E-Book, Deutsch, 400 Seiten
MacKay Dämonentage
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-492-99233-6
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Selbst auf die dunkelste Nacht folgt ein neuer Morgen.
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
ISBN: 978-3-492-99233-6
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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2
Inzwischen hatten Adrianas Fingernägel tiefe Furchen in ihre Handballen gegraben. Das konnte doch nicht wahr sein! Wieso ihre Freunde? Warum hatten sie das alles nicht besser geplant? Verdammt, Adriana, die Dämonentage sind kein Kindergeburtstag! Wenn Eloy, Dakota und Rico gefressen wurden … Das Rolltor über der Tür bewegte sich. »Harry?« Adrianas Kopf ruckte herum. Jetzt klapperte es auch vor den Fenstern im Wohnzimmer, als sich dort die stählernen Sicherheitsrollläden senkten. »Stopp!« Adriana griff sich in ihre Haare, die schon völlig zerwühlt waren. »Haltet das auf!« »Ich versuche es ja, aber irgendetwas klemmt hier …«, murmelte Harry. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Sicherheitsrollo schon zu einem Viertel über die Türöffnung gesenkt. Aber immerhin war das Tor an der Einfahrt noch offen. Adriana nahm eine Bewegung in den Büschen im Park wahr, nicht mehr als verwischte Schatten. Etwas kam auf sie zu. Scheiße! Verwirrt warf sie einen Blick auf Harry, der nun wild auf das Schaltpult einhämmerte. »Blödes Ding, mach endlich, was ich sage!« War es vielleicht besser, einfach das Sicherheitssystem alles verriegeln zu lassen, bevor ein Dämon angesprintet kam und Harry fraß? Das hatte ihr Gastgeber wirklich nicht verdient. Aber dann waren ihre Freunde auf sich allein gestellt. Doch diese Entscheidung wurde Adriana abgenommen. Gerade als die Tür schon halb verriegelt war, sprangen ihre Freunde aus dem Dickicht des Parks. »Hier drüben! Schnell!« Adriana bückte sich, um ihren Freunden zu winken, während sich das Stahltor unaufhaltsam weiter senkte. Dakota bemerkte sie als Erste und zeigte den Jungs, wo es langging. Zu dritt rannten sie über die große Wiese des Parks auf die Auffahrt der Villa zu. Unruhig knetete Adriana ihre Hände. »Harry, der Stuhl!« »Wie?« Doch Adriana wartete nicht, bis er verstand, sondern zog den Metallstuhl einfach unter Harrys Hintern weg, um ihn zwischen Rollo und Türschwelle zu klemmen. Es funktionierte. Das Rollo ratterte, aber der Stuhl hielt es auf. Vorerst zumindest … Schon wollte Adriana aufatmen, doch dann bemerkte sie, dass der Stuhl sich bereits leicht verbog. »Showtime«, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Es war Molly. »Die Dämonentage haben soeben begonnen.« Als hätten Tequila und Whiskey die Worte verstanden, rannten sie jaulend von der Eingangshalle der Villa zurück ins Wohnzimmer, wobei sie sich immer wieder hektisch umschauten. »Schneller!«, rief Adriana ihren Freunden zu. Eloy, Rico und Dakota rannten, als wäre der Teufel hinter ihnen her, na ja, oder seine Ausgeburten der Hölle eben. Im Licht der Parklaternen erinnerten Dakotas Haare an die Farbe von Butterblumen. Auf einmal blitzten grüne Augen hinter ihnen aus den Büschen. Scheiße, Delta-Dämonen! Um nicht umzukippen, musste sich Adriana an Mollys Arm festklammern. »Lauft schneller!« Zeitgleich durchbrachen die ersten Deltas die Baumreihen und hetzten Adrianas Freunden hinterher. Ihre schwarzen Jagdhundkörper waren in der hereinbrechenden Dunkelheit kaum auszumachen. Nur ihre neongrün leuchtenden Augen und ihr ebenso grün leuchtender Sabber, der aussah, als handele es sich dabei um eine verstrahlte Flüssigkeit, hoben sich von der nachtschwarzen Umgebung ab. »Nicht umdrehen! Lauft!« Vor Aufregung vergaß Adriana fast zu atmen. Die Deltas heulten, wahrscheinlich um den anderen Dämonen anzuzeigen, wo es etwas zu fressen gab. Tatsächlich tauchten wie aus dem Nichts plötzlich überall im Park rote und orangefarbene Augen auf, die so durchdringend leuchteten, dass sie es bis hierhin sehen konnte. »Scheiße!«, fluchte Adriana. »Das schafft ihr, Kinder, los!« Inzwischen kniete auch Harry im Türrahmen, um unter dem halb geschlossenen Stahlschutz-Rollo hindurchzusehen. Dakota rannte, den Blick fest auf die Tür gerichtet. Dagegen machte Rico den Fehler, einen Blick über die Schulter zu werfen, was ihn aufkeuchen und dann stolpern ließ. Oh nein! »Steh wieder auf!«, kreischte Adriana. Beinahe schien es so, als ob Rico von den Dämonenaugen paralysiert worden wäre, denn er bewegte zunächst keinen Muskel. Doch dann rappelte er sich wieder hoch, rückte seine Nerdbrille zurecht und rannte weiter. »Rico, du schaffst das!«, feuerte Adriana ihn an. Sobald er das offene Tor zur Einfahrt passiert hatte, drückte Molly auf einen Knopf an der Wand, worauf sich das schmiedeeiserne Tor zur Auffahrt langsam schloss. »Das wird sie nicht aufhalten, aber uns ein paar zusätzliche Sekunden verschaffen«, murmelte Molly. Ein durchdringendes Krachen ließ sie alle zusammenfahren. Der Stuhl hatte nachgegeben. Verdammt. Das Sicherheitsrollo sank unaufhaltsam weiter nach unten. »Harry!