Huizing | Mein Süßkind | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

Huizing Mein Süßkind

Ein Jesus-Roman
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-641-08178-2
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Jesus-Roman

E-Book, Deutsch, 240 Seiten

ISBN: 978-3-641-08178-2
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Karriere des Jeschua zum Sohn GottesVor dem inneren Auge ersteht die Lebenswirklichkeit Jesu, wie sie tatsächlich gewesen sein könnte. Ein senibler und hoch begabter junger Jude, wach für die Welt, die ihn umgibt, zugleich verbunden und eingezwängt in der Familie, sehnsuchtsvoll und ängstlich, immer wieder ahnend, was er sein könnte, immer wieder zweifelnd - am Ende frei.Der Roman erzählt in atmosphärisch dichten Szenen die Kindheit, Jugend und das junge Erwachsenenalter des Mannes aus Nazareth und füllt damit Lücken, die die Bibel ausspart. So könnte es tatsächlich gewesen sein. Eingezwängt zwischen den Erwartungen der Mutter und dem überforderten Stiefvater, beschützt von seinem Freund Jonathan, versucht Jeschua Klarheit darüber zu bekommen, warum er so ganz anders als die anderen ist. Tief verwurzelt in den Traditionen seines Volkes, kommt er als Bauhandwerker in der aufstrebenden Stadt Sepphoris, nur wenige Kilometer von Nazareth entfernt gelegen, auch in Kontakt mit hellenistischer Kultur und entdeckt in sich die Begabung zu erzählen und zu heilen. Seine Mutter, von seiner Entwicklung enttäuscht, hält ihn für wahnsinnig geworden und will ihn zurück nach Nazareth holen.Die Kindheit und Jugend des Jesus von NazarethEin Roman über das Werden des ErlösersUngewöhnlich, atmosphärisch dicht, klug
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ERSTER AUFTRITT
Sie hatten kein Recht dazu. Er hatte ihnen nichts zuleide getan. Alle acht Hunde im Dorf bellten ihn an. Jeschua hatte alles versucht, sich in sicherer Entfernung hingehockt und mit ihnen freundlich geredet, ihnen Kosenamen hingeworfen, sie mit altem Fladenbrot bestochen, sogar einmal einen Stein nach einem Hund geworfen, dessen Lefzen vor Gier und Wut trieften, aber nichts half, kein Hund erkannte ihn offenbar wieder, keiner winselte ein einziges Mal um Brot, nie sah er, wie ein Hund mit seinem Schwanz vor Freude wedelte. Für die Hunde des Dorfes blieb Jeschua immer ein Fremder. Gehörte nicht dazu. Für die Hunde war er aussätzig. Nur wenn Jonathan an seiner Seite lief, dösten die Hunde in der Sonne weiter, nahmen ihn gar nicht wahr. Aber Jonathan war heute früh mit seinem Vater zum Markt nach Sepphoris aufgebrochen. Schutzlos quälte sich Jeschua durch das Spalier der Kläffer. Weil seine Mutter es von ihm erwartete, spielte er den Tapferen, zwang seine Beine nicht einen winzigen Schritt zur Seite zu gehen, drehte seinen Oberkörper sogar ein wenig in die Richtung jedes Hundes, der ihn für einen Eindringling hielt, um seinen Füßen seinen Willen aufzuzwingen, verbot er sich, einen großen Umweg zu machen, beruhigte seine Angst, indem er leise das Achtzehnbittengebet murmelte. Als er das Haus erreichte, spiegelte sich noch immer der Schrecken auf seinem Gesicht. Die Hunde haben mir dein Kommen angekündigt. Für mich klingt es wie ein Freudenchor, als würde ein Bräutigam angesagt. Jeschua lächelte ein wenig schief, rieb sich mit der Handkante am Kinn, hockte sich dann hin, schaute seiner Mutter zu, wie sie Teigtaschen buk. Das tröstete ihn, wenn sie mit ihren langen Fingern im Teig knetete, wie der Teig mit einem leichten Schmatzen zwischen ihren Fingern hervorquoll, wie dabei immer ein kleiner Muskel in ihrer Wange zuckte, als würde sich der Mund bereits nach diesen Teigtaschen sehnen, so wie sich sein Mund nach diesen Teigtaschen sehnte. Er konnte es kaum erwarten, bis dass die Zähne sich durch die zarte Kruste Einlass in das Innere verschafften, der süßliche Geschmack der Datteln füllte dann die ganze Mundhöhle aus, die Zunge