Koch / Lehr / Hillert | Burnout und chronischer beruflicher Stress | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 116 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

Koch / Lehr / Hillert Burnout und chronischer beruflicher Stress


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8444-2650-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 116 Seiten

Reihe: Fortschritte der Psychotherapie

ISBN: 978-3-8444-2650-2
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Häufig beruflich überlastete Menschen fühlen sich ausgebrannt und suchen wegen Burnout psychotherapeutische Hilfe auf. Hierdurch hat die Bedeutung des Lebensbereichs Arbeit in der psychotherapeutischen Praxis deutlich zugenommen. Dieser Band zeigt Strategien auf, wie chronischer beruflicher Stress in der Therapie systematisch aufgegriffen und gezielt bearbeitet werden kann. Dazu werden bewährte berufsbezogene Interventionen anschaulich vorgestellt. In Kombination mit störungsspezifischen Behandlungsansätzen können auf diese Weise Patienten, die sich im Beruf ausgebrannt erleben, wirksam behandelt werden.

Ausgehend von einem umfassenden Überblick über Einflussfaktoren auf chronischen beruflichen Stress wird die Durchführung einer individuellen Berufs- und Stressanamnese beschrieben. Hierauf aufbauend wird ein individuelles Stress-Erklärungs- und Veränderungsmodell erarbeitet, aus dem sich das weitere therapeutische Vorgehen ableitet. Je nach Ausgangslage stehen die Sensibilisierung für Signale der Überlastung, kognitive Verfahren zur Veränderung von Stressgedanken und perseverativem Denken, kompetenzorientierte Interventionen zur Stärkung beruflicher Bewältigungsfertigkeiten oder die Förderung der Regenerationsfähigkeit im Zentrum der berufsbezogenen Therapie. Der Umgang mit typischen Problemen, sozialtherapeutisches Basiswissen, Praxisbeispiele aus der Einzel- und Gruppentherapie und zahlreiche Arbeitsmaterialien bieten Unterstützung bei der Durchführung der berufsbezogenen Therapie.

