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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 260 Seiten

Reihe: Privatdetektivin Norma Tann

Kronenberg Hundswut

Norma Tanns sechster Fall
2017
ISBN: 978-3-8392-5509-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Norma Tanns sechster Fall

E-Book, Deutsch, Band 6, 260 Seiten

Reihe: Privatdetektivin Norma Tann

ISBN: 978-3-8392-5509-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Josefine Luven hat ihren Traumjob gefunden. Mit der THermine-Touristikbahn bringt sie Besucher zu Wiesbadens Sehenswürdigkeiten. Alles scheint perfekt, bis sie beinahe einen Mann überfährt. Der Mann wurde vor die Bahn gestoßen, davon ist Josefine überzeugt. Währenddessen ermittelt Privatdetektivin Norma Tann in einem Fall von illegalem Welpenhandel. Dabei ist Bruce, ein beißwütiger Dobermann, noch ihr geringstes Problem. Wer ist der Mann, der vor die Bahn gestoßen wurde, und was hat er mit dem Welpenhandel zu tun?
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4. Kapitel
Der Peugeot stand nur wenige Schritte vom Haus entfernt. Mit leichtem Bedauern startete Norma den Motor. Wer gab schon gern eine legale Parkbucht in der Innenstadt auf? Doch ihr Weg führte sie aus der Kernstadt hinaus und zu ihrem liebsten Bioladen, der auch eine reichhaltige Auswahl asiatischer Zutaten, Kräuter und Gewürze im Angebot hatte. Auf dem Ersten Ring glitt der Verkehr zügig dahin. Die Fassaden der historistischen Bürgerhäuser und Jugendstilgebäude zogen an ihr vorbei, und sie spielte mit dem Gedanken, wie es wäre, vorübergehend in einem solchen Prachtbau zu Hause zu sein. Sie vermisste ihr Biebricher Fachwerkdomizil und machte sich Gedanken, was die Handwerker inzwischen mit ihrer Wohnung angestellt haben mochten. Zehn Minuten später verließ sie die breite Ausfallstraße, die weiter in Richtung Mainz führte, und steuerte den Wagen quer durch den Wiesbadener Ortsteil Erbenheim. Ein Sträßchen brachte sie schließlich zum Ziel. Der Bioladen gehörte zu einem Aussiedlerhof, dessen abgeschiedene Lage inmitten von Feldern und Streuobstwiesen den Besucher die eng besiedelte Umgebung vergessen ließ. Der Parkplatz lag vor einer Mauer. Neben einem Schild mit den Öffnungszeiten des Hofladens hing eine große Tafel mit der Aufschrift »Hundezucht Von der alten Weide – Italienisches Windspiel«. Kaum ausgestiegen, atmete Norma unwillkürlich tief ein. Es roch nach Sommer. Auf dem Hof schallte ihr Kälberblöken entgegen und weckte Erinnerungen an ihre Kindheit. Untermalt wurde es von fröhlichem Vogelgezwitscher, und die gelben Strauchrosen, die den Fußweg zum Laden säumten, empfingen sie in voller duftender Blüte. Vor dem Laden stürmte ihr eine agile Meute junger Hunde entgegen. Zwei rehbraune, ein schwarzer und ein stahlgrauer Welpe umwuselten ihre Waden. Die Hundekinder begeisterten sich für ihre Schnürsenkel und verbissen sich in ihrem Einkaufskorb und in den Blusenärmeln, nachdem sie in die Hocke gegangen war. Spitze Zähnchen kauten auf ihren Fingern, zarte Schnäuzchen überboten sich in dem Bemühen, ihr Gesicht zu küssen. Alles geschah unter leidenschaftlichem Fiepen, Winseln und Knurren. Kurz und gut: Norma war hingerissen von diesen entzückenden Wesen, die bei aller Vitalität so zartgliedrig schienen, als könnte man sie mit einem Griff aus Versehen zerquetschen. Als zwei stämmige, jeansbehoste Beine in ihrem Gesichtsfeld auftauchten, richtete sie sich auf und begrüßte die Biobäuerin und Hundezüchterin. »Was für ein temperamentvoller Empfang!« Barbara Seeborn lachte herzlich. »Vier Welpen bringen Leben ins Haus, keine Frage.