E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Lapp Adaptabilität
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7562-5568-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der Suche nach Anpassungsfähigkeit
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-7562-5568-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In einer VUKA-Welt belastet eine unbemerkt wuchernde Bürokratie die Fähigkeit, sich zeitnah an instabile Sachlagen anzupassen. Zu viele Vorgaben, die Agency am falschen Ort sowie lange Amtswege unterminieren die benötigte Adaptabilität. Das vorliegende Buch ist ein Impuls für Neugierige, sich schon jetzt mit der Kernfähigkeit des 21. Jahrhunderts auseinanderzusetzen. Wer oder was passt sich an? An wen oder was? Wer oder was wird angepasst? Auf wenigen Seiten führt das Buch durch Aspekte der Adaptabilität von Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen. Mit dem A.D.A.P.T.-Modell haben Organisationen, Gruppen und Einzelpersonen fünf Hebelpunkte für die neue Haltung zur Hand. Beispiele regen zum Mitdenken an. Am Schluss steht ein Schritt-für-Schritt Vorgehen zur Entwicklung bereit.
Michael Lapp ist Gründer der Unternehmensberatung memecon®. Er lebt heute in Neustadt als Bedeutungsgestalter, Blogger, Bildermacher, Berater, Coach und Trainer.
Autoren/Hrsg.
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RUNTER VOM HOLZWEG Holz lautet ein alter Name für Wald. Im Holz sind Wege, die meist verwachsen jäh im Unbegangenen aufhören. Sie heißen Holzwege. Jeder verläuft gesondert, aber im selben Wald. Oft scheint es, als gleiche einer dem anderen. Doch es scheint nur so. Holzmacher und Waldhüter kennen die Wege. Sie wissen, was es heißt, auf einem Holzweg zu sein. (Heidegger, 1950/2015) Martin Heidegger Der eigentliche Ärger für uns Menschen beginnt, wenn Subroutinen falsch eingespeist oder im Laufe der Zeit verfälscht oder schlicht unbrauchbar werden.13 Stafford Beer Alles beginnt am Rand eines Forstes. Holzarbeiter fällen die ersten Bäume. Mit der Zeit brechen sie eine Schneise in den Wald, auf der sie immer weiter in das Gehölz ein-dringen. Es entsteht der Holzweg, in den die Holzarbeitenden morgens hineinfahren und aus dem sie am Ende des Tages mit dem Lohn ihrer Arbeit wieder herauskommen. Je länger der Pfad genutzt wird, umso tiefer wühlen sich die Räder in den nachgiebigen Waldboden. Mit der Zeit bewegen sie sich auf dem eingefahrenen Weg wie auf Gleisen. Davon abzuweichen, erfordert große Anstrengungen. Am Ende ist der Holzweg eine Sackgasse, der nirgendwohin führt. Außer: zum nächsten Baum. Seit über einhundert Jahren befindet sich die Wirtschaft auf dem tayloristischen Holzweg. Die Ausbeute war bisher beeindruckend. Es hat sich bewährt, die Strukturen, die Abläufe und die Arbeitsweisen zu standardisieren. Allerdings müssen die Bereiche überschaubar bleiben, die Verhältnisse sich nur leicht verändern und ausreichend Zeit vorhanden sein, um Sachverhalte ausführlich zu untersuchen und einzuschätzen. Seit mehr als dreißig Jahren befinden wir uns auf der Überholspur. Die Informations- und Telekommunikationstechnologien (IuK) haben selbstverstärkende Erneuerungszyklen ausgelöst, die bis heute • die geografischen Entfernungen auf einen Mausklick zusammenschrumpfen lassen, • uns rasend schnell mit riesigen Mengen an Daten versorgen, • überraschende Veränderungen in allen Bereichen entstehen lassen und • die Zeit zum Überlegen oder für lange Entscheidungswege auf einen Lidschlag verkürzen. Überwältigt von dieser VUKA-Welt und ohne Hinweise auf mögliche Zukünfte orientieren sich Führende an der Vergangenheit. Aber: „Es wird nie wieder so sein, wie es einmal war“. (Doppler, 1994) Überholtes anpassen Seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts setzen Firmen auf straff organisierte Vorgehen. Die Aktivitäten sind so fein aufgeteilt, dass sie schnell erlernt und beliebig oft ohne zu denken, wiederholt werden können. Und das nicht nur bei „handwerklichen“, sondern auch bei leitenden Aufgaben. Die (Aus)Führenden verlieren dadurch den Überblick und das Verständnis für den Sinn ihres Tuns. Die Gliederung erfolgt nicht durch die handelnden Personen Vor-Ort, sondern durch „Fachleute“, die das betriebliche Geschehen, die In- und Outputs und die eingesetzten Arbeitsmittel nur vom Hörensagen kennen. Am Ende ergibt sich ein verbindlicher Ablauf, der den Mitarbeitenden wenig Spielraum lässt. Zusätzlich belasten die Vorgänge lange Berichts- und Dienstwege. Dies war so lange annehmbar, wie die Infrastruktur nur mit viel Aufwand angepasst werden konnte und aus diesem Grund für längere Zeit bestehen musste. Die VUKA-Welt braucht beschleunigte Ansätze für die Adaptabilität, die erst