«, schrie Adriana. »Halt das auf!« Wieder krachte es, als die ersten Delta-Dämonen gegen das Tor prallten. Einige schafften es mit Anlauf darüberzuspringen. Für die Gammas, die jetzt auftauchten, stellte das Tor überhaupt kein Problem dar. Adriana beobachtete, wie vier von ihnen einfach darüber hinwegsegelten. Schwebende Fetzengestalten mit orange leuchtenden Augen. Adriana schüttelte sich, während sich neben ihr Molly an ihre dicken Halsketten griff. Zwei Betas folgten den Gammas. Sie kletterten geschickt über den Zaun wie leichtfüßige Mumien ohne jegliche Bewegungseinschränkungen. »Kommt schon!« Dakota und Eloy hatten die Tür fast erreicht, die nun zu drei Vierteln verschlossen war. Mit letzter Kraft, wie es schien, schlitterten die beiden durch die Öffnung ins Innere der Villa. »Rico!« Entsetzt wandte sich Eloy zur Tür um. Adriana drückte sich neben ihn auf den Boden. Die Deltas waren gefährlich nah an Ricos Hosenbeinen dran. Oh, verflucht! Die beiden Betas, die jetzt die Auffahrt emporsprinteten, würden ihn innerhalb von Sekundenbruchteilen töten. »Beeil dich!«, brüllte Eloy. »Schneller!« Adriana streckte eine Hand durch die Öffnung, die jetzt nur noch etwa eine halbe Armlänge maß. Für wenige Sekunden fühlte sie sich in die Dämonennacht vor einem Jahr zurückversetzt, als sie und ihre beiden Freundinnen Sara und India nicht mehr in die überfüllte Christ Venia-Kirche hineingelassen worden waren, an ihre Flucht in Richtung des nahen Friedhofs, ihren Plan B, und dann … Adrianas Hände wurden feucht bei dem Gedanken, daher zwang sie sich wieder in das Hier und Jetzt. Rico! Nur zwei Schritte von der rettenden Haustür entfernt biss ein Delta-Dämon in Ricos braune Nerdhosenbeine. Verflucht noch mal! Der Länge nach flog Rico auf den Boden, rutschte wie ein Wunder aber noch ein paar Inches nach vorn, sodass seine Arme in Adrianas Reichweite gelangten. Geistesgegenwärtig griff sie nach seiner linken Hand, Eloy nach seiner rechten. Der Delta-Dämon bohrte seine Krallen in die steinernen Treppenstufen vor der Türmatte. »Kopf runter!«, wies ihn Eloy an. So schnell sie konnten, zogen sie ihn ins Innere der Villa. Der Dämon wurde mitgezogen, den Kopf voran, wie eine monsterartige Seerobbe, die nicht wusste, wie ihr geschah. »Notfallknopf!«, brüllte Harry. Sofort drückte Molly auf einen schwarzen Knopf nahe des Türrahmens – gerade als Ricos Füße die Schwelle passierten. Ein trommelfellzerfetzendes Bääm schien die Villa zu erschüttern, als das Sicherheitsrollo nach unten sauste – und den Deltakopf sauber am Hals abtrennte. »Uhh«, machte Dakota, wobei sie gleichzeitig in etwa so grün anlief wie die Augen des Dämons. »Rico!« Der abgehackte Dämonenkopf interessierte Adriana im Gegensatz zu Dakota gerade weniger. Sie wollte nur wissen, ob der Biss Rico verletzt hatte, ob der hochinfektiöse grüne Schleim bereits in seine Blutbahn gelangt war. Eilig zog sie ihren besten Freund auf die Beine. »Bist du okay?« Nachdem er kurz an sich heruntergesehen hatte – sein beiger Pulli hatte ein paar Flecken davongetragen, fuhr er sich über das Kinn. »Noch alles dran, denke ich. Er hat nur meine Hosenbeine erwischt.« Adriana besah sich die Nerd-Cordhose mit den ausgestellten Beinen. Unten im linken Bein klafften kleine Löcher, deren Ränder teilweise mit grünem Sabber beschmiert waren. Wortlos reichte sie ihrem Freund ein Taschentuch. Blut war nicht zu sehen. Gott sei Dank. »Bist du sicher?« »Ja, supersicher.« Draußen sprangen jetzt Dämonen mit gedämpften Rumms-Lauten gegen das Rollo. »Keine Angst, hier drinnen sind wir sicher«, meinte Molly. Dann hob sie mit spitzen Fingern den Dämonenkopf an den Ohren vom Boden auf. Giftgrüne Flüssigkeit lief aus Augen, Nase und dem offenen Halsende. Fast machte er den Eindruck eines toten Rottweilers auf Adriana, oder besser gesagt: einer Kreuzung aus Rottweiler und Alligator. »Für diese Sauerei werde ich wohl später mein bestes Desinfektionsmittel brauchen.« Irgendetwas daran, wie Molly den Dämonenkopf hielt, irritierte Adriana, doch sie hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn Dakotas schrille Zeterstimme erwischte sie wie eine Ohrfeige. »Ob Rico okay ist?«, kreischte sie. Adriana wandte sich zu ihrer Freundin um. Oh, oh. Die labile Dakota schrie sich gerade wie üblich in Rage. »Hast du eine Ahnung, was wir durchgemacht haben, Adriana? Und das alles nur, weil du die Karte falsch gezeichnet hast. Bist du des Wahnsinns?« »Was? Hab ich nicht. Zeig mal her.« Noch während sie Dakota zurück anblökte, prickelte eine Vorahnung in ihrem Nacken. Konnte das tatsächlich der Fall gewesen sein? Allerdings wollte sie nun auch nicht...