E-Book, Deutsch, 408 Seiten
Kranz Die Traumarbeiter
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7460-2334-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Band 2: Die Macht des Blutes
E-Book, Deutsch, 408 Seiten
ISBN: 978-3-7460-2334-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Schock darüber, was Jo von ihrem Direktor kurz vor Ende des siebten Schuljahres erfahren hat, steckt ihr tief in den Knochen. Er sagt, ihre Großmutter ist angeblich nicht tot, sondern eine Alp-Traum-Arbeiterin, die versucht, Jo auf ihre Seite zu ziehen. Doch Jos Großmutter, die ihr immer wieder in ihren Träumen erscheint, behauptet, dass Sartorius lügt und sich vor ihr fürchtet. Jo weiß nicht, was sie von all dem glauben soll. Wenn die besondere Fähigkeit, ein Traumarbeiter zu sein, vererbt wird, fließt dann auch in Jo böses "ATA"- Blut? Als sie sich plötzlich mitten in einer Schlacht wiederfindet, weiß sie nicht mehr, wer die Guten und wer die Bösen sind. Das Allerschlimmste für Jo ist: Sie darf mit niemandem über ihre Großmutter sprechen - nicht einmal mit ihren Freunden Til, Felix und Philip. Als die drei jedoch dahinterkommen, dass Jo ihnen etwas verschweigt, droht ihre Freundschaft daran zu zerbrechen. Wenn Jo sie nicht verlieren will, muss sie gegen die Regeln verstoßen, doch das bedeutet, dass Jo und ihre Freunde ein großes Risiko eingehen ...
Sabine Kranz, geboren 1962 in Mannheim, aufgewachsen in der Pfalz, lebt mit ihrer Familie seit 20 Jahren in Hessen. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre arbeitete sie im Marketing großer deutscher Firmen, machte schnell Karriere und stieg in die obersten Führungsetagen auf. Anfang 50 krempelte sie ihr Leben komplett um, machte sich selbständig und erfüllte sich einen Traum: In der winterlichen Einsamkeit Mallorcas schrieb sie innerhalb von zwei Monaten den ersten Band ihres Fantasy Romans "Die Traumarbeiter: Das Geheimnis des Humanistica". Dieser schaffte es im Kindle Storyteller Award 2016 auf Anhieb auf Platz 15 der "Besonders gut bewerteten". Aber auch Lesungen in Büchereien und Schulklassen in Hessen wie in Mallorca geben Sabine Kranz viel positive Resonanz und Motivation, weiterzuschreiben. Der zweite Band "Die Traumarbeiter: Die Macht des Blutes" erschien 2017, der dritte Band "Die Traumarbeiter: Die Kraft der Freundschaft" erschien August 2018. Der vierte Band der Traumarbeiter erscheint voraussichtlich im Sommer 2019.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. Die ersten Ferientage
Jo wachte mitten in der Nacht auf. Vor ihrem geöffneten Fenster glitzerten die Sterne am wolkenlosen Himmel. Sie war ganz verschwitzt, obwohl der erste Junitag angenehm kühl begann. Wieder einmal hatte sie intensiv von einer Schule geträumt, in der ganz verrückte Dinge gelehrt werden. Auf dem Kopf eines großen feuerspeienden Drachens war sie über das Gelände des Humanistica Gymnasiums hinweg geflogen. Sie hatte ihn lustige Kringel in eine Wiese brennen lassen, was ihr ein anderer Drache - bekleidet mit einer glühenden blauen Robe - zuvor beigebracht hatte. Jo musste unwillkürlich grinsen. Der Drachenlehrer hat ausgesehen wie Igi. Plötzlich zuckte sie erschrocken zusammen. War das alles nur ein Traum? Bin ich gar nicht auf dem Humanistica Gymnasium, wo ich zum Traumarbeiter ausgebildet werde? Hektisch tastete sie nach der circa 50 Zentimeter großen Hundefigur neben ihrem Bett. Als sie sein Fell unter ihren Fingern spürte, wurde ihr Puls sofort langsamer, und sie entspannte sich wieder. Nein, alles gut, ich bin ein TA, und Sam beschützt mich! Sie glitt über sein weiches, künstliches Fell und lächelte. Ist schon verrückt, was mir in den letzten