« Mit sanfter Konsequenz löste Norma das besonders anhängliche schwarze Kerlchen von ihrem Schuh. Die drei Geschwister hatten in der Zwischenzeit ein neues Spiel entdeckt und attackierten mit Vehemenz ein zerschlissenes Handtuch. Nach einem behutsamen Schubs tappte Nummer vier der Rangelei entgegen, die prompt unterbrochen wurde, als eine kniehohe braune Windhündin die Welpen mit hohen Fieptönen zu sich rief. »Bei meinem letzten Einkauf waren sie kaum halb so groß«, stellte Norma beeindruckt fest, »und lagen friedlich schlummernd im Hundekorb.« Barbara Seeborn beobachtete das muntere Treiben mit mütterlichem Stolz. »Welpen entwickeln sich fix. Die Rasselbande ist jetzt neun Wochen alt. Unser S-Wurf übrigens. Suleika, Sofia, Sissi und der schwarze Saphir.« »Sind Saphire nicht blau oder grün?«, wunderte sich Norma. »Nun, es gibt sehr viel mehr Farbtöne«, gab die Züchterin gut gelaunt zurück. »Ich finde den Namen passend.« Norma betrachtete das kleine Familienglück mit großem Vergnügen. »Ich könnte glatt schwach werden!« »Alle vier sind vergeben«, erklärte Barbara Seeborn. »Nächste Woche kommen sie zu ihren neuen Familien. Aber wenn Sie ernsthaft interessiert sind … Sie sind sportlich und naturverbunden, Frau Tann. Ich könnte Sie mir gut mit einem Windspiel vorstellen. Vielleicht aus dem Wurf unserer zweiten Hündin im Herbst?« Norma wiegelte lächelnd ab. »Das ist sehr nett. Aber mein Kater wäre mit einer so bezaubernden Konkurrenz nicht einverstanden.« »Sie haben recht; eine Anschaffung wie diese muss gut überlegt sein. So zart diese Rasse wirkt, die Hunde können bis zu 14 Jahren alt werden. Eine langfristige Freude, aber auch Pflicht. Und sie wollen viel laufen.« »Den Bewegungsdrang bezweifle ich nicht«, erwiderte Norma mit Blick auf die Hundekinder, die nach der Verschnaufpause bei ihrer Mutter bereits wieder unternehmungslustig über den Rasen tollten. »Nichts für langwierige Observationen.« Barbara Seeborn wusste von Normas Beruf. »Arbeiten Sie zurzeit an einem spannenden Fall? Ich stelle mir das Leben einer Privatdetektivin sehr aufregend vor.« »Ach, die meisten Fälle sind langweilige Recherchen, und die Details oft bedrückend. Dagegen war mein letzter Auftrag eine angenehme Abwechslung. Eine Art Familienzusammenführung mit Happy End. Heute Abend will ich mit meinem Freund den erfolgreichen Abschluss feiern.« »Ich habe einen hervorragenden Bio-Riesling aus dem Rheingau. Perfekt für besondere Gelegenheiten. Kommen Sie!« Sie schritt voran in den Ladenraum, der ehemals eine Garage gewesen sein mochte und dank eines geräumigen Glasvorbaus genügend Platz für die reichhaltige Auswahl bot. Während Norma ihre Wünsche kundtat und Barbara Seeborn das Gemüse abwog und einpackte, setzten sie ihre Plauderei fort. »Haben Sie Erfahrung mit Hunden, Frau Tann?« »Als Kind, ja. Auf dem Bauernhof meiner Eltern in Niedersachsen hatte ich einen Hund namens Fiete, einen schwarzen Schnauzermix. Leider war er viel zu kurz bei mir.« »Wodurch haben Sie ihn verloren?« »Er musste … getötet werden. Das war schlimm für mich.« Dezent hielt sich Barbara Seeborn mit weiteren Nachfragen zurück. »Freud und Leid liegen eng aneinander, wenn man Tiere hat. Trotzdem, für mich ist die Hundezucht ein wunderschönes Hobby«, erklärte sie und packte auf Normas Bitte eine blauschwarz glänzende Aubergine ein. »Manche Leute halten es nicht für eine Liebhaberei, wenn sie von unseren Verkaufspreisen hören. Aber auch wenn es auf einen Laien einen anderen Eindruck macht, ich lege eher Geld drauf, als an der Zucht zu verdienen. Und die ganze Familie hilft mit.« Zu den Seeborns gehörten, wie Norma wusste, neben Barbara ihr Ehemann Helge und die Kinder Lucy und Lasse im Teenager-Alter. Wie gerufen betrat Helge Seeborn, vom Typ eher Banker als Biobauer, den Verkaufsraum, und begrüßte Norma als Stammkundin mit einem freundlichen Lächeln. »Hast du die Welpen ins Haus gebracht?