Buch, Deutsch, 274 Seiten, Format (B × H): 143 mm x 214 mm, Gewicht: 352 g
Fritz W. Scharpf im Gespräch
Buch, Deutsch, 274 Seiten, Format (B × H): 143 mm x 214 mm, Gewicht: 352 g
ISBN: 978-3-593-50796-5
Verlag: Campus
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Verwaltungswissenschaft, Öffentliche Verwaltung
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Demokratie
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Internationale Beziehungen Europäische Union, Europapolitik
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Systeme Politische Führung
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politik: Sachbuch, Politikerveröffentlichungen
Weitere Infos & Material
Inhalt
Vorwort 7
Lebenslauf Fritz W. Scharpf 9
Fritz W. Scharpf im Gespräch 15
Ausgewählte Aufsätze aus den Jahren 1972 bis 2010 97
1 Komplexität als Schranke der politischen Planung (1972) 99
2 Organisationsprobleme interdisziplinärer Studiengänge: Sozialwissenschaftliche Fakultät und Verwaltungsstudium (1968-1973) (1977) 131
3 Theorie der Politikverflechtung: ein kurzgefaßter Leitfaden (1978) 141
4 Politische Planung zwischen Anspruch und Realität: Nachtrag zu einer Diskussion (1979) 153
5 Plädoyer für einen aufgeklärten Institutionalismus (1985) 165
6 Politische Steuerung und politische Institutionen (1989) 171
7 Mehrebenenpolitik im vollendeten Binnenmarkt (1994) 187
8 Nationale Demokratie im internationalen Kapitalismus (1999) 215
9 Sozialstaaten in der Globalisierungsfalle? Lehren aus dem internationalen Vergleich (2000) 227
10 Was man von einer europäischen Verfassung erwarten und nicht erwarten sollte (2003) 245
11 Föderalismusreform: Weshalb wurde so wenig erreicht? (2006) 259
12 Solidarität statt Nibelungentreue (2010) 269
Vorwort
Fritz W. Scharpf hat mit seinen Arbeiten die Politikwissenschaft nicht nur in Deutschland nachhaltig geprägt. Seine Analysen des Föderalismus, der Arbeits marktpolitik und der Europäischen Union, seine Auseinandersetzung mit der Demokratietheorie und seine auf den gemeinsamen Arbeiten mit Renate Mayntz beruhende Ausarbeitung des akteurzentrierten Institutionalismus als Ansatz für die Analyse von Politikprozessen gehören zum Kernbestand des Faches. Noch heute ist er wissenschaftlich aktiv und hat in jüngster Zeit vor allem verschiede ne Analysen zur Eurokrise vorgelegt. Regelmäßig hat er sich auch publizistisch zu aktuellen Fragen geäußert.
Durch die Mitwirkung in verschiedenen Kommissionen seit den späten Sechzigerjahren fand seine wissenschaftliche Arbeit immer wieder Eingang in die Politikberatung. Im direkten Dialog hat sein scharfsinniger analytischer Blick Generationen von Mitarbeitern und Kollegen geholfen, gesellschaftliche Komplexität zu durchdringen und bessere Erklärungen für ihre Fragestellungen zu finden - von Luhmann in der Kontroverse auf dem DVPWKongress 1988 über Steuerungsfähigkeit als "scharpfsinnig" charakterisiert.
Auch an der institutionellen Entwicklung des Faches hatte Scharpf großen Anteil. Er hat den einflussreichen verwaltungswissenschaftlichen Studiengang an der Universität Konstanz gegründet, war Direktor am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) sowie später am MaxPlanckInstitut für Ge sellschaftsforschung (MPIfG) in Köln. Seit nun einem halben Jahrhundert gehö ren seine Schriften zu den meistzitierten in der nationalen und internationalen Politikwissenschaft. Sein enormer internationaler Einfluss zeigt sich nicht zuletzt darin, dass ihm im Jahr 2000 als erstem Europäer der renommierte JohanSkytte Preis für Politikwissenschaft verliehen wurde, der oft als NobelpreisÄquivalent für das Fach genannt wird.
