E-Book, Deutsch, 182 Seiten
Reihe: Geschichte kompakt
Jaspert Die Kreuzz�ge
6. bibliogr. aktualisierte Auflage 2014
ISBN: 978-3-534-73704-8
Verlag: wbg Academic in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 182 Seiten
Reihe: Geschichte kompakt
ISBN: 978-3-534-73704-8
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II. Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient
1095 27. November: Kreuzzugsaufruf Urbans II. (Konzil von Clermont) 1096 Frühjahr/Sommer: Judenpogrome entlang des Rheins; Spätsommer/Herbst: Vernichtung des so genannten Volkskreuzzugs in Kleinasien; Spätherbst 1096 – Mai 1097: Eintreffen der Kontingente der zweiten Kreuzzugswelle in Konstantinopel 1097 1. Juli: Schlacht bei Doryläum 1097–98 Belagerung und Eroberung (3. Juni) Antiochiens 1098 Herrschaftsübernahme in Edessa durch Balduin von Boulogne 1099 15. Juli: Eroberung Jerusalems, Massaker an der Stadtbevölkerung.
12. August: Christlicher Sieg über ein fatimidisches Heer (Askalon) 1101 Sommer: Vernichtung der dritten Kreuzzugswelle in Kleinasien 1109 Eroberung von Tripolis 1123–24 Venezianischer Kreuzzug 1127–46 Herrschaft des ?Imad ad-Din Zengi, Emir von Damaskus 1145–48 Kreuzzug gegen Damaskus (sog. Zweiter Kreuzzug) 1146–74 Herrschaft des Nur ad-Din, Emir von Damaskus 1171 Beendigung des Fatimidenkalifats von Ägypten durch Saladin.
1174 Machtübernahme in Damaskus durch Saladin 1187 3./4. Juli: Schlacht von Hattin 1190–92 Kreuzzug Friedrichs I. Barbarossas, Richards I. von England und Philipps II. von Frankreich (sog. Dritter Kreuzzug) 1197 Kreuzzug Heinrichs VI. 1202–04 Kreuzzug gegen Konstantinopel (sog. Vierter Kreuzzug). 1204–61 Lateinisches Kaiserreich von Konstantinopel 1212 Kinderkreuzzug 1215 Viertes Laterankonzil. Kreuzzugsbulle ›Ad liberandam‹ 1217–21 Kreuzzug gegen Damiette (sog. Fünfter Kreuzzug) 1227–29 Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. 1239–41 Kreuzzüge Theobalds von der Champagne und Richards von Cornwall 1244 23. August: Chwarizmier erobern Jerusalem 17. Oktober: Schlacht von Forbie (Gaza) 1248–54 Erster Kreuzzug König Ludwigs IX. von Frankreich 1260 3. September: Sieg der Mamluken unter Baibars über die Mongolen in der Schlacht von ?Ayn Galut (?Ain Dschalud) 1270 Zweiter Kreuzzug Ludwigs IX. 1291 18. Mai: Eroberung Akkons durch die Mamluken 1332–34 Erste „Heilige Liga“ 1365 Kreuzzug König Peters I. von Zypern 1396 25. September: Schlacht von Nikopolis 1453 Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1. Der Erste Kreuzzug
a) Aufruf, „Volkskreuzzug“ und Pogrome Die im letzten Kapitel beschriebenen historischen Zusammenhänge stellten die Grundlage für die Entstehung, aber auch für die Dauerhaftigkeit der Kreuzzugsbewegung dar. Sie lagen im Bereich der mittelalterlichen Vorstellungswelten, der Frömmigkeit, der Theologie sowie der gesellschaftlichpolitischen Bedingungen und waren somit langfristiger Natur. Der eigentliche Beginn des „Ersten Kreuzzugs“ hingegen war ein punktueller Akt, der sich zeitlich genau bestimmen lässt: Am 27. November 1095 hielt Papst Urban II. auf freiem Felde außerhalb der Stadt Clermont in der Auvergne (Frankreich) eine flammende Rede, in der er zu einem Kriegszug in den Osten aufrief. Sie gilt zu Recht als die Initialzündung zum Ersten Kreuzzug. Die Rede Urbans II. in Clermont Leider hat sie niemand wörtlich mitgeschrieben. Wir verfügen aber über vier spätere Fassungen der Rede, die zwar im Wortlaut mitunter beträchtlich voneinander abweichen, im Verbund aber erkennen lassen, wie der Papst argumentierte. Drei der Autoren waren sicher oder mit größter Wahrscheinlichkeit in Clermont anwesend und haben die Rede Urbans mit eigenen Ohren gehört: zum einen der 1120 verstorbene Mönch von Saint-Remi, Robert von Reims, zum anderen der Abt von Saint-Pierre