Horváth | Dramatische Werke | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 833 Seiten

Horváth Dramatische Werke

Geschichten aus dem Wiener Wald + Kasimir und Karoline + Zur schönen Aussicht + Der jüngste Tag + Die Bergbahn + Italienische Nacht + Don Juan kommt aus dem Krieg + Pompeji...
1. Auflage 2016
ISBN: 978-80-268-6597-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Geschichten aus dem Wiener Wald + Kasimir und Karoline + Zur schönen Aussicht + Der jüngste Tag + Die Bergbahn + Italienische Nacht + Don Juan kommt aus dem Krieg + Pompeji...

E-Book, Deutsch, 833 Seiten

ISBN: 978-80-268-6597-1
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses eBook: 'Dramatische Werke' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Ödön von Horváth (1901-1938) war ein auf Deutsch schreibender österreichisch-ungarischer Schriftsteller ungarischer Staatsbürgerschaft. Horváth gilt als Erneuerer des Volksstücks. In seinem Verständnis sollen die Probleme möglichst volkstümlich behandelt und gestaltet werden. In seinen dramatischen Arbeiten kritisiert er den artifiziellen 'Bildungsjargon', den er mittels einer künstlichen und kommunikationslosen 'Dialogsprache' zu entlarven trachtet: 'Es hat sich nun durch das Kleinbürgertum eine Zersetzung der eigentlichen Dialekte gebildet, nämlich durch den Bildungsjargon. Seit den 1950er-Jahren wurden Horváths Werke vielfach verfilmt, darunter am häufigsten die Texte Geschichten aus dem Wiener Wald, Der jüngste Tag und Jugend ohne Gott. Inhalt: Mord in der Mohrengasse Zur schönen Aussicht Die Bergbahn Sladek der schwarze Reichswehrmann Rund um den Kongreß Italienische Nacht Geschichten aus dem Wiener Wald Kasimir und Karoline Die Unbekannte aus der Seine Hin und Her Mit dem Kopf durch die Wand Don Juan kommt aus dem Krieg Figaro lässt sich scheiden Pompeji Ein Dorf ohne Männer Der jüngste Tag
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ZWEITER AKT
Inhaltsverzeichnis Mohrengasse. Von links nach rechts: Ein geschlossener Laden mit Schildaufschrift: Diamanten. Gold. Simon Kohn. Kauf. Verkauf. Eine schmale Hoteltüre, die in einen matt erleuchteten Korridor mündet. Vor dem ersten Stocke halbkreisförmig trübelektrische Buchstaben: Hotel. Eine Bar. Hinter der schmutzigen Fensterscheibe, auf der ein altes Plakat klebt, geigt ein Schatten. Man hört aber keine Musik. Es ist Nacht und still. Drei Dirnen, zwei rechts, eine links vor dem Laden; horchen. ERSTE Klopf nochmal. ZWEITE klopft an den Laden. EIN VERWACHSENER tritt aus der Bar und läßt die Türe offen; gedämpft Musik: Wie lange – ERSTE unterbricht ihn: Pst! Schließ die Türe! Verwachsener schließt sie und horcht. Stille. ZWEITE Niemand. Er ist nicht zuhause. VERWACHSENER Wie lange wollt ihr noch warten? Versetzt. Ich sags. ZWEITE nähert sich den anderen: Das tat er noch nie. Der alte Schuft! DRITTE Vielleicht ist etwas geschehen. ERSTE Was denn? DRITTE Man kann nie wissen. ZWEITE Pah! Stille. ERSTE Ich weiß nur: hab kalte Füße und kann kaum mehr stehen. Und nun kommt so nichts mehr. VERWACHSENER sieht auf die Uhr: Was Richtiges sicher nicht. ZWEITE Still! Es kommt wer. Verwachsener verschwindet in der Bar. Die Drei stellen sich bereit, verstellen die Gasse. Die Altmodische gekleidet nach der Mode vor fünfundzwanzig Jahren und dichtverschleiert; kommt von links und bleibt vor der Hoteltüre stehen. Die Drei beobachteten sie, sehen sich nun an – Eine seufzt boshaft – kichern und eilen in die Bar. Ein Polizist erscheint rechts und sieht sich um. Die Altmodische klebt regungslos an der Wand. POLIZIST erblickt sie; hält langsam auf sie zu; leise: Ihre Papiere. Seit wann sind Sie hier? ALTMODISCHE kramt geziert umständlich ihren Ausweis hervor; gefällig: Seit heute, mein Herr. POLIZIST gutmütig: Sie sollen sich aber nicht so auffallend anziehen. Das ist verboten. ALTMODISCHE Auffallend?! Ein einfaches Straßenkleid! POLIZIST lächelt: Aus Urgroßmutters Zeiten. ALTMODISCHE Ich habe kein anderes. POLIZIST Das gibt es doch gar nicht! Er blickt in ihre Papiere. Der Schein. Stimmt. Er blättert; mechanisch. Gestern entlassen? Aus welcher Strafanstalt? ALTMODISCHE Sankt Lazarus. Polizist horcht auf; liest. Altmodische wird unruhig. Wenzel von rechts; will nach links; erblickt den Polizisten, zögert und bleibt vor dem alten Plakate am Barfenster stehen, als würd er lesen. POLIZIST spricht nun noch leiser: Also: zweiundzwanzig Jahre waren Sie dort. Und: weshalb? ALTMODISCHE Das muß ich nicht sagen. Bin begnadigt. POLIZIST Das tut nichts zur Sache! Ich muß wissen wen ich im Revier habe. ALTMODISCHE tonlos: Aufforderung zum Mord. POLIZIST Den Schleier. Lüften. Altmodische hebt ihn, ein maskenhaft leeres Antlitz umrahmen grauweiße Haare. Weicht etwas zurück; vergleicht rasch. Es ist schon gut. Und: die Vorschrift kennen Sie ja. Er geht an Wenzel vorbei nach rechts ab. Wenzel ohne Blick für die Altmodische langsam nach links ab. Altmodische allein; lehnt den Kopf an die Wand und wimmert; verstummt und horcht; rafft sich verschleiert empor. Ein Eisenbahner von linksher mit seinem Weibe. WEIB leise: Ich weiß du liebst mich nicht mehr. EISENBAHNER blickt nach der Altmodischen: Quatsch doch nicht immer solch Zeug! WEIB dumpf: Es ist schon so. Wirst schon sehen – EISENBAHNER lächelt: Willst mich vergiften? Dummes Ding – Wart, hol nur Zigaretten. Ab in die Bar. Weib sieht sich scheu um. Altmodische glotzt sie an. Wenzel kommt langsam wieder von linksher. Weib rasch an die Bartüre; will hinein, doch – EISENBAHNER tritt soeben heraus; Zigarette im Mundwinkel. Was hast du denn schon wieder? WEIB Angst. Komm – Laß mich nur nicht allein. EISENBAHNER Ja, wer das könnte. WEIB Will auch nichts mehr sagen. EISENBAHNER gähnt: Bin auch müde. Der ewige Dienst – Ab mit ihr nach rechts. Wenzel steht nun wieder vor dem Plakate. ALTMODISCHE nähert sich ihm: Pst! Hören Sie – WENZEL unterbricht sie: Nein. Stille. ALTMODISCHE Wollen Sie kein liebes Frauchen? Wenzel schweigt. Neben ihm; liest laut das Plakat. Wohltätigkeitsfest. Unter dem Protektorate Ihrer Hoheit. Tombola und Tanzturnier. Bazar. Montag am zweiten – Das war doch schon. WENZEL Ja. ALTMODISCHE Und trotzdem lernen Sies auswendig? WENZEL Ja. ALTMODISCHE Nein. Sie schauen in den Spiegel. Das soll man nie in der Finsternis: man wird verrückt oder sieht den Satanas neben sich. WENZEL Ich sehe Sie. ALTMODISCHE Und ich Sie. Wir gehören zusammen. WENZEL Jawohl. ALTMODISCHE Also: wollen wir nichts unternehmen? WENZEL Ich hab kein Geld. ALTMODISCHE Ich noch weniger. Das Leben ist zu teuer für die kleinen Frauen. WENZEL wendet sich ihr zu: Hören Sie: Sie werden sich doch etwas erspart haben: in zweiundzwanzig Jahren. ALTMODISCHE prallt zurück: Woher wissen Sie das? WENZEL Zufällig. Zuvor. Verzeihen Sie mir, daß ich es hörte. ALTMODISCHE Nichts wissen Sie! WENZEL Wieso? ALTMODISCHE Du kannst umsonst! Wann du willst – nur wissen Sie nichts! Wissen Sie nichts! Wenzel lacht irr. Ein Sechzehnjähriger blaß hochaufgeschossen; erscheint links und bleibt unschlüssig stehen. WENZEL zum Sechzehnjährigen: Nach Ihnen! Umsonst – ALTMODISCHE Bist verrückt?! WENZEL Herr! kauen Sie nicht an den Fingernägeln! Spucken Sie aus und treten Sie näher! Es kostet nur das Zimmer! ALTMODISCHE zischt: Ich bete für dich. WENZEL Nur Wohltätigkeit! Unter meinem Protektorate! ALTMODISCHE zum Sechzehnjährigen: Komm! So komm! Es ist doch umsonst! Ab ins Hotel. Sechzehnjähriger folgt ihr verschüchtert. WENZEL Fahrwohl! Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar. Sentimental und mit Pickeln im Gesicht. Gute alte Zeit! Der Tisch, der Tisch – ich werde verrückt, verrückt! Er preßt die Stirne an das Barfenster. Siehst du den Satanas? Nur dich selbst! Kein Teufel, da kein lieber Gott! Nur zwei Augen, Nase, Mund, eine Stirne, niemals zwei, ein Hut um sechsfünfzig und die Gnade nur selten von der Wahrheit besucht zu werden. Das ist alles. Oder nichts. Bist erkannt du Dreck! Erkannt! – Doch ich will nicht mit Trauerfahnen jubilieren. Ein Hotelfenster wird hell. Sieht empor. Hm. Jetzt betritt er das Zimmer. Kostet zwei Mark. Teuer. Und billig. Jetzt zieht sie den Vorhang vor – bald leckt das Mysterium hündisch vier Sohlen. Und unerschöpflich strömt die Latrine der Ewigkeit über die Planetensysteme. Wir sind der Dung. Wie seelisch unser Tun blüht! Er lächelt irr; starrt dann vor sich hin. Alles ist hohl und leer. Die Häuser riechen nach Leichen und Sauerkraut. Man sollte sich selber erbrechen können. – Alles ist tot. Stille; dann geht er langsam an den Laden und liest. Diamanten. Gold. Kauf. Verkauf. Simon Kohn – Kennt ihr Simon Kohn? Der tat nur kaufen und verkaufen: Splitter und Staub aus Afrika. Und tat es unters Kopfkissen und überall glitzerte das Falsche. Die Imitation – Er spricht unterdrückt in den Laden hinein. Herr Kohn. Lassen Sie mit sich reden. Ruhig reden. Ich irrte. Reden, Herr Kohn! Wollte ja alles anders, immer alles anders! Wollte doch nur einbrechen, den Schmuck stehlen, ich schwöre: wollte nur stehlen! Hören Sie mich? Stehen Sie doch wieder auf, liegen ja unterm Pult! Setzen Sie sich wieder! Und nehmen Sie Stock und...



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