E-Book, Deutsch, Band 1, 140 Seiten
Korb Edgar Allan Poe's Phantastische Bibliothek - Folge 1: Grausame Städte
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-68984-244-4
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 1, 140 Seiten
Reihe: Edgar Allen Poe's Phantastische Bibliothek
ISBN: 978-3-68984-244-4
Verlag: Blitz Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wenn das Licht des Tages stirbt und sich das Totenhemd der Nacht auf Pflastersteine und Asphaltstraßen herabsenkt, geht ein Raunen durch alte Ziegelmauern. Es ist die Zeit des Zwie-lichts, in welcher die Gebäude im Mondlicht zu träumen beginnen... Die schiefen Palazzi von Venedig flüstern einander längst vergessene Geheimnisse zu. In den verfallenen Häuserblocks von Berlin ertönt ein Wispern. Beide Städte erzählen dem Leser unheimliche Geschichten. Grotesk, bizarr, durchwoben von Schmerz und Angst... Markus K. Korb führt den Leser durch düstere Labyrinthe aus Gassen und Hinterhöfe, bis hinein in die modrigen Herzen von Venedig und Berlin. Beide Städte sind Schauplätze phantastischer Ereignisse, welche von der Gegenwart bis in archaische Zeiten hinabreichen. Dorthin, wo fleischlose Schädel ihre ewig bleckenden Zähne entblößen. Das Buch enthält 8 Erzählungen, wovon jeweils 4 einem Städte-Zyklus zugeordnet sind. Abgerundet wird der Band durch ein Nachwort der Preisträgerin des Deutschen Phantastik Preises, Eddie M. Angerhuber. Die Kurzgeschichte DER SCHLAFGÄNGER wurde 2004 mit dem DEUTSCHEN PHANTASTIK PREIS für die beste Kurzgeschichte des Jahres ausgezeichnet.
Markus K. Korb wurde 1971 in Werneck bei Schweinfurt (Unterfranken/Bayern) geboren. Er veröffentlichte seine Erzählungen zunächst in zahlreichen Literaturmagazinen und Anthologien. Im Jahr 2002 betätigte er sich als Herausgeber der Anthologie 'Jenseits des Hauses Usher' (Blitz-Verlag), wo er Storybeiträge zusammentrug, geschrieben von deutschen Autoren als Hommage an Edgar Allan Poe. Von 2003 - 2006 war er als Redakteur der Buchreihe 'Edgar Allan Poes Phantastische Bibliothek' (Blitz-Verlag) u.a. für die Textauswahl zuständig. Sein erstes eigenständiges Buch erschien im Jahr 2003. Es ist die Konzeptanthologie 'GRAUSAME STAEDTE' (Blitz-Verlag). In zwei Zyklen vereinen sich Kurzgeschichten zu einem Gewebe aus unheimlichen Städtebildern (Venedig und Berlin), welche durch die Jahrhunderte bis in archaische Zeiten hinabreichen. Mehr dazu unter: www.blitz-verlag.de Im Mai 2005 erschien im Eldur-Verlag (www.eldur-verlag.de) die Kurzgeschichten-Sammlung mit dem Titel 'NACHTS...'. Dem folgte im April 2006 das Buch 'INSEL DES TODES' im Verlag Eloy Edictions. Es enthält elf Gespenstergeschichten, darunter zwei längere Novellen. Mehr dazu unter: www.eloyed.com Bei der Fantasy-Heftreihe 'Saramee' ist Markus K. Korb mit drei Beiträgen beteiligt. Von ihm stammt der Auftaktroman 'Der vergessene Friedhof', dazu gemeinsam mit Martin Hoyer 'Die Ankunft', sowie als Einzelroman 'Kronns Rache'. Im Mai 2007 erschien mit 'WASSERSCHEU' im Atlantis-Verlag eine Sammlung, in welcher Sommer-Horror-Storys präsentiert werden. www.atlantis-verlag.de Diesem zog ein Episodenroman in Zusammenarbeit mit Tobias Bachmann nach, sein Titel: 'Das Arkham-Sanatorium' (Oktober 2007; Atlantis-Verlag). Anfang 2008 folgte die Veröffentlichung der Konzeptanthologie: 'Grausame Staedte 2' im Blitz-Verlag. Im Herbst 2009 erschien mit 'Die Ernten des Schreckens' ein Storyband, der Geschichten aus dem Umfeld des Krieges beinhaltet, gesehen mit den Augen eines Phantasten. Nach einer Arbeitsphase von zwei Jahren erschien im Oktober 2012 die Hommage an die 'Horror'-Comics