Grund genug, angesichts seines jahrzehntelangen Schaffens ein Gespräch über die Entwicklung seines Denkens zu führen. Darin wird der Bogen gespannt von biografischen Eckpunkten wie der Kindheit und Jugend in Schwäbisch Hall, der Entscheidung, Jura zu studieren, der Zeit in den USA, in Konstanz, Berlin und Köln hin zur politischen Entwicklung in der Nachkriegszeit, seiner Bera
tungstätigkeit und der Entwicklung seiner wissenschaftlichen Themen. So ge winnen die Leserinnen und Leser Einblick in das Denken Fritz Scharpfs und in seinen Werdegang vor dem Hintergrund der Entwicklung der Bundesrepublik und der Europäischen Union.
Zu den Themen, die im Gespräch behandelt werden, hat Fritz Scharpf auf unsere Bitte hin aus seinem umfangreichen Werk, das seit den späten Achtziger jahren vor allem auf Englisch erschien, einige deutschsprachige Aufsätze aus gewählt, die sich nicht ausschließlich an eine reine Fachöffentlichkeit richten. Die zwölf abgedruckten Texte, die zwischen 1972 und 2010 entstanden sind, erlauben es den Leserinnen und Lesern, die inhaltliche Auseinandersetzung mit den im Gespräch aufgeworfenen Fragen zu vertiefen.
Die Idee zu diesem Band hatte Adalbert Hepp auf einer Veranstaltung des MPIfG im Jahr 2014. Nach einem ersten Gespräch mit Susanne K. Schmidt in Bremen folgten zwei lange Besuche bei Fritz Scharpf in Köln im Mai und Oktober 2015. Die Tonaufnahme des Gesprächs wurde zunächst von Ursula Meller an der Universität Bremen transkribiert. Nach verschiedenen Überarbei tungsrunden durch die Herausgeber und Fritz Scharpf lag die weitere Betreuung des Buchprojekts in Köln bei Christel Schommertz. Christina Glasmacher und Cynthia Lehmann vom MPIfG halfen bei der Recherche bibliografischer und biografischer Details, das Porträt für den Buchumschlag fotografierte Marlene Brockmann, Endredaktion und Herstellung der Druckvorlage wurden mit gro ßer Sorgfalt und Umsicht von Thomas Pott am MPIfG übernommen. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Göttingen und Bremen, im Juli 2017
Adalbert Hepp und Susanne K. Schmidt
Lebenslauf Fritz W. Scharpf
* 12. Februar 1935 in Schwäbisch Hall, verheiratet, drei Kinder
Wissenschaftlicher Werdegang
1945-1954 Gymnasium St. Michael, Schwäbisch Hall 1954-1959 Studium der Rechts und Politikwissenschaft an den
Universitäten Tübingen und Freiburg im Breisgau 1955-1956 Fulbright Stipendium zum Studium der Politikwissenschaft
an der Yale University, New Haven, Connecticut
1959 Erstes Juristisches Staatsexamen, Universität Freiburg im Breisgau, Eintritt in die SPD
1959-1964 Juristisches Referendariat
1960-1961 Studienaufenthalt an der Yale Law School, Master in Law (LL.M)
1964 Zweites Juristisches Staatsexamen und Promotion (Dr. iur.), Universität Freiburg im Breisgau
1964-1966 Assistant Professor of Law, Yale Law School, New Haven, Connecticut
1965 Visiting Assistant Professor an der University of Chicago Law School
1966-1968 Habilitationsstipendium der Deutschen Forschungs gemeinschaft (DFG), Universität Freiburg im Breisgau
1968 Ordinarius für Politikwissenschaft, Universität Konstanz 1970-1972 Kommission zur Neugliederung des Bundesgebiets 1972-1976 EnqueteKommission Verfassungsreform des Deutschen
Bundestages
1973-1984 Direktor am Internationalen Institut für Management und Verwaltung, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
1975-1980 DFGSenatskommission für die empirische Sozialforschung 1980-1984 Sachverständigenrat für Umweltfragen
1984-1986 Forschungsprofessur am Internationalen Institut für Management und Verwaltung, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
1984-1989 Programmkommission der SPD
