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E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Latif Countdown

Unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-451-82717-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-451-82717-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Klimawandel ist längst schmerzhaft in Deutschland angekommen: extreme Hitze, lang anhaltende Dürre, Starkniederschläge mit Überschwemmungen und Tornados. Mojib Latif widmet sein neues Buch diesen Fragen: Welche Folgen wird der Klimawandel haben und was ist zu tun, ökologisch, ökonomisch, politisch und gesellschaftlich? 

Der Countdown läuft 

Die Klimaexperten der Vereinten Nationen schlagen Alarm. Das 1,5-Grad-Ziel steht auf der Kippe und könnte bereits in den nächsten fünf Jahren gerissen werden. Wird dieser Wert nachhaltig überschritten, hat das massive Folgen mit zunehmenden Schäden für den Menschen und unsere Lebensgrundlagen. Ein »Weiter so wie bisher« ist deshalb keine Option. Es braucht eine Revolution im Klimaschutz, bevor uns die Zeit davonläuft.  

Globale Erwärmung und ihre Auswirkungen  

Die globale Erwärmung beträgt gegenwärtig bereits 1,1 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit. Extremwetterereignisse gehören schon fast zu unserem Alltag und verursachen massive Zerstörungen. Können wir den Klimawandel überhaupt noch aufhalten? 

Tatsächlich gibt es noch Hoffnungsschimmer, dass wir das 1,5-Grad-Ziel erreichen werden. Und selbst die Politik scheint den Ernst der Lage erkannt zu haben. Der Ausstieg aus fossilen Energien ist im vollen Gange, und auch die Wirtschaft denkt um. Mojib Latif, Professor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung und Autor des Beststellers »Heißzeit«, ist überzeugt, dass wir den Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft innerhalb weniger Jahrzehnte schaffen können. 

Wo ein Wille, da ein Weg? 

Doch sein Appell bleibt: »Wir alle müssen es unbedingt wollen.« Jede und jeder Einzelne ist jetzt gefragt, denn – wir müssen handeln. Hierfür ist es wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen, den aktuellen Stand der Wissenschaft zu kennen, um die Gefahren richtig einordnen zu können. Mojib Latifs Buch gibt die notwendigen Einblicke dazu. Damit unser Planet lebenswert bleibt, bevor es zu spät ist.

