Mareis | Theorien des Designs zur Einführung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Reihe: zur Einführung

Mareis Theorien des Designs zur Einführung


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96060-098-5
Verlag: Junius Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Reihe: zur Einführung

ISBN: 978-3-96060-098-5
Verlag: Junius Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Designpraktiken und -artefakte sind allgegenwärtig. Auch aus einer wissenschaftlich-theoretischen Perspektive gewinnt der Designbegriff zunehmend an Bedeutung. Er umfasst heute weitaus mehr als nur die ästhetische Verschönerung von Produkten der Konsumindustrie. Designtheorien thematisieren vielmehr die grundlegende ›Gemachtheit‹ unserer Realität und eröffnen auf diese Weise ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das über die tradierten Begriffe von Design als kunstgewerblicher Praxis hinausgeht. Dieser Band von Claudia Mareis führt – ausgehend vom Design selbst – in zentrale Designtheorien des 20. Jahrhunderts ein. Skizziert werden Ansätze und Modelle, die einen erweiterten Designbegriff postulieren und interdisziplinäre Schnittstellen zu den Geistes- und Technikwissenschaften, aber auch zur Gesellschaft etablieren.
Mareis Theorien des Designs zur Einführung jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2. Design / Entwurf / Gestaltung
2.1 Definitionen und Perspektiven
Die neueren Debatten zu Theorien des Designs beschäftigen sich intensiv mit der Frage nach einer hinreichenden Definition ihres Gegenstands, dem Design. »Eine Theorie über Design muss zuerst erklären«, so Jochen Gros, »was ihr Gegenstand ist, also was sie unter Design versteht. Das ist gar nicht so leicht, weil seit Jahrzehnten darüber gestritten wird, was Design ist oder sein sollte, und weil jede Antwort im Lauf der Zeit zu überdenken ist.« (Gros 2000: 12) Auch dieses Kapitel will keine endgültigen Antworten auf diese Frage geben. Vielmehr soll es um einen Einblick in unterschiedliche systematische, etymologische und designhistorische Zugänge und Definitionen gehen – im Bewusstsein, dass manche dieser Zugänge aufgrund ihrer Normativität, Offenheit oder Enge durchaus problematisch sind. Obwohl sich in der einschlägigen Designliteratur zahlreiche Definitionen und Spezifizierungen für den Ausdruck ›Design‹ finden lassen, muss also die Frage, was damit sinnvollerweise alles bezeichnet werden kann und bezeichnet werden soll, letztlich offen bleiben. »Wie alle Wörter und Begriffe«, so konstatiert der Designhistoriker John Walker, »gewinnt auch ›Design‹ seine spezifische Bedeutung und seinen Wert nicht allein aus dem, was es bezeichnet, sondern auch durch kontrastierende Abgrenzungen von verwandten Begriffen, wie Kunst, Handwerk, Technik und Massenmedien. Daher bleiben Definitionen von Design, die auf eine einzige wesenhafte Bedeutung abstellen, so unbefriedigend.« (Walker 1992: 35) Etymologisch betrachtet geht der Designbegriff auf das lateinische Wort designare (später ital. disegnare) zurück, das »bezeichnen, abgrenzen, angeben« bedeutet, im Weiteren auch »bestimmen, ernennen«, »andeuten«, »einrichten, anordnen«, »entwerfen«, »im Umriss darstellen, nachbilden«.10 Seit dem 16. Jahrhundert war der Designbegriff in der englischen Sprache im Sinne des lateinischen designare sowohl als Verb wie auch als Substantiv geläufig, erwarb aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts, im Zuge der industriellen Warenproduktion, den Grundgehalt seiner heutigen Bedeutung. Aktuell umfasst der Designbegriff gemäß Oxford Dictionary als Substantiv (design) die Bedeutungen:11 »1) A plan or drawing produced to show the look and function or workings of a building, garment, or other object before it is made«; »2) A decorative pattern«, »3) Purpose or planning that exists behind an action, fact, or object«. Für das Verb (to design) wird angeführt: »Decide upon the look and functioning of (a building, garment, or other object), by making a detailed drawing of it; Do or plan (something) with a specific purpose in mind«. Deutschsprachige Wörterbücher geben für ›Design‹ u. a. die Synonyme und Nachbarwörter ›Entwurf‹, ›Entwurfszeichnung‹, ›Muster‹, ›Modell‹, ›Formgebung‹ oder ›Gestaltung‹ an.12 Laut Kluges Etymologischem Wörterbuch wird Design als »Entwurf (von), Gestalt, Aussehen und Plan« definiert (Kluge 2002: 191). Der Gestaltbegriff, für den es bezeichnenderweise keine englische Übersetzung gibt, ergänzt und erweitert das Begriffsspektrum im Hinblick auf eine genuin deutschsprachige Begriffs- und Diskurstradition rund um den Komplex von ästhetischer Wahrnehmung und formgebender, schöpferischer Praxis. Der Gestaltbegriff war und ist, wie wir später noch sehen werden, Gegenstand von normativen, teils ideologisch geführten Debatten, die die ›korrekte‹ Deutung und Definition entwerfender, schöpferischer und formgebender Praxis jeweils für sich beanspruchen. Mit dem Wort ›Design‹ wird insgesamt ein sehr weites Handlungs- und Diskursfeld aufgespannt. Dieses umfasst vom Entwurf industrieller Massenwaren über individuell gestaltete Unikate hin zu generalistischen Planungs- und Problemlösungsverfahren ein immenses Spektrum an Diskursen, Methoden, Tätigkeiten und Artefakten. Der Designhistoriker John Walker konstatiert: »›Design‹ ist ein Wort, das in unterschiedlichen Kontexten anzutreffen ist: Design im Sinne von Entwurf, Kombinationen wie Grafikdesign, Modedesign, Innendesign, Konstruktionsdesign, Architekturdesign, Industriedesign, Produktdesign, Firmendesign, Designmethoden. Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass sich alle Verwendungsmöglichkeiten auf etwas Gemeinsames beziehen.« (Walker 1992: 34f.) Ähnlich verhält es sich mit dem deutschen Ausdruck ›Entwurf‹ bzw. ›Entwerfen‹, der oftmals synonym zum englischen Designbegriff verwendet wird. Auch ›Entwerfen‹ sei ein äußerst unscharfer Begriff, finden Lorenz Engell und Bernhard Siegert (2012: 5). »Mit ihm kann je nach Kontext ebenso Zeichnen, Planen, Modellieren, Projektieren oder Darstellen gemeint sein wie Erfinden, Entwickeln, Konzipieren, Komponieren und ähnliches.« (Ebd.) Und auch aus einer praxisorientierten Perspektive umfasst der Designbegriff schließlich eine Vielzahl an konzeptuellen, technischen und ästhetischen Entwurfs- und Gestaltungstechniken, Verfahren, Heuristiken, Zeichenpraktiken und spezifischen Material- und Werkzeuggebräuchen. Dazu gehören beispielsweise manuelle Techniken des Zeichnens und Skizzierens ebenso wie der Umgang mit digitalen Entwurfs- und Modellierungsprogrammen. Auf der Ebene der Heuristiken und Methoden finden sich Recherche- und Analysemethoden, Design- und Kreativitätsmethoden wie Brainstorming, Variantenbildung, Rapid Prototyping, Entwicklung von Szenarien, Fokusgruppen oder Personas (prototypische Nutzergruppen), Usability-testing, Usercentered Design, partizipatorisches Design und vieles mehr. Mit dem Ausdruck ›Design‹ werden aber nicht nur Prozesse des Entwerfens und Gestaltens bezeichnet, sondern ebenso die aus diesen Prozessen resultierenden Ergebnisse sowie das Aussehen und der »Gesamtentwurf eines Produkts« (Walker 1992: 35). Im Englischen ist ›Design‹, so führt Vilém Flusser aus, »sowohl Substantiv wie Verbum (ein Umstand, der den Geist der englischen Sprache überhaupt kennzeichnet)« (Flusser 1993: 9). Semantisch gesehen wird mit dieser Doppelbedeutung auf zwei unterschiedliche, zeitlich und durch Arbeitsteilung voneinander getrennte Ebenen verwiesen: einerseits auf eine vorbereitende, ästhetisch formgebende Prozessebene (to design), in der Dinge geplant, entworfen und gestaltet werden, andererseits auf die daraus resultierenden, in der Regel intentional entworfenen und gestalteten Artefakte und Dienstleistungen (design). Auch Theorien des Designs nehmen auf die Doppelbedeutung des Designbegriffs Bezug, wenn sie zwischen Entwurfstheorien einerseits und Theorien der gestalteten Artefakte andererseits unterscheiden.13 Während in Entwurfstheorien Aspekte wie Ideenfindung, Konzeption, Formgebung, Verwendung von Entwurfswerkzeugen und -verfahren adressiert werden, untersuchen Artefakttheorien Designobjekte in ihrem alltäglichen Gebrauch oder in ihrer symbolischen, ästhetischen und ökonomischen Rezeptions- und Wirkungsgeschichte. Obwohl die analytische Trennung zwischen Entwurfsprozessen und Artefakten nicht immer klar aufrechtzuerhalten ist, verweist sie dennoch auf eine spezifische Aufteilung von Arbeitsprozessen im Berufsbild von Designern/Designerinnen. Mit dem Ausdruck des ›Entwurfs‹ (siehe Mattenklott/Weltzien 2003) kommt nämlich eine arbeitsteilige Organisation von Fertigungs- und Produktionsprozessen ins Spiel, wie sie für serielle und industrielle Arbeitsabläufe konstitutiv ist. Typischerweise geht die Phase des Entwerfens der Ausführung und industriellen Produktion voraus. Wolfgang Ruppert spricht davon, dass sich »Maschinenarbeit« in ihrer »Struktur scharf von handwerklicher Arbeit« unterscheide (Ruppert 1993: 15): »Während diese als eine weitgehend ganzheitliche Produktionsform der Fertigung mit Werkzeugen durch Handarbeit und darin eingeschlossen auch die Gestaltung des Gegenstandes umfasste, spaltete die arbeitsteilige Herstellung in der Industrie die ›geistigen‹ Vorgänge der Konstruktion und Gestaltung (Design) eines Objektes von der Produktion durch ausführende Arbeiter mit Hilfe von Maschinentechnik ab.« (Ebd.) Freilich können auch solche Dinge als Entwurf bezeichnet werden, die nie konkret zur Ausführung kommen, aber dennoch im weitesten Sinne auf eine potenzielle Realisierung hinarbeiten. Durch materielle Entwurfsinstrumente und -objekte wie Pläne, Modelle, Schnittmuster, Prototypen und dergleichen werden Erkenntnisse, die im Entwurfsprozess erworben wurden, materiell fixiert und so für die Weitergabe an Dritte zugänglich gemacht. »Der Entwurf trennt sich von der Herstellung und kann später und/oder woanders wiederverwendet werden«, so beschreibt Heinz Hirdina diese Arbeitsteilung (Hirdina 2010: 41). Nach Bernd Meurer und Hartmut Vinçon ist der Aspekt des Sammelns und Aufbewahrens von Entwürfen zentral für die Systematisierung des Entwurfes: Durch das Sammeln wird der Entwurf nicht...


Claudia Mareis ist Professorin für Designtheorie und -forschung an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.