der siebziger Jahre mit dem Titel 'SCHOCK!' in Zusammenarbeit mit dem Comic-Künstler Christian Krank. Im April 2014 erblickte der Storyband 'Der Struwwelpeter-Code' (Blitz-Verlag) das Licht der Öffentlichkeit. Ein weiterer Band mit Kurzgeschichten erschien im April 2015. Er trägt den Titel 'Amerikkan Gotik' (Luzifer-Verlag) und beschäftigt sich mit der dunklen Seite des amerikanischen Traums. Mehr Infos unter: www.luzifer-verlag.de 'Xenophobia' heißt der Band mit Erzählungen, der 2016 im Blitz-Verlag erschien. Darin geht Markus K. Korb dem Phänomen der Angst vor dem Unbekannten, dem Fremden nach. Im Frühjahr 2017 erschien im Amrum-Verlag der Storyband 'SPUK!'. Darin sind Gespenstergeschichten enthalten, die sich dem Phänomen des Spuks mal klassisch, mal modern annähern. Im Mai 2018 veröffentlichte die Voodoo-Press die Storysammlung PHANTASMA GORIANA, welche Science-Fiction, Fantasy und Horror-Texte enthält, aufgefächert in Erzählungen, Novellen, Kürzestgeschichten und Gedichten. Im April 2019 erschien im Verlag Torsten Low die Sammlung DAS RAUNENDE WRACK. Sie enthält Vignetten, Kurzgeschichten, Novellen und experimentellere Strukturen von Geschichten. Auch hat Korb einige Texte in überarbeiteter Form neu aufgelegt, die nicht mehr erhältlich waren. Im Jahr 2021 veröffentlichte Korb mit 'Die Saat des Hasses' seinen ersten Roman. Er ist im Verlag Torsten Low erschienen und beschäftigt sich mit einem historischen Grauen, das aus archaischen Zeiten herrührt und aktuelle Aspekte der Zeitgeschichte berührt.
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Concetta
Ich kann sie fühlen, Concetta! Sie kommen, um uns zu holen. Sie werden uns trennen – es gibt keinen Ausweg… nein, nein! Ihre nasse Gier kriecht schon aus dem Kanal, umspült die Anlegestelle und spritzt wie ätzender Geifer auf die Steintreppen. Wir haben nicht mehr viel Zeit für uns… Aber du? Du liegst ruhig da, Concetta, drapiert in dein Hochzeitskleid, umgeben von Rosen und weißen Satinkissen. Der köstliche Duft deiner Haut schwebt als unsichtbarer Hauch durch die stickige Kammer. Deine Hände scheinen das weiche Tuch des Bettes kaum zu berühren, so sanft liegen sie auf. Man könnte fast meinen, die Fingerkuppen würden knapp über dem Laken schweben. Ich sitze nackt zu deinen Füßen und streiche mit zitternden Fingern über deine Schenkel. Ich zucke kurz zusammen. Es fühlte sich für einen Moment so an, als ob sich Myriaden von winzigen Lebewesen unter der Hautoberfläche winden würden, doch das war sicher nur eine Täuschung der Sinne, ausgelöst durch meine Erregung oder durch das Opiat, das ich in Rotwein aufgelöst trinke, so wie es mir der Arzt vor Jahren empfahl. Du kennst mein Leiden, Concetta. Es ist nicht körperlicher Natur, nein – ich leide an dir! Ich tat es schon immer und so tue ich es auch noch jetzt! Mein Begehren ist so groß, dass es die Grenze überwand, die das Immaterielle von der Welt der Dinge trennt und einen Weg fand, dein Herz zu erobern. Für immer zu erobern. Und nun liegst du hier, Concetta, in unserer Hochzeitsnacht in einem Palazzo in Venedig, ein wenig abseits des Canale Grande, wo die Wellen der Lagune sanft gegen die Fassaden anbranden – wie Hände, die zu unserer geheimen Heirat verhalten applaudieren. Dein Gesicht ist mit dem Wenigen, das wir haben, geschminkt, ein Lächeln umspielt deine Lippen. Du lächelst, du lächelst immer. So bist du Concetta, du kannst gar nicht anders! Dieses Lächeln war es auch, das mich auf dich aufmerksam gemacht hat, weißt du noch? Damals – auf dem Markusplatz im Regen? Als ich dich sah, wie du mit nassen Haaren in Richtung Campanile ranntest? Du