Hilberath / Holzem / Leppin | Vielfältiges Christentum | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Hilberath / Holzem / Leppin Vielfältiges Christentum

Dogmatische Spaltung - kulturelle Formierung - ökumenische Überwindung?
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-374-04602-7
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Dogmatische Spaltung - kulturelle Formierung - ökumenische Überwindung?

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-374-04602-7
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Beiträge dieses Bandes gehen auf eine Tübinger Ringvorlesung im Wintersemester 2012/13 zurück. Im Dreischritt von dogmatischer, kulturhistorischer und ökumenischer Perspektive fragen die einzelnen Studien nach den Formierungsbedingungen der heute für Europa typischen Gestalt des Christentums: als Miteinander mehrerer Konfessionen. In der Öffentlichkeit gelegentlich begegnende einfache Alternativen - 'historisch' versus 'dogmatisch', 'protestantisch-selbstbewusst' versus 'ökumenisch offen' - sollen so unterlaufen werden. So zeichnet der Band die Genese der Vielfalt ebenso nach wie gegenwärtige Ansätze zu ihrer Überwindung beziehungsweise zum Umgang mit ihr nach. Wer auf dem Weg zum Reformationsjubiläum nach Differenzierung und Zwischentönen sucht, erhält in diesem Buch reiche Nahrung. Mit Beiträgen von Wilhelm Damberg, Theodor Dieter, Georg Essen, Hans-Peter Großhans, Bernd-Jochen Hilberath, Andreas Holzem, Volker Leppin, Matthias Pohlig, Hermann J. Selderhuis, Christoph Strohm und Peter Walter [Manifold Christianity Doctrinal Divisions - Cultural Formation - Ecumenical Overcoming?] The volume presents the contributions of a public lecture series in Tübingen, winter term 2012/13. The essays ask for the foundations of the manifold shape of modern European and Northamerican Christianity in dogmatic, cultural and ecumenical perspective. So, simple alternatives - like 'historical' against 'dogmatic' or 'protestant' versus 'ecumenical' - are relativized. Thus, the book shows up the development of diversity as well as possibilities to prevail over it. Whoever looks for a more nuanced perspective on the reformation jubilee, finds help in the volume announced.

Volker Leppin, Prof. Dr. theol., Jahrgang 1966, studierte Theologie und Germanistik in Marburg, Jerusalem und Heidelberg und lehrt als Professor für Kirchengeschichte in Tübingen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Theologie und Frömmigkeit des späten Mittelalters, der Reformationszeit und der Aufklärung. Seit 2006 ist er o. Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.

