Lehmann / Eitmann | Systemische Lerntherapie | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 158 Seiten

Reihe: Systemische Pädagogik

Lehmann / Eitmann Systemische Lerntherapie

Ein integrativer, beziehungs- und ressourcenorientierter Ansatz
aktualisierte
ISBN: 978-3-8497-8346-4
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein integrativer, beziehungs- und ressourcenorientierter Ansatz

E-Book, Deutsch, 158 Seiten

Reihe: Systemische Pädagogik

ISBN: 978-3-8497-8346-4
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lerntherapie ist mehr als Nachhilfe. Sie wirft einen ganzheitlichen Blick auf das Kind und seine Lernstörungen und begreift diese nicht als Defizit, sondern als Lernchance fu¨r das Kind und seine Umwelt.

Mike Lehmann und Jens Eitmann leiten dazu an, wie man auf wertschätzende und ressourcenorientierte Weise mit dem Kind und seinen Bedu¨rfnissen arbeitet, die Ursachen fu¨r eine Lernstörung ergru¨ndet und dem Kind dabei hilft, durch Neugier, Kreativität und Begeisterung wieder sein volles Potenzial zu entfalten. Weil es dafu¨r kein Patentrezept gibt, das bei jedem Kind und jedem Problem helfen wu¨rde, vermitteln die Autoren Methoden, wie Lerntherapeuten gemeinsam mit ihren Schu¨lern den individuell besten Weg erarbeiten können.

Im Kernteil des Buches werden die Leitlinien der systemischen Lerntherapie anhand von Fallbeispielen aus der praktischen Arbeit erläutert.

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Zielgruppe


Lerntherapeuten, Psychotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Kinderärzte, Familienhelfer, Schulsozialarbeiter, Lehrer, Erzieher, Eltern

