Mayer Pferdeflüsterer-Academy, Band 2 - Ein geheimes Versprechen
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-473-47882-8
Verlag: Ravensburger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 224 Seiten
Reihe: Pferdeflüsterer-Academy
ISBN: 978-3-473-47882-8
Verlag: Ravensburger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Im wilden Kanada steht ein weißes Schloss: Snowfields. Auf dem Internat werden die weltbesten Reiter ausgebildet und verletzte Pferdeseelen geheilt.
Seit Zoe an der Snowfields Academy aufgenommen wurde, hat sie nur einen großen Wunsch: endlich auf ihrem Lieblingspferd Shaman zu reiten. Aber die Direktorin hat es ihr strengstens verboten, weil sie den Hengst immer noch für unberechenbar hält. Doch Zoe will nicht länger warten. Heimlich steigt sie auf Shamans Rücken und reitet mit ihm ohne Sattel und Zaumzeug in die Wälder. Ein Ausflug mit Folgen ...
Entdecke alle Abenteuer in der "Pferdeflüsterer-Academy":
Band 1: Reise nach Snowfields
Band 2: Ein geheimes Versprechen
Band 3: Eine gefährliche Schönheit
Band 4: Verletztes Vertrauen
Band 5: Zerbrechliche Träume
Band 6: Calypsos Fohlen
Band 7: Flammendes Herz
Band 8: Zoes größter Sieg
Band 9: Cyprians Rückkehr
Band 10: Die dunkle Wahrheit
Band 11: Verborgene Gefühle
Band 12: Wild und verwundbar
Band 13: Taminos Entführung
Band 14: Glück und Hoffnung
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Zoe senkte den Blick und drehte sich langsam nach links. Sie ließ die rechte Schulter fallen, hob die linke und schloss ihre Hände. Atmete ruhig und gleichmäßig, während sie unter den gesenkten Lidern hindurch verstohlen zu Silver linste. Die Stute stand ein paar Meter von ihr entfernt am Rand des Round-Pens und scharrte gelangweilt mit den Hufen. Dann schnaubte sie. Es klang wie ein Seufzen. Zoe hätte auch gerne geseufzt. Oder noch lieber laut geschrien. Vor Frust. Nächster Versuch. Sie drehte sich zur Seite, zeigte Silver die rechte Schulter, senkte den Blick, diesmal ohne zu schummeln. Atmete ruhig. Wartete. Silver kam nicht. Zoe hob den Kopf und sah zu Caleb, der mit verschränkten Armen am Zaun des Round-Pens lehnte. Dahinter stand der Rest der Klasse. „Es geht nicht“, sagte sie. Caleb lächelte. Er war wie immer von Kopf bis Fuß schwarz angezogen und trug die dunklen Haare zu einem Zopf gebunden. „Warum nicht?“, fragte er. „Keine Ahnung.“ „Was meint ihr?“ Caleb drehte sich zu den anderen. Allgemeines Schulterzucken. Nicht einmal Isabelle meldete sich zu Wort, dabei kannte sie die Antwort garantiert. Isabelle Dufresne wusste und konnte immer alles. Sie war erst dreizehn, genau wie Zoe. Aber im Gegensatz zu Zoe war Isabelle ein Vollprofi im Reitsport. Ihrer Familie gehörte das Dufresne Stud & Stallion Breeding in Quebec – das berühmteste Gestüt in ganz Nordamerika. Isabelle hatte mit drei Jahren mit dem Reiten begonnen und bereits alle wichtigen Nachwuchspreise im Dressurreiten gewonnen. Sie brachte jedes Pferd mit einem Wimpernschlag dazu, genau das zu tun, was sie wollte. Und zu allem Überfluss sah sie auch noch super aus und sprach mit einem süßen frankokanadischen Akzent. Zoe hatte den Namen Dufresne noch nie gehört, bevor sie nach Snowfields gekommen war. Sie verstand auch nichts vom Reiten – und vom Pferdeflüstern erst recht nicht, wie ihr jetzt täglich vor Augen geführt wurde. „Kommt schon. Irgendjemand wird Zoe doch helfen können“, sagte Caleb. Das Schweigen wurde noch unbehaglicher. Die meisten der Schüler senkten die Blicke, nur Cyprian Frazers leuchtend blaue Augen starrten Zoe an. Aber er war der Letzte, der etwas sagen würde. Er redete ja auch sonst so gut wie kein Wort. „Cathy?