Heinrichs | Sau tot | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 204 Seiten

Reihe: Sauerlandkrimi und mehr

Heinrichs Sau tot

Vincent Jakobs' 5. Fall
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-934327-20-7
Verlag: BLATT-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Vincent Jakobs' 5. Fall

E-Book, Deutsch, Band 5, 204 Seiten

Reihe: Sauerlandkrimi und mehr

ISBN: 978-3-934327-20-7
Verlag: BLATT-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als Ex-Kölner Vincent Jakobs an einer Treibjagd teilnimmt, macht er eine grausige Entdeckung: Unter einem Hochsitz mit der Parole 'Jäger sind Mörder' liegt eine Leiche. Die Tat militanter Jagdgegner oder eine geschickte Inszenierung? Um den Fall zu lösen, muß sich Vincent diesmal durchs sauerländische Unterholz schlagen ...
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5 Die Idee stammte natürlich von Alexas Vater persönlich. Offiziell waren wir mit Süffel unterwegs. Der Gute hatte immerhin während des gesamten Mittagessens brav im Flur gewartet. Jetzt brauchte er Bewegung. Warum dann nicht im Revier von Richard Waltermann, hatte mein Schwiegervater unschuldig gefragt. „Jetzt will ich es doch wissen“, waren seine Worte gewesen, „wie groß der Acker ist und ob an der Summe wirklich was Reales dran sein kann.“ „Klar“, hatte ich fröhlich retourniert, „irgendwo müssen die 3000 Euro ja vergraben sein. Und vielleicht auch noch das Motiv für einen Mord.“ Schwiegervaters grüner Kombi hatte uns dann zielstrebig in die richtige Gegend gebracht. Die Straßen waren nach wie vor frei. Daher stellten die ersten fünf Kilometer auch wirklich kein Problem dar. Erst als wir mit dem Auto in einen Wirtschaftsweg einbogen, wurde es auf Anhieb glitschig. Alexas Vater ließ sich davon nicht beeindrucken. Mit Schwung nahm er eine Steigung und ließ sich auch nicht vom Glitzern des Eises irritieren, das sich in der hin und wieder aufblitzenden Sonne zeigte. In den Kurven rutschten wir gelegentlich ein wenig aus der Bahn, aber Schwiegervater verfügte über die Souveränität des gebürtigen Sauerländers, für den kein Weg zu eisig, keine Schneewehe zu hoch und kein Sommerreifen zu abgefahren ist. Schließlich hielt er in einer provisorischen Haltebucht – oder besser er parkte im Graben, so daß ich, als ich die Tür öffnete, praktisch in einem Schneehaufen stand. Offenbar waren wir von einer ganz anderen Seite an Waltermanns Revier herangefahren. Die Treibjagd hatte am Tag zuvor im entgegengesetzten Zipfel des Waldes begonnen. Süffel freute sich wie ein König, als er aus dem Kofferraum befreit wurde. Vielleicht erkannte er das weitläufige Aroma von abtransportierten Jagdopfern wieder, auf jeden Fall war er vollends aus dem Häuschen. Es war eine Schande, daß ich ihn nicht von der Leine lassen konnte, aber das Risiko war mir zu groß. Auf eine weitere Suchaktion mit unbestimmtem Ausgang hatte ich wirklich keine Lust. Auf unserem Spaziergang durch den Wald zeigte mir mein Schwiegervater eine Fuchsfährte, die sich phantastisch auf dem Schnee abzeichnete. Mit etwas Suchen fanden wir auch den passenden Bau. Außerdem hörten wir eine außergewöhnliche Vogelstimme. Eigentlich also ein wunderbarer Spaziergang zum Thema Sauerländische Fauna und Flora zu Zeiten eisigen Schneefalls, wenn sich der Schnee nicht schon nach fünf Minuten durch meine