suchtest Schutz vor der Nässe und fandest einen Beschützer in mir, meine Concetta! Seit diesem Tag habe ich dich keine Minute aus den Augen gelassen, das weißt du noch, oder? Sicher! Ich folgte dir, wohin du auch gingst – wie bitte? Lauter! Das war nicht in Ordnung, sagst du? Ach so, ich verstehe: Du hattest Angst. Du fühltest dich verfolgt. Aber jetzt ist alles anders, oder? Jetzt hast du doch verstanden, worum es mir ging. Ich wollte, dass dir kein Leid angetan wird! Gerade in unserer heutigen Zeit, in der es von Psychopathen nur so zu wimmeln scheint, ist es wichtig, einen Beschützer zu haben. Hast du nicht gelesen, wie viele Halbstarke durch die Straßen schleichen – von Drogen berauscht, immer auf der Suche nach Geld. Pervers! Da lobe ich mir unsere Liebe. Sie war ja so rein, schon vom ersten Augenblick an. Nie habe ich dich berührt, geschweige denn in unsittlicher Weise. Stundenlang stand ich unter deinem Fenster und lauschte den Gesängen der venezianischen Nacht. Tagelang lief ich hinter dir die Straßen entlang, jeden deiner Schritte überwachend. Und wärest du gestrauchelt – ich hätte dich auffangen können… eine Wonne wäre es gewesen, dich endlich zu berühren. Eine Berührung, ja, das ist es, wonach es mich nun dürstet. Darf ich? Sehr schön, ich vergöttere dich. Aber – was war das? Concetta, Licht meiner grauen Tage in dieser Kammer, an deren Decke nachts die Lichtreflexe des Kanals miteinander Fangen spielen. Hast du das gehört? Nein? Gar nichts? Seltsam, mir war so, als hätte ich ein Geräusch gehört. Unten, ganz unten… Es wird wohl nichts gewesen sein. Falls doch, müssen wir nicht ängstlich sein, denn ich habe einen Keil zwischen Tür und Türsturz geklemmt und eine brennende Kerze darauf gestellt. Sie wird uns warnen, sollten sie versuchen unsere Zweisamkeit zu stören. Ich zupfe einen Staubkrümel von deinem Kleid und frage mich, was wohl geschehen wäre, hättest du mir nicht an diesem Abend vor dreizehn Tagen die Tür geöffnet und mich hereingebeten? Mein Leben wäre weiterhin im Schatten deiner Existenz verlaufen. Ein furchtbarer Gedanke, obgleich ich damit hätte leben können, da du es ja warst, die mir wahres Leben verhieß! Was war mein Leben denn vorher? Nichts als ein kriechendes Dahinvegetieren im Zwielicht eines regnerischen Tages. Ein Umherirren zwischen den glänzend nassen Grabsteinen auf der Friedhofsinsel San Michele – die glitschig-moosigen Engelsstatuen umarmend, zwischen denen mich der Küster der Kapelle als Baby einst fand und die meine einsame Jugend als stumme Geschwister begleitet hatten. Doch die Einsamkeit hat ja nun ein Ende, dank dir, meine Concetta. Kannst du dich erinnern? Ich hatte mich endlich an einem dieser seltenen Tage, an denen das Licht der Sonne nicht nur meine Netzhaut, sondern auch das Gehirn erreicht, überwunden, dir von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten, und glaube mir – das war alles andere als einfach für mich! Ich bin ja ein schüchterner Junge… Liegst du auch bequem? Ja? Gut. Nichts ist schlimmer, als eine Stellung einzunehmen, die irgendwann, vielleicht in ein paar Jahren erst, zu einem schmerzhaften Leiden führen kann. Glaube mir, das ist schrecklich! Das Bett, in welches mich der Küster brachte, war die unterste Schublade einer venezianischen Kommode. In den ersten zehn Jahren meines Lebens war es nicht so schlimm – doch ich wuchs und wuchs, während die Ausmaße der Schublade gleich blieben. Jede Nacht war ein Alptraum aus Schmerz und Zorn! Jetzt verstehst du, warum ich so schief gewachsen bin! Wo war ich stehen geblieben? Ach ja: bei unserer Begegnung. Nun… vor diesem Tag hatte ich dir