E-Book, Deutsch, 280 Seiten
Hoffmann / Schlüter / Langenhorst Mittelstandsjahrbuch Accounting Taxation & Law 2021/22
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7534-6798-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aktuelle Fragestellungen aus Bilanz-, Steuer- und Wirtschaftsrecht für mittelständische Unternehmen
E-Book, Deutsch, 280 Seiten
ISBN: 978-3-7534-6798-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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B. Eigenverwaltete Insolvenzverfahren gem. § 270a InsO – Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis
Uppenbrink, Thomas Inhalt
Gesetzgeber bietet seit 2012 die Eigenverwaltung als Sanierungsalternative an Mitwirkung bzw. Beteiligte an eigenverwalteten Insolvenzverfahren Gläubigerausschuss ergänzt und unterstützt Entscheidungen Sinn und Zweck des (eigenverwalteten) Insolvenzverfahrens Unterschiede Eigenverwaltung / Regelinsolvenzverfahren Wann ist ein Eigenverwaltungsverfahren sinnvoll? Verhältnis von Unternehmensgröße und Verfahrenskosten Eigenverwaltung legt den Fokus auf Unternehmenssanierung Keine Eigenverwaltung bei strafrechtlicher Ermittlung / Verfehlung der Geschäftsführung Frühzeitige Auseinandersetzung mit dem (eigenverwalteten) Insolvenzverfahren Gläubigerverhalten in der Eigenverwaltung Jede Eigenverwaltung scheitert bei „Versuch und Irrtum“ Gerichte und Eigenverwaltung Wunsch und Wirklichkeit der Auswahl des Sachwalters Auswahl und Aufgaben der Gläubigerausschussmitglieder Stein des Anstoßes: Dual -Track-Verfahren (Verfahrens-)Kosten der Eigenverwaltung Sowieso-Kosten Fazit 1 Gesetzgeber bietet seit 2012 die Eigenverwaltung als Sanierungsalternative an
Mit der Änderung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) hat der Gesetzgeber seit 2012 unter anderem die Möglichkeit geschaffen, dass Unternehmen und Freiberufler im Rahmen einer Eigenverwaltung nach § 270 a InsO selber ihr Unternehmen / ihre Sozietät / ihre Firma sanieren können. Der Gesetzgeber hatte dabei im Blick, dass vielfach Insolvenzverfahren nicht gestellt worden sind, weil Geschäftsführer und Entscheider von Unternehmen zauderten, weil sie der Meinung waren, dass die vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter doch nur die Zerschlagung des Unternehmens zur Schaffung von Gläubigerquoten im Auge haben. Mit der Verabschiedung des ESUG wollte der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen, dass quasi im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit besteht, durch einen Insolvenzplan und unter Beachtung von Sanierungsmöglichkeiten, Rechtsträger zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern und Vermögen unternehmenserhaltend einzusetzen. Der Gesetzgeber hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Unternehmen den Zugang zur Eigenverwaltung zu ermöglichen, sodass dadurch früh- und rechtzeitig Insolvenzanträge gestellt würden und schließlich größere Sanierungschancen möglich wären. Die ersten Jahre mit dem ESUG haben aber auch gezeigt, dass eben die Eigenverwaltung nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss ist, wenn die Grundvoraussetzungen nicht oder nur zum Teil gegeben sind. Nicht zuletzt ist quasi das insolvenzrechtliche und wirtschaftliche Know-how der Geschäftsführung bzw. der eingesetzten Sanierungsberater oder Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung die Voraussetzung, um überhaupt die Eigenverwaltung gesetzeskonform zu gestalten. Waren in 2012 große Teile der Insolvenzverwaltergemeinschaft grundsätzlich gegen die Eigenverwaltung, so muss heute konstatiert werden, dass gerade die großen und presseträchtigen Insolvenzverfahren eben alle über die Möglichkeit der Eigenverwaltung bearbeitet bzw. (teil-)saniert werden. 2 Mitwirkung bzw. Beteiligte an eigenverwalteten Insolvenzverfahren
Ob eine eigenverwaltete Insolvenz am Ende erfolgreich ist, liegt vor allem daran, ob die eingesetzte Geschäftsführung bzw. die Sanierungsberater oder der Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung über entsprechende Erfahrungen in der Insolvenzverwaltung besitzen bzw. grundsätzlich in diesem Bereich tätig sind und eben im Team mit den weiteren Verfahrensbeteiligten dies erfolgreich umsetzen können. Im Besonderen sind hier hervorzuheben: die Geschäftsleitung / Inhaber als eigenverwaltender Schuldner Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigter der Geschäftsleitung (vorläufiger) Sachwalter (vorläufiger) Gläubigerausschuss Die Zusammenarbeit dieser Personen bzw. Institutionen