1986-2003 Direktor am MaxPlanckInstitut für Gesellschaftsforschung (MPIfG), Köln
1986-1987 PadoaSchioppaKommission zur Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft nach Vollendung des Binnenmarktes
1987 Fellow am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences, Stanford University, California
1991-1994 Vorsitzender der Geisteswissenschaftlichen Sektion der MaxPlanckGesellschaft
1991-1995 Mitglied der Grundwertekommission im SPDVorstand 1995 Jean Monnet Professor am Robert Schuman Centre for
Advanced Studies, Europäisches Hochschulinstitut Florenz (EUI)
1995-2000 Fachkollegiat, Deutsche Forschungsgemeinschaft 1995-2001 Mitglied des Research Council, Europäisches
Hochschulinstitut Florenz (EUI)
1997-1998 Zukunftskommission der FriedrichEbertStiftung 1998 Mitglied des Internationalen Beirats des Europäischen
Zentrums für Staatswissenschaft und Staatspraxis, Berlin 1999 Forschungsaufenthalt am Robert Schuman Centre for
Advanced Studies, Europäisches Hochschulinstitut Florenz (EUI)
1999 Ehrenmitgliedschaft der British Academy
2000 Skytteanska priset (Skytteanischer Preis/JohanSkyttePreis), Universität Uppsala
2001 Forschungsaufenthalt am Institut d'Études Politiques, Sciences Po Paris
2001 Ehrenmitgliedschaft der Society for the Advancement of SocioEconomics (SASE); Mitglied des Steering Committee des Robert Schuman Centre for Advanced Studies am Europäischen Hochschulinstitut Florenz (EUI)
2002 Preis der SchaderStiftung, Darmstadt; Ehrenmitgliedschaft der American Academy of Arts and Sciences
2003 Mitglied des Kuratoriums der Hertie School of Governance, Berlin
2003 Emeritierung
2003 Verleihung der Ehrendoktorwürde der HumboldtUniversität zu Berlin
2003-2004 Mitglied der Kommission zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung
2004 Bielefelder Wissenschaftspreis im Gedenken an Niklas Luhmann (zusammen mit Renate Mayntz); Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland - Großes Verdienstkreuz
2007 Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die
Deutsche Wissenschaft; Lifetime Contribution Award in Europawissenschaften der European Union Studies Association (EUSA)
2008 Verleihung der Ehrendoktorwürde des Europäischen Hochschulinstituts Florenz (EUI)
2016 Juan Linz Prize der International Political Science Association (IPSA)
Fritz W. Scharpf im Gespräch
AH (Adalbert Hepp): Als wir Ihnen dieses Gespräch vorschlugen, reagierten Sie sehr zurückhaltend und meinten, von Interesse sei doch nur, was Sie publiziert haben. Mir scheint es hingegen nicht nur für Wissenschaftshistoriker durchaus interessant zu sein, auch über den Autor etwas mehr zu erfahren, über den biografischen Hinter- grund und zeithistorischen Kontext, der für das wissenschaftliche Werk doch keine so unbedeutende Rolle spielt.
SKS (Susanne K. Schmidt): Und es ist auch aufschlussreich, zu hören, wie Du Deine Vita im Nachhinein einordnest.
FWS: Ja, meinetwegen. Trotzdem, anders als die Werke von Künstlern, deren Verständnis vielleicht durch Kenntnis ihrer inneren Dämonen und ihrer Lebens umstände vertieft wird, müssen unsere Arbeiten sich entweder als empirische Erkenntnis oder als überzeugendes normatives Argument bewähren. Gewiss gibt es auch literarisch interessante Darstellungen der Lebensläufe von Wissenschaft lern wie Albert Einstein, Max Weber oder John Nash. Aber zum Verständnis ih rer wissenschaftlichen Arbeiten tragen diese wenig bei und die Normalbiografien unserer Kollegen sind vermutlich nicht einmal literarisch interessant. Wir lesen wechselseitig unsere Arbeiten und setzen uns kritisch mit diesen auseinander. Aber wie einer geworden ist, was er ist, das ist weder für das Publikum noch unter uns Wissenschaftlern besonders wichtig.
