E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Mackintosh Verdammt perfekt und furchtbar glücklich
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-8412-1639-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
ISBN: 978-3-8412-1639-7
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Jane Austens Emma, in Alkohol getränkt.' The Guardian Ottila McGregor möchte glücklich werden und zwar verdammt perfekt und furchtbar glücklich. So erklärt sie es ihrem Therapeuten. Noch aber hat sie eine zerstörerische Affäre mit ihrem Chef, verschickt nachts verzweifelte Nachrichten, nur um es hinterher zu bereuen, und trinkt zu viel. Viel zu viel. Um den Tod ihres Vaters zu vergessen, und dass sie ihre Schwester im Stich gelassen hat. Bis sie Thales begegnet und sich verliebt. Aber er ist nicht die Lösung der Probleme. Im Gegenteil, mit ihm fängt die Auseinandersetzung erst an. 'Verdammt perfekt und furchtbar glücklich' ist eine mitreißende Tragikomödie der Generation Smartphone. 'Man muss dieses Buch lieben, vor allem das Bild dieser funkelnden Großstadt-Singlefrau, die versucht, diesmal alles richtig zu machen - witzig, direkt, warmherzig, oft alles auf einmal.' The Daily Mail
Anneliese Mackintosh ist Absolventin der Universität von Nottingham und hat einen Master in Creative Writing. Sie lebt in Manchester und Cornwall. 2016 erschien im Aufbau Verlag ihr preisgekrönter Erzählband 'So bin ich nicht'. 'Verdammt perfekt und furchtbar glücklich' ist ihr Romandebüt. Mehr zur Autorin unter www.anneliesemackintosh.com
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Mitschnitt einer Therapiesitzung
PAT.: Ich heiße Ottila. O, Doppel-T, I … ja, genau. Bisschen komisch, ich weiß. Mein Vater hat mich immer »die Hunnin« genannt, weil der Name so ähnlich klingt wie König Attila. THERAP.: Beginnen wir doch damit, was Sie hergeführt hat, Ottila, wie wäre das? PAT.: Okay, aber … ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. THERAP.: Wo immer Sie wollen. Lassen Sie sich Zeit. PAT.: Also … tja. Das war vor anderthalb Wochen, kurz nach Silvester. Ich habe so eine … eine Art Affäre mit meinem Chef. Ich arbeite im Maggie’s Centre, dem Beratungszentrum für Krebsbetroffene im Christie-Krankenhaus. THERAP.: Das klingt nach einer befriedigenden Arbeit. PAT.: Ist es auch. Das Maggie’s ist großartig. Man muss gar nicht selbst Krebs haben, um da Hilfe zu bekommen. Es ist für alle, die irgendwie betroffen sind, auch Angehörige und Freunde. Ich bin hingegangen, als mein … ein paar Wochen lang, nur um wieder klarzukommen. Und jetzt, zwei Jahre später, arbeite ich selbst da. Marketing und Unternehmenskommunikation. THERAP.: Und was war nun mit Ihrem Chef? PAT.: Als ich damals Hilfe brauchte, hat er mich beraten, aber im Oktober habe ich dann den Job bei ihm angenommen, und nach ein paar Wochen haben wir … ich habe echt versucht, mich nicht drauf einzulassen. Aber irgendwie, so ein verheirateter Mann … keine Ahnung. Anscheinend liebe ich das Chaos. Kurz vor Weihnachten hat er sich ohne Vorwarnung von seiner Frau getrennt. Damit waren die ganze Spannung und das Risiko weg. Aber jedes Mal, wenn ich Schluss mache, besaufe ich mich, und dann geht wieder alles von vorne los. Dabei ist es gleich mehrfach idiotisch, was mit André zu haben. Nicht nur weil er mein Chef ist und weil er vorher mein Trauerbegleiter war. Er ist außerdem vierundvierzig und ein eingefleischter Konservativer. Tory-Mitglied sogar. Im Urlaub macht er Zorbing. THERAP.: Das klingt, als hätten André und Sie beide schwere Zeiten durchgemacht. Aber wenn er Ihr Chef ist … PAT.: Er hat mich angesteckt. THERAP.: Angesteckt? PAT.: Mit einer Geschlechtskrankheit. Bakterielle Vaginose. Kann man das überhaupt von einem Mann kriegen? Ich habe es jedenfalls gekriegt, und es war eklig, und ich glaube, er war schuld. THERAP.: Sind Sie damit beim Arzt gewesen? PAT.: Ja, klar. Musste ich ja. Der Geruch … Und das ist mein Problem: Ich muss Tabletten nehmen, Metro-blabla-zol. Und sie hat gesagt, also die Ärztin, dass ich währenddessen auf gar keinen Fall trinken darf. Mindestens zehn Tage lang. THERAP.: Hat sie erklärt, warum? PAT.: Sie hat gesagt, es ist wie bei Antabus, was Alkoholiker kriegen, damit sie nicht rückfällig werden. Wenn man dann den kleinsten Schluck trinkt oder auch nur Parfüm auf die Haut sprüht, ist direkt Sense. THERAP.: Also, ganz so extrem … PAT.: Jedenfalls, davor hatte ich versucht, einen Trockenen Januar zu machen, aber keine Chance. Davon stand was am Schwarzen Brett bei der Arbeit, und ich dachte, ich probiere es mal. Ich bin dreißig. Ich kann nicht ewig so weitermachen mit der Sauferei, mit den falschen Männern, und dann schicke ich Sexnachrichten an