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|17|2 Störungstheorien und -modelle
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf chronischen beruflichen Stress Dem aktuellen gesundheitlichen Allgemeinwissen vieler Menschen entsprechend ist beruflicher Stress ein zentrales Gesundheitsrisiko. Was sich jedoch im Einzelnen und konkret hinter der Überschrift „Stress“ verbirgt, darüber besteht wissenschaftlich wie auch unter Betroffenen wenig Kon|18|sens. Eine basale Definition versteht Stress als einen unangenehmen Spannungszustand (vgl. Zapf & Semmer, 2004), entsprechend einer wörtlichen Übersetzung von „to stress“ als „etwas anspannen“. Faktoren, die zu einem Anspannungszustand oder aber zu Entlastung beitragen können, sind äußerst vielfältig. Daher ist es nicht verwunderlich, dass aktuell kein umfassendes theoretisches Rahmenkonzept zum beruflichen Stress vorliegt. Nachfolgend werden zentrale Aspekte ausgewählter Modelle und Ansätzen zu beruflichem Stress aufgezeigt, die zusammengenommen einen Überblick auf das berufliche Stressgeschehen erlauben (für einen Überblick siehe Semmer, Grebner & Elfering, 2010; Sonnentag & Fritz, 2010; Wieland, 2010; Zapf & Semmer, 2004). Zu jedem Ansatz wurden Fragen zusammengestellt, die im Rahmen der Stressanamnese (vgl. den Leitfaden zur Stressanamnese in Tabelle 2 in Kap. 3.1) verwendet werden können. Abbildung 1 gibt einen Überblick zu den wichtigsten Einflussfaktoren auf beruflichen Stress und Ansatzpunkten für Interventionen. 2.1 Stressoren-Ansätze
Stressoren sind Merkmale der äußeren Arbeitsbedingungen, die die Wahrscheinlichkeit von Anspannungszuständen erhöhen. Diese Perspektive auf das Stress-Phänomen liegt oft zu Beginn einer Therapie beim Patienten vor. Typische Stressoren sind Zeit- und Termindruck, Arbeitsunterbrechungen im Sinn von Störungen, Arbeitsverdichtung, hohe qualitative Anforderungen, Monotonie, Lärm, öffentliche Demütigungen, überlange Arbeitszeiten, ungünstig gestaltete Schichtarbeit (vgl. ICD-10, Z56.3, problematische Arbeitszeiten) oder Arbeitsplatzunsicherheit (vgl. ICD-10, Z56.2, drohender Arbeitsplatzverlust). Stressoren, insbesondere solche, die durch eine ungünstige betriebliche Arbeitsorganisation bedingt sind, führen nach dem Anforderungs-/Belastungs-Konzept dadurch zu Stress, dass sie einen zusätzlichen Arbeitsaufwand erzwingen, um Arbeitsziele dennoch erreichen zu können. Dem Grundgedanken der Life-Event-Forschung folgend können alle Arten von Veränderungen in der Lebensumwelt (z.?B. Arbeitsplatzwechsel, Umstrukturierungen im Unternehmen) Stressoren sein, da sie eine Anpassungsleistung vom Einzelnen fordern (vgl. ICD-10, Z56.1, der Wechsel des Arbeitsplatzes). Je höher die dabei geforderte Anpassungsleistung, desto größer der resultierende Stress. Da es im Kern um Anpassungsleistungen geht, können auch als positiv bewertete Veränderungen (z.?B. eine Beförderung) Stressoren darstellen. |19|2.2 Modelle der Kontrolle über Arbeitsbedingungen
Die einflussreichste Kontrolltheorie zum beruflichen Stress stellt das Job-Demand-Control-Modell dar. Stress hängt demnach nicht alleine davon ab, wie ausgeprägt Stressoren (Demands) sind, sondern auch vom Ausmaß der erlebten Kontrolle (Decision Latitude) über diese Anforderungen (Karasek & Theorell, 1990). Kontrolle setzt sich im Modell aus zwei Komponenten zusammen: der Freiheit Entscheidungen zu treffen (z.?B. wann und wie Aufgaben bearbeitet werden können; Decision Authority) und dem Ausmaß, in dem persönliche Fähigkeiten genutzt bzw. weiterentwickelt werden können (Skill Discretion). Aus dieser Perspektive heraus erleiden Berufstätige dann gesundheitliche Schäden, wenn am Arbeitsplatz gleichzeitig hohe Arbeitsanforderungen und geringe Entscheidungsspielräume bestehen (High-Strain-Jobs). Active-Jobs (hoher Entscheidungsspielraum bei hohen Anforderungen) werden demgegenüber als gesundheitlich günstig angesehen und fördern zudem die Persönlichkeitsentwicklung. Die Dynamik von Passive-Jobs (niedriger Entscheidungsspielraum bei niedrigen Anforderungen) erinnert an ätiologische Konzepte der Depression, z.?B. „erlernte Hilflosigkeit“. Der Betroffene hat in dieser Konstellation wenig Möglichkeiten, sich als kompetent und selbstwirksam zu erleben, ein Aspekt der beispielsweise auch für den Problemlöseansatz bei Depressionen zentral ist. Das Job-Demand-Control-Modell wurde später um die Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz als dritte Komponente erweitert. Dabei weist ein High-Strain-Job mit geringer Unterstützung das höchste Erkrankungsrisiko auf (High Iso-Strain), während gute Unterstützung als Puffer gegenüber Stressreaktionen fungiert. 2.3 Passungsmodelle