in Bourgueil und spätere Erzbischof von Dol, Balderich (von Bourgueil bzw. von Dol, 1045–1130) und schließlich der Kanoniker Fulcher von Chartres († 1127), der als Einziger der drei Genannten persönlich (als Kaplan) am Kreuzzug teilnahm. Die Chroniken wurden nach dem erfolgreichen Ausgang des Kreuzzugs verfasst, dies muss bei ihrer Interpretation stets bedacht werden. Doch trotz mancher Unterschiede weisen sie in der Wiedergabe der Rede gewisse übereinstimmende Tendenzen auf. Ihren Beschreibungen lässt sich entnehmen, dass der Papst offenbar alle Möglichkeiten der symbolischen und verbalen Kommunikation ausschöpfte: Anfangs beschrieb er mit zahlreichen Gesten, unter lauten Seufzern, Klagen und Tränen die Widrigkeiten, denen sich die Christen des Ostens ausgesetzt sahen, um dann als Sprachrohr und Bittsteller Gottes die Gläubigen zum Handeln aufzurufen. Dies geschah in drei Stufen, die von allen drei Augenzeugen erwähnt wurden: zuerst durch den eigentlichen Aufruf, sich dem Kreuzzug anzuschließen und zum Wohle der eigenen Religion zu kämpfen; dann durch das Versprechen eines Ablasses, und schließlich dadurch, dass er seine Zuhörer an ihre Sünden und die Dringlichkeit einer Läuterung erinnerte: Der Papst beschuldigte nämlich die anwesenden Waffenträger, ihre militärische Macht im Kampf gegeneinander zu missbrauchen anstatt sie in den Dienst ihrer Religion zu stellen. Hierdurch wurden die Zuhörer umso eher dazu bewegt, den Kreuzzug als einen Akt persönlicher Buße zu unternehmen. Dass der Boden für genau diese Argumente schon bereitet war, ist weiter oben dargelegt worden. Der Widerhall unter den Versammelten war denn auch massiv: Noch während der Rede, als Antwort auf den eigentlichen Appell, unterbrachen die Zuhörer den Papst mit dem berühmten Zuruf: Deus vult („Gott will es“), und als er geendet hatte, warfen sich viele auf den Boden, erbaten Vergebung für ihre Sünden und hefteten sich als äußeres Zeichen ihres Gelübdes, sich dem Zug anzuschließen, ein Stoffkreuz auf die Brust: Sie „nahmen das Kreuz“. Als Aufbruchstag für das Heer wurde der 15. August des Jahres 1096 festgesetzt. Der Papst verblieb noch bis zum Sommer 1096 in Süd- und Westfrankreich, wobei er wiederholt das Kreuz predigte. Inzwischen hatte seine Initiative ganz andere Reaktionen als die erwarteten ausgelöst. Offenbar war das eigentliche Ziel des Papstes, ein kleines, lokal (nämlich in Südfrankreich) erhobenes Ritterheer zur Unterstützung der christlichen Kirchen des Ostens, eventuell auch zur Befreiung Jerusalems zu rekrutieren. Die überlieferten Fassungen der Rede, aber auch drei im Winter 1095/96 geschriebene Briefe, die Urban an die Bologneser, Flamen und die Mönche von Vallombrosa in Italien sandte, lassen dies erkennen: In den Schreiben versuchte er nämlich, Kleriker und unter besonderen Umständen auch jüngere Kämpfer von der Teilnahme abzuhalten. Doch am Ende zogen nicht wie geplant eine Schar Ritter aus dem Süden Frankreichs, sondern mehrere, aus allen Bevölkerungsschichten zusammengesetzte „Wellen“ von Kreuzfahrern in Richtung Osten. Es sind mindestens drei solcher Wellen zu unterscheiden: eine erste, unorganisierte, die noch vor dem festgesetzten Termin aufbrach, diejenige, der die Eroberung Jerusalems gelang, und eine dritte, die frühestens im Juni 1098 aufbrach und 1101 weitgehend vernichtet wurde. Die zahlenmäßig bedeutendsten Kontingente der zweiten Welle entstammten dem nordfranzösisch-flandrisch-niederrheinischen Raum. Sie wurden kaum unmittelbar durch Urbans Worte rekrutiert, denn der Papst besuchte diese Gegenden nicht mehr persönlich. Diese Heerscharen wurden offenbar in starkem Maße durch das Wirken von Kreuzzugspredigern gewonnen. Der bedeutendste unter ihnen war Peter der Einsiedler. Die „Volkskreuzzüge“ von...