“, fragte Caleb. Das Mädchen mit den neonblauen Haaren, das neben Isabelle stand, zog seine gepiercten Augenbrauen zusammen. „Was?“ „Weißt du, was Zoe falsch macht?“ Cathy kaute auf ihrem Kaugummi herum. Mit ihrer demonstrativen Gleichgültigkeit in Verbindung mit einer unglaublichen Schlamperei trieb sie die Lehrer in Snowfields in den Wahnsinn. Ständig vergaß sie ihre Hausaufgaben, kam zu spät zum Unterricht oder verlegte ihre Unterlagen – und wurde oft auch noch patzig, wenn sie zurechtgewiesen wurde. Strafarbeiten und offizielle Verweise ignorierte sie einfach. Jetzt formte sich vor ihrem Gesicht eine riesige pinke Kaugummiblase. Sie ließ sie platzen, kaute dann noch eine ganze Weile weiter, bevor sie sich endlich zu einer Antwort bequemte. „Keine Ahnung.“ „Aber du weißt, wie man es richtig macht.“ Cathy kaute. Caleb schien ihre Unhöflichkeit gar nicht zu bemerken. „Wärst du so freundlich?“ Er machte eine kleine Verbeugung und wedelte dabei mit der Hand wie ein Hofmarschall vor der Königin. Cathy machte eine spöttische Grimasse, dann öffnete sie das Tor und trat neben Zoe. Zoe biss sich auf die Lippen. Sie kam sich so blöd vor. Warum tat Caleb ihr das an, warum stellte er sie so bloß? Wieso erklärte er ihr nicht einfach, warum ihr Join-Up nicht funktioniert hatte? Wortlos zog sie sich an den Rand des Platzes zurück und schaute dabei zu, wie Cathy die gleichen Bewegungsabläufe absolvierte wie sie. Wie sie den blau gefärbten Haarschopf senkte und sich langsam zur Seite drehte, den Blick zu Boden gerichtet, bis sie Silver die rechte Schulter zeigte. Diesmal blieb die Stute nicht gelangweilt stehen. Langsam setzte sie sich in Bewegung und kam auf Cathy zu. Erst als das Pferd direkt vor ihr stand, hob Cathy die Hand und streichelte Silver über die silberweiße Stirn. Zum ersten Mal, seit sie den Round-Pen betreten hatte, glitt ein Lächeln über ihr Gesicht. „Gut gemacht. Danke, Cathy“, sagte Caleb. Zoe spürte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie kniff sich unauffällig in den linken Oberschenkel, so fest, dass sich ein blauer Fleck bilden würde. Jetzt nur nicht heulen. Bloß nicht zeigen, wie verletzt sie war. „Möchtest du es noch mal versuchen, Zoe?“, fragte Caleb. Wut stieg in ihr auf. Gut so. Wut war auf jeden Fall besser als Tränen und Selbstmitleid. „Wieso denn?“, fragte sie scharf. „Ich hab immer noch keinen blassen Schimmer, was ich falsch gemacht habe. Und solange es mir niemand erklärt, krieg ich es auch nicht besser hin.“ Caleb lächelte geduldig wie ein Vater, dessen Kleinkind im Supermarkt einen Tobsuchtsanfall bekommt. „Komm mal her, Zoe.“ Caleb trat in die Mitte des Round-Pen, während Cathy den Reitplatz wieder verließ. Widerwillig ging Zoe zu ihm. Er legte den Arm um ihre Schulter und zog sie neben sich. Sie merkte, wie ihre Knie weich wurden und ihre Beine zu zittern begannen. Es machte sie nervös, so dicht neben Caleb zu stehen. „Ganz ruhig“, sagte Caleb so leise, dass nur sie es hören konnte. Hatte er das Zittern bemerkt? Sie spannte alle Muskeln an, versteifte ihren Körper und ballte die Hände zu Fäusten. Das Zittern hörte auf. „Falsch“, sagte Caleb. „Entspann dich.