Heuwinkel | Community-based Tourism | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 201 Seiten

Heuwinkel Community-based Tourism

Gemeinschaft, Kultur und Tourismus
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-381-10383-6
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Gemeinschaft, Kultur und Tourismus

E-Book, Deutsch, 201 Seiten

ISBN: 978-3-381-10383-6
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Tourismus und Gesellschaft verantwortungsvoll gestalten Ebenso wie Gesellschaft und Gemeinschaft verändert sich der Tourismus. Globale Krisen, schwindende Ressourcen und veränderte Anforderungen an das Reisen motivieren zum Umdenken. Und: Auch die Bevölkerung vieler Urlaubsregionen möchte Tourismus mitgestalten und von diesem profitieren. Der Community-based Tourism wird als Gegenpol zum Massentourismus beschrieben. Kerstin Heuwinkel stellt das spannende Konzept sowie konkrete Formen in ihrem Buch vor und zeigt Möglichkeiten sowie Grenzen auf. Eine zum Nachdenken anregende Lektüre für Studierende der Tourismus- und Sozialwissenschaften, für die Praxis, NPOs und NGOs sowie für Reisende.

Dr. Kerstin Heuwinkel ist Professorin an der htw saar, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes. Sie lehrt nachhaltiges Tourismusmanagement, Tourismussoziologie und Kulturmanagement.