«, erkundigte sich seine Frau. Er nickte bestätigend. »Die Kleinen sind im wahrsten Sinn des Wortes hundemüde und müssen sich ausschlafen. Juliane Sahling kommt in einem ungünstigen Moment, um mit Saphir zu spielen.« »Hast du mit ihr gesprochen?« »Nein, Babs, ich habe sie gar nicht persönlich gesehen. Aber ihr Geländetrumm steht draußen.« Barbara überging die despektierliche Autobezeichnung und wandte sich wieder Norma zu – mit einem Strahlen im pausbäckigen Gesicht: »Frau Sahling ist Saphirs zukünftiges Frauchen. Sie ist völlig vernarrt in den Kleinen und besucht ihn regelmäßig. Solche Käufer wünschen wir uns!« Auf Normas Bitte stellte sie zu den restlichen Einkäufen zwei Flaschen des Bio-Rieslings hinzu. »Soll es noch etwas sein, Frau Tann?« Norma ging ihre Zutatenliste durch. »Tofu brauche ich noch, rote Currypaste, ein paar Gewürze. Das finde ich ja sicher dort drüben.« Während Norma sich in einem Regal umschaute, packte die Biobäuerin die Einkäufe in den mitgebrachten Korb. Dabei wurde sie von einer stadtfein gekleideten Frau unterbrochen, die den Laden mit einem angriffslustigen Lächeln betrat. Ohne Norma zur Kenntnis zu nehmen, kam die Dame zur Sache. »Bedaure, Frau Seeborn, aber ich kann Saphir nicht zu mir nehmen.« Mit schnellen Schritten schoss Barbara hinter dem Verkaufstresen hervor. »Um Himmels willen, warum denn nicht? Sind Sie krank? Haben Sie ein Zeitproblem? Natürlich können Sie den Hund noch eine Weile bei uns lassen.« »Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Juliane Sahling kämpferisch. »Bitte geben Sie mir die Anzahlung zurück.« Sofort schlug Barbaras Stimmung um. Ihre freundliche Miene verdüsterte sich. »Wir zwingen niemandem einen Welpen auf, das tun wir unseren Hunden nicht an. Aber eine Erklärung sind Sie mir schuldig! Sie waren so hartnäckig und haben keine Ruhe gelassen, bis wir Ihnen einen Welpen versprochen haben. Und mit einem Mal wollen Sie keinen Hund?« »Wer sagt, dass ich keinen Hund will?«, war die energische Antwort. »Das genau ist ja der Grund, warum ich Saphir nicht nehmen kann: Seit Samstag habe ich einen.« »Einen was?«, fragte Helge Seeborn irritiert. »Na, einen Welpen! Ein pechschwarzes kleines Windspiel. Mindestens so entzückend wie Saphir, aber für ein Drittel des Preises, den Sie verlangen!« Sie beendete ihre Erklärung mit triumphierendem Augenaufreißen, als erwartete sie Beifall für ihren Coup. Verständnislos schüttelte Barbara den Kopf. »Ich begreife das nicht. Saphir hängt an Ihnen, und Sie sind ganz vernarrt in den Kleinen. Das haben Sie selbst gesagt!« Helge Seeborns Lächeln war eingefroren, als hätte es ihm die Bio-Radieschen verhagelt. »Ihretwegen haben wir weiteren Interessenten abgesagt. Wieso jetzt dieser andere Hund?« »Er war der letzte Welpe des Wurfs und noch nicht vergeben. Deswegen war er so günstig zu haben«, erklärte...


Kronenberg, Susanne
Susanne Kronenberg, geboren in Hameln, war nach dem Studium als Redakteurin tätig und wohnt und arbeitet heute als freie Schriftstellerin in Taunusstein bei Wiesbaden. Zu ihren Veröffentlichungen zählen neun Kriminalromane, davon sechs mit der Wiesbadener Privatdetektivin Norma Tann, zahlreiche Kurzgeschichten für verschiedene Anthologien, mehrere Jugendbücher, die vielfach übersetzt wurden, sowie Fachbücher und Bücher zu regionalen Themen. Als Dozentin für Kreatives Schreiben gibt sie Kurse und Workshops. Sie ist Mitglied des »SYNDIKATS« und Mitgründerin der Wiesbadener Autorengruppe »Dostojewskis Erben«.



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