mit den heutigen Techniken14 umsetzbar sind - sofern die Entscheidenden bereit sind, sich von dem folgenden Ballast zu lösen. • Vielschichtige Hierarchiestufen mit den Verzerrungen der „Stillen Post“ ohne klare Verantwortung, mit viel Klüngelei und bereichsspezifischen Interessen. • Fachliche Silos mit eigenen Interessen, schwer koordinierbar, undurchschaubar, mit langatmigen Dienstwegen und Entscheidungen mit hohen Reibungsverlusten durch die Eigeninteressen der Nachbarsilos. • Überbordende Bürokratie, die die Kapazitäten der Beteiligten vergeudet und keine Zeit für die eigentlichen Aufgaben lässt. Gleichzeitig sind die Mitarbeitenden entmündigt, weil sie bei jedem Schritt um Erlaubnis fragen und im Falle von Eigeninitiative mit Nachteilen rechnen müssen. • One-Size-Fits-All-Lösungen, die alle Eventualitäten abdecken und sich im Einzelfall nicht an die Anforderungen des Moments anpassen lassen. Um in Zukunft adaptiv zu werden, kommen wir nicht umhin, offene Strukturen einzuführen, die das Erweiterte Unternehmen und Selbstorganisation ermöglichen. Für uneinsichtige Autokraten ist hier kein Platz mehr. Von starren zu offenen Strukturen Seit René Descartes betrachten wir die Welt, indem wir sie in immer kleinere Bestandteile zerlegen. Dies machen wir mit materiellen Dingen und abstrakten Themen. So entwickelten sich die immer feineren Bausteine der Welt, die in einer komplizierten Struktur zusammenwirken, wie die Bestandteile einer Maschine – Material, Teile, Komponenten und Systeme. Durch diese Aufteilung erhalten wir handhabbare Bestandteile, die wir untersuchen und erklären, um sie schließlich verbessern zu können. Bis heute nehmen wir an, dass die vollständige Planung und das bedachte Einstellen der Parameter zu einem funktionierenden Ganzen führt. Wir scheinen die Kontrolle zu haben und Hindernisse „ingenieursmäßig“ aus dem Weg räumen zu können - was uns zu einem enormen Fortschritt verholfen hat. • In wenigen Jahren wurden in den Sechzigern mehr als 400.000 NASA-Mitarbeitende koordiniert, um im Ganzen 27 Menschen zum Mond zu bringen und zurück. Dabei wurden 1600 Neuheiten erfunden, z.B. die Satellitenschüssel, der Joystick (die Steuerung der Mondrover), die Aluminium-Wärmedämmung und vieles mehr. • Die Firma ASML baut die komplizierteste Maschine der Welt. Der Twinscan NXE:3600D ist in der Lage, Chips mit Milliarden von Transistoren auf kleinstem Raum unterzubringen. • Die Herstellung von Produkten findet heutzutage global verteilt statt. Beispielsweise wird das iPhone von Apple von über 200 Lieferanten in 30 Ländern und über 170 Standorten hergestellt (Apple, 2022). Allerdings haben wir die Grenzen des Maschinenparadigmas erreicht. Arbeitsteilige Verbesserung und das bedenkenlose Abarbeiten von Aufgaben fördern den Verfall der Kernkompetenzen. Einer Organisation, die aus auf- und ineinander geschachtelten Kästchen besteht, die Teiltätigkeiten ausführen und allein nicht lebensfähig sind, fehlt die Zeit zur Adaption. Die Berichts- und Entscheidungswege sind so lang und unpraktisch, dass ein Unternehmen auf Hindernisse nicht mehr adäquat reagieren kann. Die Welt ändert sich so schnell, dass Lösungen bereits veraltet sind, bevor • die Situationen untersucht, • die Abläufe gestaltet und abgestimmt, • IT-Programme entwickelt und ausgerollt, • die Stellen freigegeben und besetzt sind und • die alles zur Verfügung stehen. Abbildung 15: Von der klassischen zur agilen Organisation Wir müssen lernen, auf die externen Einflüsse aus den Bereichen der Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Politik beschleunigt einzugehen. In den zukünftig fraktalen Organisationen entstehen spontan kleine autonome Einheiten, sogenannte Pods15 (Gray, et al., 2014). Diese Zellen, die eine Firma widerspiegeln, d.h. für sich ein Geschäft darstellen, bilden einen Schwarm von Mikrounternehmen16. Ein Pod passt sich an die jeweiligen Gegebenheiten an, verfolgt einen Zweck, ist auf seine Kunden ausgerichtet und liefert ein viables Ergebnis. Sobald die Angebote nicht mehr gebraucht werden, löst er sich wieder auf. Die Mitarbeitenden sind Mitglieder von mindestens einem Pod. Damit sich die Einheiten auf ihren Zweck konzentrieren können, erhalten sie Support von dem gemeinsamen „Betriebssystem“, das allgemeine Aufgaben übernimmt, wie z.B. die Buchhaltung, die Hausverwaltung oder die IT. Die Pods machen die früheren Chefs obsolet, da die kleinen Einheiten sich selbst steuern. Adaptabilität funktioniert nicht mit trägen Hierarchien. Die Einheiten bestimmen jetzt gemeinsam die Bestandteile der Zusammenarbeit, wie Ergebnisse, Kriterien und Termine. Sie gehen autonom vor – die Kontrolle erfolgt zeitnah durch das jeweilige Pod. Auf diese Weise...