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Der Countdown läuft – Vorwort
Das Zitat, das ich diesem Buch voranstelle, stammt vom italienischen Industriellen Aurelio Peccei, der 1968 zusammen mit dem Schotten Alexander King von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung[2] (OECD) den Club of Rome gegründet hatte, einen Zusammenschluss von Experten verschiedener Disziplinen. Anlass für die Gründung des Club of Rome vor nunmehr über einem halben Jahrhundert war die gemeinsame Sorge um die Zerstörung des Planeten, welcher die Gesellschaften mit ihren Einstellungen, Werten, Interessen sowie Programmen und Institutionen nichts entgegenzusetzen hatten.[3] 1972, vier Jahre nach seiner Gründung, erlangte der Club of Rome mit dem Bericht Die Grenzen des Wachstums[4] eine weltweite Aufmerksamkeit, die kaum größer hätte sein können. Dieser Bericht zur Lage der Menschheit warnte vor nicht weniger als dem teilweisen Zusammenbruch der menschlichen Zivilisation innerhalb der nächsten 100 Jahre, also noch im Verlauf dieses Jahrhunderts, sollten sich die damals beobachteten Trends wie zum Beispiel das Bevölkerungswachstum oder das Wirtschaftswachstum auf Kosten der natürlichen Ressourcen der Erde weiter fortsetzen. Die Weltbevölkerung würde drastisch zurückgehen und in Hunger und Elend versinken. Das Erscheinen von Die Grenzen des Wachstums kann mit Fug und Recht als Beginn der globalen Umweltdebatte verstanden werden. Im selben Jahr änderte zudem ein Foto buchstäblich unseren Blick auf die Welt, ein Bild von der Erde, das die Besatzung des Raumschiffs von Apollo 17 auf dem Weg zum Mond aus einer Entfernung von 45 000 Kilometern aufgenommen hatte. Es zeigt die „Vollerde“ und ist unter dem englischen Namen „Blue Marble“ bekannt, blaue Murmel. Eindrucksvoll verdeutlicht die Aufnahme die Schönheit und die Zerbrechlichkeit der Erde zugleich. Das Foto wurde zu einer Ikone der sich damals formierenden globalen Umweltbewegung. Eugene Cernan, Kommandant von Apollo 17, sagte in Bezug auf die Mondmission: „Wir brachen auf, um den Mond zu erkunden, aber tatsächlich entdeckten wir die Erde.“[5] Mit Die Grenzen des Wachstums hatte der Club of Rome den Menschen die Augen geöffnet. Der Bericht machte klar, dass ein „Weiter so wie bisher“ keine Option sei, dass man die Erde also nicht beliebig ausbeuten könne. Doch nach Erscheinen des Berichts hatten die Menschen ihre Augen gleich wieder geschlossen, um in diesem Bild zu bleiben. Denn die Trends haben nicht nur angehalten, sie haben sich sogar noch beschleunigt. Wir haben die planetare Geisterfahrt fortgesetzt, vor der der Club of Rome schon vor einem halben Jahrhundert gewarnt hat. Heute sind sich die allermeisten Expertinnen und Experten darin einig, dass der Club of Rome mit seiner Warnung recht gehabt hatte. 50 Jahre später nähern wir uns tatsächlich den Wachstumsgrenzen, und einige haben wir längst überschritten. Das ist überall auf der Welt spürbar, vor allem, aber nicht ausschließlich, an den dramatischen Auswirkungen der sich beschleunigenden und erwiesenermaßen von der Menschheit verursachten globalen Erwärmung, im Folgenden auch Klimawandel genannt. Die globale Erwärmung und ihre Auswirkungen stehen im Vordergrund dieses Buches. Infolge der steigenden Temperaturen häufen und intensivieren sich Wetterextreme rund um den Globus, unter denen Jahr für Jahr mehr Menschen zu leiden haben. Die Begrenzung des Klimawandels ist eine riesengroße Herausforderung für die Menschheit, und das in jeder Hinsicht: technologisch, finanziell und kulturell. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnete in seiner Rede anlässlich seiner Wiederwahl den Kampf gegen den Klimawandel und die damit in Zusammenhang stehende Transformation zu einer nachhaltigen Lebensweise als nichts weniger als die Überlebensfrage der Menschheit.[6] Weltweit wurde seit dem Erscheinen von Die Grenzen des Wachstums sehr viel Wissen über die auf die Menschen zukommenden Probleme gesammelt. So hat sich seit den 1970er Jahren die Forschung zum Klimawandel und seinen möglichen Auswirkungen intensiviert. Computermodelle wurden entwickelt, um die zukünftige Klimaentwicklung vorherzusagen. Die frühen Berechnungen zur Veränderung des Klimas infolge des menschlichen Ausstoßes von Treibhausgasen, die vor ungefähr 30 Jahren durchgeführt worden waren, sind in groben Zügen von der Realität bestätigt worden. Die Wissenschaft entwickelte daneben Strategien, um die Probleme zu vermeiden, die ein fortgesetzter Treibhausgasausstoß für das Erdsystem heraufbeschwören würde. Ein wirklicher Wandel jedoch wurde nicht eingeleitet – die Idee des „Abenteuer des Geistes“, wie Peccei die von ihm geforderte „kulturelle Revolution“ auch bezeichnete, geriet in Vergessenheit. Warum kommen wir nicht vom Wissen zum Handeln? Was läuft schief, und warum kommen wir so gut wie nicht voran, wenn es um die Begrenzung des Klimawandels