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DER HEIDELBERGER KATECHISMUS UND DIE KONFESSIONALISIERUNG IN EUROPA
Christoph Strohm Wenn man in einer Ringvorlesung zum Thema »Dogmatische Spaltung – kulturelle Formierung – ökumenische Überwindung?« über den Heidelberger Katechismus spricht, ist ein grundlegender Sachverhalt in Erinnerung zu rufen. Wir stehen als Betrachter am Ende einer langen Entwicklung, die von dogmatischen Differenzen über konfessionelle Polarisierungen und kulturelle Prägungen zu Versuchen einer ökumenischen Überwindung der entstandenen Spaltungen geführt hat. Das bedeutet die Notwendigkeit, im Bewusstsein zu halten, dass wir am Beginn des 21. Jahrhunderts zwar in einer Zeit leben, in der konfessionelle Orientierungen massiv an Prägekraft verlieren, zuvor aber über Jahrhunderte hinweg konfessionelle Differenzen tiefgreifende geschichtliche Folgen – bis hin zu militärischen Konflikten – mitverursacht haben. Noch weniger war in den sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts eindeutig, was unter reformierter Konfession zu verstehen war. Hier gab es nicht nur mit Zürich und Genf zwei recht unterschiedliche Zentren, sondern auch die Übergänge zu dem an Melanchthon orientierten lutherischen Protestantismus waren durchaus noch fließend. Ich komme auf die innerreformierte Pluralität, die gerade für die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Heidelberger Katechismus eine zentrale Bedeutung hat, zurück. 1. BESONDERHEITEN DER KURPFÄLZISCHEN REFORMATION
Die Einführung und Durchsetzung der Reformation in Heidelberg und der Kurpfalz erfolgte vergleichsweise spät.3 Erst in Folge des Augsburger Religionsfriedens von 1555 kam es zu einer konsequenten Durchführung der Reformation. Jetzt war es bekanntlich den Reichsständen freigestellt, beim hergebrachten Glauben zu bleiben oder die Reformation im Sinne des Augsburger Bekenntnisses einzuführen. Im Jahre 1556 war Pfalzgraf Ottheinrich von der pfalz-neuburgischen Nebenlinie Kurfürst geworden und nahm sogleich die Reformation in Angriff. Am 16. April 1556 wies er die Amtsleute in einem Reformationsmandat an, Lehre und Ordnung der Kirche entsprechend der Heiligen Schrift und dem Augsburger Bekenntnis zu gestalten. Das bedeutete, dass »falscher Gottesdienst abgestellt« und die »päpstliche Messe« mit der Austeilung des Abendmahls unter einer Gestalt verboten wurde.4 Kurze Zeit später erließ Ottheinrich eine allgemeine Kirchenordnung. Damit war eine maßvolle lutherische Reformation in Gang gesetzt, die sich klar gegen katholische Fehlentwicklungen abgrenzte, zugleich aber Täufern und anderen Vertretern des linken Flügels der Reformation relativ tolerant gegenübertrat. 2. ÜBERGANG ZUM REFORMIERTEN PROTESTANTISMUS: DIE UNMITTELBARE VORGESCHICHTE DES KATECHISMUS
Nach dem Tod Ottheinrichs am 12. Februar 1559 folgte ihm Friedrich von Pfalz-Simmern als Kurfürst.7 Der beim Antritt der Herrschaft bereits 45 Jahre alte Friedrich III. galt seit Mitte der vierziger Jahre als Lutheraner und schien die Kirchenpolitik seines Vorgängers mit der klaren Abgrenzung gegenüber dem Katholizismus und einer Offenheit für die oberdeutsche Reformation ohne große Veränderungen fortzusetzen. Mehrere Faktoren führten jedoch bald zu einer Hinwendung zum reformierten Protestantismus.8 Am Anfang standen Auseinandersetzungen um die Abendmahlslehre an der Heidelberger Heiliggeistkirche im Jahre 1559. Zu deren Eskalation trugen die beiden wenig kompromissfähigen Hauptkontrahenten wesentlich bei. Der junge Wilhelm Klebitz, im Januar 1558 von Ottheinrich als Diakon bzw. Hilfsprediger an der Heiliggeistkirche angestellt, hatte die leiblich-reale Gegenwart Christi im Abendmahl geleugnet.9 Dies fand den heftigsten Widerspruch des seit 1557 in Heidelberg tätigen Generalsuperintendenten Tileman Heshusen.10 Ein obrigkeitliches Gebot konnte weitere öffentliche Beschimpfungen nicht verhindern. Die Einbestellung der Kontrahenten durch Graf Georg von Erbach, der in Abwesenheit des Kurfürsten die Regierung führte, endete mit der Androhung der Exkommunikation des Grafen durch Heshusen.11 Auch den Versuchen des zurückgekehrten Kurfürsten, im Sinne der moderaten Formulierung der »Confessio Augustana variata« von 1540, dass mit Brot und Wein der Leib und das Blut Christi wahrhaft dargeboten würden, eine Kompromisslinie