Mennecke / Zschoch | Von des christlichen Standes Besserung – 500 Jahre Reformation | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 252 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 230 mm

Mennecke / Zschoch Von des christlichen Standes Besserung – 500 Jahre Reformation


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-374-05233-2
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 252 Seiten, Format (B × H): 155 mm x 230 mm

ISBN: 978-3-374-05233-2
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Reformation bedeutet Veränderung. Sich an den Beginn der Reformation vor 500 Jahren zu erinnern, bedeutet, sich auf Prozesse der Veränderung einzulassen, auf Spuren aus der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart und über sie hinaus erreichen. Theologie, die sich auf die evangelischen Ursprünge des Christentums besinnt, bewirkt Veränderungen, eine Reform der Christenheit. Programmatisch lautet der Titel von Luthers Reformaufruf von 1520: 'An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung'. Die damit angestoßenen Veränderungsprozesse brachten Religion und Reform in eine Beziehung, die über die Kontexte des 16. Jahrhunderts bis in die kirchliche und gesellschaftliche Gegenwart hinausführt und dabei auch kirchliche Binnenperspektiven, die Grenzen konfessioneller Institutionen und sogar die der christlichen Religion sprengt.

Auf dem Bogen der reformatorischen Impulse setzen die Beiträge des Bandes Akzente aus unterschiedlichen Perspektiven, von der Kirchengeschichte bis zur Religionswissenschaft, von biblischer Exegese zur Praktischen Theologie und Wirtschaftswissenschaft, von Luther bis zu den Freikirchen.

Die Beiträge entstammen einer Ringvorlesung, die als akademischer Beitrag zum Reformationsjubiläum im Rheinland gemeinsam von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn und der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel durchgeführt wurde.

[Concerning the Reform of the Christian Estate]

Reformation means change. To remember the beginning of the Reformation 500 years ago means to engage in processes of change, to take up traces of the past which reach into the present and beyond. A theology which reflects the Evangelical origins of Christianity induces changes, a reform of Christianity. Luther’s call to reform from 1520 has the programmatic title: 'Open Letter to the Christian Nobility of the German Nation. Concerning the Reform of the Christian Estate'. The reform processes associated religion with reform which leads beyond the context of 16th century up to the present, breaking up internal ecclesial perspectives, the boundaries of confessional institutions and even of Christian religion itself.

The contributions of this volume derive from a joint lecture series of the Faculty of Protestant Theology of the University of Bonn and the Ecclesiastical University Wuppertal/Bethel.

Mennecke / Zschoch Von des christlichen Standes Besserung – 500 Jahre Reformation jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


