Marrak | Der Garten des Uroboros | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 510 Seiten

Marrak Der Garten des Uroboros


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95869-382-1
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 510 Seiten

ISBN: 978-3-95869-382-1
Verlag: Amrun Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Bei Ausgrabungen in Mexiko stößt der Archäologe Hippolyt Krispin mit seinem Team auf Hunderte menschlicher Skelette. Verscharrt über einem Uroboros-Relief, weisen viele von ihnen eine Besonderheit auf: sechs Finger und sechs Zehen.

Im afrikanischen Mali begibt sich der junge Dogon Pangalé auf die Reise in die sagenumwobene Stadt der Hunde. In ihren Ruinen wird er Zeuge der Zusammenkunft zweier Wesen, die so alt sind wie die Zeit selbst – und muss feststellen, dass ihn mehr mit ihnen verbindet, als ihm lieb ist.

In Peru erhält der Astronom Miguel Perea die Aufnahme eines Observatoriums aus Ecuador. Auf ihr fehlen sämtliche Sterne, die weiter entfernt sind als 150 Lichtjahre. Und das, was sie zu verdecken scheint, nähert sich der Erde mit unvorstellbarer Geschwindigkeit.

Drei Begebenheiten, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben. Doch sie verbindet ein uralter Kreislauf aus Werden und Vergehen: die Apokatastasis panton.

Eine fesselnde Mischung aus Indiana Jones, Die Tribute von Panem, Apocalypto und Arthur Conan Doyle – ohne Dinosaurier.

Bereits bei Amrun erschienen:

Der Kanon mechanischer Seelen

Die Reise zum Mittelpunkt der Zeit

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PROLOG   Regungslos lag Chebál auf der mächtigen Astgabel eines Peyecus-Baumes und starrte in den Abgrund. Während der Wald pulsierte und zahllose Kleintiere auf der Suche nach Knollen, Früchten und Insekten den lockeren Waldboden durchwühlten, hatte er selbst seit Stunden keinen Laut von sich gegeben und kaum einen Muskel gerührt. Eins mit den Schatten und den Jägern der Nacht, war er sich bewusst, dass im Schutz der Dunkelheit auch Jaguare umherstreiften. Für sie wäre es ein Leichtes, eine Beute im Geäst zu wittern und heraufzuklettern. Das stechend riechende Öl, mit dem Chebál seinen Körper eingerieben hatte, verhinderte nicht nur, dass er Bekanntschaft mit einer hungrigen Raubkatze machte, sondern hielt ihm zudem Schwärme von Stechmücken und anderen fliegenden Blutsaugern vom Leib. Am intensivsten spürte er jedoch die Allgegenwart der zu Tausenden über dem See jagenden Fledermäuse. Oft verfehlten die Schwingen der Tiere Chebáls Gesicht nur um Haaresbreite. Er fühlte ihren Luftzug auf der feuchten Haut, sobald die kleinen Pelzkörper auf der Jagd nach Insekten an ihm vorbeischossen, vernahm ihr Klicken und das Sirren ihrer Flügel neben seinen Ohren. Andere Fledermäuse schwirrten auf der Suche nach Früchten in den Baumkronen umher, mit dem Nebeneffekt, dass gelegentlich Kot und Urin herabregneten, sobald sie sich irgendwo im Geäst niedergelassen hatten. Chebáls Disziplin sorgte dafür, dass er dabei mit keiner Wimper zuckte. Zweimal war in der Dunkelheit bereits eine Baumschlange über ihn hinweggeglitten. In dieser Nacht war Chebál nur ein weiterer Teil des Peyecus – ein stummer Ast mit Augen und Armen und einem tödlichen Bogen, dessen Pfeil hinab auf die Wasseroberfläche gerichtet war. Ihm war bewusst, dass er selbst beobachtet wurde. Irgendwo in der Finsternis hielt sich ein Taje verborgen und ließ ihn nicht aus den Augen. Stundenlang hatte Chebál vergeblich versucht, ihn zu erspähen, doch ein Taje trüge seinen Titel zu Unrecht, falls dies so einfach gelänge. Niemand vermochte ihn zu sehen, solange er nicht erlaubte, erkannt zu werden. Chebál war darüber nicht beunruhigt. Der Beobachter sorgte dafür, dass die Regeln des Ochoyo eingehalten wurden. Ein schwacher Lichtschimmer ließ Chebál den Blick heben. Durch ein Loch in der Wolkendecke funkelte ein einsamer Stern. Chebál entdeckte bald einen zweiten, heller als sein Nachbar. Schließlich trieb der Sturm die Regenwolken gen Westen und entblößte den Nachthimmel in all seiner Pracht und Mächtigkeit. Pihoco und Nahuxi, die Zwillinge der heiligen Pfade, blickten nun auf die Welt herab, daneben Ixil, die Steinschlange, und Munyar, ihr gehörnter Wächter. Hoch im Norden glänzte Urenaxi mit seinen sechs Jungen – und alle Sternbilder und Himmelsgötter überstrahlend Asir, der Yaon-Stern. Gehobenen Mutes sah Chebál hinab in den scheinbar unermesslich tiefen Abgrund, der unter ihm gähnte und von Bergflanke bis Bergflanke reichte. Etwas auf seiner Oberfläche bewegte sich, als führte sie ein gespenstisches Eigenleben. Das Licht der Sterne offenbarte, was der vermeintliche Schlund tatsächlich war: die im Nachtwind wallende Oberfläche eines Sees, eine schwarze Ebene kleiner tanzender Wellen. Er ruhte am Grund eines kraterartigen Talkessels, überragt von steilen Bergrücken, deren nordwestlich gelegenen Grat Chebál im Verlauf der Nacht ein weiteres Mal überqueren musste – sofern seine Geduld belohnt und seine Jagd von Erfolg gekrönt wurden. Jedes Reich beheimatete einen König. In der Luft war es der Kondor, an Land der Jaguar – und im Wasser der Pirarucu. Einige Exemplare erreichten gut und gerne die doppelte Länge eines ausgewachsenen Mannes und hatten Kiefer, die einen Arm zermalmen, Muskeln zerreißen und Eingeweide zerfetzen konnten. Beim Ochoyo ging es darum, einen Pirarucu zu erlegen und darauf zu achten, dass es nicht nur ein Jungtier war. Ob der erbeutete Fisch ein oder sogar sagenhafte zwei Zuna groß war, spielte am Ende nur eine untergeordnete Rolle. Worauf es ankam, war der furchterregende Kopf. Einzig ihn musste ein erfolgreicher Wettstreiter in der Mondgrotte präsentieren. Und das nicht irgendwann im Laufe der Festwoche, sondern vor Sonnenaufgang jenes Tages, an dem der Yaon-Baum sich aus dem See des Kondors erhob. Heute, in der Nacht des Ochoyo. Hinzu kam, dass man zu den ersten fünfzehn Wettstreitern gehören musste, die den Hohepriestern ihre Trophäe präsentierten. Hatte der Fünfzehnte den Eingang der Mondgrotte durchschritten, wurde das Tor versperrt und blieb dies für die kommenden sechs Jahre bis zum nächsten Ochoyo. Allen, die die riskante und beschwerliche Nachtwanderung vom Mondsee zum See des Kondors mit einer eigenen Trophäe geschafft hatten, aber zu spät kamen, blieb der Zugang zur Grotte und den Kanus der Finalisten verwehrt.   Lauschte Chebál in die Nacht hinein, erschien es ihm fast schon unheimlich, dass mit ihm zugleich Dutzende anderer Jäger samt ihrer Tajema stumm und reglos und mit schussbereiten Bögen, Schleudern oder Speeren am Ufer des Sees auf der Lauer lagen, verborgen zwischen Felsen, im Dickicht, in den Baumkronen oder im Uferschlamm. Jahrelang hatte er für das Ochoyo trainiert, hatte sich auf seine Strapazen und Entsagungen vorbereitet, war gerannt, geklettert, geschwommen, getaucht und hatte sich in Schweigen, Reglosigkeit, Gebeten und innerer Einkehr geübt. Nun kauerte er hier, in der Nacht vor dem Finale, und gehörte zu den letzten fünfzig, die nach den Ausscheidungswettkämpfen der vergangenen sechs Tage übrig geblieben waren. Alles, was ihn noch vom Triumph trennte, sich als einer der fünfzehn Finalisten zu präsentierten, war ein Pirarucukopf und ein langer Wettlauf gegen die Zeit – vom Mondsee durch den Wald zurück zur Grotte. Während der vergangenen Stunden in vollkommener Dunkelheit hatte Chebál seine Chancen, den Rückweg rechtzeitig zu finden, gegen null gesehen. Doch nun, wo die Wolkendecke aufgerissen war, könnten das Mondlicht der zweiten Nachthälfte und die Morgendämmerung sich als wertvolle Verbündete erweisen. Zwar brannten entlang des Pfades, der die beiden Seen verband, im Abstand von jeweils fünfhundert Schritten Signalfackeln, doch der Weg war tückisch und gefährlich. Den Wettkämpfern selbst war es untersagt, eigene Lichtquellen mit sich zu tragen. Auch die Pirarucu waren nicht unbedingt Freunde vollkommener Dunkelheit. Erst das Sternenlicht lockte sie ans Ufer, wo sie zwischen Wurzeln und Felsen ihre Beute fanden. Blieb es finster, verharrten auch die Raubfische in schützender Nachtstarre – was im schlimmsten Fall zur Folge hatte, dass sie nicht zu den auf sie lauernden Jägern geschwommen kamen, sondern Letztere gezwungen waren, ins nachtschwarze Wasser zu steigen und nach ihnen zu tauchen. Allein der Gedanke daran hatte Chebál stundenlang Bauchschmerzen bereitet.   Eine kaum merkliche Vibration des Astes sorgte dafür, dass sein Herzschlag für einen Moment aussetzte. Er hielt den Atem an und lauschte, während seine Gedanken rasten. Es gab nicht viele Gründe, weshalb ein Jaguar auf einen Baum kletterte. Chebál fühlte den Blick des unsichtbaren Jägers in seinem Rücken. Vielleicht hätte er Pachanas Wunderöl doch nicht so vorbehaltlos vertrauen sollen … Er schoss den eingespannten Pfeil hinab ins Wasser, hob den Bogen, hängte ihn langsam über seine Schulter und griff nach seinem Speer. Seine Hände schlossen sich um den Stab, bereit, die Spitze in jeden Angreifer zu rammen, der ihn aus der Dunkelheit ansprang. Die Muskeln bis zum Zerreißen gespannt, wandte er sich langsam um. Einige Schritte entfernt erkannte er einen Schatten, doch kauerte dieser nicht wie ein sprungbereiter Jaguar auf dem Ast, sondern hockte vor dem Stamm, einen Arm lässig auf dem rechten Schenkel ruhend, die andere Hand an seinem Speer, den er sich an den glänzenden Nacken gelehnt hatte. Vor Chebál saß keine...