Weitere Infos & Material


2Theoretischer Hintergrund
2.1Neurobiologie und die Folgen
2.1.1Genetik und zwischenmenschliche Beziehungen Warum ein Abschnitt über Genetik in diesem Buch, wo es doch oft heißt, Gene werden vererbt, stehen in ihrer Struktur fest und bestimmen so unsere Wesenseigenschaften? Nun, einfach deshalb, weil diese Annahme falsch ist, wie die Neurobiologie vor erst relativ kurzer Zeit herausgefunden hat. Zwar stimmt es, dass sich die Struktur, also der Aufbau der Gene, im Leben des Menschen nicht verändert. Nur ist dies gar nicht der springende Punkt, sondern es kommt folgender entscheidender Faktor hinzu: Die Aktivität unserer Gene wird reguliert. Ob sie aktiv sind, steht keinesfalls von vornherein fest, sondern die meisten Gene werden je nach Situation und Bedarf angeschaltet und auch wieder abgeschaltet. Es gibt einen ganz schönen Vergleich (er stammt von dem Genforscher Jens Reich, zit. nach Bauer 2013, S. 8), der besagt, dass unsere Gene wie ein Konzertflügel seien. Für jede Saite des Flügels steht der Ton, den sie erzeugt, fest, er ist nicht veränderbar. Sie muss aber erst angeschlagen werden, damit der Ton tatsächlich erklingt. Das Musikstück ergibt sich aus der Kombination der verschiedenen Töne, die ja keinesfalls alle konstant gleichzeitig erklingen dürfen, und es ist erst dann zu hören, wenn der Spieler, der am Flügel sitzt, zu spielen beginnt. Aus sich selbst heraus kann der Flügel keine Musik machen. Was tun die Gene in unserem Körper, wofür sind sie da? Sie tragen unsere Erbanlagen, das heißt, unsere biologische Grundausstattung wird immer weitervererbt. Dies geschieht dadurch, dass die Gene die Baupläne für neu zu bildende Zellen in sich tragen. Im Rahmen unseres Themas, der Lerntherapie, haben die Gene ihre besondere Bedeutung, weil sie die Baupläne für bestimmte Substanzen im Körper liefern, die entscheidend für das Zusammenspiel aller Körperzellen und damit für unser gesamtes Erleben und Handeln sind. Diese Substanzen sind die Proteine (Eiweißstoffe), die alle wichtigen biochemischen Abläufe regulieren. Zu den Proteinen gehören neben den Enzymen und Hormonen auch die Botenstoffe (Transmitter) und Empfängerstationen (Rezeptoren), die für die Reizweiterleitung zwischen den Nervenzellen zuständig sind. Alle diese unzähligen kleinen Teile des Körpers spielen zusammen, und wenn irgendwo wieder ein Enzym benötigt wird, wird dasjenige Gen, das über den entsprechenden Bauplan verfügt, aktiviert, und so kann das Enzym korrekt hergestellt werden. Ein Gen wird zur Herstellung eines Proteins aktiviert, indem quasi neben dem Gen ein Botenstoff andockt. Es gibt verschiedene Arten von Andockstationen und ebenso verschiedene Arten von Botenstoffen, und die Genaktivierung klappt nur dann, wenn beide zueinanderpassen. Die Deaktivierung des Gens, wenn das Protein nicht weiter hergestellt werden soll, funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Jetzt sind wir bei der für uns spannenden Frage angelangt: Wie kommt es dazu, dass ein Botenstoff ausgesendet wird und so die Aktivierung (oder die Deaktivierung) eines bestimmten Gens veranlasst? Die Signale, die zur Aussendung der Botenstoffe führen, können zum einen aus dem Körperinneren, zum anderen aber auch aus der Umwelt kommen. Manche Botenstoffe können sogar mit der Nahrung oder nichtstofflich, zum Beispiel durch UV-Licht, aufgenommen werden und so zu Veränderungen im Körper führen. Für uns im Moment besonders interessant ist die Bedeutung sozialer Signale, also was wir im Zusammenhang mit anderen Menschen erleben und dass sie durch unsere Wahrnehmungskanäle und unser Gehirn in biologische Signale umgewandelt werden. Auf diesem Wege werden ebenfalls Botenstoffe erzeugt und ausgesendet. Tatsächlich ist der Einfluss der Signale, die aufgrund des Erlebens mitmenschlicher Situationen im Gehirn entstehen, auf die Genregulation am größten. So passt sich der Körper durch die ständige Regulation der Genaktivität permanent an die momentanen Umweltbedingungen an. Besonders anschaulich und gleichzeitig für uns von besonderer Bedeutung ist die funktional gegensätzliche Genaktivierung in Abhängigkeit davon, ob eine konkrete Situation als bedrohlich oder als angenehm erlebt wird. In einer bedrohlichen oder gefährlichen Situation werden die Gene in den Alarmzentren des Gehirns aktiviert. In der Folge werden Alarmbotenstoffe ausgesendet, die unter anderem zur Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems, der Senkung der Immunabwehr und der Selbstheilungskräfte führen sowie Schädigungen an Hirnstrukturen auslösen können. Gleichzeitig wird die Aktivität desjenigen Teiles des Vorderhirns herabgesetzt, das für zielgerichtetes Handeln zuständig ist. Infolgedessen greift man stärker auf