E-Book, Deutsch, Band 10, 441 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm
Reihe: Super alta perennis
Laureys / Simons / Baumann Die Kunst des Streitens
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-86234-096-5
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Inszenierung, Formen und Funktionen öffentlichen Streits in historischer Perspektive
E-Book, Deutsch, Band 10, 441 Seiten, Format (B × H): 158 mm x 240 mm
Reihe: Super alta perennis
ISBN: 978-3-86234-096-5
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtliche Themen Mentalitäts- und Sozialgeschichte
- Geisteswissenschaften Sprachwissenschaft Sprachwissenschaften
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Geschichtliche Themen Kultur- und Ideengeschichte
- Geisteswissenschaften Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;7
2;Einleitung;11
3;I. Antike und Mittelalter: Streit in und mit Texten;19
3.1;Viel Lärm um Nichts? Ästhetik des Streite(n)s und inszenierte Streitkultur in Aristophanes’ Fröschen;21
3.2;Altchristliche Hymnen und Lieder als Instrument doktrinärer Streitigkeiten (Hilarius – Ambrosius – Augustinus);41
3.3;Kann man Christus verdauen? Die theologische Deutung des Abendmahls als Thema eines hochmittelalterlichen Streitgedichts;67
3.4;Performance, argument, and assembly politics (ca. 1080 – ca. 1160);87
4;II. Frühe Neuzeit: Literarische Formen der Streitkultur;109
4.1;Ein erster Ansatz zur Konstituierung einer humanistischen Streitkultur: Petrarcas Invective contra medicum;111
4.2;Magnus animi tui candor, or: How Julius Caesar Scaliger told Geronimo Cardano that he was a fool;129
4.3;Polemique et onomastique chez Erasme;147
4.4;›Luther gegen Eck, Luther gegen Erasmus und Castellio gegen Calvin‹. Die Normalform reformatorischer Streitgespräche und die Entgleisung eines innerprotestantischen Streits;169
4.5;Petromachies renaissantes: de la dispute rituelle au combat des idees a l’ombre des ›pierres parlantes‹;221
4.6;Die Kunst des Streitens. Clement Marots Bittbriefe an Francois Ier;247
5;III. Frühe Neuzeit: Soziale Dimension und Funktion ›öffentlichen‹ Streitens;259
5.1;Streitkultur. Die ›Invektive‹ bei den italienischen Humanisten;261
5.2;Liebe die Reuchlinisten, verachte die Arnoldisten. Die Reuchlin-Kontroverse und der Humanistenkreis um Mutianus Rufus;297
5.3;Struktur – Konzept – Temperament. Jakob Wimpfelings ›Fehden‹;319
5.4;Streitkulturen. Perspektiven der Volkskunde/Europäischen Ethnologie;333
5.5;Factus est maximus tumultus cum scandalo. Rangkonflikte im kurialen Zeremoniell der Renaissance;355
6;IV. 18. / 19. Jahrhundert: Streitkultur im Übergang zur Moderne;379
6.1;Zum Streit um Sprache im siglo ilustrado: Themen, Textsorten, Typen der Argumentation;381
6.2;›Mental Men and Bodily Women‹: Argument as Marital Row in the Scriblerian Circle;401
6.3;Duelling and the Culture of British Romantic Literature;421
7;Index Nominum;437
"Zum Streit um Sprache im siglo ilustrado: Themen, Textsorten, Typen der Argumentation (S. 379-380)
Claudia Polzin-Haumann
1. Einleitende ?berlegungen zur Fragestellung
Auch der metasprachliche Diskurs, also das Sprechen, Nachdenken und Diskutieren über Sprache, ist durch Streit geprägt. Die je spezifische Form des Streits (aufgefasst als öffentliche Auseinandersetzung über gegebene Phänomene zwischen verschiedenen Individuen oder gesellschaftlichen Gruppen) wird dabei in grundlegendem Maße determiniert zum einen von der Epoche, zum anderen von der Sprachgemeinschaft, in der über sprachliche Fragen gestritten wird. Im Einzelnen stellen sich vor allem folgende Fragen: Wer streitet (mit wem)? Über welche metasprachlichen Themen wird im Einzelnen gestritten?
In welchen Medien werden die Auseinandersetzungen ausgetragen? Dabei ist Medium im gegebenen Fall im Sinne von ›Textsorte‹ zu verstehen; es geht um die Frage, welches konkrete Podium die Akteure nutzen, um eine bestimmte Position vorzubringen, sich auf eine andere zu beziehen etc. Das Kriterium ›Öffentlichkeit‹ ist natürlich in Abhängigkeit von der Epoche zu bestimmen (wobei die Frage, wo in einer gegebenen Zeit ›Öffentlichkeit‹ beginnt, durchaus nicht immer einfach zu beantworten ist).
Schließlich sind auch die Argumentationen selbst ein relevanter Untersuchungsgegenstand. Im Unterschied zu den Themen könnte man hier von einer Mikroebene sprechen; zu fragen ist also, in welcher Art undWeise genau, z. B. mit welchen Kriterien oder in welcher argumentatorischen Form die Akteure die inhaltlichen Themen behandeln. Im Folgenden sollen diese Fragen am Beispiel des metasprachlichen Diskurses zum Spanischen im 18. Jahrhundert exemplarisch behandelt werden. Ziel ist dabei insbesondere, das Konzept der Streitkultur zu integrieren, das mir in mehrerer Hinsicht einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn verspricht. Von den eingangs genannten Aspekten konzentrieren sich die Ausführungen besonders auf die Themen, die Textsorten sowie die Argumentationskriterien und -formen. Die Akteure werden dabei ansatzweise mit behandelt, stellen aber wegen des begrenzten Raums zunächst keine eigene Analysekategorie dar.
2. Zum Streit um Sprache im siglo ilustrado
2.1 Themen
Insgesamt lassen sich drei große Themenfelder ausmachen, die im siglo ilustrado zum Gegenstand metasprachlichen Streits werden. Als erstes sind die Diskussionen um die Bewertung und Verteidigung des Spanischen zu nennen, vor allem gegenüber dem Französischen und dem Latein, aber auch gegenüber regionalen, sozialen, situativen und chronologischen Varianten des spanischen Kontinuums. Es geht also gewissermaßen um das Spanische als Ganzes, das mit anderen sprachlichen Entitäten gemessen, gegenüber diesen situiert, von diesen abgegrenzt wird.
Gestritten wird zweitens über verschiedene Konzeptualisierungen von Sprachgeschichte. Die Akteure formulieren unterschiedliche Wertungen sprachgeschichtlicher Entwicklung, sie entwickeln unterschiedliche Modelle, die spezifischeMöglichkeiten bzw. Notwendigkeiten der Beeinflussung dieses Entwicklungsverlaufs implizieren. Und schließlich sind drittens metasprachliche Diskussionen zu verzeichnen, die den Ausbau, die Pflege und die Normierung des Spanischen betreffen.
Es geht hier alsoumdie Optionen, die zur konkreten Gestaltung der im Zuge der o.g. Verteidigungs- und Bewertungsprozesse entwickelten normativen Vorstellungen vorgebracht werden. In der Regel sind diese Diskussionen auf den Wortschatz und die Morphologie zentriert. Für den vorliegenden Beitrag greife ich den erstgenannten Bereich heraus: die Bewertung und Verteidigung des Spanischen gegenüber dem Französischen."