E-Book, Deutsch, 308 Seiten
Livnat Der Prophet des Staates
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-593-41206-1
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Theodor Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels
E-Book, Deutsch, 308 Seiten
ISBN: 978-3-593-41206-1
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;8
2;I. Einleitung;10
3;II. Vorgeschichte: »Wir haben ein herrliches lebendiges Symbol begraben müssen«;26
3.1;1. Die Legende Herzl entsteht;30
3.2;2. Erinnerungen der Zeitgenossen;36
3.3;3. Instrumentalisierung der Erinnerung innerhalb der Zionistischen Bewegung;46
3.4;4. Revisionismus – »Herzl-Zionismus«;57
3.5;5. Religion und Zionismus – Herzl als falscher Messias?;62
3.6;6. Am Vorabend der Staatsgründung;67
4;III. Herzl im kollektiven Gedächtnis Israels;71
4.1;1. Politische Gedenkrituale;71
4.1.1;1.1 Die Staatsgründung – Herzl, Chose ha-medina;71
4.1.2;1.2 Das Staatsbegräbnis am Herzl-Berg – Herzls letzte Ruhestätte als Erinnerungsort;93
4.1.3;1.3 Routiniertes Gedenken – Vom nationalen Anliegen zum Pflichttermin;114
4.1.4;1.4 Herzl zwischen den Fronten: Der »jüdische Staat« oder der »Judenstaat«?;160
4.2;2. Kinder- und Jugenderziehung – Herzl, der Vater aller Kinder;191
4.2.1;2.1 Herzl in Curricula und Lehrbüchern;197
4.2.2;2.2 Herzl in der Kinder- und Jugendliteratur;223
4.3;3. Kulturelle Annäherung;228
4.3.1;3.1 Herzl in der bildenden Kunst;229
4.3.2;3.2 Herzl im Film;242
4.3.3;3.3 Annäherungen in der Literatur und auf der Bühne;251
4.3.4;3.4 Musikalische Annäherungen an Herzl;269
5;IV. Ausblick;279
6;V. Quellen und Literatur;289
7;VI. Dank;305
8;VII. Glossar;306
2. Kinder- und Jugenderziehung – Herzl, der Vater aller Kinder (S. 190-191)
Der erste Teil des Buches hat gezeigt, dass die Erinnerung an Theodor Herzl für politische Zwecke instrumentalisiert und von unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen für sich beansprucht wurde, wobei sich drei unterschiedliche Phasen zeigten. Dieses Musters spiegelt sich auch im israelischen Erziehungswesen wieder, sowohl im schulischen Bereich, also in Curricula und Lehrbüchern, im informellen Bereich von Jugendbewegungen und anderen außerschulischen Bildungsaktivitäten, als auch in Kinderund Jugendbüchern. Zusammengenommen bilden sie den entsprechenden Rahmen zur Erziehung für die Gesellschaft und die Rückversicherung der nationalen Identität, die sich über das kollektive Gedächtnis konstruiert.
Vor allem Schulbücher offenbaren im Erziehungsbereich die jeweiligen Muster des kollektiven Gedächtnisses, da hier die Verbindung von Geschichte und Erinnerung besonders präsent ist. In Schulbüchern werden Bilder transportiert, die genau das wiedergeben, was der politische Entscheidungsträger im kollektiven Gedächtnis bewahrt sehen will.642 Mehr noch, der Unterricht, und im Besonderen der Geschichtsunterricht, dient nicht nur dazu, die Vergangenheit zu verstehen, sondern auch dazu, die Zukunft zu formen.643 Auch wenn Wirkung und Einfluss von Schulbüchern nicht wirklich gemessen werden können, ist klar, dass sie über den Klassenraum hinaus wirken.
Schulbücher, vor allem im Fach Geschichte, vermitteln die als bewahrenswert erachteten politischen und sozialen Grundsätze der Gesellschaft. Über sie werden sowohl das Selbst- als auch das Fremdbild ausgebildet und konstruiert. Die Auswahl des Lernstoffes ist dabei auch aus Sicht des kollektiven »Vergessens« interessant, die gerade in Bezug auf Theodor Herzl, wie noch gezeigt wird, dazu führte, dass nur bestimmte Aspekte seines Lebens und Werkes Eingang in den schulischen Kanon fanden. Im Erziehungswesen zeigen sich zudem deutlich viele der wichtigsten Entwicklungen und Spannungen innerhalb der israelischen Gesellschaft, wie etwa »die Tendenz zu organisatorischer Expansion, das Streben nach Demokratisierung, die Notwendigkeit, die Hauptlinien ihrer kollektiven Identität zu entwerfen, die Spannungen zwischen elitistischer und populistischer Einstellung und zwischen nach innen und nach außen gerichteter Orientierung«.
Das israelische Erziehungssystem wurde in der Zeit des Jischuw begründet. Die ersten zionistischen Siedler, die nach Palästina kamen, drückten dem Erziehungswesen einen ideologischen Stempel auf, der sowohl inhaltlichen als auch strukturellen Einfluss hatte. 1903 wurde die Palästinensische Lehrervereinigung gegründet, »unter dem Protektorat der zionistischen Bewegung«,645 die die ersten offiziellen Lehrbücher veröffentliche. Der Zionismus wurde von allen Parteien auch als erzieherischer Anspruch begriffen. Die Ideale des Zionismus sollten in der Erziehung vermittelt werden, entsprechend der jeweiligen Ausrichtung. So gab es innerhalb des Erziehungswesens drei Strömungen, die Arbeiterströmung, die religiöse und die allgemeine Strömung.