bekannte Handlungsmuster zurück und stellt sich weniger gut auf die aktuelle Situation ein. Des Weiteren werden innere Unruhe und Angst spürbar. Ganz anders in einer freundlichen Situation, die beispielsweise ein Kontakt mit einem netten Menschen oder eine interessante Aufgabe sein kann: Hier klingen die Töne des Konzertflügels angenehm. Nicht nur, dass die in der Gefahrensituation aktivierten Gene nun ruhig bleiben, vielmehr werden unter anderem Gene angesprochen, deren Protein-Produkte sogenannte Wachstumsfaktoren für Nervenzellen sind. Durch sie werden die Leistungsfähigkeit der Nervenzellen und ihre wechselseitigen Vernetzungen mittels der Bildung von Synapsen erhöht. Die wesentlichen Fakten dieses Abschnitts beruhen auf dem Buch Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern (2013), dessen Autor Joachim Bauer wörtlich schreibt: »Wir selbst wirken durch die Gestaltung unserer zwischenmenschlichen Beziehungen entscheidend daran mit, was sich biologisch in uns abspielt. Aus dem, was wir über die biologische Bedeutung sozialer Beziehungen heute wissen, ergibt sich eine neue Dimension der Verantwortung.« (S. 11). Und weiter: »Unsere Gehirnstrukturen (besitzen) spezialisierte Systeme, die auf Beziehungsaufnahme und Beziehungsgestaltung angelegt sind. Wie neuere große arbeitsmedizinische Studien zeigen, sind ›soft facts‹, das heißt Arbeitsbedingungen, die mit Beziehungsgestaltung und mit der Regulation von Stressfaktoren zu tun haben, zur mittlerweile führenden Erkrankungsursache geworden. Überall dort, wo zwischenmenschliche Beziehungen quantitativ und qualitativ abnehmen, nehmen Gesundheitsstörungen zu« (S. 19, Hervorh. im Orig.). Zwar beziehen sich die zuletzt erwähnten Studien auf Arbeitsbedingungen Erwachsener, doch gilt die ganz grundlegende Wichtigkeit sinnhafter und konstruktiver menschlicher Beziehungen mindestens genauso für Kinder und ihre Entwicklung. 2.1.2Spiegelneurone, Spiegelung und Entwicklung Eine der zentralen Erkenntnisse der Neurobiologie ist die Tatsache, dass das Gehirn darauf ausgelegt ist, vielfältige soziale Erfahrungen zu machen, und dass die Art dieser Erfahrungen einen starken Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung hat. Und der Mensch ist darauf ausgelegt, in Kontakt und Kommunikation mit anderen Menschen zu sein. Wer auf diese Welt kommt, kann ohne die Unterstützung anderer Menschen nicht überleben, das gilt nicht nur in körperlicher, sondern auch in seelischer Hinsicht. Eine der entscheidenden Fähigkeiten, die unser Gehirn mitbringt, ist die Möglichkeit der Spiegelung dessen, was ein anderer Mensch tut oder was in ihm vorgeht. Das Prinzip ist folgendes: Für jede Bewegung, die man machen kann, gibt es bestimmte Neurone (Nervenzellen), die diese Bewegung steuern. Der Clou ist, dass genau diese Neurone auch dann aktiv werden, wenn wir beobachten (oder hören), wie jemand anderes diese Bewegung macht. Das kann alles Mögliche sein – ein Greifen nach einem Gegenstand, ein Stirnrunzeln, ein Lächeln, eine Drohgebärde oder ein Schmerzsignal. Unser Gehirn erzeugt quasi eine Simulation des anderen in uns selbst. Überdies funktioniert dieser Mechanismus nicht nur für körperliche Bewegungen, sondern auch in Bezug auf Gefühle. Da wir das, was wir beim anderen wahrnehmen, in uns selbst abbilden, färbt seine Befindlichkeit gewissermaßen auf uns ab – wer ängstlich ist, wird eher ruhiger, wenn sein Gegenüber gelassen bleibt, oder wenn der Partner Schmerzen erleidet, spürt man sie selbst körperlich. Die Neurone, die diese Spiegelungseigenschaft besitzen, heißen Spiegelneurone. Sie wurden von dem italienischen Forscher Giacomo Rizzolatti entdeckt; eine anschauliche Darstellung bietet Bauer (2006). Aufgrund dessen, was wir beim anderen wahrnehmen, und der Aktivität unserer Spiegelneurone bildet sich in unserem Gehirn eine Repräsentation der Befindlichkeit des anderen. Je besser unserem Gehirn dies gelingt, desto stärker ist das ausgeprägt, was wir Empathie oder Einfühlungsvermögen nennen. Aber dass wir darüber verfügen, fällt nicht vom Himmel. Das tut nur die Möglichkeit, es zu lernen...


Mike Lehmann, Diplom-Psychologe; Systemischer Körperpsychotherapeut (GST), Systemischer Einzel-, Paar- und Familientherapeut (DGSF), Systemischer Kinder- und Jugendlichentherapeut (GST). Tätig als Lösungsorientierter Sachverständiger für Amtsgerichte und Oberlandesgerichte in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin; Lehrtherapeut, Dozent für Aus- und Fortbildungsinstitute; Systemische Therapie und Beratung in eigener Praxis.

Jens Eitmann, Dr. phil.; Studium der Psychologie; Elternberater (familylab); Dozent und Institutsleiter in der therapeutischen Weiterbildung.



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