als Verfahrensbeteiligte ist von größter Bedeutung. Nur eine vertrauensvolle und auf Fachkompetenz beruhende Kooperation der einzelnen Beteiligten in dem eigenverwalteten Verfahren führt in der Regel zu einem Sanierungserfolg. Weder sind honorargetriebene „Sanierungsberater“, noch hinter Zuschlägen herlaufende Sachwalter, die Basis eines Sanierungserfolges. Vielmehr stehen am Anfang der Unternehmenserhalt und das Ziel der Sanierung durch Insolvenzplan im Vordergrund. In der Praxis haben sich wechselseitige und wiederholende Zusammenarbeit von Sanierungsberatern / Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung und Sachwaltern mit Erfahrungen bewährt. Die Tatsache, dass sich möglicherweise die Verfahrensbeteiligten schon aus anderen vorherigen Insolvenzen kennen, mindert die vom Gesetzgeber geforderte Objektivität und Sachkompetenz nicht. Im Gegenteil – oft kennen sich die handelnden Personen auf Seiten des Schuldners und auf Seiten des Sachwalters gut, sodass auch in kritischen Phasen der Eigenverwaltung ein Vertrauensvorschuss bei komplexen Entscheidungen vorhanden ist. Der Gesetzgeber hat vorausgesetzt, dass die Eigenverwaltung von einem Schuldner (bzw. dessen Vertretern) durchgeführt wird, der entweder über entsprechende Erfahrungen in der Unternehmensinsolvenzverwaltung verfügt oder in der Regel parallel Berater vorhält, die normalerweise in der Insolvenzverwaltung tätig sind. Ergänzend zu der Geschäftsführung, die das Regelgeschäft abwickelt, sollte ein insolvenzrechtserfahrener Sonderbevollmächtigter der Geschäftsleitung oder Sanierungsberater mit weitreichenden Befugnissen beauftragt werden. Grundsätzlich ist der Eigenverwalter eine unabhängige Person und den Grundsätzen der Insolvenzordnung vollumfänglich verpflichtet. 3 Gläubigerausschuss ergänzt und unterstützt Entscheidungen
Der (vorläufige) Gläubigerausschuss ist ein Aufsichts- und Kontrollorgan der Gläubiger zur direkten Umsetzung der Gläubigerautonomie. In der Regel wird der Gläubigerausschuss eine kontrollierende und ggf. stringent empfehlende Tätigkeit aufnehmen, um den Eigenverwalter begleitend zu unterstützen und auch den Sachwalter mit zu beaufsichtigen. Hat es in der Vergangenheit „unwissende“ Gläubigerausschüsse gegeben, so kann nun festgestellt werden, dass die allermeisten Gläubigerausschüsse aus Personen zusammengestellt sind, die über eine hohe Sachkompetenz bei Insolvenzverfahren verfügen (Arbeitsagentur, Kreditversicherer, Banken, Betriebsräte, Anwälte die auf Gläubigervertretung in Ausschüssen und anderen Organen spezialisiert sind). Sicherlich ist es im Vorfeld sinnvoll und notwendig darüber nachzudenken, inwieweit der (tätige) Gläubigerausschuss unter Beachtung seiner eigenen Gläubigerinteressen Sanierungsmaßnahmen unterstützt oder eben auch mit initiiert. Aktive Gläubigerausschussmitglieder fordern und fördern den Eigenverwalter und den Sachwalter, auch zum Teil durch unpopuläre Maßnahmen. 4 Sinn und Zweck des (eigenverwalteten) Insolvenzverfahrens
Immer noch gilt, dass auch im Rahmen der Eigenverwaltung die gleichmäßige und bestmögliche Befriedigung aller Gläubiger vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass durch den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens oft die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger erreicht wird. Der Unternehmenserhalt wird dadurch gefördert, dass die bisherige Geschäftsleitung bzw. die Gesellschafter mit starkem Engagement dafür sorgen, dass die Eigenverwaltung erfolgreich ist. Das wiederum ist für die Gläubiger ein Garant für die höchstmögliche Quote bzw. den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens. Im Wesentlichen ist darauf zu achten, dass die Eigenverwaltung nicht gegen das Gläubigerinteresse verstößt. 5 Unterschiede Eigenverwaltung / Regelinsolvenzverfahren
Im Wesentlichen gelten die gleichen gesetzlichen Vorschriften sowohl im Regelinsolvenzverfahren als auch in der Eigenverwaltung. Allein die Umsetzung des Verfahrens an sich in der Eigenverwaltung obliegt dem Eigenverwalter und / oder dem Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung bzw. dem Sanierungsberater. Während im Regelinsolvenzverfahren der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter oder der später durch die Gläubigerversammlung bestätigt und bestellte Verwalter, das alleinige Recht des Handelns (außer ein Gläubigerausschuss ist installiert) in der Hand hat, teilen sich in der Eigenverwaltung der Eigenverwalter mit dem Sachwalter als Kontrolleur die Aufgaben des „normalen“...