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3.2 Kultur
Kultur ist seit langem ein zentraler Leitbegriff in den Sozial- und Geisteswissenschaften und findet in den Wirtschaftswissenschaften ebenfalls seit Jahren eine große Aufmerksamkeit, beispielsweise im Kontext von Unternehmenskulturen oder interkultureller Kommunikation und ihrer Relevanz für Wirtschaftsbeziehungen. Wenig überraschend wird der Begriff Kultur sehr unterschiedlich verwendet und bezogen auf den Tourismus finden sich Beispiele wie Kulturlandschaft, Kulturtourismus, Reisekultur oder Kulturfestival. Bei den genannten Beispielen ist der Bezug zum Tourismus offensichtlich. Ergänzend spielen indigene Kulturen eine wichtige Rolle, wenn es um die Kreation von Erlebnissen geht. Der wissenschaftliche Umgang mit Kultur stellt eine Herausforderung dar, da bereits bei der Klärung des resp. der Kulturbegriffe beginnt. Scherle et al. (2024) verweisen auf eine Vielzahl von Dichotomien im Bereich der Kultur. So wird erstens Kultur der Natur gegenübergestellt. Von Menschen geschaffene Bauwerke werden von natürlichen abgegrenzt. Zu fragen ist hier, ob Menschen kein Teil von Natur sind bzw. was unter Natur verstanden werden muss, um Menschen aus dieser auszuschließen. Zweitens werden vornehmlich positiv bewertete Hochkulturen von negativ besetzter Massen- und Populärkultur abgegrenzt. Diese Gegenüberstellung findet sich sowohl zwischen einzelnen Bereichen – Oper versus Musical – als auch innerhalb der Bereiche – Slow Food versus Fast Food. Ein Blick in einzelne Bereiche macht deutlich, wie sehr die Zuordnung und Wertung von gesellschaftlichen Zuständen abhängig ist. Prominente Beispiele sind der Jazz und Graffiti. So verändert sich die Bewertung der genannten Bereiche nicht nur im Laufe der Zeit, sondern auch in Abhängigkeit von der Gesellschaft. Während Graffiti in vielen Ländern inzwischen als Kunstform akzeptiert und ausstellungstauglich ist, gilt es in Spanien weiterhin als strafbar und gesellschaftlich unerwünscht. Eine dritte Unterscheidung bezieht sich auf das geistig-intellektuelle versus das materiell-technologische Verständnis von Kultur. Während erstes positiv bewertet wird, gilt die zweite Form als eine zweckgerichtete und sinnentleerte Form. Kulturelle Beschreibungen gehen oft einher mit Vorstellungen und Wertungen des Globalen Nordens. Bourdieu (1987) erklärt mit dem Konzept des kulturellen Kapitals, dass und wie Kultur (in unterschiedlichen Formen, vor allem als Bildung, erlernte Verhaltensweisen und Objekte) eine Distinktion ermöglicht. Die verwendeten Begriffe können zur Abgrenzung eingesetzt werden, da sie die Existenz von Unterschieden suggerieren und manifestieren. Der enge Begriff von Kultur ist außerdem mit der Annahme stabiler und einheitlicher Strukturen sowie einer Unveränderlichkeit von Normen, Werten und Rollen als zentralen Elementen von Kultur verbunden. Wertewandel und Rollenspiel belegen das Gegenteil und sie zeigen, dass Kultur nicht losgelöst von menschlichem Handeln betrachtet werden sollte. Zusammenfassend hat der Kulturbegriff im engen Verständnis lange Zeit als Möglichkeit zur Abgrenzung (Distinktion) und damit verbunden einer Ausgrenzung gedient. Ein wichtiges Element im Zusammenhang mit einer Öffnung des Kulturbegriffs ist der cultural turn. Dieser beschreibt einen Paradigmenwechsel innerhalb verschiedener Wissenschaften mit der Konsequenz, dass nicht mehr nur von einem engen, starren Kulturbegriff, sondern von Kulturbegriffen gesprochen wird (Lackner & Werner, 1998). Im Vordergrund stehen Lebensäußerungen von Menschen in unterschiedlichen Kontexten – sowohl das Suchen von Ostereiern im Garten als auch der Besuch der Aufführung von Mozarts Requiem in Wien oder ein Technofestival in Berlin gehören dazu. Kultur wird durch menschliches Handeln bestätigt und geschaffen, wobei bereits existierende kulturelle Praktiken als Orientierung dienen. „Demzufolge wird Kultur als der von Menschen erzeugte Gesamtkomplex von Vorstellungen, Denkformen, Empfindungsweisen, Werten und Bedeutungen aufgefasst, der sich in Symbolsystemen materialisiert. Einer solchen Begriffsbestimmung zufolge sind nicht nur materiale (z. B. künstlerische) Ausdrucksformen zum Bereich der Kultur zu zählen, sondern auch die sozialen Institutionen und mentalen Dispositionen, die die Hervorbringung solcher Artefakte überhaupt erst ermöglichen.“ (Nünnig, 2009, o. S.) Seit den 1990er-Jahren hat sich ein Kulturbegriff durchgesetzt, der umfassender und inklusiver ist bzw. wird von mehreren Kulturbegriffen in Abhängig von Disziplin und Kontext ausgegangen (? Zitat). Im Mittelpunkt steht ein umfassendes Verständnis für menschliches Verhalten und Lebensäußerungen im Alltag, in der Freizeit und auf Reisen. Kultur ist als Prozess zu konzeptualisieren, der von menschlichen Handlungen abhängt und durch sie Bedeutung erlangt (Sarma, 2012). Diese sind nie als etwas absolutes, sondern als dynamisches Element zu sehen, das idealerweise nicht bewertet werden sollte. „Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schliesst nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“ (Deutsche UNESCO-Kommission, 1983, S. 121) „Culture is the fabric of meaning in terms of which human beings interpret their experience and guide their action; social structure is the form that action takes, the actually existing network of social relations. Culture and social structure are then but different abstractions from the same phenomena.“ (Geertz, 1973, S. 145) Die Erweiterung des Kulturbegriffs beeinflusst das Verständnis interkultureller Begegnungen (zwischen Ländern) um transkulturelle Begegnungen (innerhalb von Ländern). Wie schon Simmel (1992) beschrieb, findet eine Begegnung mit dem Unbekannten statt, wobei das Fremde immer subjektiv und in Abhängigkeit von Aspekten wie Gruppenzugehörigkeit und Stärke der eigenen Identität konstruiert wird. Auswirkungen von Begegnungen zwischen Kulturen werden in unterschiedlichen Modellen (Thiem, 1994), u. a. unter dem Begriff der Akkulturation (? Box: Akkulturation) beschrieben. Wissen ¦ Akkulturation   Akkulturation beschreibt die Übernahme und Aneignung kultureller Elemente aus einer anderen Kultur durch persönliche Begegnungen. Steigende räumliche Mobilität, z. B. durch Migration und Tourismus erhöht die Kontakte. Neben Normen, Werten und Deutungsmustern werden ebenfalls Verhaltensweisen übernommen und die eigenen werden abgeändert. Akkulturation hat mehrere Ausprägungen. Im unterschiedlichen Maße werden kulturelle Praktiken beibehalten, variiert oder auch neue Formen übernommen (Berry, 2017). Kultur und Wirtschaft Kultur hat neben der sozialen Dimensionen, die sich in Distinktion und Begegnung zeigen, ebenfalls eine hohe ökonomische Relevanz, da Einnahmen generiert werden. Neben den direkt generierten Einnahmen hat der Kulturbereich wichtige Effekte bezogen auf Beschäftigung. Darüber hinaus liegt der Anteil beschäftigter Frauen im Kulturbereich in vielen europäischen Ländern (21 von 28 Ländern) höher als in anderen Branchen (Gallelli, 2022). Kultur als meritorisches Gut wird in vielen Ländern von der öffentlichen Hand (in Deutschland durch Kommunen, Landes- und Bundesgelder) gefördert. Ähnlich wie die Bereiche Bildung und Gesundheit basiert diese Förderung auf der Annahme, dass die genannten Bereiche einen Mehrwert für alle bieten. Untersuchungen (Tian et al., 2018) zeigen darüber hinaus Zusammenhänge zwischen einem kreativen Umfeld und der Fähigkeit eines Landes zur Innovation. Mit dem wachsenden Verständnis für die Rolle, die Kultur und Kreativität für die wirtschaftliche Entwicklung spielen können, verändert sich jedoch die Sichtweise auf die Finanzierung des Kultur- und Kreativsektors. Es wird stärker auf den wirtschaftlichen Ertrag der staatlichen Ausgaben geachtet. Auch wird die Bedeutung privater Investoren wichtiger. Infolgedessen hat sich ein komplexeres System der finanziellen Unterstützung für die Kultur- und Kreativwirtschaft entwickelt, das öffentliche, private und philanthropische Finanzierungen und Investitionen umfasst. Kulturtourismus Die zuvor skizzierten Debatten um den Kulturbegriff beeinflussen das Verständnis von Kulturtourismus und damit ebenfalls von Community-based Tourism. Dieser findet sich häufig im Kulturtourismus eingeordnet, da zentrale Elemente a) das Erleben von Kultur(en) – zumeist mit einem ungeklärten Kulturbegriff – sowie b) interkulturelle Begegnung sind. So erweist sich auch der Kulturtourismus als ein ausgesprochen mehrdeutiges Phänomen. Dieses zeigt sich bereits bei einer Betrachtung verschiedener Definitionen von Kulturtourismus. Die aus dem Jahr 1976 stammende Formulierung des International Council on Monuments and Sites (ICOMOS) (1976) adressiert die Erkundung von Monumenten und Sehenswürdigkeiten und darauf aufbauend deren Pflege und Erhalt. Dieses wird vor allem durch den sozioökonomischen Nutzen legitimiert. Hier wird die beschriebene Sicht auf Kultur als ein...



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