Schuhe gefressen und meine Füße in einen Schockzustand versetzt hätte. Wahrscheinlich reichte ein Fitzelchen des weißen Matsches, um sie an den unseligen Tag der Treibjagd zu erinnern. Auf jeden Fall war ich ganz dankbar, als wir endlich den Waldrand erreichten, wo sich der Blick auf eine riesige Landwirtschaftsfläche eröffnete. Von Schaden war natürlich jetzt nicht mehr ein Funke zu sehen. Ein überschneiter Acker, aus dem hier und da ein bißchen braune und matschige Erde herauslugte. Nichts weiter! Mein Schwiegervater aber in seinen gefütterten Gummistiefeln war richtig aufgeregt und wühlte mit den Stiefeln am Ackerrand herum. „Weizen“, erläuterte er, als hätte ich jemals danach gefragt. „Ich hätte ja auf Mais getippt, aber hier hat Weizen gestanden. Das macht die Sache tatsächlich teurer. Nehmen wir an, daß zwei Hektar verwüstet waren. Pro Hektar 40 Doppelzentner Ernteverlust. 40 Euro kostet der Doppelzentner. Ja, da kommt man mit der Summe tatsächlich hin.“ Emsig marschierte Hans Schnittler jetzt ein wenig am Acker entlang. „Von dort hinten müßten sie reingekommen sein. Ich frag’ mich, warum der Waltermann keinen Stromzaun angebracht hat. Damit hätte er die Rotten doch abhalten können.“ Ich nickte. Schließlich war ich Landwirtschaftsexperte. Zumindest hielt mein Schwiegervater mich dafür. „Aber vielleicht war im Herbst ein Zaun da, der inzwischen abgebaut ist. Natürlich gehen die Schweine oft genug über den Draht drüber, man kennt das ja schließlich.“ Ich persönlich kannte das nicht, aber wen kümmerte das? „Die Frage ist nur: Hat auch der Bauer etwas getan, um den Schaden zu verhindern? Immerhin ist das ja hier hochbrisantes Gebiet.“ Hochbrisant. Sah man dem Acker auf den ersten Blick gar nicht an. „Von drei Seiten vom Wald eingeschlossen. Da muß man mit Wildschweinen rechnen.“ Hans Schnittler ließ noch einmal seinen Blick schweifen. Dann war er zufrieden. Ich nickte ihm aufmunternd zu. Hauptsache, meine Füße kamen bald ins Trockene. Der Weg zurück zum Auto erschien mir kürzer als der Hinweg. Zehn Minuten und Schwiegervaters Auto war bereits in Sicht. Süffel kam wieder hinten ins Auto, wo er den Kofferraum des Kombis vollsauen konnte. Ich selbst kletterte durch den Schneehaufen hindurch und ließ mich dankbar auf dem Beifahrersitz nieder. Noch während ich an der Heizungsregulierung herumfummelte, hörte ich das Durchdrehen der Reifen. „Etwas unglücklicher Untergrund“, kommentierte mein Schwiegervater. Er fand immer so treffende Umschreibungen. Schon wieder drehten die Räder durch. Dabei machte Hans das nicht ungeschickt. Dieses stetige Drehen des Lenkrads und das sachte Gasgeben machten sicher einen Sinn. Trotzdem bewegte sich der Wagen keinen Millimeter vor oder zurück. „Soll ich anschieben?“ fragte ich mit wenig Überzeugung. Insgeheim hoffte ich auf die Antwort, Schwiegervater zöge nur geschwind die Schneeketten auf, doch konnte davon keine Rede sein. Er hatte gar keine im Auto. Daß ich anschiebe, hielt Alexas Vater indes für eine prima Idee. Es ist übrigens phantastisch, wenn man anschieben soll, ohne selbst irgendeinen Halt zu haben. Zum einen stand ich zwischen Graben und Schneehaufen, zum anderen hatten meine Sonntagsschühchen die Griffigkeit eines Luftballons und konkurrierten daher mit Schwiegervaters Reifen um die Wette. Folglich simulierte ich nur, ich würde