ertastete mit einem kleinen Juchzer zerkleinerte Mandeln, die halfen, alles zu zermahlen und die Süße noch zu verstärken – dann vergaß er für Augenblicke alles, die Hunde, Kisch, sogar den Gesprenkelten. Hinter deinen geschlossenen Lidern feiert mein Süßkind bereits Purim, wie mir dein leichtes Schmatzen verrät, komm, hilf deiner Mutter, niemand außer dir versteht sich so gut darauf, dreieckige Teigtaschen zu formen, die immer gleiches Maß haben. Der Teig gehorcht deinen Händen. Gehorch du deiner Mutter. Jeschua schlug die Augen auf, grinste, weil er sich ertappt wusste, rückte näher an seine Mutter heran. Süßkind. Sie buken fünfzehn Teigtaschen in perfektem Ebenmaß. Das brachte Ordnung in ihre Welt. Lege die Teigtaschen in die große steinerne Schüssel, gehe dann geschwind zu Deborah, denn unsere Freundin hortet alle Teigtaschen für die Purimsfeier. Geschwind. Auf. Nur fünf Häuser entfernt stand das Haus des Töpfers. Aber dorthin stellte sich Kisch ihm in den Weg. Rennst du wieder feige vor den Kläffern davon hin zu deinem Beschützer Jonathan, um ihm Kuchen zu bringen? Zeig her, du feiger Pisser, was du in der Schüssel vor mir verbirgst. Er trat einen Schritt auf Jeschua zu. Deutete einen Schubser an. Jeschua wich einen Schritt zurück. Seine beiden Armen umfassten die große Schüssel. Er konnte sich nicht wehren. Kisch lächelte verschlagen. Küchelchen, duftende Küchelchen, lass mich daran riechen, lecker, sehr lecker, von denen werde ich gerne eines naschen, es bleiben dann noch genug für deinen Beschützer übrig. Du schenkst mir doch ein Küchelchen, Pisser? Seine Hand fuhr bereits aus. Aber die Teigtaschen sind doch für Purim! Das weißt du doch, wir haben mit dem Rabbi darüber geredet. Der schüttelt andernfalls seinen Zorn über dich. Finger weg! Panik ergriff Jeschua. Er versuchte sich an Kisch vorbei zu drängen, aber der schubste ihn zurück. Mein Mund feiert heute bereits Purim, du Pisser. Auf mich ist offenbar das Los gefallen, die erste Teigtasche zu naschen. Also gib her! Kischs Hand berührte bereits eine Teigtasche. Jeschuas Herz ballte sich zur Faust. Jeschua presste mit einem einzigen Satz seine Angst und Wut aus sich heraus. Deine Hand soll verdorren! Noch bevor Kischs Hand die Teigtaschen berührten, verkrampften sich die Finger, die mächtige Hand schrumpfte sichtbar, als wollte sie so klein werden wie die silberne Hand am Ende des Zeigestabs, die der Rabbi benutzte, wenn er seine Schüler im Lesen der Torah unterrichtete. Kisch starrte auf seine Hand, sackte ins Greinen, schaute Jeschua ungläubig an, machte den Weg frei, starrte immer noch auf seine Hand: Was ist mit mir? Auch Jeschua konnte den Blick nicht von der verdorrten Hand lösen. Die Teigtaschen in der Schüssel hüpften leicht, weil seine Arme so stark zitterten. Dreimal schluckte er, damit er sich aus seiner Starre löste. Jetzt hatte das Zittern die Magengegend erreicht, jetzt die Füße. Ganz langsam trippelte Jeschua an Kisch vorbei, drehte sich dabei zweimal um die eigene Achse, dann endlich rannte er los. Atemlos und verschwitzt erreichte er Deborah, die seine Stirn befühlte, ein Fieber heraufziehen glaubte, seine Teigtaschen lobte, ihm eine eigene Teigtasche anbot, die Jeschua stumm, aber sehr entschieden ablehnte, dann schickte sie ihn kopfschüttelnd nach Hause. Jeschua machte einen kleinen Umweg, stellte sich absichtsvoll vor dem Hund auf, der ihn am meisten ängstigte, ließ sich minutenlang ankläffen. Erst dann schlich er nach Hause. Zu seiner Mutter kein Wort. Mit den Armen erzählte er eine unverständliche Geschichte. Seine Mutter legte den Kopf etwas schief, ihr Blick tastete ihn ab, sie sagte aber nichts, wollte ebenfalls seine Stirn befühlen, aber Jeschua drehte sich weg, suchte sein Holzmesser und schnitzte mit abgewandtem Gesicht an einem Treidel. Der Gesprenkelte, mürrisch von seiner Arbeit zurückgekehrt, hatte soeben seine Füße gewaschen, als der Schmied