Michael Marrak wurde am 5. November 1965 im tauberfränkischen Weikersheim geboren. Er studierte Grafik-Design, Desktop-Publishing und Multimedia in Stuttgart und trat zwischen 1989 und 1996 als Autor, Illustrator, Herausgeber und Anthologist in Erscheinung. Nach mehreren Jahren als freier Illustrator widmet er sich seit 1997 vornehmlich dem Schreiben und wurde mehrfach mit dem European Science Fiction Award, dem Deutschen Phantastik Preis, dem Kurd Lasswitz Preis und dem Deutschen Science Fiction Preis ausgezeichnet. Übersetzungen seiner Texte erschienen in Frankreich, Griechenland, Russland, China, Ungarn und den USA.

Seine Romane, Erzählungen und Grafiken umfassen ein breites Spektrum aus Phantastik, Horror, Thriller, Science Fiction und Magischem Realismus. Nach drei Phantastik-Buchveröffentlichungen im Lübbe-Verlag folgte 2008 im Ravensburger Buchverlag der Jugendroman "Das Aion - Kinder der Sonne". Von Mitte 2006 bis Anfang 2012 war Michael Marrak im Hannoveraner Entwicklerstudio Reakktor Media verantwortlich für das Story-Development und Game-Design des im Frühjahr 2011 erschienenen SF-MMOs "Black Prophecy", dessen Hintergrundgeschichte er seit 2005 entwarf. Mitte 2011 erschien mit "Gambit" auch ein erster Roman zum Spiel. Die beiden geplanten Folgebände fielen der Einstellung des Spiels Ende 2012 zum Opfer. Für die Horror Factory von Bastei Entertainment verfasste Michael Marrak 2013 das Staffelfinale "Epitaph" sowie den Jahresabschlussband "Ammonit". Obwohl er hauptberuflich als Schriftsteller tätig ist, finden gelegentlich auch neue Illustrationen und Covermotive ihren Weg in die Öffentlichkeit.

Anfang September 2017 erscheint als Hardcover-Schmuckausgabe sein neuer Roman "Der Kanon mechanischer Seelen", dessen erste vier Kapitel zwischen 2012 und 2015 als Forsetzungsnovellen im Science Fiction Perdiodikum NOVA erschienen sind. Für die zweite Novelle "Coen Sloterdykes diametral levitierendes Chronoversum" aus NOVA 21 wurde Marrak 2014 mit dem Kurd Laßwitz Preis in der Kategorie "Beste deutsche Science Fiction Erzählung des Jahres 2013" ausgezeichnet. Im Roman enthalten sind zudem 22 zwischen 2012 und 2017 vom Autor eigens für die Geschichte gestaltete s/w-Illustrationen.

Michael Marrak lebt und arbeitet als freier Schriftsteller und Illustrator in Schöningen am Elm, der ältesten Stadt Niedersachsens und selbsternannten "Stadt der Speere".



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