31. OKTOBER 1517: WIE DIE REFORMATION BEGINNT Hellmut Zschoch 1. REFORMATION
Am 1. November 1527 schließt Martin Luther einen Brief an seinen alten Mitstreiter Nikolaus von Amsdorf mit folgender Datumsangabe: »Wittenberg, am Allerheiligentag, im zehnten Jahr seit die Ablässe zu Boden getreten worden sind – im Gedenken daran trinken wir einander zu dieser Stunde getröstet zu.«1 Luther erinnert sich und seinen Adressaten an einen Beginn, hebt sein Glas auf einen Jahrestag und begeht so ein erstes kleines Reformationsjubiläum. Von »Reformation« ist dabei freilich nicht die Rede. Luther und seine Zeitgenossen kannten diesen Begriff noch nicht als zusammenfassende Bezeichnung ihres theologischen und kirchlichen Wirkens. Für sie bedeutete reformatio dasselbe wie für uns der Begriff »Reform«: die aktuelle Verbesserung von Zuständen, die sie nötig haben. Es geht dabei um des »christlichen Standes Besserung«, wie Luther es 1520 in den Titel seines Reformaufrufs an die politisch Mächtigen in Deutschland setzt.2 Und doch hat Luther wohl schon 1527 ein Gespür dafür, dass mit dem Streit um den Ablass etwas Größeres begonnen hat, dass darin das Gesamtverständnis des christlichen Glaubens aufscheint, das den Trost des Evangeliums zum Leuchten bringt, in dem er nun seinem Gegenüber zutrinkt. Die Nachgeborenen haben mit dem Epochenbegriff Reformation diese Wahrnehmung einer in sich zusammenhängenden Erneuerung des christlichen Glaubensbewusstseins zusammengefasst, zu der auch die sich daraus ergebenden kirchlichen und gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Veränderungen gehören. Und wenn wir uns anschicken, 500 Jahre Reformation zu feiern, dann meinen wir in erster Linie ja nicht einzelne Gedanken und Handlungen des 16. Jahrhunderts, sondern ein epochales Umbruchsgeschehen in der Geschichte der Christenheit, zunächst der abendländischen – ein Umbruchsgeschehen, das bis heute Gestalt und inneres Leben der Christenheit prägt. Aus der einen abendländischen Kirche des Mittelalters, mit dem Papst an der Spitze, mit eigenem Lehr- und Rechtssystem, einheitlicher Kirchensprache und gemeinsamen Riten, werden konkurrierende Versionen von Christentum mit je eigenen Profilen: verschiedenartige evangelische Kirchen und eine gleichfalls neu gestaltete römisch-katholische Kirche. In diesem Prozess entsteht die Konstellation, mit der das abendländische Christentum sich auf den Weg in die Moderne macht. Am Anfang dieses Prozesses steht kein Masterplan. Die handelnden Personen des 16. Jahrhunderts waren allesamt unzufrieden, ja entsetzt, angesichts der zerbrechenden kirchlichen Einheit, und sie und ihre Nachfolger arbeiteten noch lange daran, diesen Prozess der Ausdifferenzierung des Christentums zu delegitimieren oder gar rückgängig zu machen – manche bis heute. Dass ein Umbruchsgeschehen ungeplant und ungewollt ist, sagt freilich nichts aus über seinen Sinn und seine Notwendigkeit. Die neue Gestalt des Christentums in »Konfessionen« – auch das ein späterer Begriff zur Bezeichnung des Phänomens – steht ja als Faktum außer Frage und hat sich in den vergangenen 500 Jahren als ebenso irreversibel wie in sich und nach außen beweglich erwiesen. Am Beginn dieser neuen, dauerhaften Gestalt des Christentums standen weder ein revolutionärer Wille noch die Vision eines neuen Zeitalters. Die handelnden Personen kamen alle aus der Welt des späten Mittelalters, vielfach ähnlich geprägt, kirchlich sozialisiert, theologisch und humanistisch geschult, an lebendiger Frömmigkeit interessiert. Und doch fanden sie sich binnen weniger Jahre auf verschiedenen Seiten des kirchlichen Differenzierungsprozesses wieder, den wir Reformation nennen. Dieser Prozess hat Voraussetzungen, und er hat einen Beginn. Kehren wir mit Luther an den Beginn zurück, an den er sich erinnert, den Allerheiligentag des Jahres 1517. 2. DER BEGINN
2.1. DAS DATUM
Spätestens seit der ersten Jahrhundertfeier der Reformation 1617 hat sich für die Geschichtserzählung des Protestantismus der 31. Oktober 1517, der Vortag des Allerheiligenfestes, als Stichtag für den Beginn der Reformation eingebürgert.3 Und das mit Recht – selbst wenn sich auf den ersten Blick an diesem Tag nichts Spektakuläres ereignet hätte. Der Anschlag der 95 Thesen gegen den Ablass an das Portal der Wittenberger Schlosskirche ist erst in der Erinnerung späterer Jahrhunderte zu einem zeitenwendenden Auftritt des »Reformators mit dem Hammer« stilisiert worden.4 In den vergangenen 50 Jahren ist gar die Faktizität dieses Ereignisses mehrfach in Frage gestellt worden.5 Aber ganz gleich, ob man den postumen Bericht