beiden Jahren alles passiert ist, das hätte ich mir nie träumen lassen! Jo hatte am Ende der fünften Klasse in ihrer Primus-Schule erfahren, dass sie auf das Humanistica Gymnasium kommen sollte, worüber sie anfangs gar nicht glücklich war. Zum einen wurde sie von ihrer damaligen Freundin Lisa getrennt, die auf das Artificium Gymnasium kam, da sie sehr begabt in Kunst- und Handwerksarbeiten war. Zum anderen kannte sie niemanden, der schon auf das Humus - wie sie ihr Gymnasium nannte - gegangen war. Nur ihre Großmutter Eleonore Bernauer war dort vor circa fünfzig Jahren Schülerin gewesen, aber die war schon lange tot. So dachte Jo zumindest damals. Zu allem Übel lag das nächste Humanistica Gymnasium so weit von zuhause weg, dass Jo mit ihren zwölf Jahren zum ersten Mal von ihren Eltern und Brüdern für fünf Monate getrennt wurde. Nur in den vierwöchigen Sommer- und Winterferien durfte sie nach Hause fliegen. Keine guten Aussichten. Doch trotz aller Vorurteile fühlte Jo sich nach ihrer Ankunft überraschend schnell wohl auf der neuen Schule. Ihre Zimmergenossin Til, die in die gleiche Klasse ging, wurde schnell ihre beste Freundin. Felix, der auf derselben Primus Schule gewesen war wie Jo und ebenfalls an das Humanistica empfohlen wurde, ging ihr am Anfang mächtig auf die Nerven, weil er viel und altklug daherredete. Auch Felix‘ Zimmergenosse Philip hatte keinen guten Start bei Jo, als er sich am ersten Abend so vorstellte: „Mein Name ist Philip - mit Pe-Ha, um das gleich zu klären.“ Jo musste jedes Mal grinsen, wenn sie an ihre damalige Reaktion dachte: „Oh“, hatte sie kess erwidert, „mit Be-Ha? Sieht man gar nicht. Also ich brauch‘ noch keinen.“ Doch nach und nach wurden die vier unzertrennlich. Sie lernten zusammen, arbeiteten an den Wochenenden in den Ställen des Humanistica oder machten Ausflüge in die Umgebung, wo sie so manches Abenteuer erlebten. Dann, am Anfang des siebten Schuljahres, erlebten sie die größte Überraschung ihres Lebens, als ihnen der Direktor, Professor Magnus Sartorius, das Geheimnis der Schule offenbarte: Alle Schüler des Humanistica Gymnasiums hatten die außergewöhnliche Gabe, Traumarbeiter zu werden. Sie konnten Träume schaffen und in den Geist eines Tieres transportieren, um diesem etwas Neues, unter Umständen Lebenswichtiges beizubringen. Darüber hinaus erlernten sie, beschädigtes Gewebe im Gehirn eines Tieres zu heilen oder zu ersetzen. Nie würde Jo ihre erste Reise in das Innere eines Kalbskopfes vergessen. Zu ihrer großen Verwunderung waren ihr die Wege im Gehirn sogleich vertraut. Aus ihren Träumen kannte sie die unzähligen Gänge mit den blitzenden Wänden, die aus Millionen von weißen und roten Verbindungskabeln zu bestehen schienen. All diese Träume soll mir meine tote Großmutter geschickt haben? Jo schauderte bei diesem Gedanken. Der Schock darüber, was sie von ihrem Direktor erst vor ein paar Wochen, kurz vor Ende des siebten Schuljahres, erfahren hatte, steckte ihr noch tief in den Knochen. Er hatte behauptet, ihre Großmutter war gar nicht tot! Vor fünfzig Jahren waren Magnus Sartorius und Eleonore Bernauer in die gleiche Klasse gegangen. Doch dann ging bei ihrer Prüfung zum Traum-Arbeiter-Meister etwas schief und jemand starb. Daher wurde sie ins Büro des damaligen Direktors zitiert, das kurz darauf in Flammen stand. Der Direktor kam darin um und Eleonore Bernauer war seitdem wie vom Erdboden verschluckt. „Von diesem Tag an war sie ein ATA, ein Alp-Traum-Arbeiter“, so Sartorius, „weil sie die TA-Regeln gebrochen und sich ihrer Bestrafung entzogen hatte.