E-Book, Deutsch, 80 Seiten
Koch Entwicklung eines Lenkpreiskonzepts für Shared Services im Controlling
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-346-76038-8
Verlag: GRIN Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 80 Seiten
ISBN: 978-3-346-76038-8
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3. Lenkpreis als interner Verkaufspreis einer Controlling-Leistung eines Shared Service Centers
3.1 Überblick über Verrechnungspreise
3.1.1 Charakterisierung von Verrechnungspreisen
Da jeder Lenkpreis ein Verrechnungspreis ist,[109] werden zunächst die Verrechnungspreise charakterisiert. In der wissenschaftlichen Literatur sind verschiedene exploratorische Begriffsbestimmungen und Definitionen für Verrechnungspreise anzufinden.[110] Einer solchen von Martini folgend sind „Verrechnungspreise […] innerhalb einer Unternehmung verwendete Wertansätze für Güter und Dienstleistungen, die von einem rechnerisch abgegrenzten Bereich der Unternehmung abgegeben oder bezogen werden.“[111] Die Austauschbeziehung zwischen zwei unternehmensinternen Bereichen basiert somit auf Preisen.[112] Die Bereiche können dabei die Form einer Kostenstelle, eines Unternehmensbereiches oder eines rechtlich selbständigen Konzernunternehmens haben.[113] Häufig ist in der Praxis ein Geldstrom zwischen den Bereichen meist nicht zu beobachten, da es sich um eine kalkulatorische Größe bezogen auf die Leistungstransaktion handelt.[114] Aus diesem Grund ist ein Verrechnungspreis auch als eine organisatorische Variable zu sehen. In der Literatur werden darüber hinaus noch weitere Begriffe für den Verrechnungspreis verwendet, die zum Teil einzelne Aspekte eines Verrechnungspreises genauer beschreiben.[115] Dabei sind z. B. Begriffe, wie Verrechnungswerte, Bereichsabgabepreise, Lenk- oder Lenkungspreise, Knappheitspreise und Transferpreise zu nennen. 3.1.2 Überblick über Funktionen von Verrechnungspreisen
Ein Konzern kann mit dem Einsatz von Verrechnungspreisen unterschiedliche Zwecke verfolgen, da Verrechnungspreise verschiedene Funktionen erfüllen können.[116] Im Folgenden werden deshalb ausgewählte Funktionen genauer beschrieben. Eine Funktion von Verrechnungspreisen stellt die Lenkungsfunktion bzw. Koordinationsfunktion dar.[117] Wenn die Lenkungsfunktion im Vordergrund der Zielsetzung steht, dann wird der Verrechnungspreis als Lenkpreis bezeichnet.[118] Der Lenkpreis soll dafür sorgen, dass die kurzfristig knappen Produktionsfaktoren wie z. B. die vorhandenen Kapazitäten und die personelle Betriebsbereitschaft einer optimalen Nutzung zugeführt werden.[119] Die selbstständigen Teilbereiche sollen dabei im Hinblick auf das Gesamtunternehmensziel gesteuert werden. Die Lenkungsfunktion steht im Vordergrund dieser Thesis, weshalb auf die Koordinationswirkung von Lenkpreisen in Kapitel 3.2 weiter eingegangen wird. Eine weitere Funktion von Verrechnungspreisen stellt die Erfolgszuweisungsfunktion dar.[120] Dabei sorgt der Verrechnungspreis dafür, dass innerhalb eines Gesamtunternehmens der Gesamterfolg in Teilerfolge auf die einzelnen Teilbereiche aufgeteilt wird. Das Ziel dieser Funktion ist es, dass der von den einzelnen Bereichen erzielte Gewinn deren Ergebnisbeitrag zum Gesamtergebnis darstellt. Dabei zeigt sich eine Problematik in der Abgrenzung der Erfolgskomponenten der einzelnen Bereiche, wenn diese Bereiche leistungsmäßig miteinander verflochten sind.[121] Des Weiteren kann die Erfolgszuweisungsfunktion indirekt auch zu Motivations- und Anreizwirkungen führen, wenn z. B. die einzelnen Bereiche erfolgsabhängig entlohnt werden.[122] Eine direkte Motivationswirkung kann erzielt werden, wenn z. B. der Konkurrenzdruck durch den Vergleich des internen Verrechnungspreises mit dem Marktpreis einer vergleichbaren externen Leistung aufgebaut wird. Außerdem können Verrechnungspreise eine Abrechnungs- und Planungsfunktion haben.[123] Durch die Abrechnungsfunktion werden z. B. die Betriebsabrechnung, die Kalkulation und die Ermittlung von Inventurwerten für die handels- und steuerrechtliche Bilanzierung erleichtert. Mit der Planungsfunktion ist die Möglichkeit zur Kostenkalkulation der betrieblichen Leistungserstellung gemeint. Eine Voraussetzung für diese Funktion ist jedoch, dass die Verrechnungspreise für einen bestimmten Zeitraum bekannt sind. Dadurch ist dem Verrechnungspreis auch eine Kontrollfunktion beizuschreiben, da die Kostenabweichungen zwischen Soll und Ist lediglich auf Mengenabweichungen beruhen.[124] Darüber hinaus können Verrechnungspreise zum Erfüllen von steuerrechtlichen Funktionen wie z. B. zur Minimierung der Steuerzahllast eingesetzt werden.