mit seinem Sohn in der Türöffnung erschien. Mit hochrotem Kopf. Mit zuckenden Kiefermuskeln. Beide Hände zu Fäusten geballt. Grußlos schrie er den Gesprenkelten an: Sieh nur – und dabei riss er den rechten Arm seines Sohnes hoch und deutete auf die verdorrte Hand – sieh nur, was dein Sohn mit der Hand meines Sohnes gemacht hat, mit dieser Hand, die bereits sehr geschickt mit dem schweren Hammer umzugehen weiß. Mein Sohn Kisch ist deinen Sohn nur freundlich um eine Teigtasche angegangen, da hat ihn dein nichtsnutziger Sohn verwünscht und die gesunde Hand, diese starke Hand meines Sohnes, verdorren lassen. Abwechselnd starrte der Gesprenkelte auf die verkrüppelte Hand Kischs, dann in das Gesicht des Schmieds. Ohne sich umzudrehen rief er dann: Jeschua, komm augenblicklich her. Jeschua schlich heran, blieb aber in sicherem Abstand von allen Beteiligten stehen, sagte mit sehr leiser Stimme: Kisch ist ein Teigtaschendieb. Er hat Strafe verdient. Da habe ich ihn bestraft. Ein abfälliges Lachen entfuhr dem Schmied: Liegt es an dir, einem achtjährigen Knaben, zu strafen? Dann strafe die Richtigen, nicht jene, die sich mit dir Naseweis einen kleinen Streich erlauben. Und du, Zimmermann, sorge du dafür, dass sich deine Brut fernhält von anderen Kindern. Und sollte ein böser Dämon in ihm wohnen, so entferne ihn aus unserer Gemeinschaft. Dann hatte er Kisch unter die Achsel gegriffen und davon gezerrt. Noch immer stand der Gesprenkelte in einer seltsam gebückten Haltung am Eingang seines Hauses. Ganz langsam drehte er sich zu Jeschua, umkreiste ihn und musterte ihn dabei von oben bis unten. Schande, du bringst Schande über mein Haus und befleckst meine Ehre. Dieses Gerücht wird im Dorf die Runde machen, man wird mir Aufträge entziehen. Mein Riemen wird dich lehren, deine Zunge künftig im Zaum zu halten. Sieben Mal schlug der Gesprenkelte zu. Sieben Mal stöhnte Mirjam leise auf. Aus Jeschuas Mund kam zunächst kein Ton. Du hast recht gehandelt, flüsterte Jeschua, als der Gesprenkelte den Riemen zusammenrollte. Ich habe die Strafe verdient. Der Gesprenkelte stimmte zu und wiederholte die sieben Schläge. An diesem Abend, als Jeschua bäuchlings auf seiner Matte lag, betete er inständig zum Allmächtigen, er möge Kischs Hand heil werden lassen. Im Dorf schrieb man die nächtliche Heilung den Kräuterpflastern zu, die eine Kräuterkundige aus einem Nachbardorf aufgelegt hatte. Mater dolorosa
Als sie aus dem Nachbardorf von einer Besorgung zurück war, schaute Jeschua sie an, als wäre sie eine Fremde, sie fühlte, wie ihre Brust zusammengedrückt und ihr Atem nach draußen gepresst wurde. Seine Augenlider waren halb geschlossen, schwer geworden vom Unglück. Seine Hände, die man eher an einem Mädchen vermuten würde, lagen wie leblos in seinem Schoß. Sprach er, oft nach minutenlangem Nachsinnen, leise zu ihr, dann schien es ihr, als müsse er gegen einen Schluckauf kämpfen. Mirjam zwang sich, Herrin über ihre Atemnot zu werden, atmete betont ruhig und in langen Zügen, weil sie hoffte, ihr Rhythmus würde auf ihn übergreifen. Rückte sie heute näher an ihn heran, schlang er die Arme um sich, als wolle er jede Berührung abwehren. Was ist mit mir? Warum bin ich nicht den anderen gleich? Warum bin ich so anders als die anderen Jungen? Hilferufe, die einen giftigen Schmerz in ihren Nieren auslösten. Sie schmeckte salzigen Schweiß auf ihrer Unterlippe. Im Kopf spielte sie...


Huizing, Klaas
Dr. Dr. Klaas Huizing, geb. 1958, ist Professor für Systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen an der Universität Würzburg. Er ist einer der produktivsten Theologen der Gegenwart. Neben zahlreichen theologischen Publikationen hat er mehrere Romane veröffentlicht, die weite, auch internationale Verbreitung fanden. 2003/2004 erhielt er das Jahresstipendium im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia.



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