Biografisches
Kindheit und Jugend
AH: Nun, Sie gehören zu einer Generation, die nach dem Krieg den Wiederaufbau eines zerstörten Landes, den Neuanfang eines demokratischen Gemeinwesens zu be- wältigen hatte. Auf Menschen, die das erlebt und selbst auf die eine oder andere Weise mitgestaltet haben, richten nachfolgende Generationen in besonderem Maße ihren Blick.
FWS: Das ist für Leute zutreffend, die fünf oder zehn Jahre älter sind als ich. Ich bin zwar 1935 und damit vor dem Krieg geboren, aber aufgewachsen als Nach kriegskind. Was vor 1945 war, hat eigentlich für meine Entwicklung keine Rolle gespielt. Das ist anders bei der Flakhelfergeneration, zum Beispiel bei Habermas und Dahrendorf, die den Bruch als Bruch erlebt und daraus Konsequenzen ge zogen haben. Das ist hochinteressant. Ich bin sozusagen das erste Produkt der Reedukation. Meine ganze Sozialisation in politischen Fragen beginnt Ende der Vierzigerjahre mit dem amerikanischen Residence Officer von Schwäbisch Hall in einem wöchentlichen Diskussionskreis. Das ist etwas anderes als die Situation derer, die als Zwanzigjährige aus dem Krieg kamen.
AH: Bevor wir das vertiefen, zunächst die Frage: Welche Erinnerungen haben Sie an die Jahre vor dem Kriegsende?
FWS: Ich war am Ende des Krieges zehn Jahre alt und in unserem Dorf, das neben Schwäbisch Hall liegt, war ein Fliegerhorst. Jagdflieger. Im Wald neben dem Dorf wurden die Messerschmitt Me 262 gebaut oder jedenfalls zusammen gebaut. Das waren die ersten Düsenjäger im Zweiten Weltkrieg. Die sind bei uns erprobt und auch gegen die riesigen Bombergeschwader schon eingesetzt worden. Als die Amerikaner das 1944 entdeckten, haben sie den Flugplatz im mer wieder gebombt. Und dann wurde am Bahnhof ein kleines KZ eingerichtet und die verhungernden Häftlinge wurden jeden Tag durchs Dorf zum Flugplatz getrieben, um die Schäden auszubessern - ein Elendszug, den ich heute noch vor Augen habe.
Im letzten Teil des Krieges waren die Jagdbomber dann jeden Tag da und haben auf alles geschossen, was sich irgendwo bewegte. Am 20. April 45 wäre ich ins Jungvolk gekommen, doch am 19. kamen die Amerikaner, sodass ich mit HitlerJugend und ähnlichen Vergangenheiten nicht aufwarten kann. Aber wenn das so weitergegangen wäre, wäre ich auf jeden Fall erst mal Jagdflieger ge worden. Mein Rektor in der Schule wollte mich schon für die Napola anmelden, doch mein Vater hat das mit einem absoluten Veto verhindert.
Während gegen Kriegsende die erschöpften deutschen Soldaten sich auf ihrem Rückzug durchs Dorf schleppten, wurden die Hitlerjungen noch zum Volkssturm requiriert. Am Schluss zogen auch die ganz jungen noch in das nahe Waldgebiet, um dort als Werwölfe hinter der Front zu kämpfen. Mein Vater ist ihnen nachgefahren und hat mit der Pistole in der Hand den Anführer gezwun gen, die Buben wieder nach Hause zu lassen. Woher er die Pistole hatte, weiß ich nicht mehr. Im letzten Teil des Krieges leistete die SS in unserer Gegend noch heftigen Widerstand und wie viele andere wurde auch unser Dorf in den Kämpfen fast ganz zerstört.
