E-Book, Deutsch, Band 3, 172 Seiten
Lang Asterisk & Binnen I und die Suche nach der geschlechtergerechten Sprache
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-347-87511-1
Verlag: Tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die vergessene Leichtigkeit der deutschen Sprache - Teil 3
E-Book, Deutsch, Band 3, 172 Seiten
Reihe: Die vergessene Leichtigkeit der deutschen Sprache
ISBN: 978-3-347-87511-1
Verlag: Tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Nachdem in Teil 1 der Buchreihe ganz allgemein der Frage nachgegangen wird, ob die deutsche Sprache - die bekanntlich als schwer und schwierig gilt -, wirklich schwer und schwierig ist und im zweiten Teil etwas spezieller die Tiefen der Grammatik mit ihrem Funktionieren erkundet werden, steht in Teil 3 eine einzige konkrete Frage im Mittelpunkt: Ignoriert die Sprache die Geschlechter einiger Mitmenschen oder ignorieren einige Mitmenschen bei den Geschlechtern die Grammatik der Sprache? Um das zu klären, wird zuerst eine Übersicht zur festgefahrenen Sprachdebatte mit dem 'Muss-sein' der Genderbeauftragten und 'Muss-nicht-sein' der Sprachbewahrer geboten, anschließend eine sachliche Überprüfung der Theorien zum Gendern und abschließend ein Ausblick mit Lösungsvorschlägen - einen aus so mancher Sicht sicherlich überraschenden - zum Beenden der meist emotional aufgeladenen und mittlerweile viele Mitmenschen nervenden Diskussion.
Jürgen Lang, Jahrgang 1968, Magisterstudium der Politikwissenschaft, Neueren deutschen Literaturwissenschaft und Germanistik, ist seit nunmehr über 20 Jahren im Bereich der Unternehmenskommunikation und als Autor tätig. Unabhängig. Überparteilich. Kaffeevernarrt. Zöliakiebetroffen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
I. Es ist der 30. November des Jahres 2001, als der Deutsche Bundestag mit dem „Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern“ zur Beseitigung bestehender und der Verhinderung künftiger Diskriminierungen wegen des Geschlechts mit Artikel 1 auch das „Gesetz für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes“ – kurz Bundesgleichstellungsgesetz genannt – beschließt und darin gemäß Paragraf 1 durchsetzt, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck gebracht werden soll – wenn auch nur in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften und im Schriftverkehr des Bundes. (2) Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr. Paragraf 1 Bundesgleichstellungsgesetz Die Umsetzung der Gleichberechtigung von Frau und Mann ist mit der im Jahr 1949 erfolgten Aufnahme und Verankerung in den Grundrechten des bundesdeutschen Grundgesetzes, dem Jahr 1994 als Ergänzung damit verbundenen Staatsauftrag … Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Artikel 3 Absatz 2 Grundgesetz … sowie den bis dato beschlossenen Gleichberechtigungsgesetzen ein altbekanntes Anliegen, neu ist – und für ein Bundesgesetz außergewöhnlich – die Forderung der auch sprachlichen Gleichstellung. In der vom Bundestag im März desselben Jahres in der Drucksache 14/5679 veröffentlichten amtlichen Begründung zum Gleichstellungsgesetz heißt es zur auch sprachlichen Gleichstellung, es sei über 50 Jahre nach der Festschreibung der Gleichberechtigung im Grundgesetz immer noch nicht gelungen, Verhältnisse zu schaffen, in denen Männer und Frauen in gleicher Weise an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen teilhaben und weiter, dass einer herkömmlichen Verwendung der generischen Maskulina nunmehr ein heutiger Standard einer geschlechtergerechten Sprache gegenübergestellt werden soll, da das Wahrnehmen von geschlechtergerechten Ausdrucksformen bei der Amts- und der gesprochenen Sprache stärker ausgeprägt und zudem die Sprache ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Einschätzung sei und eine geschlechtergerechte Sprache das Bewusstsein für die Gleichstellung von Männern und Frauen verstärke. Über 50 Jahre nach der Festschreibung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Grundgesetz […] ist es noch immer nicht gelungen, Verhältnisse zu schaffen, in denen Frauen und Männer in gleicher Weise an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen teilhaben. […] Wenn es um die Gleichstellung von Frauen und Männern geht, muss auch eine geschlechtergerechte Sprache das Ziel sein. Deutscher Bundestag: Drucksache 14/5679 Gut vierzehn Jahre später wird das Bundesgleichstellungsgesetz neugefasst und die – nach Absatz 3 von Paragraf 4 verschobene – auch sprachlich zum Ausdruck zu bringende Gleichstellung von Frau und Mann in ihrem Geltungsbereich erweitert und unter anderem in die „Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien“ aufgenommen, was bei der Formulierung von Gesetzen und Gesetzesvorhaben – dazu später mehr – noch eine Rolle spielen wird. Da das Bundesgleichstellungsgesetz zugleich auch die Vorlage und Vorgabe für die Gleichstellungsgesetze der Bundesländer ist – die bis Januar 2008 allesamt erlassen und in Kraft getreten sind –, die ihrerseits Vorlage und Vorgabe für die Verordnungen bis hinunter auf die kommunale Ebene sind, hätte der Bundestag – wenn er denn schon in die Sprache eingreift –, entweder selbst festlegen müssen, was unter dem Standard der geschlechtergerechten Sprache zu verstehen und wie selbiger umzusetzen ist oder aber den im Dezember 2004 offiziell im deutschen Sprachraum eingesetzten Rat für deutsche Rechtschreibung – etwa über die Kultusministerien der Bundesländer – beauftragen müssen, dementsprechende Schreibweisen und Formulierungen einer geschlechtergerechten Sprache zu erarbeiten … Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist ein zwischenstaatliches Gremium, das von den staatlichen Stellen damit betraut wurde, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung […] im unerlässlichen Umfang weiterzuentwickeln […] und gibt mit dem amtlichen Regelwerk das Referenzwerk für die deutsche Rechtschreibung heraus. Rat für deutsche Rechtschreibung: Über den Rat … und in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. Immerhin sind in diesem Regelwerk als Grundlage und Norm für das Schreiben die offiziellen Schreibweisen der deutschen Sprache – und übrigens nur in besagtem amtlichen Regelwerk –, sprich die als korrekt geltende Rechtschreibung der Wörter und Wortformen sowie das richtige Setzen der Satzzeichen – für den gesamten deutschen Sprachraum und speziell die Vorschriften, Verordnungen, Vereinbarungen und Verträge sowie den amtlichen Schriftverkehr aller staatlichen Einrichtungen festgelegt und vorgegeben. Das […] amtliche Regelwerk […] regelt die Rechtschreibung innerhalb derjenigen Institutionen […], für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung hat. Rat für deutsche Rechtschreibung: Deutsche Rechtschreibung. Regeln und Wörterverzeichnis Nun ja, das hätte der Bundestag tun müssen, das hat er aber nicht getan, was – zugegeben – auch ohne weiteres gar nicht möglich gewesen wäre, da der deutsche Sprachraum bekanntlich nicht gleich dem bundesdeutschen Hoheitsgebiet ist, sondern sich weit darüber hinaus erstreckt – und somit auch über den Zuständigkeitsbereich des deutschen Bundestages oder der bundesdeutschen Kultusministerien als die für die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständigen Landesbehörden. Deshalb gehören dem „Rat für deutsche Rechtschreibung“ auch regelmäßig Mitglieder aus allen Ländern oder Regionen an, in denen die deutsche Sprache Landessprache ist oder zu den Landessprachen gehört – also aus der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dem Fürstentum Liechtenstein sowie dem Großherzogtum Luxemburg, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol im Norden Italiens sowie der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Ostbelgien. Allerdings kann der Rechtschreibrat als die – nach eigenen Angaben – „maßgebende Instanz für die deutsche Rechtschreibung“ durchaus von sich aus den zuständigen Institutionen der auftraggebenden Staaten eigene Vorschläge für Schreibweisen unterbreiten, sofern er eine Veränderung in der alltäglichen Verwendung der Sprache feststellt und einen entsprechenden Handlungsbedarf sieht. In Bezug auf eine geschlechtergerechte Sprache hält er im März 2021 jedoch fest, dass zwar „allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen,“ was aber „nicht allein mit orthografischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden kann“ und deshalb „die Aufnahme […] mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen […] in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu diesem Zeitpunkt nicht empfohlen“ wird. Rat für deutsche Rechtschreibung: Geschlechtergerechte Schreibung, Empfehlungen von 2021 Somit kann der eine nicht, während der andere nicht will, wodurch weder in einem Gesetz oder einer Verordnung, noch im amtlichen Regelwerk nachgeschlagen werden kann, wie die Umsetzung der geschlechtergerechten Sprache aussieht. Nur führt das Fehlen jeglicher verbindlichen Vorgaben dazu, dass staatliche Einrichtungen wie private Unternehmen nach eigenem Ermessen Leitlinien aufstellen und als Hausrecht für verbindlich erklären – und sie alle bringen den heutigen Standard der geschlechtergerechten Sprache mit, über den wir – im gesamten Sprachraum – seit Jahrzehnten landauf und landab kontrovers diskutieren und streiten. EINGESCHOBEN > Der Deutsche Bundestag hat sich auch schon vor der Verabschiedung der Bundesgleichstellungsgesetze mit dem Thema beschäftigt und 1991 den Beschluss gefasst, in der Amts- und Rechtssprache bevorzugt geschlechtsneutrale Formulierungen zu wählen, wofür eine interministerielle Arbeitsgruppe Empfehlungen insbesondere für die Formulierung von Gesetzen, Gesetzentwürfen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften ausgearbeitet hat. Ebenso haben die anderen Staaten des deutschen Sprachraums inzwischen ihre Gesetze und Weisungen zur Geschlechtergerechtigkeit – wie in Deutschland in der Regel nur mit Bezug auf Männer und Frauen – in der Sprache...