Hellmich Aufklärende Rationalisierung
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-428-53906-2
Verlag: Duncker & Humblot
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Ein Versuch, Max Weber neu zu interpretieren
E-Book, Deutsch, Band 107, 278 Seiten
Reihe: Erfahrung und Denken
ISBN: 978-3-428-53906-2
Verlag: Duncker & Humblot
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Die Studie versucht, anhand ausgewählter Texte und Textpassagen Weber in neuer Weise zum Sprechen zu bringen. Weber wird als ungemein vielseitiger, offener, auch widersprüchlicher, 'antisystemischer' und den Phänomenen zugewandter Denker porträtiert, der auf die Umbrüche der Zeit reagiert. Mit einem Begriff aus der Musikwissenschaft lässt sich sein Denken als 'polyphon' charakterisieren. Es ist ein Denken, das Vielfalt und Differenz als Bereicherung ansieht, das Spannungen und Widersprüche nicht aufzulösen versucht, sondern zulässt, anerkennt, das eine Haltung der Toleranz begünstigt.
Im Mittelpunkt bei Weber steht das Phänomen der Rationalisierung, deren einseitiges und zweckorientiertes Verständnis er zu erweitern, 'aufzuklären' versucht. Weber thematisiert die Janusköpfigkeit der zeitgenössischen Rationalisierung, ihre destruktive Potentialität, hält gleichwohl daran fest, weil Rationalisierung materiellen und kulturellen Reichtum bedeutet. Er lenkt allerdings die Aufmerksamkeit auf den Preis, der für Einseitigkeit gezahlt werden muss.
Interpretiert werden Passagen der Religionssoziologie, die berühmten Vorträge, 'Wirtschaft und Gesellschaft', die Musiksoziologie. Sie wird als eine Verfallstheorie der Rationalisierung gedeutet. Es herrscht ein 'Krieg der Töne'. Webers Rationalitäts- und auch seine Wertetheorie können als 'Philosophie' betrachtet werden, deren Merkmal der Pluralismus ist. In seinem Briefwerk findet sich eine 'Minissima Moralia', eine 'kleinste Moraltheorie'. Es werden die engen Verbindungen zu Denkmotiven des (amerikanischen) Pragmatismus aufgezeigt: Weber, so lautet die These, ist ein 'Would-Be-', ein 'Wäre-Beinahe-Pragmatist'.
Ein Thema für sich ist Webers Sprache, die zahlreiche Metaphern enthält. An ihnen lässt sich eine Substruktur seines Denkens ablesen, die Auskunft darüber gibt, wohin nach Weber der Weg in die Zukunft führt.
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Einleitung: Max Webers 'polyphones' Denken
1. Aufklärende Rationalisierung I.
Zu einem Motiv des Denkens
Begriff der Aufklärung – Licht, Schatten, Blendung – Wider den Substantialismus – 'Versachlichung' der Philosophie – Antinormativer Normativismus – Die Eröffnung von Möglichkeitshorizonten – Lernen für die Zukunft – Übergang: zum weiteren Vorgehen
2. Aufklärende Rationalisierung II.
Zum Erfahrungshintergrund des Denkens
Polytheismus – Entzauberung und Sinnkrise – Die 'Lieblosigkeit' der modernen Welt – Eine alternative 'Systematik' – Der Intellektuelle als tragische Gestalt – Die 'metaphysischen Bedürfnisse des Geistes' – Defizite der Sinnkrisendiagnose – Sinnbegriffe – Die Präsenz Nietzsches – Das Zeitalter des Zählens und Messens – 'Desillusionsprosa': der Einfluss von Lukács – Kritik der 'vollendeten' Vernunft: Hegel
3. Pluralismus der Rationalität. Die erste Konsequenz
Vernunft und Rationalität – Theorie der Rationalität – Die vermeintliche Präferenz für Zweckrationalität – Ein wertrationaler Begriff von Zweckrationalität – Die Rationalität emotionalen und traditionalen Handelns – Die Vielfalt rationalen Handelns
4. Pluralismus der Werte. Die zweite Konsequenz
Wertbegriff und philosophischer Kontext – Auf dem Weg zu einer eigenen Position – Überlegungen zu einer Theorie der Werte: allgemein/konkret – Das diskursive Arrangement mit Wertekonflikten
5. 'Krieg der Töne' oder Die Geburt der Rationalisierung aus dem Geist der Musik
Das eigentliche Thema: Rationalisierung – Rationalisierung: eine Kategorie des Unbehagens – Rationalisierte Musik als Zeichen des Verfalls – Die Entdeckung der Rationalität im Irrationalen – Dialektik der Rationalisierung – Musik und Heilsgeschehen – Fortschritt in der Musik und die Regression des Hörens – Rebellische Töne: der Einfluss der Musikethnologie – Webers Irrtum: Kreativität statt 'Untergang'
6. Minissima Moralia. Zur Kritik des 'parzellierten Menschentums' in den Briefen
Die Briefe – Ethik vs. Moral: zum Sprachgebrauch – Moralische Reflexionen: fünf Diskursfelder – Die potenzierte Parzellierung
7. Weber The Would-Be Pragmatist. Untersuchung einer 'Wahlverwandtschaft'
Zum Begriff der 'Wahlverwandtschaft' – Das Erzählen einer 'lehrreichen Geschichte' – Peirce, Dewey, Schiller und James' 'Anti-Philosophie' – Eine neue Fundstelle – James und Weber: vergleichende Textstellenanalyse – Das pragmatistische Fundament der Soziologie – 'Nichtphilosophische Philosophie' im Objektivitätsaufsatz – Amerika als ein Fixpunkt des Denkens – Ein Pragmatist vor dem Pragmatismus
8. Blendwerke der feinen Verführung. Max Weber über die Zukunft
Die Metapher als 'Substruktur des Denkens' – Metaphernbeispiele – Zur Theorie der Metapher – 'Moderne' oder 'Zukunft'? – Begriff der Zukunft – Was heißt 'empirisch'? – Zukunftserwartungen – Die ewige Wiederkunft des Gleichen
Abkürzungen und Zitierweise
Literatur-, Namens- und Sachwortverzeichnis