vorzugeben, war kein Erfolg beschieden. Neue Schmähungen Heshusens gegen Klebitz, auf die dieser sogleich antwortete, und sogar öffentlich geäußerte Verdächtigungen gegen den Kurfürsten machten die Amtsenthebung der beiden Männer am 16. September 1559 unumgänglich. Der Kurfürst konnte schließlich auch die Unterstützung Melanchthons, der ihm noch kurz vor seinem Tod ein positives Gutachten zusandte, für seinen Kurs erlangen.12 Im Anschluss an eine Disputation über die umstrittene Abendmahlslehre im August 1560 ließ der Kurfürst trotz des Widerspruchs der Universität Melanchthons Gutachten drucken und gab damit der hier entfalteten, an der »Confessio Augustana variata« orientierten Abendmahlslehre einen offiziellen Charakter.13 3. DIE PRÄSENZ DER VERFOLGUNGSERFAHRUNG WESTEUROPÄISCHER FLÜCHTLINGE IN DER KURPFALZ
Noch wichtiger für den Übergang der Kurpfalz zum reformierten Protestantismus dürfte die Orientierung nach Westen und insbesondere die wachsende Präsenz der westeuropäischen Glaubensflüchtlinge mit ihren Verfolgungserfahrungen gewesen sein. Friedrich III. war am lothringischen Hof zu Nancy, dem fürstbischöflichen Hof von Lüttich und am Hof Karls V. in Brüssel erzogen worden.14 So verstand und sprach er selbstverständlich Französisch und hatte schon von daher einen viel unmittelbareren Zugang zu den Verhältnissen in Westeuropa als andere Fürsten des Reichs.15 Im Übrigen gab es bereits unter den Vorgängern Verbindungen der Kurpfalz in den westeuropäischen Raum, die sich jetzt verstärkten.16 Innerhalb weniger Jahre gelangte eine Vielzahl von Theologen, Juraprofessoren und Räten, die entweder selbst aus Westeuropa stammten bzw. dort studiert hatten oder in irgendeiner Weise von den Protestantenverfolgungen in England, den spanischen Niederlanden und Frankreich betroffen waren, in führende Stellungen in der Kurpfalz. Am 22. Februar 1560 wurde der Trierer Jurist und Theologe Caspar Olevian an der Universität immatrikuliert und im gleichen Jahr auch Mitglied des kurpfälzischen Kirchenrats.17 Er übernahm ferner die Leitung des im November 1556 eröffneten Sapienzkollegs sowie am 8. Juli 1561 die dritte Professur (Dogmatik) an der Theologischen Fakultät. Olevian hatte seit 1549 / 50 in Paris und Orléans und seit 1556 in Bourges die Rechtswissenschaften studiert und war im März 1558 zum Theologiestudium nach Genf und später Zürich gewechselt. Durch den Entwurf der im November 1563 publizierten pfälzischen Kirchenordnung18 und anderer Ordnungen (wie der 1565 entstandenen Schulordnung des Heidelberger Pädagogiums) sowie durch seine Tätigkeit im Kirchenrat hatte er einen maßgeblichen Anteil am Übergang der Kurpfalz zum calvinistisch-reformierten Protestantismus. Diejenigen, die einen moderateren, an Melanchthon orientierten Standpunkt vertraten, gerieten angesichts der dominanten Ausrichtung am geistigen, politischen und militärischen Bündnis mit den westeuropäischen Glaubensbrüdern in die Defensive. Als wichtigster Vertreter dieser Richtung ist wohl Zacharias Ursinus zu nennen.25 Der aus Schlesien Stammende wurde im Herbst 1561 als Nachfolger Olevians an das Sapienzkolleg berufen und war seit August 1562 als Inhaber der dritten Professur (Dogmatik) an der Universität Heidelberg tätig. Zwar hat auch Ursinus von Herbst 1557 bis Frühjahr 1558 neben dem Studium in Zürich eine Studienreise nach Frankreich und Genf unternommen, prägend blieb jedoch das Studium bei Melanchthon in Wittenberg. 4. THEOLOGISCHES PROFIL UND KONFESSIONELLE EIGENART
Die Eigenart des Heidelberger Katechismus lässt sich nur angemessen erklären, wenn man die unterschiedlichen Traditionen, die hier wirksam geworden sind, berücksichtigt. Entsprechend wurden auf die Frage nach dem theologischen Profil und der konfessionellen Eigenart des Katechismus vielfältige Antworten gegeben.31 August Ebrard sah 1846 »melanchthonisch-calvinische« Einflüsse,32 Heinrich Heppe eine klar melanchthonische Prägung, die eine Charakterisierung als »deutsch-evangelisch« nahelege.33 Dagegen attestierte Karl Sudhoff in seiner Olevian-Biographie klar calvinische Prägung,34 Maurits Gooszen Ende des 19. Jahrhunderts wieder deutliche zwinglianische Einflüsse.35 Diese Positionen wurden im 20. Jahrhundert vielfach wiederholt und ergänzt durch verschiedene...



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