglücklich verpaßt hatten. Doch dann wurde mir klar, wie unwahrscheinlich das war. Ich glaubte nicht, daß Alexa nach dieser Sache den ersten Schritt tun würde. Also würde ich mich auf den Weg zur nächsten Telefonzelle machen und von dort aus versuchen, sie telefonisch zu erreichen. Unterwegs schlenderte ich an einem Juweliergeschäft vorbei und betrachtete die Auslagen. Eheringe waren ausgestellt. Heiratete man überhaupt im Herbst? Ich hatte den Eindruck, daß die ganze Welt im Sommer heiratete, so daß zwischen Mai und August die Zeitung überschwemmt war mit originellen „Wir trauen uns“ – Anzeigen. Manchmal amüsierte ich mich auch vor den Schaufenstern der Fotogeschäfte, wo in dieser Zeit spaßige Bilder von Hochzeitspaaren hingen. Er in einem Cabrio und sie verkrampft lachend auf der Motorhaube oder beide versonnen unter einer Eiche. Der Herbst war wohl keine gute Jahreszeit zum Heiraten, eher zum Trennen, so daß man dann bis zum Frühling über Rainer Maria Rilkes Klassiker nachdenken konnte. Ich löste mich von den Eheringen und kam an einer Eisdiele vorbei, die der aufkommenden Kälte trotzte. Als ich endlich auf eine Telefonzelle zustrebte, raschelten ein paar riesige Ahornblätter unter meinen Füßen. Sie waren so groß wie Klodeckel und sahen wunderschön aus. Ich hob eins auf und nahm es mit in die Telefonzelle. In Alexas Wohnung meldete sich niemand. Auf ihrem Handy hatte ich es nur mit der Box zu tun. Ich sagte Alexas Stimme, daß ich sie gerne sprechen wolle, und legte auf. Als ich die Tür der Telefonzelle wieder öffnete, hätte ich beinahe jemanden umgerannt. „Was machst du denn hier?“ „Alexa! Ich suche dich, und du?“ „Ich wollte mal eben anrufen. Mein Handy hat keinen Saft mehr.“ „Wen wolltest du denn sprechen?“ Als wir uns küßten, kam uns das Ahornblatt in die Quere. Wir küßten uns sozusagen durch das Laub, und irgendwie schmeckte der Kuß ausgesprochen nach Herbst. 6 Als wir versöhnt und zerwuselt in Alexas Wohnung eine Tasse Kaffee tranken, kamen wir sofort auf das Thema Elmar. Alexa sprach Gott sei Dank ganz unverkrampft darüber. „Ich hoffe, daß sich bald irgendwelche Hinweise auftun, die Elmar entlasten“, seufzte sie. „Elmar steht unter erheblichem psychischen Druck. Er leugnet die Streitereien mit seinem Onkel keineswegs und tut damit alles, um sich selbst zu belasten. Außerdem behauptet er ja selbst, es sei niemand mehr auf dem Hof gewesen. Kein Wunder, daß die Polizei sich da an ihm festbeißt.“ „Aber die eine Zeugenaussage der Nachbarin ist ein bißchen wenig, um Elmar tatsächlich festnehmen zu können“, warf ich ein, „zumal die ja gar nicht Elmar direkt belastet. Oder hat diese Frau Wiegand ausgesagt, daß sie seine Stimme erkannt hat?“ „Nein, das wohl nicht“, murmelte Alexa, „aber trotzdem wäre es gut, wenn die Sache vom Tisch käme. Es ist schließlich schlimm genug, einen Todesfall in der Familie zu haben. Noch schlimmer ist es, wenn man falschen Verdächtigungen ausgesetzt ist. Außerdem ist Elmar wegen der Sache mit Anne noch angespannt genug.“ „Welche Sache mit Anne?“ „Habe ich das noch gar nicht erzählt?“ Das liebte ich an Alexa. Ihre bruchstückhaften Darstellungen, die wiederum auf Dingen basierten, die sie vergessen hatte, mir zu erzählen, wobei ihr im selben Augenblick aber noch ein wichtiges Detail einfiel, das zwar nur sehr assoziativ zum Thema paßte, aber trotzdem unbedingt raus mußte. „Anne ist doch Elmars Freundin. Zumindest ist sie es gewesen, bis es auf dem Hof zum großen Krach kam.“ „Was für ein Krach? Wer gegen wen?“ „Elmars Onkel mischte sich ständig in die Beziehung ein, nörgelte herum und machte den beiden das Leben schwer. Anne sei als Bäuerin gänzlich ungeeignet, behauptete er, und nutzte jede Gelegenheit, um sie bloßzustellen. Anne hatte verständlicherweise irgendwann die Faxen dicke und stellte Elmar vor die Entscheidung: Entweder wir bleiben zusammen, aber woanders, oder ich bin weg. Elmar war natürlich hin- und hergerissen. Schließlich hängt man als Bauer ganz besonders an seinem Beruf. Auf der anderen Seite wollte er Anne nicht verlieren. Das war dann auch der Anlaß, mich anzurufen und mich um Rat zu bitten.“ „Wie hat er sich entschieden?“ „Anne hatte vorgeschlagen, sich drei Wochen nicht zu sehen und in Ruhe über die Sache nachzudenken. Die drei Wochen sind übermorgen rum.“ „Oh nein!“ „So ähnlich...


Kathrin Heinrichs wurde 1970 in einem sauerländischen Dörfchen geboren und studierte in Köln Germanistik und Anglistik. Die Autorin und Kabarettistin lebt heute mit ihrer Familie in Menden.



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