den Wagen anschieben, während ich in Wahrheit an der Stoßstange hing wie ein wagemutiger Skateboardfahrer. Der Höhepunkt der Aktion war erreicht, als ich dank eines Ausrutschers ins Schleuderfeld eines Hinterrades geriet und durch den durchdrehenden Reifen wie von einer Schneekanone eingeseift wurde. Von oben bis unten mit Schneematsch eingesaut konnte dieser Sonntag nur noch besser werden. Selbst Süffel hatte bei seinem Blick durch die Rückscheibe etwas Mitleidvolles in den Augen. „Klappt wohl nicht so richtig“, tönte mein Schwiegervater aus dem geöffneten Fenster der Fahrertür heraus. „Nicht so richtig, du hast recht“, stieß ich aus der Ansammlung von Schnee hervor, die mein Gesicht getroffen hatte. Mein Schwiegervater bereicherte den Spaßgehalt der Situation noch, indem er die Autotür öffnete, im Sitzen ein Bein nach draußen setzte und auf diese Weise versuchte, beim Anschieben nachzuhelfen. Der Effekt war ungefähr so, wie wenn man versucht, mit bloßen Händen ein Wohnhaus wegzuschieben. „Hat wohl keinen Zweck“, sagte er irgendwann ärgerlich und machte unverhofft den Motor aus. „Und jetzt?“ murmelte ich und begann, mit der rechten Hand mein Gesichtsfeld freizuschaufeln. „Da muß uns einer rausziehen“, knurrte mein Schwiegervater sauer, ganz so, als hätte sich der Wagen allein aufgrund meiner Anwesenheit festgefahren. „Rausziehen?“ wiederholte ich stupide und klopfte mißmutig an meiner Jacke herum, „an wen denkst du denn da?“ „Na, an den Bauern natürlich.“ Der Bauer natürlich. Ich hielt einen Moment inne. Dann warf ich einen Blick auf die Reifenspuren im Matsch. Wieviel kostete solch ein Grabenschaden wohl? Unter 2000 Euro kamen wir bei den hiesigen Preisen sicher nicht weg. 6 Der Hof, den wir nach kurzem Fußmarsch erreichten, war recht groß und ausgesprochen gut in Schuß. Aus einem Stall war das Geräusch von quiekenden Schweinen zu hören, ansonsten lagen die Gebäude in märchenhafter Ruhe im Schnee. Noch bevor wir das Wohnhaus erreicht hatten, öffnete sich die Haustür und ein älterer Mann kam heraus. Er schien über achtzig zu sein, hatte eine dicke Wolljacke an und schlurfte uns mit schlecht rasiertem Gesicht entgegen. „Schönen Tach auch“, grüßte mein Schwiegervater aufgeräumt. Kein Wunder bei dem Anliegen, das er in der Tasche hatte. Der Alte hielt seinen Kopf schief. Ganz offensichtlich war er schwerhörig. „Guten Tag!“ brüllte ich daher mit allem, was meine Stimmbänder in der Kälte hergaben. Der Alte nickte griesgrämig. Immerhin schien er uns verstanden zu haben. „Lausiges Wetter, woll?“ brüllte mein Schwiegervater gesellig. „Muß sein“, brummte der Alte, mehr zu sich selbst als zu uns. „Anders geht das Kröppzeug nich’ kaputt.“ „Kröppzeug?“ Ich sah meinen Schwiegervater fragend an. Wieder so eine sauerländische Vokabel. Unübersetzbar wahrscheinlich. „Wir haben uns festgefahren“, überging Hans Schnittler meinen Blick und brüllte wieder Richtung Bauernsenior. „Hinten am Hittenkamp. Ich glaube, ohne Hilfe kriegen wir den Wagen nicht raus.“ „Festgefahr’n“, wiederholte der Bauer monoton. Ich stutzte einen Augenblick. Würde sich...


Kathrin Heinrichs wurde 1970 in einem sauerländischen Dörfchen geboren und studierte in Köln Germanistik und Anglistik.
Die Autorin und Kabarettistin lebt heute mit ihrer Familie in Menden.



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