Entsprechend der Person-Environment Fit-Theorie resultiert Stress aus einer mangelnden Passung zwischen Arbeitssituation und Person. „Passung“ kann sich dabei auf das Verhältnis zwischen der Person und den beruflichen Anforderungen, der Organisation, dem Vorgesetzten und den Kollegen beziehen. Beispielsweise lässt sich nach Harrison die Passung im Hinblick auf zwei Dimensionen beurteilen: Dabei korrespondieren (1) die Anforderungen des Arbeitsplatzes (Demands) mit den persönlichen Fähigkeiten (Abilities) sowie (2) die verfügbaren Möglichkeiten zur Bedarfsbefriedigung (Supplies) mit den persönlichen Bedürfnissen (Needs). Je stärker die Anforderungen die Fähigkeiten übersteigen bzw. je weniger die gegebenen Möglichkeiten zur Bedarfsbefriedigung die persönlichen Bedürfnisse tatsächlich befriedigen, desto stärker das Stresserleben (Edwards, Caplan & Harrison, 1998). |20|In der aktuellen Burnout-Theoriebildung betonen Maslach und Leiter (2008) ebenfalls die Bedeutung der Passung von Arbeitssituation und Person. Bei der Auswahl der Passungs-Dimensionen erfolgte ein Rückgriff auf bekannte theoretische Rahmenmodelle zum beruflichen Stress. Dabei werden sechs Dimensionen berücksichtigt: Verhältnis der qualitativen und quantitativen Arbeitsanforderungen zum Leistungsvermögen, Ausmaß der Kontrolle, der partizipativen Entscheidungsfindung oder Rollenkonflikte, Verhältnis von erwarteten und erhaltenen Gratifikationen, Qualität der sozialen Interaktion, Gemeinschaftssinn vs. soziale Konflikte, Fairness in der Kommunikation, bei Entscheidungsprozessen und der Verteilung von Ressourcen, Passung der persönlichen Werte zu denen der Organisation. Mangelnde Passung führt demnach zu Erschöpfung. Darüber hinaus führe eine hohe Passung dazu, dass die Arbeit als stimulierend und anregend erlebt werde und Arbeitsaufgaben konzentriert, wirkungsvoll und tatkräftig bearbeitet werden (Work Engagement). Während die genannten Modelle ein statisches Verständnis von gegebener oder fehlender Passung haben, beschäftigt sich das Konzept des Job Crafting mit der Frage, wie der Einzelne unter den gegebenen Arbeitsbedingungen eine stärkere Passung aktiv herstellen kann. Personen mit hohem Job Crafting neigen dazu, ihre strukturellen Ressourcen (z.?B. neue Fertigkeiten erlernen) und sozialen beruflichen Ressourcen (z.?B. Vorgesetzte um Rückmeldung bitten, Kollegen um Rat fragen) zu erweitern, hinderliche Anforderungen zu reduzieren (z.?B. die Arbeit so organisieren, dass der Kontakt zu emotional schwierigen Personen minimiert wird) und/oder neue Herausforderungen anzunehmen (z.?B. sich bei interessanten Projekten selbst als Mitarbeiter ins Spiel bringen; neue Projekte initiieren, wenn wenig Herausforderungen gegeben sind). Auf diese Weise kann proaktiv eine bessere Passung des Arbeitsplatzes zu den eigenen Bedürfnissen und Präferenzen hergestellt werden. 2.4 Reziprozitäts- und Gerechtigkeitsmodelle
Der Grundgedanke des Modells der beruflichen Gratifikationskrise (Siegrist, 2002) bezieht sich auf ein faires, ausgeglichenes Verhältnis zwischen der vom Berufstätigen vertraglich verlangten Verausgabung und den dafür vom Arbeitgeber erhaltenen Gratifikationen (vgl. Abb. 2). Im Sinne von Stressoren (vgl. Kap. 2.1) tragen z.?B. Zeitdruck, Überstunden, Arbeitsverdichtung oder störende Arbeitsunterbrechungen zur Verausgabung (Effort) bei. Demgegen|21|über werden drei Gratifikationen spezifiziert: (1) Lohn, (2) Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegschancen, sowie (3) Anerkennung und Wertschätzung durch Vorgesetzte und Kollegen....



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