meine Schwester. So erbärmlich. Aber leider hatte ich niemandem erzählt, dass ich das mache, vor allem Grace nicht … THERAP.: Grace? PAT.: Meine beste Freundin. Ich bin immer wieder eingeknickt und mit ihr feiern gegangen. Ehrlich gesagt habe ich auch zu Hause ohne sie gesoffen. Als die Ärztin dann meinte, ich dürfte auf keinen Fall zu den Tabletten Alkohol trinken, dachte ich, okay, das war’s jetzt. Zehn Tage muss ich durchhalten, egal, was kommt. THERAP.: Und wie war es? PAT.: Am ersten Abend hatte ich verschwitzte Hände und Herzrasen, aber ich wollte es durchstehen und bin zu Hause geblieben. Ich hab mich ins Bett verkrochen und Zeichentrickfilme geguckt, die ich als Kind mochte, GRAF DUCKULA und CAPTAIN PLANET. Es war die schlimmste Nacht seit Langem. Am nächsten Morgen bin ich zur Arbeit. André zu sehen war nicht gerade schön, und es ging mir immer noch dreckig wegen dieser Infektion, und als ich nach Hause kam, stand da Wein im Kühlschrank. Er gehörte Laurie, meinem Mitbewohner. Und der war nicht da. Ich musste so kotzen, dass mir die Rippen wehtaten. Als ich den Notarzt angerufen habe, wusste ich meine Adresse nicht mehr. Irgendwie haben sie mich gefunden und mich mit Nadeln und Schläuchen und Fragen malträtiert. Als ich in den Wagen verladen wurde, kam Laurie nach Hause. Er hat mir zugenickt, »gute Besserung« gesagt und ist reingegangen. Dann war ich erst mal weg und bin im Krankenhaus wieder aufgewacht. Ich hing am Tropf und hatte einen Riesenhass auf mich. THERAP.: Das muss beängstigend gewesen sein. PAT.: Am nächsten Tag habe ich mich krankgemeldet. Und André von der Geschlechtskrankheit erzählt. Er hat sich gleich testen lassen, und es hat mich fast geärgert, dass da nichts war. [ Pause. ] Entschuldigung, könnte ich ein Glas Wasser haben? [ Gedämpfte Geräusche. Die Aufnahme wird gestoppt und wieder gestartet. Weitere Geräusche. ] THERAP.: Bitte sehr. PAT.: Danke. Tut mir leid. THERAP.: Kein Problem. Dann war es die Sache mit den Tabletten, die Sie hergeführt hat? Deswegen wollen Sie mit dem Trinken aufhören? PAT.: Damit hat es angefangen, aber es ist auch alles andere. Die Cuts, die ich mir zur Strafe in die Waden geritzt habe, als ich Lauries Wein getrunken hatte. Die fangen gerade erst an zu heilen. Oder dass mir im Krankenhaus klar wurde, dass meine Freunde lieber gefeiert haben, als mich zu besuchen. Und dass ich eigentlich weiß, dass ein Trockener Januar nicht reicht. Ich muss weiter gehen. Ich muss für immer trocken bleiben. THERAP.: Sie wollen also selbst die Kontrolle übernehmen, statt dass der Alkohol Ihr Leben kontrolliert? PAT.: Ich will endlich wieder wissen, wer ich bin. Morgens probiere ich immer irgendwas zu machen, das mir guttut. Eine Banane essen, meditieren, Fotos von Leberzirrhose googeln. Manchmal schreie ich auch in mein Kissen. THERAP.: Hilft es Ihnen? PAT.: Ach, weiß nicht. Wenn ich richtig mit André Schluss machen könnte … Vielleicht kann ich nicht anders, als ständig mein Glück zu sabotieren. THERAP.: Sie haben die Hände zu Fäusten geballt. Könnten Sie mir beschreiben, wie Sie sich gerade fühlen? PAT.: Ich habe in letzter Zeit an eine Sache denken müssen, die mir im Studium passiert ist. Das klingt jetzt vielleicht nicht wichtig, oder als wäre ich total verwöhnt … THERAP.: Erzählen Sie. PAT.: Nach dem ersten Studienjahr sollen die Studenten nicht mehr auf dem Campus wohnen. Man soll sich was Eigenes suchen und wie ein richtiger Erwachsener leben. Meine Freunde und ich haben die Wohnungssuche ewig vor uns her geschoben. Wir hatten andere Sorgen, zum Beispiel wo wir donnerstags hin sollten – in den Indie-Club oder den Goth-Schuppen? Also haben wir nur in einem wirklich miesen Stadtteil was gefunden. Nachts hat man Schüsse gehört, und als Beth einmal morgens loswollte, waren Blutflecken vor unserer Tür. Zum Campus waren es zwei Stunden zu Fuß. Ich habe im ganzen nächsten Jahr keine Neun-Uhr-Seminare besucht. Es gab auch einen Bus, aber der kam nicht immer, und ich fand ihn sowieso zu teuer. Meine Ernährung bestand aus einem Becher Nudeln mit Soße für sieben Pence pro Tag, den Rest habe ich für Fosters und Wodka-Cola ausgegeben. [ Kaum hörbarer Seufzer. ] Den Weg zur Uni habe ich gehasst, jede einzelne Sekunde. Und das Studium mochte ich auch nicht und habe mich dafür geschämt. Ich wusste, was für ein Privileg es war. Mum und Dad waren stolz auf mich, meiner Schwester ging es immer schlechter, und ich musste die Gesunde sein, nur deshalb habe ich es nicht hingeschmissen. THERAP.: Gab es etwas Bestimmtes, von dem Sie erzählen wollten? PAT.: Ja, einmal … es war gar kein besonderer Tag, bisschen regnerisch und bedeckt. Als ich da total verkatert zur Uni losgelaufen bin, an einer...