“ Entspann dich. Wenn sie nicht so verzweifelt gewesen wäre, hätte sie laut gelacht. Wie sollte sie sich entspannen – in dieser Situation? Sie spürte die Blicke der anderen, auch ihre Neugier, ihre Herablassung, ihr Mitleid, ihre Erleichterung, dass sie nicht an Zoes Stelle waren. Sie konnte sich nicht entspannen. Wenn sie nachgab, würde sie in Tränen ausbrechen und das wäre schrecklich. „Vergiss sie“, sagte Caleb wieder so leise, dass nur sie ihn hören konnte. Er wusste genau, was in ihr vorging. Aber das machte die Sache nicht besser. Zoe war kurz davor, vom Platz zu rennen. Doch dann hörte sie die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf, so deutlich, als stünde sie ebenfalls neben ihr. Die Leute sind nicht wichtig, sagte Irmhild Sullivan. Konzentrier dich auf die Musik. Mit diesem Spruch hatte sie Zoe früher bei ihren Flötenkonzerten das Lampenfieber genommen. Die anderen sind nicht wichtig, dachte Zoe jetzt. Es kommt allein auf Silver an. Und nun spürte sie, wie sich ihre Schultern ganz von selbst senkten, wie ihre Arme sich lockerten, wie ihr Blick sich nach innen kehrte und ihr Atem ruhig wurde. Passiv stellen, nannte Caleb diese Körperhaltung, mit der man ein Pferd dazu brachte, sich zu nähern. Weil man ihm dadurch signalisierte, dass man keine Gefahr darstellte, aber die Richtung angab. „Gut“, sagte Caleb. Sie hörte das sanfte Tappen von Silvers Hufen und dann schwebte die samtweiche Nase der Stute auch schon vor ihr. Jetzt hob Zoe den Kopf, aber sie sah Silver nicht an. Mit ihrem Blick hätte sie das Pferd dazu gebracht, sich wieder zu entfernen. Sie hob nur die Hand und tätschelte den silbrig glänzenden Hals. „Danke, Silver“, murmelte sie. Lauter Applaus vor dem Round-Pen. Normalerweise hätte sie sich darüber geärgert. Allen anderen in der Pferdeflüsterer-Klasse gelang das Join-Up auf Anhieb, nur Zoe hatte es bisher noch nie geschafft. Aber als sie in die Gesichter ihrer Klassenkameraden blickte, sah sie darin weder Spott noch Herablassung, nur ehrliche Freude, dass der Knoten bei ihr endlich geplatzt und die Übung gelungen war. „Ich bringe Silver auf die Koppel“, sagte Caleb nach der Stunde. „Begleitest du mich, Zoe?“ Sie nickte, ein bisschen unsicher. Was kam jetzt? Er wartete, bis die anderen außer Hörweite waren, dann erst begann er zu sprechen. „Wie geht es dir?“, fragte er. „Was ist das denn für eine Frage?“ Zoe fuhr sich genervt durch die blonden Haare. „Ich bin die Allerschlechteste in der Klasse, wie soll es mir damit schon gehen?“ Er schüttelte lächelnd den Kopf, als wäre das eine vollkommen absurde Behauptung. Dabei war es offensichtlich, dass Lichtjahre zwischen Zoe und dem Rest der Klasse lagen. „Du darfst dich nicht mit den anderen vergleichen“, sagte Caleb. „Sie sind mit Pferden aufgewachsen und reiten seit Jahren. Aber für dich ist alles neu.“ „Wenn ich mit Shaman übe, läuft es super“, sagte Zoe. „Er versteht sofort, was ich will, und macht genau, was ich sage. Aber bei den anderen Pferden klappt gar nichts, überhaupt nichts.“ „Was für ein Quatsch! Heute bist du ein Riesenstück...