[125] Mit Hilfe von Verrechnungspreisen ist es für einen Konzern möglich, die Gewinne in ein Niedrigsteuerland zu verlagern. Dabei sind jedoch die gesetzlichen Regelungen für Verrechnungspreise zu beachten. Nach der Betrachtung der aufgeführten Funktionen von Verrechnungspreisen ist ersichtlich, dass es schwer ist, einen Verrechnungspreis zu ermitteln, der alle Funktionen erfüllen kann. Das liegt daran, dass zwischen und teilweise auch innerhalb der Verrechnungspreisfunktionen Zielkonflikte bestehen.[126] Zielantinomien können z. B. zwischen der Lenkungsfunktion und der Erfolgszuweisungsfunktion bestehen, wenn zwischen den Teilbereichen des Gesamtunternehmens Interdependenzen bestehen.[127] In dieser Thesis gilt es bei diesen Zielkonflikten die Lenkungsfunktion bevorzugt zu erfüllen, da ein Lenkpreiskonzept entwickelt werden soll. Andererseits kann ein Lenkpreis nur dann seine gewünschte Wirkung erzielen, wenn der Preis der Leistung bei der Erfolgsermittlung und -beurteilung der beteiligten Entscheidungsträger herangezogen wird.[128] Die preisliche Bewertung der Leistung hat somit eine Auswirkung auf den individuellen Nutzen des Entscheidungsträgers und beeinflusst seine Entscheidung. Dies zeigt die Untrennbarkeit der zwei Funktionen des Verrechnungspreises trotz möglicher Konflikte. Des Weiteren sind neben der Erfüllung von Verrechnungspreisfunktionen die Kriterien der Einfachheit und der Akzeptanz von den Verrechnungspreisen zu beachten.[129] Der Nutzen eines komplexen Verrechnungspreissystems ist gering, wenn die Anwender nicht in der Lage sind, es zu verstehen und zu administrieren. Die Akzeptanz wird gefördert, wenn die Verrechnungspreise zu Bereichsergebnissen führen, die als fair empfunden werden. 3.1.3 Systematisierung betriebswirtschaftlicher Verrechnungspreisarten
Es gibt vielfältige Kriterien, nach denen die Arten von Verrechnungspreisen unterschieden werden können.[130] Diese Kriterien können z. B. die Art des Zustandekommens, die Gültigkeitsdauer oder die Festsetzung der Wertbasis sein. In dieser Thesis wird der Fokus auf die Festsetzung der Wertbasis gelegt, da es das zentrale Kriterium für die Unterscheidung von Verrechnungspreisen darstellt. Für dieses Kriterium wird zwischen marktpreis- und kostenorientierten Verrechnungspreisen unterschieden.[131] Die nicht eindeutig zuordenbaren Verrechnungspreisarten fallen unter die Kategorie der sonstigen Verrechnungspreise. Als Ausgangsbasis für marktorientierte Verrechnungspreise wird derjenige Marktpreis verwendet, der für eine Leistung herrscht, die vergleichbar mit der innerbetrieblichen Leistung ist.[132] Dadurch wird der Marktmechanismus auf das Gesamtunternehmen übertragen.[133] Falls eine direkte Übernahme des Marktpreises als Verrechnungspreis für das Gesamtunternehmen nicht sinnvoll ist, dann kann der Markpreis auch modifiziert werden.[134] Bei den kostenorientierten Verrechnungspreisen zeigt sich eine heterogene Menge an verschiedenen Verrechnungspreisarten, da die Ermittlung auf unterschiedlichen Kostenbasen möglich ist.[135] Zum einen kann zeitlich zwischen Ist-, Normal- und Plankosten unterschieden werden.[136] Die vergangenheitsorientierten Istkosten bezeichnen dabei die effektiv angefallenen Kosten, die mit Istpreisen und Istmengen ermittelt werden. Die Normalkosten sind wiederum vergangenheitsorientiert, jedoch werden sie anhand von Durchschnittswerten der Mengen und/oder Preise normiert. Die Plankosten sind hingegen zukunftsorientiert, da die erwarteten effektiven Kosten die Grundlage für die Verrechnungspreise bilden. Zum anderen kann die Art der Verrechnung in Teil- oder Vollkosten erfolgen.[137] Dabei können als Verrechnungspreis Vollkosten mit oder ohne Zuschlag herangezogen werden. Die Verrechnungspreisbildung auf Teilkostenbasis beinhaltet lediglich die Grenzkosten. Diese können wiederum mit einem Zuschlag bzw. einer Gewinnaufteilung erweitert werden. Die Verrechnungspreise mit Zuschlägen werden üblicherweise als „Kosten plus“- bzw. „Grenzkosten-plus“-Verrechnungspreise bezeichnet.[138] Ferner besteht die Möglichkeit zur Konzeption eines zweistufigen Verrechnungspreises, bei dem der Verrechnungspreis in zwei Teile gespalten wird.[139] Dabei ist neben der Verrechnung der laufenden Leistungen zu Grenzkosten jede Periode ein einmaliger Betrag zu verrechnen. Des Weiteren ist eine Ausgestaltung des Verrechnungspreises als dualer Verrechnungspreis möglich, bei dem sich der Verrechnungspreis des liefernden Bereichs von dem...