“ Und jetzt will meine ATA-Großmutter mich auf ihre Seite ziehen, um von mir einen Gefallen einzufordern? Jo fand keinen Schlaf, gedankenverloren kraulte sie Sams Fell und erinnerte sich an ihres Direktors Worte. „Die Alp-Traum-Arbeiter können nicht, wozu wir TALM“, Sartorius war einer der sieben Traum-Arbeiter-Lehr-Meister, „in der Lage sind. Wir beschützen dieses Wissen in einer Art Schatztruhe, die die ATA unbedingt finden wollen.“ Ist das der Grund, warum Großmutter in meinen Träumen auftaucht? Erhofft sie, durch mich diese Schatztruhe zu finden? Stimmt das alles überhaupt? Ist Großmutter nicht schon längst gestorben, wie alle in meiner Familie sagen? Jo wusste immer noch nicht, was sie von all dem glauben sollte. Aber sie hatte vor, es herauszufinden. „Ooch, Mom“, maulte Jo am nächsten Morgen, als sie ihrer Meinung nach viel zu früh von ihrer Mutter geweckt wurde, „es ist mein erster Ferientag heute! Warum machst Du Dir jedes Jahr so viel Arbeit mit der Geburtsparty für die Zwillinge!?“ Ihre Mutter strich ihr sanft die Haare aus dem Gesicht und küsste sie auf die Nasenspitze. „Weil sie sonst das Haus verwüsten würden“, entgegnete sie. „Genau!“, schrie der fast achtjährige Ted, der ins Zimmer seiner Schwester stürmte und sich auf ihr Bett warf. „Au ja, verwüsten!“, rief Tim, der knapp hinter seinem Zwillingsbruder in Jos Bett sprang und den linken Arm seiner Schwester um sich schlang. „Ich gebe Euch zehn Minuten zum Kuscheln, dann seid Ihr unten am Frühstückstisch“, befahl Ellen Bäcker ihren drei jüngsten Kindern, „für jede Minute länger ziehe ich Euch ein Geschenk ab.“ Unter lautem Protest verließ sie lächelnd das Zimmer ihrer einzigen Tochter und ging in das ihrer beiden großen Söhne, um diese auch zu wecken. „Jo, erzählst Du uns eine Geschichte, bitte?“ fragte Ted und schmiegte sich an die rechte Schulter seiner Schwester. „Au ja, bitte, so eine gruselige wie gestern!“ bettelte auch Tim. Jo lachte und drückte ihre beiden Brüder an sich. Von klein auf hatte sie ihren jüngeren Zwillingsbrüdern abends Geschichten vorgelesen oder auch vorgespielt. Die meisten hatte sie sich selbst ausgedacht - je gruseliger, desto besser kamen sie an. „Klar, Jungs, morgens um Acht erzähle ich am liebsten Gute-Nacht-Geschichten“, antwortete sie ironisch. Doch die Zwillinge ließen nicht locker. „Na, dann erzähl‘ uns halt eine Guten-Morgen-Geschichte“, schlug Ted vor. „Genau, eine zum Wachwerden“, ergänzte Tim. Jo war beeindruckt über die Kreativität ihrer Brüder. „Gar keine schlechte Idee, Jungs“, murmelte sie, „nach den Geschichten, die ich für Euch geschrieben habe, könnt Ihr sowieso nicht mehr einschlafen!“ Ihre Brüder rissen die Köpfe hoch und schauten sie mit leuchtenden Augen an. „Echt?“ fragte Ted begeistert. „So gruselig?“ wollte Tim wissen. Jo nickte geheimnisvoll. „Aber die gibt es erst morgen zu Eurem Geburtstag!“ Ted und Tim protestierten und starteten eine Kissenschlacht. Kurz darauf stürmten die beiden ältesten Brüder Christian und Fredrik - mit Kissen bewaffnet - ins Zimmer und beteiligten sich an dem wüsten Getobe. „Ach, ist das schön“, schwärmte Hans Bäcker, als er sich zum Frühstück setzte, „der Tisch ist endlich wieder voll besetzt!“ Er zwinkerte seinem ältesten Sohn Fredrik zu, der Physik und Chemie studierte und immer seltener am Wochenende nach Hause fuhr, seit er eine Freundin hatte. „Paps, lass das“, brummte Jo, als ihr Vater ihre Haare hinter ihr Ohr steckte und sie in die Wange kneifen wollte. „Oh, hat hier jemand die Vaterliebe vermisst?“ stichelte er und wuschelte die braunen Locken seiner Tochter durcheinander, was Jo noch weniger mochte. Ellen Bäcker stellte eine große Schüssel mit dem beliebten, selbstgemachten Müsli auf den Tisch, wovon sich alle eine ordentliche Portion nahmen. Dann...