AH: Also Ihr Elternhaus war sozusagen nicht gleichgeschaltet?
FWS: Nein, nein. Mein Elternhaus war pietistisch und schon seit den späten Zwanzigerjahren gegen die Ideologie der Nazis eingestellt.
AH: Welche Funktion hatte Ihr Vater, dass er mit der Pistole irgendeinem Anführer drohen konnte?
FWS: Er war Gärtnermeister und hatte eine Gärtnerei. Er war vom Kriegsdienst befreit, ukgestellt (Unabkömmlichstellung), wie das hieß, weil die Versorgung des Flugplatzes und der für den Flugplatz arbeitenden Zivilbevölkerung als kriegswichtig eingestuft wurde.
AH: Als dann die Amerikaner gekommen waren, haben Sie das als einen großen Lichtblick empfunden damals oder waren Sie eher traurig, dass Sie nicht auch in den Wald ziehen konnten?
FWS: Nein, das war dann auf andere Weise spannend. Als sie kamen, sprangen sie über den Zaun der Gärtnerei mit so einer eleganten Flanke, die waren bestens in Form. In ihren intakten Uniformen waren die jungen strammen Menschen im Vergleich zu den erschöpft abziehenden Deutschen wirklich eindrucksvoll. Und an die Kinder haben sie HersheySchokolade verteilt. So haben eben die Kinder nun die andere Seite interessant gefunden.
AH: Also, Sie haben das eher als Befreiung empfunden?
FWS: Nein.
AH: Weder noch?
FWS: Es war ein fortlaufendes Abenteuer für Neun bis Elfjährige. Die Erwach senen waren völlig beschäftigt, hatten ungeheuer viele Sorgen, und die Kinder hatten ihre Spielräume.
AH: Wenn der Vater Gärtnermeister war, dann war er wohl kein Akademiker?
FWS.: Nein.
AH: Er hat aber den Sohn aufs Gymnasium geschickt?
FWS: Ja, aber mit viel Widerstreben.
AH: Von Ihnen?
FWS: Nein, nein. Von ihm. Er wollte auf jeden Fall, dass seine drei Söhne - ich war der älteste - die Gärtnerei weiterführen. Sie sollten alle Gärtner werden. Doch unsere Mutter hat mit Unterstützung der Lehrer durchgesetzt, dass wir alle erst mal aufs Gymnasium kamen. In meiner Volksschulklasse war ich der einzige, der aufs Gymnasium kam. Da musste man nach Schwäbisch Hall, das waren so vier Kilometer Fußweg. Aber der Kompromiss, den der Vater akzeptiert hat, war, dass mit der Mittleren Reife dann Schluss sei, dass dann die Gärtnerlehre kommen würde und damit die richtige Praxis. Mein Vater war hochintelligent und gebildet als Autodidakt, aber er hielt von Akademikern überhaupt nichts. Sie verstanden von der Welt nichts, redeten nur geistreich daher und richteten lauter Unsinn an. Und es war ein großer Kampf, ehe ich weiter auf der Schule bleiben konnte. Meine beiden Brüder sind nach der Mittleren Reife raus und haben dann die Gärtnerlehre gemacht. Ich als ältester konnte entwischen, weil es ja noch zwei andere gab.
AH: Sie wollten also unbedingt durchmachen bis zum Abitur?
FWS: Auf jeden Fall. Nicht Gärtner zu werden, sagen wir mal so, das war mein starker Wille.
AH: Und nach dem Abitur war die Entscheidung, zu studieren, ganz klar und wur- de das dann unterstützt?
FWS: Also, da hatte der Vater schon kapituliert und nicht mehr widersprochen. Für mich war es schon klar, dass ich dann studieren wollte.
AH: Haben Sie denn aus der Schulzeit einen Lehrer in Erinnerung, der für Sie sehr wichtig war, um Sie für die Dinge, die dann später kamen, zu interessieren? Oder kam das erst mit dem Studium?