geht und um andere globale Probleme, vor denen die Menschen stehen? Niemand bestreitet doch den Mangel an Nachhaltigkeit und dass unsere Lebensweise nicht zukunftsfähig ist. Ebenso wenig die offensichtlichen Probleme, die daraus entstehen, und schon gar nicht den Zeitdruck bei der Begrenzung des Klimawandels, mal abgesehen von einigen wenigen „Querdenkern“, wie ich die Menschen bezeichnen möchte, die sich von der Wissenschaft und vom Staat insgesamt abgewendet haben. Diese Personen, zu denen inzwischen auch einige prominente Politikerinnen und Politiker zählen wie Donald Trump, der ehemalige Präsident der USA, sind Fakten und sachlichen Argumenten nicht mehr zugänglich, was schon für sich genommen ein Hindernis für einen tiefgreifenden Wandel darstellt, zudem sie darüber hinaus auch noch lautstark Stimmung gegen die Demokratie machen. Sollten wir als Gesellschaft nicht die Offenheit haben, uns nicht allein auf das zu konzentrieren, was wir wissen, sondern auch danach zu fragen, was wir nicht wissen? Was haben wir zur Herbeiführung des Wandels übersehen? Viele Jahre lang glaubten wir – auch in Teilen der Wissenschaft, und ich will mich hier nicht ausnehmen –, dass Wissen allein zum Handeln führe. Zum Beispiel, dass wissenschaftliche Daten, wie die in der Abbildung 1 gezeigten, eine starke Geschichte erzählen und ein Umdenken in der Klimapolitik bewirken würden.   Abbildung 1: Der leicht geglättete Kohlendioxid-(CO2-)Gehalt der Atmosphäre (ppm) und die globale Temperatur an der Erdoberfläche (°C) für den Zeitraum 1880 bis 2020. Die Temperatur ist gezeigt als Abweichung gegenüber dem Mittelwert von 1881 bis 1910. Quelle: Climate Central.   Dürfen wir das in der heutigen Zeit weiter annehmen? Müsste uns nicht der praktisch parallele Anstieg der atmosphärischen Treibhausgase und der Temperatur an der Erdoberfläche längst zum Handeln gezwungen haben? Glauben wir immer noch, dass Wissen, gepaart mit öffentlicher Aufmerksamkeit, ausreicht, um die notwendigen Transformationen herbeizuführen? Oder besteht vielleicht sogar die Gefahr, dass der Diskurs über das Thema Nachhaltigkeit zur Bildung eines Gegenpols beiträgt, der die Spaltung von Gesellschaften befördert und populistische Kräfte stärkt? Haben wir nicht genau eine solche Spaltung im Verlauf der Klimadebatte in den USA beobachten müssen? Eine Spaltung der Gesellschaft würde die gesellschaftliche Transformation oder die kulturelle Revolution, wie Aurelio Peccei es nannte, nicht einfacher machen, was mir große Sorgen bereitet. Ich überzeichne die Lage jetzt einmal bewusst: Die Aufklärung scheint irgendwie unter die Räder zu kommen. Fakten scheinen keine Fakten mehr zu sein. Politik und Medien werden in einigen Kreisen zu Hassbildern – ich selbst bekomme Hass-E-Mails. All dies weist auf eine gefährliche Entwicklung in unserer Gesellschaft hin, auch im Sinne einer zunehmenden Wissenschafts- und Demokratiefeindlichkeit. Außerdem nehme ich eine zunehmende Verrohung der Gesellschaften wahr, aufgrund derer es immer schwieriger zu werden scheint, notwendige Maßnahmen durchzusetzen, um Probleme zu lösen. Ein aktuelles Beispiel ist die Corona-Krise, wo unversöhnliche Positionen bezüglich der Notwendigkeit von freiheitseinschränkenden Maßnahmen oder einer Impfpflicht aufeinanderprallen. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sah sich im November 2021 genötigt, in die Debatte einzugreifen und die Impfgegner zu fragen: „Was muss eigentlich noch geschehen, um Sie zu überzeugen?“[7] Ich könnte genauso die Länder unserer Welt fragen: „Was muss eigentlich noch geschehen, damit Sie endlich das Klimaproblem angehen?“ Zeit bleibt den Menschen kaum noch, um die Antworten auf die drängenden Fragen zu finden, die der sich beschleunigende Klimawandel und andere sich am Horizont abzeichnenden Probleme ihnen stellt. In der Theorie ist die Lösung vieler globaler Probleme, einschließlich des Klimaproblems, denkbar einfach. Man müsste nur der Vernunft folgen und die vorhandenen Möglichkeiten nutzen. In der Praxis klappt es nicht. Die menschliche Gesellschaft ist kein Computerspiel, in dem alles nach festgelegten Regeln abläuft. Es gibt jede Menge sich widersprechender Interessen, je nach Standpunkt legitime und illegitime. Die Länder scheitern schon beim Festlegen der Spielregeln, was uns die Weltklimakonferenzen Jahr für Jahr aufs Neue vor Augen führen. Ein wenig Zeit bleibt der Menschheit noch, um den Weg in die Nachhaltigkeit zu finden, damit die Welt nicht vollends aus den Fugen gerät. Nutzen wir diese Zeit und verharren wir nicht in sinnlosen...


Mojib Latif, geb. 1954, ist Professor am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und wurde im Jahre 2000 mit dem »Max-Planck-Preis für öffentliche Wissenschaft« ausgezeichnet. Er ist Meteorologe und Verfasser zahlreicher Veröffentlichungen zum Klimawandel.



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