vom Thesenanschlag für eine »Legende«6 oder »historisch unbegründet«7 hält oder ihm »die relativ größte Wahrscheinlichkeit«8 zubilligt – als Spektakulum entfällt der Thesenanschlag in jedem Fall, denn weder wird der Theologieprofessor Luther selbst mit dem Hammer unterwegs gewesen sein noch werden die lateinischen Thesen unverzüglich die breite Öffentlichkeit elektrisiert haben. Aber unbeschadet dessen bleibt das Stichdatum des 31. Oktobers 1517 in Geltung – und zwar wegen der zunächst ganz unspektakulären Aktivität Luthers in der Verborgenheit seines Arbeitszimmers: Unter diesem Datum ist sein Brief an Kardinal Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Kurfürst und Kanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, erhalten, dem auch die 95 Thesen beigefügt waren.9 Tatsächlich lässt sich dieser Brief samt seiner Beilage als Beginn der Reformation als eines epochalen Umbruchs in der abendländischen Christentumsgeschichte verstehen. So sehr er die Gedanken- und Sprachwelt des späten Mittelalters atmet, so wenig bleibt diese Äußerung ein »innermittelalterliches Ereignis«10, sondern legt sie Spuren in eine neue Zeit. Deshalb will ich dieses Dokument des reformatorischen Beginns ins Zentrum stellen und näher in den Blick nehmen; ich tue das in vier Blickrichtungen. 2.2. LUTHERS BRIEF AN ALBRECHT VON BRANDENBURG
2.2.1. Absender und Empfänger
Luthers Brief ist gespickt mit unterwürfigen Anreden, wie sie sich für ein Schreiben an den ranghöchsten Fürsten und Kleriker des deutschen Reiches gehören. Diese Anreden sind aber nicht nur rhetorische Pflicht, sondern markieren zugleich, dass es sich bei diesem Brief um eine alles andere als alltägliche Angelegenheit handelt. Der Augustinermönch und Theologieprofessor an der noch unbedeutenden Universität in der kleinen kursächsischen Residenzstadt Wittenberg und der hochadlige Inhaber höchster kirchlicher und weltlicher Würden agieren normalerweise in völlig getrennten Welten und keinesfalls auf Augenhöhe. Für den Mönch stellt die Einübung in die eigene Niedrigkeit, die humilitas, die durchlaufende Regel für die Lebensführung dar – und die Vermessenheit, deren sich Luther eingangs zeiht,11 ist demgemäß eine aufs höchste zu fürchtende Sünde, ihr Eingeständnis für den bekanntlich durchaus skrupulösen Luther sicher mehr als eine rhetorische Floskel. Man wird ihm glauben dürfen, dass er die Abfassung des Briefes vor sich her geschoben hat.12 Umso stärker muss er von der unumgänglichen Notwendigkeit dieses unbequemen Briefes durchdrungen gewesen sein – im Bewusstsein sowohl seiner Treuepflicht gegenüber dem Erzbischof13 wie gegenüber dem einfachen Volk14 und gegenüber der von ihm zu vertretenden theologischen Erkenntnis. Kardinal Albrecht mag sich gefragt haben, wer dieser unterwürfig-dreiste Mönchstheologe aus Kursachsen war. Seine Berater werden ihn über die ersten Publikationen des Wittenbergers informiert haben: 1516 hatte Luther einen Teil eines anonymen Textes aus der deutschsprachigen Theologie der Mystik herausgegeben,15 für den sich seit der Ausgabe des vollständigen Textes von 1518 der Name »Theologia deutsch« einbürgern sollte.16 Im Frühjahr 1517 war eine deutschsprachige Auslegung der Bußpsalmen erschienen.17 Luther stand einer weiteren Öffentlichkeit also als ein Autor populärer geistlicher Literatur in monastisch-mystischer Tradition vor Augen – ähnlich wie sein Ordensvorgesetzter Johann von Staupitz, der ja auch die akademische Karriere Luthers vorangetrieben hatte. All das konnte man am Hof des Kurfürsten wissen. Als scholastischer Theologe oder als gelehrter Humanist war Luther nicht hervorgetreten, und von seiner intensiven theologischen Arbeit in der Auslegung der Psalmen und der Paulusbriefe, die sich in seinen Vorlesungen niedergeschlagen hatte, wird man am Hof Albrechts ebenso wenig gewusst haben wie von Luthers Predigttätigkeit – u. a. hatte er zwischen Juni 1516 und Februar 1517 in fast 40 Predigten den Dekalog ausgelegt.18 Noch eins verrät der Brief über den Theologen Luther, freilich so versteckt, dass sein erster Adressat es ihm nicht entnehmen konnte: dass er nämlich – sicher von Paulus belehrt – sein christliches Dasein als das eines »Freien« zu verstehen begonnen hat. Das zeigt die Schreibweise seines Namens:19 Erstmalig – unter den im Original erhaltenen und sicher datierbaren Briefen – unterschreibt er mit »Luther« anstelle von »Luder«. Danach unterschreibt er nur noch einmal mit »Luder«,20 nutzt aber neben der Form »Luther« bis Anfang 1519 auch den griechisch-lateinischen...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.