ja Hunderte von Blumen schicken lassen, zusätzlich mindestens ein Dutzend Liebesbriefe, aber nie hast du mir geantwortet. Doch jetzt weiß ich, warum du so furchtbar böse reagiertest. Du hast nur mit mir gespielt! Kokettiert hast du, das war es, ich verstehe dich jetzt viel besser. Nur damals konnte ich das alles nicht wissen! Ich war damals sehr verärgert! Wütend war ich – auf dich, auf die Welt, auf Gott! Auf alles! Das war auch der Zeitpunkt, als ich mir das Muskelrelaxans und die Spritze von meinem Vater besorgte. Doch alles der Reihe nach! Ich war also zu dir gegangen und hatte mich als Blumenbote ausgegeben. Nichts ahnend hast du die Tür geöffnet. Das war eine Überraschung, als ich plötzlich vor dir stand! Du warst so verblüfft, dass du vor Freude gar nichts sagen konntest. Ich betrat deine Wohnung, diese Wohnung hier, und wusste sofort, dass ich nie wieder weg wollte. Deine Reaktion auf mein Auftauchen beschäftigt mich noch heute! Kannst du mir noch einmal erklären, warum du diese seltsam harten Worte gebrauchtest? So – du warst also unsicher bei unserer ersten Begegnung. Das passt ja wunderbar zu mir, ich bin doch auch so schüchtern. Aber im Gegensatz zu dir werde ich nicht so ausfällig! Vor allem, nachdem ich dir sagte, dass ich es war, der die Blumen schickte, hättest du ruhig etwas milder gestimmt sein dürfen! Aber ich bin nicht nachtragend. Du hast dich ja entschuldigt, ich weiß, ich weiß! Ich soll nicht immer auf den negativen Seiten unserer Beziehung herumhacken. Aber wenn’s doch so war? Nimm’s hin! Siehst du, ist doch gar nicht so schwer, den Mund zu halten. Frauen müssen wissen, wann sie ihren Mund zu öffnen haben und wann sie lieber schweigen sollten. Sei froh, dass ich dein Lehrmeister in diesen Dingen war und nicht ein anderer! Der wäre anders mit dir umgesprungen, glaube mir! Ich kenne die Strafen für Ungehorsam – wenn ich wieder einmal die aufgebahrten Menschen in der Friedhofskapelle berührt hatte (nachdem der Leichenbestatter gegangen war, den ich stets gerne bei seiner schwierigen und kunstvollen Arbeit beobachtete), auf eine anzügliche Art und Weise berührt hatte, so wie man die Toten nicht anfassen darf, da hat mich meine Stiefmutter auch immer streng bestraft! Zu Recht, denn ich hatte ganz schlimme Dinge mit den Aufgebahrten getan – doch sie waren so schön kühl… Sie fanden es auch gar nicht schlimm, sagte ich dann immer, wenn man mich erwischt hatte. Aber es war dennoch falsch, erwiderte meine Mutter immer. Dann musste ich nächtelang nackt auf den Steinplatten des Kellers liegen. Und dort war man ganz nahe bei ihnen – im verschlossenen Nebenraum lagen die Aufgebahrten. Wenn ich den Atem anhielt, konnte ich sie flüstern hören. Ja, Concetta, sie flüsterten einander zu. Sie redeten über viele unsaubere Dinge, musst du wissen… Aber ich komme vom Thema ab. Du warst abweisend zu mir, als ich vor deiner Tür stand. Du fauchtest wie eine Katze. Aber ich vergalt nicht Gleiches mit Gleichem. Ich hatte Geduld. Ganz langsam. Ganz behutsam ging ich bei deiner Eroberung vor. Leider musste ich bei meiner heißen Umarmung die Unverletzlichkeit deines Körpers antasten, doch du nahmst diese Winzigkeit des Stiches kaum wahr. Weißt du noch, wie dein Blick glasig wurde, als sich das Relaxans in Sekundenbruchteilen in deinem Blutkreislauf verteilt hatte und zu wirken begann? Jeder Muskel in deinem Körper erschlaffte und du sacktest unbeweglich zusammen. Selbst deine Augäpfel konntest du nicht mehr drehen. Dann hatte ich dir mein geplantes Vorgehen kurz erklärt – du widersprachst mir mit keiner Regung. Nachdem ich die Natronsäcke geholt und in die...